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B R E N N P U N K T

22 Physik Journal 16 (2017) Nr. 8/9 © 2017 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

D

as genaue Messen physika- lischer Parameter ist eine Königsdisziplin der Physik und Triebfeder nahezu aller technischen Innovationen. Gewöhnlich be- stimmt die Quantenmechanik, wie genau sich eine Größe messen lässt.

Manchmal erlauben es aber auch Verfahren der klassischen Signal- gewinnung und -verarbeitung, die Empfindlichkeit und spektrale Auf- lösung zu steigern. Dies zeigten drei Forscherteams in Ulm [1] und Zü- rich [2] sowie jüngst in Harvard [3].

Die Quantenmechanik be- schränkt die Genauigkeit von Mes- sungen über den Beitrag der Mess- apparatur hinaus. Messungen ver- ursachen in der Regel zusätzliches Rauschen, das so genannte Quan- tenprojektionsrauschen, welches aus der stochastischen Natur des Messprozesses in der Quanten- mechanik resultiert. Andererseits ermöglicht die Quantenmechanik wesentlich genauere Messungen, als dies klassisch möglich wäre, sobald nicht-klassische Ressourcen wie Verschränkung genutzt werden.

Quantenmechanische Präzi- sionsmessungen basieren auf der genauen Messung der Phase von Wellenfunktionen. Präzediert z. B.

ein Spin für eine Zeit t in einem äu- ßeren Magnetfeld B, so ändert sich die Phase seiner Wellenfunktion nach dieser Zeit um Δφ = (gβ/ħ) Bt.

Hierbei sind g der Landé-Faktor des Spins und β das Bohrsche Magne- ton. Je genauer diese Phase bekannt ist, desto präziser lässt sich das

Magnetfeld B bestimmen. Analog laufen z. B. Präzisionsmessungen anhand der Frequenz eines Hyper- feinübergangs in Cs ab.

Neben apparativem Rauschen, das die Genauigkeit jeder Phasen- messung beschränkt, limitiert die Zeit t, über die man die ungestörte Präzession messen kann, die Ge- nauigkeit der Phasenmessung. Die- se Zeit ist durch die Dephasierung des Spins begrenzt. Präzisionsmes- sungen verlangen daher Systeme, die einerseits maximal mit der zu messenden Größe wechselwirken und andererseits möglichst lange Dephasierungszeiten zeigen, d. h.

eine geringe Wechselwirkung mit der Umgebung aufweisen. Spinde- fekte in Diamant erfüllen als eines der wenigen Festkörpersysteme diese widersprüchlichen Bedin- gungen, da sie aufgrund der beson- deren Materialeigenschaften von Diamant kaum mit der Festkörper- umgebung, z. B. mit Phononen, wechselwirken. Sie kamen in den vergangenen Jahren bei einer Reihe von Präzisionsmessungen zum Ein- satz. Dazu gehören Messungen von Magnetfeldern, aber auch von Tem- peraturen und elektrischen Feldern.

Da für viele dieser Messungen einzelne Spindefekte, zumeist Stickstoff-Fehlstellenzentren (NV- Zentren), benutzt werden, lassen sich die genannten Größen auf sehr kleinen Längenskalen bestimmen.

Jüngst gelang es, NV-Zentren sogar in die Spitze von Rasterkraftmikro- skopen zu integrieren.

Eine Anwendung nanoskaliger Präzisionsmessungen hat in der jüngeren Vergangenheit beson- ders viel Aufmerksamkeit erregt:

die ultraempfindliche Messung von Kernspinresonanzsignalen (NMR) [4]. Da die Kernspins selbst in einem von außen angelegten Magnetfeld rotieren, gilt es, diese zeitlich oszillierenden Magnetfelder zu bestimmen. Dazu wird häufig der Elektronenspin des NV-Defekt- zentrums, der das magnetische Moment der Kernspins nachweisen soll, mit der Periode der Larmor- Präzession der Kernspins umge- klappt und auf diese Weise das oszillierende Signal der Kernspins

„gleichgerichtet“. Das so gemessene Signal ist vollkommen analog zu einem klassischen NMR-Signal.

Aufgrund der Empfindlichkeit des Quantensensors ist es allerdings möglich, kleinste Probenvolumina bis hin zu einzelnen Proteinen zu detektieren, ein Empfindlichkeits- gewinn gegen über klassischer NMR von etwa zwölf Größenordnungen.

Während der Empfindlichkeits- gewinn dieser Messungen spekta- kulär ist, gilt dies nicht für die spek- trale Auflösung. Diese ist aber von entscheidender Bedeutung für die Leistungsfähig keit der NMR-Spek- troskopie: Erst der Detailreichtum von NMR-Spektren hat die Metho- de zu einer der wichtigsten in der Materialwissenschaft gemacht, be- sonders in der Strukturbio logie und medizinischen Analytik (MRT: Ma- gnetresonanztomographie). Denn

Abb. 1 Ein externer Oszillator (rot) tastet das oszillierende Signal x(t) eines perio- disch variierenden Magnetfelds in Zeit-

abständen ts ab, das durch die Larmor- Präzession von Kernspins entsteht (gelb). Ein Elektronenspin, dessen Phase

zu den Zeitpunkten tn ausgelesen wird, sorgt für die Wechselwirkung der Felder.

Zeit t

tn tn+2 tn+3

x(t)

φn

tn+1

ts

Die Mischung macht‘s

Eine Methode der klassischen Signalverarbeitung hilft, Quantensensoren zu verbessern.

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© 2017 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Physik Journal 16 (2017) Nr. 8/9 23 wenn das zu messende Signal klas- sischen Ursprungs ist und keine signifikante Rückwirkung des Sen- sors bzw. der Messung an dem Sen- sor auf das Signal vorliegt [1].

Die Methode verspricht eine Reihe von Anwendungen in der Quantensensorik, wobei die spek- takulärste derzeit wiederum die NMR ist. Denn mittlerweile hat die Arbeitsgruppe um Ronald Wals- worth von der Harvard University das Verfahren genutzt [3], um mit einem Ensemble von NV-Zentren spektral hochaufgelöste NMR an einem Probenvolumen von etwa 30 Pikolitern zu demonstrieren – ein erster Schritt hin zu einer Anwendung der Methode in der Nanoanalytik. Bei sehr viel klei- neren Probenvolumina spielt die Rückwirkung zwischen dem zu messenden Kernspin und dem Sen- sor eine große Rolle. In diesem Fall eignen sich aber Quantenspeicher, um hochauflösende NMR zu reali- sieren [5].

Jörg Wrachtrup [1] S. Schmitt et al., Science 356, 832 (2017) [2] J. M. Boss et al., Science 356, 837 (2017) [3] D. Bucher et al., arXiv:1707.08887 (2017) [4] T. Staudacher et al., Science 339,

561 (2013)

[5] N. Aslam et al., Science 357, 67 (2017)

Prof. Dr. Jörg Wrachtrup, Universi- tät Stuttgart, 3. Phy- sikalisches Institut, Pfaffenwaldring 57, 70569 Stuttgart

die Frequenz der Larmor-Präzes- sion von Kernspins hängt nicht nur von dem von außen angelegten Magnetfeld ab, wie dies bei freien Kernspins der Fall wäre, sondern auch von ihrer chemischen Um- gebung. Die Elektronenhülle führt z. B. zu einer diamagnetischen Abschirmung des äußeren Magnet- feldes (chemische Verschiebung), und die Wechsel wirkung zwischen Kernspins (J-Kopplung) bewirkt ebenfalls eine Feinstruktur von NMR-Spektren. Die Frequenzen dieser Wechselwirkungen liegen meist zwischen einigen Hz und einigen hundert Hz. Die spektrale Auflösung des NV-Quantensensors ist aber durch die Relaxationszeit des Sensors, die einige Millisekun- den beträgt, auf etwa 1 kHz be- schränkt. Klassisch interpretiert entspricht diese Auflösungsbe- schränkung gerade der spektralen Breite eines lokalen Oszillators, der in einem Heterodynverfahren – wie bei einem alten Analog radio – be- nutzt wird. Stimmt man diesen lokalen Oszillator über eine zu messende Frequenzquelle ab, so ist deren gemessene spektrale Breite durch die Faltung der beiden Si- gnale bestimmt.

An dieser Stelle setzen die Arbei- ten der drei Forschergruppen an, indem sie eine Methode verwen-

den, bei der die spektrale Auflö- sung besser als die Relaxationszeit des verwendeten Quantensensors ist. In ihrem Verfahren ersetzten die Gruppen den Elektronenspin, einen schlechten lokalen Oszillator, durch die viel höhere Frequenz- genauigkeit des Frequenzgenerators (Abb. 1), der den Elektronenspin in einer speziell designten Puls- sequenz treibt. Ganz analog zu dem Heterodynverfahren überlagert ein Mischer die beiden Signalquellen:

das oszillierende Magnetfeld durch die Larmor-Präzession der Kern- spins und den Frequenzgenerator.

Bei diesen Experimenten entspricht der Elektronenspin des NV-Zen- trums einem nichtlinearen Mischer.

Die erreichte Auflösung hängt dann nur noch von der Frequenz- breite der Signalquellen ab und kann bei genügend langer Mitte- lungszeit unterhalb 10–3 Hz liegen, wie die Ulmer und die Züricher Gruppen zeigten [1, 2]. Die Rela- xationszeit des Quantensensors spielt bei dem Verfahren keine Rolle mehr, solange sie länger als die Pulsdauer ist, mit welcher der Elektronenspin kontrolliert wird.

Die Ulmer Gruppe demonstrierte zudem, dass das Verfahren immer dann zu einer sehr günstigen Ska- lierung der gemessenen spektralen Breite mit der Mittelungszeit führt,

Am Very Large Telescope der ESO in der chilenischen Atacama-Wüste hat die Adaptive Optics Facility (AOF) erstes Licht gesehen. Das komplexe System am Hauptteleskop Yepun besteht aus vier Laserstrahlen, die in der oberen Atmo sphäre Lichtpunkte erzeugen, und einem adaptiven Sekundärspiegel.

Die „künstlichen Sterne“ erscheinen durch Turbulenzen in der Atmosphäre verzerrt. Um diese Störungen auszu- gleichen, wird die Form des Sekundär- spiegels etwa tausendmal pro Sekunde leicht verändert. Als Resultat zeigen die deutlich schärferen Bilder feinere De- tails und lichtschwächere Sterne.

Getestet wurde das neue System un- ter anderem bei Aufnahmen des plane- tarischen Nebels NGC 6369 im Sternbild Schlangenträger. Der Integralfeld-Spek- trograph MUSE (Multi Unit Spectrosco- pic Explorer) erzeugte dafür Datensätze aus tausenden Bildern bei verschie-

denen Wellenlängen. Die Aufnahme mithilfe der AOF (rechts) hat eine signi- fikant höhere Auflösung.

Eines der wichtigsten Ziele der AOF ist es, sehr weit entfernte und damit sehr junge Galaxien zu beobachten, um zu entschlüsseln, wie sie entstehen.

Außer dem lassen sich mit der AOF die adaptiven Techniken optimieren, die für das Extremely Large Telescope vor- gesehen sind. (ESO)

T U R B U L E N T E AT M O S P H Ä R E A U S G E T R I C K S T

ESO / P. Weilbacher

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