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Analyse und Bewertung von Geruchsstoffen in Gießereien

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Analyse und Bewertung von Geruchsstoffen in Gießereien

Heinrich Otto: Hüttenwerk bei Nacht, Radierung (ca. 1920)

Abschlussarbeit

Postgradualstudium Toxikologie der Universität Leipzig

Dipl.-Chem. Christine Rissom Freiberg, 09.02.2005

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 3

2 Geruchsinn und Geruchsstoffe 5

2.1 Anatomie und Funktionsweise 5

2.2 Eigenschaften von Geruchsstoffen 8

3 Analytik von Gerüchen 11

3.1 Analytische Messverfahren 11

3.2 Sensorische Geruchsmessungen 12

3.3 GC-MS-Sniff-Analyse 17

4 Allgemeine Grenzwerte und gesetzliche Regelungen für Gerüche 18

5 Gerüche in Gießereien 21

5.1 Geruchsquellen in Gießereien 21

5.2 Analyse von Geruchsstoffen in Gießereien (Beispiele) 23 5.3 Einschätzung der Toxizität verschiedener (Geruchs-)Stoffe 29

5.3.1 Benzol, Toluol, Xylol (BTX), Styrol, Phenol und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) 29

5.3.2 Nitrosamine 32

5.3.3 Diisocyanate 34

5.3.4 Formaldehyd 35 5.3.5 Isopropanol 35

5.3.6 Methylformiat 36

5.3.7 Isophoron 36

6 Zusammenfassung und zukünftige Entwicklungen 37 Literaturverzeichnis 41 Tabellenverzeichnis 43

Abbildungsverzeichnis 43

Eidesstattliche Erklärung 44

Danksagung 45

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1 Einleitung

Im Jahr 2004 wurde der Nobelpreis für Medizin/Physiologie Linda Buck (Seattle, USA) und Richard Axel (New York, USA) verliehen. Sie erforschten eine Genfamilie, zusammengesetzt aus etwa 1000 Genen, die zu einer großen Anzahl von Geruchsrezeptoren führen. Ihre Untersuchungen erstreckten sich von der mo- lekularen Ebene der Geruchsrezeptoren bis zur Organisation von Riechzellen [1].

Auch im täglichen Leben spielen Gerüche eine nicht unwesentliche Rolle. Ob im Haushalt, Hof, Garten oder im beruflichen Umfeld - durch Gerüche erfasst der Mensch seine Umwelt und kontrolliert zum Beispiel den Zustand seiner Nahrung.

Gerüche rufen Reaktionen hervor: ein angenehmer Geruch kann stimulieren, ein fremdartiger oder unangenehmer Geruch führt zu Nervosität oder weckt den Fluchtinstinkt. Ständiger schlechter Geruch kann nachweislich zu seelischen und körperlichen Problemen führen (z.B. Sick Building Syndrome).

Mit der vorliegenden Arbeit soll zuerst ein Überblick in die Kenntnisse zum menschlichen Geruchsinn gegeben werden, wobei auf Anatomie, Eigenschaften und Funktionsweise des Geruchsinns eingegangen wird.

Die Sensibilität des Menschen gegenüber Geruchsstoffen ist im Vergleich zum Hund relativ gering. Trotzdem ist der menschliche Geruchsinn gegenüber allen Methoden der Geruchsanalytik überlegen. Möglichkeiten zur Analytik von Geruchsstoffen bzw. Gerüchen werden erläutert, ihre jeweiligen Vor- und Nachteile verdeutlicht.

Vor allem die als unangenehm empfundenen Gerüche veranlassten den Menschen, Verfahren und Methoden zu entwickeln, diese Gerüche zu messen und beseitigen zu können. Im Vordergrund stehen dabei industriell verursachte Gerüche, wie in Tabelle 1 veranschaulicht wird:

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Tabelle 1: Wirtschaftsbereiche und typische Geruchsquellen [2]

Wirtschaftsbereich Geruchsquelle Lebens-

und Genussmittelpro- duktion

Ölmühlen, Tabakverarbeitung, Schlachthöfe, Fischverarbeitung, Räuchereien...

Landwirtschaft Tierproduktion, Düngung, Silierung, Tierfutterher- stellung

Gaststätten und Verpfle-

gungseinrichtungen Großküchen, Imbisseinrichtungen Gebrauchsgüterindustrie

Lackierereien, Gerbereien, Gießereien,

chemische Produktion, pharmazeutische Produktion, Gummiverarbeitung

Abfall- und Entsorgungs- wirtschaft

Kanalisation, Kläranlagen, Kompostierung, Tierkör- perbeseitigung, Deponien, Toiletten

Hauptaugenmerk soll in dieser Arbeit auf Geruchsquellen in Gießereien gelegt werden. Die geographische Nähe der Gießereibetriebe zu Wohngebieten und die damit verbundenen Gerüche sowie das gestiegene Umweltbewusstsein der Bevölkerung gebieten es der Industrie, sich mit der Geruchsproblematik auseinanderzusetzen. Bei der Fertigung von Gussteilen fallen etwa 310.000 m³/h gasförmiger Emissionen aus den Einsatzstoffen an [3]: aus organischen Bindern (~47.000 t/a) und Kohlenstoffträgern (~130.000 t/a) sowie aus gasförmigen Aminen (~700 t/a). Das Ergründen der Quellen der Gerüche und der Möglichkeiten zur Vermeidung bzw. Reduktion lästiger Gerüche stehen heutzutage bei den Gießereibetrieben im Mittelpunkt der Forschungen. Dabei spielen auch arbeits- und umweltschutzrelevante Fragestellungen eine große Rolle.

In dieser Arbeit werden u.a. Geruchsquellen im Herstellungsprozess von Gussstücken gezeigt, d.h. bei welchen Vorgängen und unter welchen Bedingungen werden Stoffe frei, die geruchlich erfassbar sind. Welche Stoffe (Stoffklassen) werden frei und mit welchen Methoden sind Geruchsstoffe erfassbar? Des weiteren soll auf die Frage, wie ihre toxikologische Wirkung auf den Menschen am Arbeitsplatz einzuschätzen ist, eingegangen werden.

Daraus abgeleitet werden Maßnahmen zur Geruchsvermeidung bzw. zum Arbeits- und Umweltschutz unter Beachtung der jeweils geltenden gesetzlichen Regelungen.

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2 Geruchsinn und Geruchsstoffe 2.1 Anatomie und Funktionsweise

Die Nase ist der äußerste Abschnitt der oberen Atemwege. Sie erwärmt, befeuchtet und filtert die eingeatmete Luft und enthält die für das Riechen notwendigen Geruchsrezeptoren. Das Naseninnere ist die Nasenhöhle, deren Dach vom Siebbein und Keilbein gebildet wird. Der Gaumen ist der Boden der Nasenhöhle und trennt sie von der Mundhöhle. Die Nasenhöhle ist innen mit einer stark durchbluteten Schleimhaut ausgekleidet, die wässrigen Schleim aus Drüsen absondert. Der Schleim befeuchtet die einströmende Luft und filtert Verunrei- nigungen und Bakterien heraus. Winzige haarähnliche Zilien (Flimmerepithel) auf dieser Schleimhaut bewegen sich rhythmisch hin und her und befördern den schmutzbefrachteten Schleim rachenwärts, so dass er geschluckt und im Magen mit verdaut wird. Das Epithel, welches sich näher am Naseneingang befindet, ist für die Respiration zuständig (respiratorisches Epithel).

An der Oberseite der Nasenhöhle liegt das Riechfeld (Regio olfactoria, Abb. 1), ein etwa briefmarkengroßes Schleimhautareal (olfaktorisches Epithel) mit 10 bis 25 Millionen Riechepithelzellen, die Millionen von Gerüchen registrieren können. Die Riechepithelzellen sind Chemorezeptoren, die die in der Atemluft enthaltenen und im Schleim gelösten Substanzen erfassen können.

Abbildung 1: Lage des Riechfeldes (Regio olfactoria)

Der Reizmechanismus der Rezeptoren ist noch nicht im einzelnen bekannt.

Verschiedene Theorien werden und wurden diskutiert. Einige Beachtung fand zum Beispiel die stereochemische Geruchstheorie nach AMOORE [4], die heute schon

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veraltet ist. Auf deren Grundlage werden Gerüche durch ihre stereochemischen Besonderheiten in sieben Grundgerüche eingeteilt (Tab. 2). Alle anderen Gerüche sind durch verschiedenartige Mischungen dieser Grundgerüche herstellbar. Sechs verschiedene Arten von Rezeptoren werden vermutet und zwar je einer für die fünf Grundgerüche und einer für den beißenden bzw. faulen Geruch.

Tabelle 2: Grundgerüche nach der stereochemischen Geruchstheorie nach AMOORE [4]

Grundgeruch Geruchstoff Beispiel

kampferähnlich Campher Mottengift

moschusartig Pentadecanolaceton Engelwurz

blumenduftartig Phenylethylmethylethylkarbinol Rosenduft

mentholartig Menthone Minze

ätherisch Ethylendichlorid Trockenreinigungsmittel beißend Ameisensäure Weinessig

faul Butylmercaptan faules Ei

Angenommen wird, dass die in den Geruchstoffstrukturen enthaltenen funktionellen Gruppen mit den Rezeptorzellen eine Verbindung eingehen und dadurch zur Wirkung kommen. Nach einer anderen Theorie von HENNING [5] gibt es sechs verschiedene Grundgerüche, aus denen sich alle Gerüche zusammen- setzen lassen. Die folgende Darstellung soll dies verdeutlichen:

Abbildung 2: Geruchseinteilung nach HENNING (Geruchs-Prisma) [5]

Jedoch gibt es bisher noch kein Modell, mit dem der Geruch eines bestimmten Moleküls vorhergesagt werden kann.

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Bei einer Erregung durch Gerüche werden Nervenimpulse über Fasern des Riechnerves (Nervus olfactorius) zu den beiden Riechkolben (Bulbus olfactorius dexter / sinister) an der Basis des Stirnhirns geleitet. Von dort zieht die Riechbahn zur primären Riechrinde (Cortex olfactorius). Die Riechbahn gehört zum limbischen System, in dem Gefühle und Erinnerungen verarbeitet werden. Das primäre Riechzentrum nimmt Gerüche bewusst wahr. Informationen über Gerüche werden zum Teil auch an andere Teile des limbischen Systems weitergeleitet, so dass unbewusste Reaktionen auf Gerüche hervorgerufen und ein „Geruchsbild“

erzeugt wird. So gibt es sowohl in der Anatomie als auch in der Physiologie einen starken Zusammenhang zwischen olfaktorischem und trigeminalem System (Nervus trigeminus – für Fühlen zuständig). Gerüche rufen Gefühle hervor. Minze hat zum Beispiel einen etwas fruchtigen Geruch. Gleichzeitig wird ein gewisser Kühlungs- oder Erfrischungseffekt hervorgerufen, der trigeminal bedingt ist [6].

Folgendes Schema zeigt den Verlauf der Geruchswahrnehmung:

EMPFINDUNG Geruchseindruck INTERPRETATION

Gehirn WAHRNEHMUNG

Riechschleimhaut REIZ

Geruchstoff

Abbildung 3: Schema der Geruchswahrnehmung

Eine Erhöhung der Anzahl von Geruchstoffmolekülen in der Luft führt zu einer vermehrten Reizung der Rezeptorzellen und damit zu einer stärkeren Geruchs- wahrnehmung. Um Gerüche gezielt wahrzunehmen und erkennen zu können, ist es notwendig, den Riechvorgang zu intensivieren. Das heißt, der Geruchstoff muss den Rezeptoren konzentrierter angeboten werden, was der Mensch durch verstärktes Einatmen („Schnüffeln“) realisiert. Eine Reizung wird reduziert bzw.

vermieden, indem die Geruchstoffzufuhr unterbrochen wird z.B. manuell durch Schließen der Nase oder durch „Verdünnen“ beim Fächeln oder Lüften).

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2.2 Eigenschaften von Geruchsstoffen

Geruchsstoffe müssen spezielle Eigenschaften haben, um als solche erkannt zu werden. Einige sind in Abb. 4 gezeigt:

Flüchtigkeit

Wasser- und Fettlöslichkeit

Geruchsstoffe geringes Molekulargewicht Struktur

funktionelle Gruppen Abbildung 4: Eigenschaften von Geruchsstoffen

Allen Geruchsstoffen ist gleich, dass sie eine gewisse Flüchtigkeit besitzen. Für eine ausreichende Flüchtigkeit ist ein Molekulargewicht von <350 Dalton günstig.

Einen wesentlichen Einfluss haben funktionelle Gruppen. Um von der wasserhaltigen Riechschleimhaut absorbiert zu werden und die lipidhaltige Membran des Riechepithels zu durchdringen, müssen die Geruchsstoffe wasser- und fettlöslich sein (hydro- und lipophil). Die qualitative Wirkung der Geruchsstoffe kann von der chemischen Struktur und den funktionellen Gruppen abhängig sein.

Interessant ist hierbei, dass strukturell unterschiedliche Verbindungen fast identische Geruchsempfindungen hervorrufen können [7]. Campher, Hexachlor- ethan, Hexachlorbenzol und Octachlornaphthalin (siehe Abb. 5) haben trotz unter- schiedlicher Strukturen einen ausgeprägten Camphergeruch. Die geruchliche Ver- wandtschaft wird mit einer ähnlichen räumlichen Geometrie begründet.

Campher Hexachlorethan

Hexachlorbenzol Octachlornaphthalin

Abbildung 5: Strukturformeln von Campher, Hexachlorethan, Hexachlorbenzol, Octachlornaphthalin Æ strukturell verschieden – ähnlicher Geruch [7]

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Strukturell ähnliche Stoffe können hingegen geruchsspezifisch sehr unterschied- lich wirken, so ist iso-Vanillin im Gegensatz zu Vanillin fast geruchlos (Abb. 6).

Vanillin Iso-Vanillin

Abbildung 6: Strukturformeln von Vanillin, iso-Vanillin

Æ strukturell ähnlich – verschiedener Geruch [7]

Es lassen sich keine einheitlichen physikalisch-chemischen Merkmale festlegen, die mit der Geruchswirkung eines Stoffes korrelieren. Qualitätsänderungen sind schon durch geringe Veränderungen in der Struktur möglich. Geruchsqualitäten lassen sich unter anderem nach ihren funktionellen Gruppen einteilen:

Tabelle 3: Geruchsqualitäten in Abhängigkeit funktioneller Gruppen [2]

Geruchseindruck Funktionelle

Gruppe Stoffgruppe

-OH Alkohole -OR Ether -CHO Aldehyde -COR Ketone -COOR Ester

-CN Cyanverbindungen angenehm

-NO2 Nitroverbindungen -SH Mercaptane -SR Thioether -CSR Thioketone

-NC Nitrile unangenehm

-NH2 Amine

Unangenehme Gerüche (z.B. bei biologischen Abbauprozessen) können bei anderen Reaktionsbedingungen oder veränderten Prozessabläufen zu angeneh- men Geruchsempfindungen (fruchtig-aromatisch) führen.

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Zwischen wahrgenommener Geruchstärke und Geruchstoffkonzentration besteht kein linearer Zusammenhang. Die wahrgenommene Geruchstärke (Empfindungs- stärke) ist abhängig vom dekadischen Logarithmus der Geruchstoffkonzentration:



 

⋅ 

=

G P G

W c

K c

I log , Weber-Fechner-Gleichung

I Geruchsintensität

KW Weber-Fechner-Konstante

cG,P Konzentration des Geruchsreizes der Probe

cG Konzentration des Bezugsreizes (hier: Geruchschwellenkonzentration, defi- nitionsgemäß 1 Geruchseinheit GE/m³)

Mit zunehmender Geruchstoffkonzentration kann sich die wahrgenommene Geruchsqualität verändern. Geruchsstoffe, die in geringen Dosen als angenehm empfunden werden, können in hohen Dosen als Belästigung wahrgenommen werden. Auch ein Verschwinden des Geruchs ist möglich (Beispiel: H2S).

Allgemein kann zusammengefasst werden, dass die menschliche Olfaktion insgesamt sehr kompliziert und längst nicht lückenlos untersucht ist. Es existieren zu viele Gerüche, die durch eine Vielzahl von Stoffen hervorgerufen werden, um sie nach Mustern aus „einfachen“ Grundgerüchen herstellen und ihre Wirkung untersuchen zu können. Hinzu kommt, dass im Laufe des Lebens erlernt wird, wie man auf verschiedene Gerüche reagiert, was eine Analyse von Gerüchen sowie eine objektive Bewertung mithilfe von Testpersonen erschwert.

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3 Analytik von Gerüchen

In der Praxis finden für die Geruchsanalytik vor allem (gas-)analytische und sensorische Methoden Anwendung.

3.1 Analytische Messverfahren

Die analytischen Messverfahren sind sehr vielfältig und liefern Aussagen zu Stoffart und -konzentration. Mögliche Verfahren sind [2]:

FID (Flammen-Ionisations-Detektor):

Organisch gebundene Kohlenstoff-Atome werden in einer Wasserstoff-Flamme ionisiert. Dabei erfolgt eine kontinuierliche Registrierung der zeitlichen Konzentra- tionsverteilung des Gesamt-Kohlenstoff-Gehalts im Abluftstrom.

Kieselgelverfahren:

Die Abluft wird durch ein mit Kieselgel gefülltes Sorptionsröhrchen geleitet.

Organische Verbindungen werden dabei am Kieselgel adsorbiert. Die Desorption erfolgt im Sauerstoff-Strom bei erhöhter Temperatur, so dass organische Verbin- dungen zu CO2 verbrennen. Die Bestimmung erfolgt dann messanalytisch oder coulometrisch. Es handelt sich um ein diskontinuierliches Verfahren, bei dem nur Momentanwerte erhalten werden.

Direktanzeigende Prüfröhrchen:

Diese werden für eine Vielzahl von Stoffen angeboten. Sie eignen sich für Kurzzeitmessungen. Die Analysen sind jedoch nicht immer stoffspezifisch. Die Gefahr von Querempfindlichkeiten und damit größeren Fehlern besteht. Vorteilhaft ist die einfache Handhabung sowie der kurzfristige direkte Zugriff auf das Messergebnis. Das Prinzip besteht in der Durchleitung eines definierten Luft- stroms durch sorptionsaktive Reagenzien. Anhand einer bestimmten Farbreaktion ist das Ergebnis vom Tester einzuschätzen.

Gaschromatographie:

Es handelt sich um ein diskontinuierliches Verfahren, bei dem die Komponenten eines Stoff-/Gasgemischs vereinzelt werden. Auftretende Konzentrationsschwan- kungen im Abluftstrom werden jedoch nicht erfasst. Ein Gaschromatograph besteht aus der Trenneinheit und dem Detektor. Die Trennung eines Stoff- gemischs erfolgt in einer beheizten Säule/Kapillare, die innen mit polarisiertem Material beschichtet ist. Ein Trägergas transportiert das zu trennende Stoff-

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gemisch über die Säule. Getrennt werden die Komponenten nach ihrer unter- schiedlichen polaren Affinität, nach der sie aus der Säule austreten und detektiert werden. Günstig ist zum Beispiel eine Kopplung mit einem Massenspektrometer (GC-MS).

Tragbare Detektoren:

Diese existieren für einige anorganische Stoffe (z.B. CO, CO2, H2S), mit denen man direkt an der Emissionsquelle messen kann. Durchgeführt werden können kontinuierliche Vor-Ort-Messungen und die Daten sind rasch verfügbar.

3.2 Sensorische Geruchsmessungen [2]

Bei sensorischen Geruchsmessungen fungiert im Allgemeinen die menschliche Nase als Detektor. Man spricht dabei von Olfaktometrie. Verwendete Geräte sind Olfaktometer mit dem in Abb. 7 gezeigten Aufbau.

Abbildung 7: Prinzipieller Aufbau eines Olfaktometers [2]

Folgende Parameter lassen sich aus den Messungen ableiten:

- Geruchstoffkonzentration,

- Geruchsart/ Qualität/ Charakteristik,

- Intensität des Geruchs,

- hedonische Geruchswirkung,

- Dauer und Häufigkeit der Geruchseinwirkung,

- Geruchsbelästigung.

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Da die Durchführung mit einem Probandenkollektiv (Testpersonen) erfolgt, muss eine Objektivierung der subjektiven Komponente einer Messung/Aussage erzielt werden. Bezüglich des Probandenkollektivs ist zu beachten, dass stets mehrere Testpersonen an der Geruchsmessung teilnehmen. Sie sollen einen „normal“

ausgeprägten Geruchsinn haben (Normosmie). Die Prüfung auf Normosmie kann mit Screeningtests erfolgen. Dabei werden den Testpersonen verschiedene stan- dardisierte Riechstifte angeboten. Die Probanden müssen angeben: „es riecht“

oder „es riecht nicht“. Genauer lässt sich mit SDI-Tests der Geruchsinn der Probanden und ihre subjektive Wahrnehmung einschätzen (Standard in Deutschland, Österreich und Schweiz). Auch hier erfolgt der Test mit Riechstiften (Sniffin’ Sticks). Untersucht werden dabei die Geruchsschwelle, die Unterschei- dungsmöglichkeit (Diskrimination) und mögliche Identifikation von verschiedenen Geruchsproben (Schwelle – Diskrimination - Identifikation = SDI). Die Testgruppe soll des weiteren repräsentativ (Alter, Geschlecht...) zusammengesetzt sein. Der Geruchsinn soll während der Messung unbeeinflusst sein (kein Parfum, Alkohol, Mahlzeiten, Rauchen; Probanden gesund). Wichtig ist außerdem das Messumfeld (d.h. neutrale Raumluft, klimatisiert).

Die Bestimmung der Geruchstoffkonzentration erfolgt, indem eine geruchlich zu beurteilende Probe mit geruchsneutraler synthetischer Luft bis zur Wahrnehmungsschwelle verdünnt und dann den Testpersonen angeboten wird.

Die Wahrnehmungsschwelle oder auch Geruchsschwelle wird in mehreren Messreihen bestimmt, wobei die einzelnen Aussagen der Probanden in einer Gaußverteilung erfasst werden. Üblicherweise wird dazu der Z50-Wert genutzt.

Dieser beinhaltet nur eine physiologische Wahrnehmung ohne subjektive Bewertung des Geruchs (es riecht nach...). Der Z50-Wert stellt die Verdünnung einer Geruchsprobe dar, bei der 50 % der Darreichungen keinen Geruchseindruck („ich rieche nichts“) und 50 % einen Geruchseindruck („ich rieche etwas“) hinterlassen. Die so ermittelte Geruchsstoffkonzentration entspricht der Wahrnehmungsschwelle und ist definiert mit 1 GE/m³ (GE = Geruchseinheit). Die Geruchsstärke ist umso größer, je mehr man die Geruchsprobe zum Einstellen der Geruchsschwelle verdünnen muss.

Werte, die dazu dienen, die Streubreite der Probandenantworten abzuschätzen, sind der Z16- und der Z84-Wert. Z16 kennzeichnet die Geruchsstoffkonzentration,

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bei der 16 % der dargereichten Geruchsproben zu einem Geruchseindruck führen (Ansprechgrenze). Z84 ist entsprechend die Konzentration, bei der 84 % einen Geruchseindruck hinterlassen. Mit diesen Werten ist es möglich, Geruchsstoffe mit eng- oder weitgespreizter Geruchsschwelle zu unterscheiden. So lassen sich für Stoffe mit enggespreizter Geruchsschwelle wie z.B. Aceton bei Unterschreiten des Z50-Wertes Geruchsbelästigungen vermeiden.

Wichtig für jede Messung ist eine entsprechende Kalibrierung. Dazu können die Testpersonen durch Referenzmessungen mit Standardproben (H2S, Butanol) geprüft werden. Schwefelwasserstoff bietet sich v.a. deshalb an, weil er der am meisten untersuchte Geruchsstoff ist. Als Referenzgeruchsschwellenwert wird eine Konzentration von 3 µg/m³ angegeben.

Die verbal durch die Probanden beschriebene Geruchsempfindung (Geruchsart/

Geruchsqualität) dient zur Beurteilung von Emissionen und Immissionen. Gerüche können zum Beispiel beschrieben werden als: eklig, beißend, faulig, süßlich, riecht nach... Je besser die Testpersonen den Geruch beschreiben können, umso besser gelingt es, den Geruch einer bestimmten Emissionsquelle zuzuordnen.

Eine Klassifizierung der Geruchsempfindung ist kompliziert und erfolgt in der Praxis durch Vergleich mit bekannten oder als Referenz dienenden Proben (Grundgerüche, siehe Tab. 2). Wesentlich komplexer ist die Beurteilung von Geruchsstoffgemischen, bei denen sich unter Umständen die Einzelkomponenten beeinflussen können (Addition, Kompensation der Geruchswirkung) oder wechselwirken (Synergismus).

Eine Skala von 0...6 dient zur Charakterisierung der Geruchsintensität, wobei 0 – kein Geruch, 1 – sehr schwacher Geruch,... und 6 - extrem starker Geruch bedeutet. Die Untersuchungen zur Geruchsintensität erfolgen, im Gegensatz zur Bestimmung der Geruchstoffkonzentration, im überschwelligen Bereich.

Gerüche lassen sich nicht nur nach stark und schwach beurteilen, sondern auch als angenehm oder unangenehm. Die Untersuchung dieser „hedonischen Wirkung“ wird ebenfalls im überschwelligen Bereich durchgeführt. Die Testpersonen beschreiben hierbei ihre persönlichen Empfindungen, welche durch

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den Geruchsstoff selbst, die Geruchsstoffkonzentration und die individuellen Erfahrungen (Erziehung, Lebensumfeld...) beeinflusst werden.

Generell ist zu berücksichtigen, dass in regelmäßigen Abständen der Geruchsinn der Testpersonen mit geruchsneutraler Luft regeneriert werden sollte. Der Geruchsinn ist individuell unterschiedlich, kann sich sogar innerhalb eines Menschenlebens durch physische und psychische Einflüsse ändern. Diese Faktoren sind zu beachten, um Fehlinterpretationen in den Messungen zu vermeiden.

Nicht nur Olfaktometer mit einem „menschlichen Detektor“ können eingesetzt werden. Auch sogenannte „Elektronische Nasen“ (elektronische Olfaktometer) finden zunehmend Anwendung. Eine elektronische Nase ist „…ein Instrument, welches eine Anordnung von elektronischen (Gas-)Sensoren mit einer begrenzten Selektivität gekoppelt mit einer geeigneten Mustererkennung umfasst und imstande ist, einfache und komplexe Gerüche zu identifizieren...“ [8]. Es wurden zahlreiche schnell reagierende (Chemo-)Sensoren entwickelt, die auf unterschied- lichen chemischen und physikalischen Prinzipien beruhen. Eingesetzt werden zum Beispiel leitfähigkeitssensitive Materialien (dotierte Metalloxide oder leitfähige Polymere) oder Sensoren, die die direkte Masse- oder Dichteänderung bei der Sorption eines Gases in eine sensitive Substanz detektieren (Schwingquarze oder akustische Oberflächenwellensensoren (Surface Acustic Waves, SAW)). Ein Vorteil der genutzten Sensoren ist, dass sie Querempfindlichkeiten aufweisen.

Durch geschickte Kombination von verschiedenen Sensoren, die z.B. eine ganze Stoffgruppe detektieren, verbunden mit einer Mustererkennung, ist es möglich Gerüche zu „lernen“ und wiederzuerkennen. Unter Verwendung neuronaler Netze erfolgt dann eine Auswertung dieser Sensorsignale im Verhältnis zueinander und zum Nullwert. Eine weitere Methode der Datenauswertung ist die Hauptkompo- nentenanalyse, bei der auch die einzelnen Gerüche im Verhältnis betrachtet werden, aber hinsichtlich des Abstandes der Geruchsproben. Problematisch erweist sich jedoch die Querempfindlichkeit gegenüber geruchlosen Substanzen (Methan, Sauerstoff) oder auch zur Luftfeuchte. Das erschwert die Auswertung von Gerüchen bei Prozessen mit stark wechselnden Parametern.

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In folgender Tabelle sind die verschiedenen Sensortypen gegenübergestellt:

Tabelle 4: Vergleich von Sensortypen [9]

Sensortyp Funktions- weise

Feuchte-

empfindlichkeit

Temperatur- empfindlich- keit

Empfindlich keiten im Vergleich SAW: surface

acustic waves (akustische Oberflächen- wellen)

Laufzeit und Amplitude von Schall im Sorbens

sorbens- abhängig mittel-hoch

hoch, 15-20 % Schwankung bei 5 °C

Grenze bei 1 ppm Benzol, Stickstoff- und Schwefel- verbindun- gen besser als MOS

MOS: metal oxide semi- conductor (Metalloxid- Halbleiter)

Leitfähigkeit hoch gering

NOx>0,1 ppm, NH4>20 ppm, Alkohole

>20 ppm

CPS:

conducting polymer sensors (leitfähiges Polymer)

Leitfähigkeit

polymer- abhängig hoch-mittel

hoch

Widerstands- änderung von 0,2 % bei 1000 ppm Methanol, 5,5 % 1000 ppm 1- Pentanol, Unterschei- dung von 10 und 40 ppt Trichloranisol QMB: quarz

micro balance (Quartz-

Mikrowaage)

Masse eines Sorbens durch Frequenz- änderung

sorbens- abhängig

mittel-hoch hoch

Bei 500 ppm C2Cl4 50 Hz Frequenzän- derung, 500 ppm Aceton 10 Hz bei 10 MHz Weiterhin ist anzumerken, dass beim MOS im Probengas Sauerstoff vorhanden sein muss, wodurch sich eine starke Abhängigkeit vom Sauerstoffpartialdruck ergibt. Die Sensoren lassen sich in unterschiedlich großen Arrays anordnen.

Eine weitere Art von Sensoren sind kalorimetrische Sensoren, bei denen bei der Wechselwirkung von Geruchskomponenten mit der Rezeptorschicht die ausge- tauschte Wärme als Temperaturänderung erfasst und in ein geeignetes elektroni- sches Signal übersetzt wird.

Bei der Probenahme müssen definierte Bedingungen am Sensorarray eingehalten werden. Dazu sind je nach Sensortyp Einrichtungen zur Thermostatierung, Be-

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feuchtung, Druck- und Volumenregelung notwendig. Wichtig ist, dass die Probeluft nicht mit störenden Aerosolen und Partikeln belastet ist (vorgeschaltetes Adsorbens). Drei Probezuführungstechniken werden generell unterschieden: die statische und dynamische Headspacemessung einer Feststoff- oder Flüssigkeits- probe und die kontinuierliche Geruchsmessung eines Gasstromes.

Bei der statischen Headspacemessung wird der Gasraum der festen oder flüssigen Probe dem elektronischen Olfaktometer nach Thermostatierung zuge- führt oder das Geruchssensorarray wird in das Vorlagengefäß abgesenkt.

Die dynamische Headspacemessung besteht in der Über- oder Durchströmung der Probe mit anschließender Messung im kontinuierlich arbeitenden Olfakto- meter. Die VDI-Richtlinie DIN EN 13725 beschreibt die empfohlene Bestimmung von Geruchsstoffkonzentrationen mittels dynamischer Olfaktometrie [10].

Bei der kontinuierlichen Geruchsmessung wird z.B. das Sensorarray durchgehend mit dem Probegas beaufschlagt. Zum Abgleich des Drifts der Sensoren oder schnellem Wechsel der Probengaszusammensetzung wird die Anordnung in Ab- ständen mit Inertgas, Raumluft oder gereinigter Luft gespült.

In der Vergangenheit stand vor allem die Wiedererkennung von Gerüchen im Vordergrund und weniger eine Konzentrationsermittlung. Jedoch führen Fort- schritte in der Datenauswertung und in Techniken zur Anreicherung von geringen Stoffkonzentrationen dazu, dass eine Konzentrationsermittlung sowie Kalibrierung der Sensoren zukünftig möglich erscheint.

3.3 GC-MS-Sniff-Analyse

Eine Kombination aus analytischer und sensorischer Methode stellt die GC-MS- Sniff-Analyse dar [11]. Bei diesem noch jungen Verfahren gilt es nicht nur, die Bestandteile zu identifizieren, sondern auch eine geruchstechnische Erfassung der Stoffe zu erzielen. Es werden Gasproben durch Absorberröhrchen geleitet und Stoffe mit Molekulargewichten von mehr als 40 AMU (Atomare Masseneinheiten) zurückgehalten. Am Einlasssystem des GC-MS-Sniff-Analysators werden die Stoffe schlagartig verdampft und im Gaschromatographen aufgetrennt. Der Gasstrom wird geteilt, wobei ein Teil dem Analysator zugeführt wird, der andere wird einem Probanden zum Riechen dargeboten. Die Testperson bewertet jede Substanz geruchlich (Geruchsintensität). Die Zuordnung der Peaks zu einer Substanz erfolgt durch das Massenspektrometer mithilfe einer Spektrenbibliothek.

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Das Massenspektrometer und der Sniffdetektor sind synchronisiert, so dass ein mit einem Olfaktogramm gekoppeltes Chromatogramm entsteht. Jedem Peak (Stoff) wird eine bestimmte Geruchsintensität zugeordnet (siehe Abb. 9). Die Methode ist recht aufwendig und es bestehen Unsicherheiten bezüglich der Subjektivität der Geruchsbewertung, weshalb Wiederholungsmessungen notwendig werden.

4 Allgemeine Grenzwerte und gesetzliche Regelungen für Gerüche Das Auftreten von Gerüchen ist laut Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) nur eine „erhebliche Belästigung“ aber keine Gefahr [12]. Das Gesetz erfordert nicht die Vorlage von Ergebnissen aus toxikologischen Prüfungen, jedoch ist es auf diese angewiesen. Verboten oder in ihrer Verwendung beschränkt werden Stoffe, die als gefährlich erkannt oder vermutet werden. Außerdem wird geregelt, inwieweit Emissionen zu begrenzen und Sicherheitsauflagen notwendig sind.

Auch aus der für die Praxis bedeutsamen, jedoch keiner Rechtsnorm entspre- chenden TA Luft (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft [13]) ergeben sich keine spezifischen Anforderungen an die Immissionsminderung für Gerüche.

Zur Zeit werden auch bundesländerspezifische Varianten der Geruchsimmissions- schutzrichtlinie (GIRL) verwendet. Die GIRL treffen keine Regelungen zur Emis- sionsbegrenzung. Es wird festgelegt, was als „erheblich belästigender Geruch“ zu betrachten ist. Außerdem wird von einer Wahrnehmungshäufigkeit und nicht von Konzentrationen ausgegangen. Die Richtlinien werden als Verwaltungsvorschrift genutzt, sind aber keine normkonkretisierenden Verfahrensvorschriften im Sinne des BImSchG.

Von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden schon 1987 Grenzwerte zur Vermeidung von Geruchsbelästigungen empfohlen, was in folgender Tabelle dargestellt ist:

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Tabelle 5: Grenzwertfestlegungen der WHO (1987) als Halbstundenmittelwerte (Angaben in g/m³) [14]

Substanz Wahrnehmungs- schwelle

Erkennungs-

schwelle Grenzwert

Schwefelkohlenstoff - - 20

Schwefelwasserstoff 0,2-2 0,6-6 7

Styrene 70 210-280 70

Tetrachlorethylen 8000 24000-32000 8000

Toluol 1000 10000 1000

Geruchsschwellenwerte für einzelne Stoffe sind in folgender Tabelle gezeigt.

Tabelle 6: Geruchsschwellenwerte einzelner Stoffe [15]

Stoff mL/m³ (ppm) mg/m³

Aceton 20,0 48,0

Benzol 5,0 16,2

Dimethylamin 0,05 0,09

Formaldehyd 0,1 0,1

o-, m-, p-Kresol 0,001 0,004

Morpholin 0,01 0,04

Phenol 0,05 0,2

Schwefelwasserstoff 0,002 0,003

Toluol 2,0 7,6

2,4-Toluylendiisocyanat 2,0 14,4

Triethylamin 0,09 0,4

Trimethylamin 0,0002 0,0005

1,3,5-Trimethylbenzol 0,4 2,0

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In welchem Umfang Immissionen von Geruchsstoffen die Gesundheit beeinträch- tigen, ist trotz vieler Untersuchungen immer noch nicht vollständig geklärt. Es existieren nur wenige Expositions-Wirkungsstudien, so dass eine Festlegung von Grenzwerten erschwert wird.

Grundlage der Beurteilung von Gasen und Dämpfen am (Gießerei-) Arbeitsplatz sind die für die verschiedenen Stoffe aufgestellten MAK-Werte. Sie gelten jedoch im Allgemeinen nur für die Einwirkung des reinen Stoffes und nicht für Gemische, für die es bisher keine arbeitsmedizinisch-toxikologisch begründeten Grenzwerte gibt. Üblicherweise wird aber für Gemische eine additive Wirkung unterstellt, sofern nicht (in Einzelfällen) Kenntnisse über Kombinationswirkungen bestehen.

Oftmals erfolgt auch eine Beurteilung über die Konzentrationen von formstoffspe- zifischen Leitkomponenten und deren MAK-Werten [16]. Folgende MAK-Werte werden auf der Grundlage der EG-Richtlinie 67/548/EWG, der TRGS 900 (Luftgrenzwerte am Arbeitsplatz), der TRGS 905 (Verzeichnis krebserzeugender, erbgutverändernder oder fortpflanzungsgefährdender Stoffe) angegeben:

Tabelle 7: Auswahl von MAK-Werten und TRK-Werten [17,18]

Stoff mL/m³ (ppm) mg/m³

Aceton 500 1200

Benzol 1 3,2 (TRK)

Benzo(a)pyren - 0,002 (TRK)

Dimethylamin 2 3,7

Diphenylmethan-4,4’-

diisocyanat 0,005 0,05

Formaldehyd 0,5 0,62

Furfurylalkohol 10 41

o-, m-, p-Kresol 5 22

Verschiedene N-Nitrosamine - 0,001

Phenol 5 19

2-Propanol 200 500

Schwefelwasserstoff 10 14

Styrol 20 86

Toluol 50 190

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5 Gerüche in Gießereien 5.1 Geruchsquellen in Gießereien

In Gießereien gibt es, wie in vielen produzierenden Betrieben, verschiedenste Geruchsquellen, die sich je nach verwendeten Verfahren und Produktionsleistun- gen unterscheiden können. Folgende Verfahrensschritte bzw. Abteilungen sind besonders von Gerüchen betroffen [12]: Schrottvorwärmung, Schmelzöfen (Kupol- und Induktionsöfen), Schmelzebehandlung zur Entschwefelung, Kernfertigung (v.a. bei Cold-Box-Kernfertigung), Kerntrocknung, Gieß- und Kühlstrecken in Sandgießereien, Sandaufbereitung, Kokillengießanlagen und Lackiererei.

Folgende Tabelle zeigt die wichtigsten Geruchsquellen in Sandgießereien und ihre jeweiligen Ursachen:

Tabelle 8: Geruchsemissionen in Sandgießereien und ihre Ursachen [12]

Geruchsquellen Ursachen

Schmelzbetrieb

Natürliche Koksbestandteile wie Schwefel sowie Schrottverunreinigungen;

bei Schrotten aus der mechanischen Bear- beitung auch Schneidhilfsstoffe und Schmiermittel;

bei der Schmelzebehandlung auch Sekun- därstoffe, die sich nach Zutritt von Luft- feuchte zur Schlacke bilden

Kernmacherei Riechende Einsatzstoffe wie Harz-Mono- mere, Katalysatoren, Lösemittel

Gieß- und Kühlstrecken

Verschwelung von Trennmitteln/ Formhilfs- stoffen/ Bindemitteln bei Kontakt mit heis- sem Metall

Sandaufbereitung Verdunstung von Verschwelungsstoffen, die in der Form kondensieren

Lackiererei Lösemittel Wasseraufbereitung von

Nasswäschern

Bakterielle Abbauprodukte;

Verdunstung ausgewaschener Stoffe

Als bedeutendste Geruchsquellen werden sowohl die Kühl- und Ausleerstrecken sowie der Schmelzbetrieb angesehen. Man kann des Weiteren zwischen Quellen, die reine Chemikalien freisetzen (Lösemittel in Lackiererei) und solchen, bei denen Geruchsstoffe als Folge einer chemischen Reaktion entstehen (Kupolofen oder

(22)

Gießstrecke), unterscheiden. Die Freisetzung von den letztgenannten Geruchs- stoffen, die vor allem als komplexe Gemische anfallen, ist aus der Sicht des Umwelt- und Arbeitsschutzes von großem Interesse. Die Geruchsbeiträge jedes einzelnen Verfahrensschrittes getrennt zu bestimmen, ist in den seltensten Fällen möglich, da die Abluft der verschiedenen Schritte meistens gesammelt wird. Diese Abgasmischung wird dann über Staubfilter, Nasswäscher oder auch ungefiltert entsorgt.

Die Entstehung der Gießgase als Geruchsträger zeigt eine gewisse Abhängigkeit von der Temperaturverteilung in der Gussform während und nach dem Guss- vorgang. In oder an der Form enthaltene organische Stoffe und thermisch instabile anorganische Stoffe zersetzen sich bei den hohen Gießtemperaturen (über 1500 °C). Verantwortlich für die Geruchsbildung sind:

- organische Polymerbinder des Kerns,

- Styropor-Schaumkörper bei Anwendung des Vollformgießverfahrens,

- organische Bestandteile in tongebundenem Sand (Glanzkohlenstoffbildner und Kernreste),

- Formtrennmittel (i.d.R. als Aerosol eingespritzt),

- exothermer Speiser,

- Zerfallsförderer und Additive,

- Schlichten (Form- oder Kernüberzugsstoffe zur Glättung der porösen Ober- fläche), wenn sie nicht rein mineralisch sind.

Die jeweiligen Bestandteile des Gießgases weisen ihre eigene Emissions- charakteristik auf. Die poröse Sandform wirkt für die entstehenden Gase als eine Art Trennsäule, ähnlich der in der Chromatographie, wodurch die Emission der Gase „geregelt“ wird. Die Spaltung der Stoffe ist bei niedrigeren Temperaturen (z.B. beim Abkühlen) unvollständig, woraus größere Molekülbruchstücke der Stoffe im Gießgas resultieren.

Welche Geruchsstoffe entstehen, hängt also nicht nur von der Temperatur oder Temperaturverteilung in der Form (während und nach dem Gießen) sowie der Zusammensetzung des Binders ab, sondern auch von der eingebrachten thermischen Energie, der Kontaktzeit des heißen Gussteils mit der Form, der Geometrie des Gussteils und von weiteren Faktoren.

(23)

5.2 Analyse von Geruchsstoffen in Gießereien (Beispiele)

Schon in den frühen 1980er Jahren wurden umfangreiche Messungen von Gasen und Dämpfen an Gießereiarbeitsplätzen durchgeführt [16]. Dabei wurden ver- schiedene Verfahren und Formstoffmischungen sowie unterschiedliche Abschnitte im Prozess der Gussstückherstellung untersucht. Die quasi-kontinuierliche Analyse der Gase und Dämpfe erfolgte durch Prozess-Gaschromatographen.

Einzelne Bestandteile wie CO, CO2, H2, NH3, CH4 und weitere Kohlenwasserstoffe wurden mittels Infrarotspektroskopie bestimmt. Nitrose Gase ließen sich durch Chemilumineszenz messen.

In [11] wurden Geruchsmessungen in Abhängigkeit von der Art des verwendeten Bindertyps dargestellt. Abbildung 8 zeigt einen Vergleich bezüglich des Geruchs zwischen den Bindern.

Abbildung 8: Vergleich verschiedener Bindersysteme bezüglich ihrer Geruchsfreisetzung [11]

Bei Verwendung von reinem Wasserglas oder Sand ist kaum mit einer Geruchsfreisetzung zu rechnen. Nutzt man bentonitgebundenen Sand, wird ein Glanzkohlenstoffbildner benötigt. Dessen Aufgabe ist es, für eine reduzierende Atmosphäre zu sorgen. Er ist für die Oberflächengüte des Gussstückes wichtig und zerfällt unter thermischer Belastung vorwiegend zu Glanzkohle (= α- Pyrokohlenstoff), H2, Ruß, CO2, aber auch in aromatische Kohlenwasserstoffe wie Benzol, Toluol usw. Dadurch werden Gerüche freigesetzt. Der gezeigte Resol- CO2-Harz weist einen starken Geruch auf, obwohl dieser Binderharz aufgrund

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seiner Geruchsfreiheit eingesetzt wird. Dies zeigt, dass viele weitere Faktoren Einfluss auf die thermische Zersetzung haben müssen wie z.B. Wassergehalte, Lösemittelreste, Vernetzungsgrad der Polymere u.a.

Am Beginn der dargestellten Untersuchungen zur Geruchsstofferkennung und Komponentenbestimmung wurde die Geruchsfreisetzung auf das Entstehen von SO2, H2S, Formaldehyd, Phenol, Amin, Furfurol, Isophoron zurückgeführt. Sind diese Stoffe Teile des Ausgangsmaterials, wäre eine Substitution denkbar gewesen, wenn die Eigenschaften der verwendeten Binder, Kerne oder Formen sich nicht zum Negativen wenden. In den meisten Fällen entstehen die Stoffe aber erst im Verlauf der thermischen Beanspruchung, so dass nur versucht werden kann, den Entstehungsmechanismus zu steuern oder die Stoffe in geeigneter Form abzufangen.

Nach umfangreichen Untersuchungen mit der GC-MS-Sniff-Methode konnten z.B.

im Gießgas des oben erwähnten Resolbinders als Geruchsträger identifiziert werden: Ethinylbenzol, Benzofuran, Trimethylbenzol (Mesitylen), Kresol, Xylenol, C4-Alkylbenzol und C5-Alkylbenzol. Abbildung 9 zeigt ein für viele Phenolharze typisches Chromatogramm/Olfaktogramm. Die Zahl der detektierten Stoffe beträgt 40 bis 140. Hauptgeruchsträger sind dabei die Aromaten mit 7 bis 11 C-Atomen, vor allem diejenigen mit Methyl-, Ethyl-, Ethenyl-Gruppen oder einem zweiten aromatischen Ring. Alle Geruchsstoffe, die sich wahrnehmen lassen, besitzen Molekulargewichte zwischen 100 und 300 Dalton.

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Abbildung 9: GC-MS-Sniff-Analyse: Chromatogramm und zugehöriges Olfaktogramm [11]

Weitere Bindersysteme wurden in der genannten Arbeit untersucht. Im Allgemeinen entstehen zum einen Stoffe, die sich aus organischen Materialien bei hohen Temperaturen und unter reduzierender Atmosphäre bilden und anderer- seits Stoffe, die ein ganz bestimmtes Harz charakterisieren. Insgesamt wurden etwa 330 Pyrolyseprodukte identifiziert. Die wichtigsten Stoffe sind in der folgen- den Tabelle zusammengefasst:

Tabelle 9: Übersicht über die wichtigsten Vertreter von identifizierten Pyrolyseprodukten [11]

aus:

entstehen:

Phenolharz warmhärtend

Polyurethan- Cold-Box kalthärtend

Maskenform- stoff (Novolak) warmhärtend

Furanharz kalthärtend

Trialkylamine - DMEA TMA -

Alkene und Diene

Hepten-Iso Octen Dodecen

Hexen Hexadien Hepten-Iso

Dodecen 1,3-Butadien

Alkylbenzole Ethylbenzol Xylol-Isomer

Tetramethyl- benzole Dimethylpropyl-

benzol

Ethylbenzol Xylol-Isomer

Mesitylen

Ethylbenzol Xylol-Isomer

Ethyl-2- methylbenzol

Mesitylen Aromatische

Nitrile - Benzonitril -

(26)

Tabelle 9 (Fortsetzung): Übersicht über die wichtigsten Vertreter von identifizierten Pyrolyseprodukten [11]

aus:

entstehen:

Phenolharz warmhärtend

Polyurethan- Cold-Box kalthärtend

Maskenform- stoff (Novolak) warmhärtend

Furanharz kalthärtend

Isophoron - + - (+)

Phenol und

Alkylphenole Phenol

Phenol o-Kresol

Phenol o-Kresol Cumarone Methylcumaron-

Isomer Cumaron

Cumaron Methylcumaron-

Isomer

Indene

Inden 2,3-Dihydro-5-

methyl-1-H- inden 1-Methyl-1-H-

inden

2,3-Dihydro-5- methyl-1-H-

inden

1-Methyl-1-H- inden

Inden Dimethylinden

1-Methyl-1-H- inden

Azulen Naphthalin

Methyl- naphthaline

Naphthalin (Azulen)

Naphthalin Methylnaphtha-

lin (Azulen)

Styrol

Alkylstyrole Styrol

Cold-Box-Binder, die die am meisten verwendeten Bindersysteme stellen, beruhen auf flüssigen, organischen Zweistoffsystemen, die einerseits aus lösungsmittel- haltigen Phenolharzen (Benzoletherharze) und andererseits aus Polyisocyanaten bestehen. Die Komponenten werden etwa 1:1 vermischt und in aromatischen Lösungsmitteln gelöst (Lösungsmittel-Gehalt: 33-35 %). Die Aushärtung der Form- stoffmischung erfolgt durch Begasung mit einem Katalysatornebel (Triethylamin [TEA], Dimethylethylamin [DMEA]). Durch Polyaddition entsteht das Polyurethan, das für die Bindungseigenschaften des Kerns verantwortlich ist [19]. An diesem Beispiel wird deutlich, dass kaum Einzelkomponenten zu finden sein werden, die für Geruchsentwicklungen verantwortlich sind.

In [20] wird auf Untersuchungen zu Gerüchen, welche mittels Elektronischer Nase detektiert werden, eingegangen. Vorzüge, die für die Verwendung dieser Analytik in der Gießereiindustrie sprechen, sind z.B. kostengünstigere und objektivere Geruchsmessungen (im Gegensatz zu rein olfaktometrischen Messungen), Fest-

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stellung der Entstehungsquellen und damit verbundener möglicher Geruchs- reduzierung am Arbeitsplatz und in der Umgebung von Gießereien. Nicht nur Gießereiindustrie, sondern auch Zulieferer und Bindemittelhersteller profitieren von diesen Ergebnissen. So können Bindemittel und Zusatzstoffe optimiert werden, und es ergeben sich marktwirtschaftliche Vorteile durch den resultieren- den Einsatz geruchsärmerer Stoffe. Des Weiteren ist es damit möglich, auf Vorgaben durch den Gesetzgeber schnell zu reagieren. Weitere Nutznießer sind wissenschaftliche Einrichtungen, die oft mit der Gießereiindustrie zusammenarbei- ten. Sie erhoffen sich Grundlagenkenntnisse zur Geruchsentstehung und die Ent- wicklung einfacher, industriell anwendbarer Geruchsmesssysteme.

In den Versuchen mit der Elektronischen Nase wurden verschiedene Bindersysteme getestet. Aus den Ergebnissen resultierte eine eindeutige und reproduzierbare Möglichkeit, zwischen den untersuchten Bindern mittels Elektroni- scher Nase zu unterscheiden.

Auch in [3] wird eine Elektronische Nase zur Ermittlung von Geruchsbildnern verwendet. Untersucht wurden hier ebenfalls verschiedene Bindersysteme bzw.

Formverfahren:

- Anorganisches Verfahren: Wasserglas-CO2 und

- Organische Verfahren: Wasserglas-Ester, Polyurethan (PUR)-Cold-Box und Furankaltharz.

Verglichen werden die Ergebnisse mit gaschromatographischen Analysen.

Danach weist das Wasserglas-CO2-Verfahren sowohl die geringste Gas- als auch Geruchsentwicklung auf. Beim Wasserglas-Ester-Verfahren entstehen geringe Mengen an Benzol, Toluol, Naphthalin und Inden. Das PUR-Cold-Box-System wies im Vergleich zum Furankaltharzsystem die höhere Gasemission, das breiteste Spektrum an Emissionskomponenten und die höchste Häufigkeit von Verbindungen auf. Mithilfe der Elektronischen Nase war eine Trennung der Formstoffsysteme nach ihren Geruchsbildnern möglich (Abb. 10).

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Abbildung 10: Von verschiedenen Sensoren ermittelte Geruchswertdaten [3]

Die wasserglasgebundenen Systeme sind auf der linken Seite, die organisch gebunden Systeme auf der rechten Seite im Diagramm zu finden. Der angegebene Geruchswert ist das arithmetische Mittel aller von den Sensoren ermittelten Werte. Er ist vom verwendeten Sensor abhängig, d.h. er kann nur zum Vergleich von Geruchsbildnern desselben Sensors dienen. Es zeigt sich, dass die wasserglasgebundenen Systeme geruchlich vorteilhafter als die rein organischen Formstoffsysteme sind.

Zusammenfassend wird deutlich, dass im Allgemeinen in den Gießgasen kaum Ausgangsstoffe gefunden werden, sondern hauptsächlich durch thermische Zersetzung entstandene. Verschiedene Kriterien für eine Geruchsbildung sind neben der Binderart und der jeweiligen Temperaturstabilität der Produkte zu beachten. Eine Vielzahl von Stoffen entsteht, wobei ein Großteil geruchlich bedeutend ist (vor allem alkylierte Aromaten). Es ist zu beachten, dass das Auftreten von Gerüchen nicht generell mit dem Auftreten von Schadstoffen und damit einer Gesundheitsgefahr für Gießereiarbeiter verbunden ist. Ein mögliches Risiko für gesundheitliche Folgen kann jedoch bestehen.

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5.3 Einschätzung der Toxizität verschiedener (Geruchs-)Stoffe [22]

In den folgenden Abschnitten soll nur auf einige wichtige Stoffe oder Stoffgruppen aus Tabelle 9 eingegangen werden.

5.3.1 Benzol, Toluol, Xylol (BTX), Styrol, Phenol und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)

BTX und PAKs entstehen bei der Pyrolyse organischen Materials unter Sauerstoffmangel und bei hohen Temperaturen. Für das Auftreten von Benzol und PAKs, insbesondere Benzo(a)pyren, welches als Leitkomponente anerkannt ist [21], sind u.a. dem Formsand zugesetzte Kohlenstoffträger (Steinkohlenpuder, Petrolharz, Polystyrol, Polyethylen, Stärke, Sägemehl, Torf) und evtl. Kunstharz- bindemittel (Phenol-, Furan-, Amino- und Alkydharze) verantwortlich. Um die Schadstoffbildung zu verringern, sollte die Menge des C-Trägers so gering wie gießereitechnisch möglich gewählt werden.

Am Gießereiarbeitsplatz erfolgt die Aufnahme von Benzol vorwiegend inhalativ.

Die Resorption ist abhängig von Ventilationsparametern (Atemminutenvolumen) und der individuellen Aufnahmekapazität (Biotransformation, Fettgewebe). Die Resorption folgt einer Sättigungskinetik, die durch den inhalativen Anteil bestimmt wird. Die Geruchsschwelle liegt bei 16 mg/m³ Luft.

Die Verteilung des Benzols hängt wegen seiner Lipophilie vom Lipidgehalt der Organe und des Gewebes ab. Die Biotransformation des Benzols in der Leber erfolgt mithilfe Cytochrom-P450-abhängiger Enzyme durch Addition eines Sauer- stoffatoms an den Aromaten. Postuliert wird ein Epoxid, welches sich nach Aufnahme hoher Dosen Benzol hauptsächlich in Phenol umwandelt. Ein geringer Teil dieses Epoxids wird in Dihydrodiol und Catechol überführt. Weitere hydroxylierte Metaboliten können gebildet werden, die wiederum in der Leber und im roten Knochenmark in Glucuronide und Sulfatkonjugate umgewandelt werden.

Zentraldepressorische Störungen stehen bei einer akuten Benzolvergiftung im Vordergrund (Müdigkeit, Schwindel, Schweißausbrüche, Rauschzustände, Kopf- schmerzen, Konzentrationsschwäche). Die chronische Aufnahme von Benzol führt zu einer Beeinflussung des hämatopoetischen Systems (Erythropoese, Thrombo- poese, Leukopoese). Myeloprolifertative Veränderungen können zu malignen

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Erkrankungen führen d.h. zur akuten myeloischen Leukämie. Aus diesem Grund wurde Benzol als Kanzerogen eingestuft.

Toluol wird zu 40 bis 60 % aus der eingeatmeten Luft resorbiert. Wie Benzol wird die Verteilung im Körper durch den Lipidgehalt des Gewebes und der Organe bestimmt. Die metabolische Umwandlung erfolgt ebenfalls in der Leber, jedoch hemmt Toluol den Metabolismus von Benzol und Xylol. Bei der Biotransformation erfolgt zuerst eine Oxidation der Methylgruppe bzw. des Ringes (zu Kresol) durch mikrosomale Cytochrom-P450-abhängige Monooxygenasen. Die Bildung von Benzoesäure erfolgt stufenweise. Abgeschlossen wird die Metabolisierung durch Konjugation mit Glycin (80 % des resorbierten Toluols wird so metabolisiert) oder Glucuronsäure. Nur rund 1 % des Toluols wird am Ring zu Kresol hydroxyliert. Der Rest wird unverändert ausgeschieden (Lunge).

Leber- und Herzfunktionsstörungen sowie Knochenmarksschädigungen oder Blutbildveränderungen können nach chronischer, inhalativer Aufnahme auftreten.

Jedoch lässt sich die toxikologische Wirkung von Toluol nur schwer abgrenzen, da häufig gleichzeitig Benzol auftritt, dessen Wirkung die von Toluol überlagern kann.

Xylol, dessen Geruchsschwelle bei 4 mg/m3 liegt, wird ebenso wie andere Alkyl- benzole in lipidhaltigen Organen und Geweben angereichert (Nebennieren, Kno- chenmark, ZNS, Milz, Fettgewebe). Auch hier erfolgt eine Oxidation der Methyl- gruppe und anschließende Konjugation mit Glycin (Methylhippursäure). Nur ein geringer Anteil wird am Ring hydroxyliert und konjugiert mit Glucuronsäure. Die Elimination erfolgt über die Lunge (unverändertes Xylol) und die Nieren (als Metaboliten). Die Wirkung nach chronischer Einwirkung ähnelt der von Benzol und Toluol.

Styrol (Geruchschwelle 0,21-0,33 mg/m³) wird hauptsächlich mit der Atemluft aufgenommen. In Gegenwart von Luftsauerstoff reagiert gasförmiges Styrol zu Aldehyden, Ketonen und Benzoesäure. Das gemeinsame Auftreten wird als unangenehmer Geruch wahrgenommen. Styrol wird in fetthaltigem Gewebe angereichert. Bedeutend ist die Oxidation von Styrol zum Epoxid durch Cytochrom-P450-Monooxygenasen. Es entstehen die L- und D-Enantiomere von 7,8-Styroloxid, die in Gegenwart verschiedener Enzyme zu weiteren Metaboliten, u.a. der Mandelsäure, reagieren. Die Ausscheidung erfolgt über die Nieren.

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Phenol wird hauptsächlich über die Haut resorbiert. Akute Vergiftungen gehen mit lokalen Effekten, zentralnervösen Symptomen und Stauungen der Organe einher.

Länger andauernde Exposition beeinflusst das Nervensystem und führt zu Dermatitis. Die Elimination erfolgt über die Niere durch Phenolsulfat und –glucuro- nid als Metaboliten. Hydrolyseprodukte mit genotoxischem Potential treten auf, jedoch nur in geringer Konzentration (Hydrochinon, Catechol, Benzochinon).

Umwandlungsprodukte der polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe sind Dihydrodiole, die enzymatisch gebildet werden. Die Leitsubstanz Benzo(a)pyren wird in verschiedene Arenoxide umgewandelt, die reaktive Vorstufen von Phenolen und Dihydrodiolen sind. Kanzerogenitätsstudien zeigten, dass das 7,8- Oxid und das 7,8-Dihydrodiol proximale Kanzerogene und das 7,8-Diol-9,10- epoxid ein starkes Mutagen und ultimales Kanzerogen darstellen.

Auffallend ist, dass nur solche PAKs kanzerogene Wirkung aufweisen können, die eine sogenannte Bay-Region besitzen, d.h. eine Einbuchtung im Ringsystem durch einen angulären Benzolring. An dieser Stelle kann epoxidiert werden.

Die durch Cytochrom-P450-abhängige Monooxygenasen katalysierte metaboli- sche Umwandlung entspricht der Phase 1 der Biotransformation und stellt eine Bioaktivierung der PAKs dar. Eine Inaktivierung der hierbei entstehenden Epoxide in weniger reaktive vizinale Diole erfolgt durch die Epoxid-Hydrase. Es erfolgt außerdem durch GSH S-Transferasen, Sulfotransferasen und UDP-Glucuronosyl- transferasen eine Konjugation mit GSH bzw. eine Umwandlung phenolischer Metaboliten in Sulfate und Glucuronide. Diese Prozesse zählen zur Phase 2 der Biotransformation und stärken die Elimination nukleophiler und elektrophiler Um- wandlungsprodukte.

Im Allgemeinen führen größere Mengen von PAKs zur Beeinträchtigung von Organen und Geweben mit hoher Mitoserate (v.a. hämatopoetisches System).

PAKs haben im Mehrstufenmodell der Kanzerogenese die Bedeutung von Initiatoren. Bestimmend für die kanzerogene oder initiierende Potenz der PAKs ist die Aktivität und Substratspezifität des Cytochrom-P450-abhängigen Monooxyge- nase-Systems der verschiedenen Organe. Mit der Bay-Region-Theorie ist eine Einschätzung der Kanzerogenität der PAKs möglich, jedoch sind quantitative Aussagen über Biotransformationen oder Bioaktivitäten nicht möglich. Zu beach- ten ist nämlich ebenso die jeweilige Affinität zum katalytischen System P450.

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Benzo(a)pyren ist demnach ein schwaches Kanzerogen, weil es zwar über eine Bay-Region verfügt, aber eine geringe Affinität zum katalytischen System hat.

In [23] wurden drei Eisengießerei-typische Dämpfe, die von verschiedenen Binder- systemen stammten, vergleichend in einer In vivo - In vitro - Studie bezüglich ihrer potentiellen Kanzerogenität untersucht. In den Dämpfen wurden mittels GC/MS diverse polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe gefunden. Die Untersu- chungen setzten sich aus den folgenden zwei Teilgebieten zusammen:

- einer zwei Jahre dauernden chronischen In vivo - Studie an Ratten unter Verwendung eines intrabronchialen Implantats, um pathologische Veräde- rungen im Bronchialepithel zu untersuchen und

- die Entwicklung und Verwendung einer Zahl von Kurzzeit - In vitro - Assays zur Beurteilung bezüglich Zytotoxizität und der potentiellen Genotoxizität der Dämpfe auf kultivierte Tracheal-epitheliale Zellen von Kaninchen.

Die enthaltenen PAKs erwiesen sich als schwach kanzerogen oder führten zu pathologischen Veränderungen, welche die Bronchien anfälliger machten, Krebs durch die Einwirkung weiterer Faktoren zu entwickeln. Aus den Ergebnissen konnte geschlussfolgert werden, dass sowohl In vitro - als auch In vivo - Tests notwendig sind, um derartig komplexe Mischungen von Dämpfen bezüglich ihrer Toxizität zu beurteilen.

Die TRGS 551 (Teer und andere Pyrolyseprodukte aus organischem Material [24]) enthält Hinweise zur Beurteilung von Arbeitsplätzen, an denen durch Pyrolyse- prozesse PAKs entstehen können oder mit denen umgegangen wird, sowie geeignete Schutzmaßnahmen.

5.3.2 Nitrosamine

Ebenfalls im Gießbereich entstehen durch Pyrolyse Nitrosamine, die inhalativ von Gießereiarbeitern aufgenommen werden können. Des Weiteren lassen sich N- Nitrosamine vor allem dann nachweisen, wenn Gießbereich und Kernmacherei/

Formerei nicht räumlich getrennt sind oder tertiäre Amine bei den Kernherstel- lungs- und Formverfahren als Katalysatoren eingesetzt werden. Der Anwender aminhaltiger Kern- und Formbindemittel hat sicherzustellen, dass nur schwer- oder nicht-nitrosierbare Amine verwendet werden.

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Als Nitrosierungsmittel werden sowohl Nitrat und Nitrit als auch die Stickoxide NO, NO2 sowie N2O2 diskutiert. Viele Stoffe wie z.B. Formaldehyd katalysieren eine Nitrosierung. Außerdem spielen verschiedene Faktoren wie Temperatur, Luft- feuchte, Oberflächeneigenschaften und eventuell auftretende Aerosole und deren Korngröße eine wichtige Rolle (TRGS 552, [25]).

In Gießereien wurden u.a. N-Nitrosodiethylamin (NDEA), N-Nitrosodimethylamin (NDMA) und N-Nitrosomorpholin (NMOR) nachgewiesen. Zu beachten ist nicht nur die exogene Bildung von N-Nitrosoverbindungen sondern auch endogene Belastungen. Darunter versteht man die im Körper stattfindende Bildung von N- Nitrosaminen durch die Reaktion nitrosierbarer Precursoren (Amine, Amide, Aminosäuren) mit nitrosierenden Agenzien (Nitrit, Stickoxide). Bestimmte Bakte- rien können die Bildung von N-Nitrosaminen katalysieren. Gefährdet sind v.a.

Arbeitnehmer mit chronischer Gastritis und Magengeschwüren.

In den Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) und durch die Technischen Richtkonzentrationen (TRK) in Zusammenhang mit der Gefahrstoffverordnung werden die maximal zulässigen Konzentrationen am Arbeitsplatz und die Handhabung von N-Nitrosaminen festgelegt. Für krebserzeugende N-Nitrosamine, zu denen u.a. NDEA, NDMA und NMOR zählen, wird die TRGS 552 „N- Nitrosamine“ angewendet [25]. Für die genannten Stoffe gelten die nach der TRGS 900 festgelegten TRK von 1 bzw. 2,5 µg/m³ in Abhängigkeit vom Arbeits- bzw. Produktionsbereich [17].

Die meisten N-Nitrosamine werden sehr effizient in der Leberpassage metabolisiert (First pass). NDMA in kleinen Dosen wird beim First pass vollständig in der Leber verstoffwechselt. Bei höheren Dosen ist die metabolische Aktivität gesättigt und NDMA wird systemisch verteilt, wodurch sich nach höheren Einzel- dosen auftretende Nierentumore erklären lassen. Aufgrund der effizienten Metabo- lisierung ist die systemische Blut-Clearance für kurzkettige N-Dialkylnitrosamine sehr hoch. Eine Plasmabindung ist bei diesen Verbindungen nicht feststellbar.

Die Schädigung der DNA ist die Hauptursache für die kanzerogene Wirkung der N-Nitrosoverbindungen. N-Nitrosamine sind Präkanzerogene, die durch Cyto- chrom-P450-Monooxygenase (CYP) vermittelte α-C-Hydroxylierung metabolisch aktiviert werden. Verschiedene Cytochrom-P450-Enzyme sind unterschiedlich

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stark metabolisch aktiv gegenüber einzelnen N-Nitrosaminen. Dabei spielen auch diverse Isoenzyme eine Rolle.

Ein Vergleich der biologischen Wirksamkeit verschiedener N-Nitrosamine ergibt, dass die Stoffe, bei denen der metabolische Angriff an die α-Position erschwert ist, ein bedeutend geringeres kanzerogenes Potential besitzen.

Das durch die Hydroxylierung gebildete proximale Kanzerogen N-Nitrosoalkyl-α- hydroxyalkylamin ist instabil und zerfällt unter Freisetzung des entsprechenden Aldehyds. Entstehende Alkyldiazohydroxide oder -diazotate oder entsprechende Diazoniumionen können aufgrund ihrer alkylierenden Wirkung auf DNA, RNA oder Proteine einwirken und stellen daher ultimate Kanzerogene dar.

Eine Vergiftung durch N-Nitrosamine äußert sich durch Kachexie (Auszehrung) und oftmals Ikterus (Gelbsucht). Nach dem Tod können schwere Parenchym- schäden der Leber mit Nekrosen und Verfettung festgestellt werden. Zudem treten meistens hämorrhagische Lungenödeme auf.

Für symmetrische N-Nitrosamine (NDMA; NDEA) stellt die Leber das Hauptzielorgan dar. Zyklische wie NMOR zeigen hingegen keine einheitliche Organspezifität, sondern induzieren ein breites Spektrum von Tumoren in verschiedenen Geweben.

Der Einsatz von tertiären Aminen bei der Kern- und Formherstellung wird demnach als problematisch eingeschätzt. Folglich sollten andere Hilfsstoffe oder Methoden geschaffen werden, um eine Exposition gegenüber entstehenden N- Nitrosaminen am Gießereiarbeitsplatz zu vermeiden.

5.3.3 Diisocyanate

Diisocyanate sind im Schmelzbetrieb und in der Kernmacherei der Gießerei anzutreffen. Wichtige Vertreter der Diisocyanate sind Diphenylmethan-4,4’- diisocyanat (MDI) und Toluylendiisocyanat (TDI). Sie sind Ausgangsstoffe zur Herstellung von Polyurethanen. Letztere werden z.B. als Systemkomponente bei Cold-Box-Bindern verwendet.

Diisocyanate weisen eine hohe Reaktivität ihrer NCO-Gruppe auf, was auch für ihre toxikologische Wirkung von Bedeutung ist. Vertreter dieser Stoffgruppe sind inhaliert sehr giftig. Vor allem der Respirationstrakt wird gereizt. Bei länger andauernder oder massiver Exposition am Arbeitsplatz treten Störungen der

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Lungenfunktion und Asthma auf. „Isocyanat-Asthma“ beruht auf einer Hyperreagi- bilität der Bronchien und z.T. dem gleichzeitigen Auftreten bestimmter Antikörper.

Im Tierversuch zeigten sich nach chronischer Inhalation von MDI-Präpolymer (enthält ca. 50 % MDI-Monomer) Lungenadenome, deren Ursache in der chronischen Reizung des Lungengewebes liegt.

In [26] wurden in einer Studie Arbeitnehmer einer Stahlgießerei, die MDI am Arbeitsplatz ausgesetzt waren, bezüglich möglicher Reaktionen (Asthmasymp- tome, Antikörperausschüttung) im Vergleich zu nicht exponierten Personen unter- sucht. Es zeigte sich, dass sowohl MDI-spezifisch Immunglobulin G (IgG) aufzufin- den war, als auch eine durch Immunglobulin E (IgE) vermittelte respiratorische Sensibilisierung bei den Exponierten erfolgte.

5.3.4 Formaldehyd

Der Stoff fällt durch seinen stechenden Geruch auf, der ab 0,06 bis 0,22 mg/m³ wahrgenommen wird. Die Schleimhäute von Auge und Atemtrakt werden gereizt, sodass es zu Tränenfluss, Husten und Atemnot kommen kann. Mutagene Aktivität zeigte sich in In vitro- Versuchen. Bei der Ratte bewirkte eine chronische Exposi- tion Tumore an den Schleimhäuten der Nasen- und Nasennebenhöhlen. Vermutet wird ein Zusammenhang zwischen der lokalen Reizwirkung und der Tumorbildung.

Auf den Menschen ist eine direkte Übertragung dieser Befunde aufgrund der physiologischen Unterschiede Tier-Mensch nicht möglich. Sicher belegt werden kann die Kanzerogenität des Formaldehyds beim Menschen nicht. Es kann jedoch nach längerfristiger Exposition zu Beeinträchtigungen des Gedächtnisses, der Konzentrationsfähigkeit und des Schlafverhaltens kommen.

5.3.5 Isopropanol

Isopropanol ist ein flüchtiger Alkohol, der schon in relativ geringen Konzentratio- nen gerochen werden kann (Geruchsschwelle 7,5 mg/m³). Der Stoff kommt in Kernmachereien von Gießereien in den Lösungen vor, mit denen die Kerne vor dem Formen benetzt werden (Schlichten).

Hauptmetabolit ist Aceton, der vor allem über die Lunge und zum kleineren Teil über die Nieren ausgeschieden wird (Eliminationshalbwertszeit ca. 22 h). Die Bio-

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transformation erfolgt über die Alkoholdehydrogenase, jedoch ist deren Aktivität gegenüber Isopropanol um ca. 90 % geringer als gegenüber Ethanol.

Symptome ähnlich einer Intoxikation infolge Acetoninhalation (Übelkeit und Kopf- schmerzen) treten bei erhöhter Exposition auf. Beschrieben werden auch neurologische Befunde wie Gedächtnisschwierigkeiten, Reaktionszeitverzögerung und Gleichgewichtsstörungen.

Eine Studie an Schweizer Gießereiarbeitern zu neurologischen Verhaltens- änderungen wird in [27] beschrieben. Die Analyse von Isopropanol in der Umge- bungsluft erfolgte mittels FT-IR-Spektroskopie bzw. GC-MS; im Urin durch Head - Space - Gaschromatographie. Anhand verschiedener neurologischer Tests (Reak- tionszeit usw.) konnten jedoch keine neurologischen Verhaltensänderungen gefunden werden.

5.3.6 Methylformiat

In o.g. Studie [27] wurde des weiteren Methylformiat auf mögliche Einwirkungen auf neurologische Befunde untersucht. Der Stoff wird gießereitechnisch als Kataly- sator im Härteprozess von Bindern verwendet.

Er wird rasch in Methanol und Ameisensäure umgewandelt. Der größte Teil von Methanol wird innerhalb weniger Stunden über Lunge und Nieren ausgeschieden.

Der Rest wird zu Ameisensäure metabolisiert.

Auch im Falle des Methylformiats wurden keine akuten neurologischen Effekte festgestellt.

5.3.7 Isophoron

Isophoron (3,5,5-Trimethyl-2-cyclohexen-1-on) wird als Lösemittel u.a. für Vinyl- harze (PVC-Pasten), Klebstoffe und in Lacken verwendet [28]. Es handelt sich um eine Flüssigkeit mit pfefferminzartigem Geruch und einer Geruchsschwelle von 0,2 mg/m³ (ppm).

Isophoron wird sowohl oral, inhalativ als auch dermal resorbiert. Ein Teil wird unverändert über die Atemluft ausgeschieden. Im Tierversuch wurden nach perolarer Applikation oxidative Metaboliten im Urin nachgewiesen. Hinzu kommen Glucuronide und auch Glutathion-Konjugate, die gebildet werden. Akute inhalative Expositionen bei Versuchstieren führten zu Reizungen der Schleimhäute. Aus den

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Tierversuchen und Erfahrungen an Arbeitsplätzen ergab sich kein sensibilisieren- des Potential. Prüfungen auf Genotoxizität und DNA-Bindung in vivo verliefen negativ. Bei Ratten und Mäusen zeigten sich nach oraler Gabe von Isophoron jedoch vor allem bei Männchen erhöhte Inzidenzen von Nierentumoren und auch Präputialdrüsenkarzinomen. Dies scheint jedoch auf für männliche Ratten spezifi- sche, nicht-genotoxische Mechanismen zurückzuführen zu sein.

Isophoron ist als krebserzeugend der Kategorie 3 eingestuft. Das bedeutet, eine krebserregende Wirkung auf den Menschen ist möglich, jedoch existieren nicht genügend Informationen für eine Beurteilung. Anhaltspunkte aus Tierversuchen reichen aber nicht aus, den Stoff in eine höhere Kategorie einzustufen. Der MAK- Wert liegt bei 2 ppm.

6 Zusammenfassung und zukünftige Entwicklungen

Moderne Gießereien müssen sich heutzutage mit dem Thema „Geruch“ intensiv auseinandersetzen. Dabei geht es nicht nur darum, in benachbarten Wohngebieten für den Schutz der Anwohner zu sorgen. Im Vordergrund steht der Gießereiarbeiter, der in direktem Kontakt mit Geruchsstoffen steht. Hauptquellen für auftretende Gerüche in Gießereien sind Formanlagen und Gießstrecken. Die dabei auftretenden, mit verschiedenen Methoden detektierbaren Stoffgemische bestehen aus einer Vielzahl von Verbindungen, die sowohl Ausgangsstoffe sein können, aber auch erst während der Form- und Gießvorgänge entstehen.

Verschiedene Faktoren beeinflussen dies. Die wichtigsten Stoffklassen sind polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, N-Nitrosamine, Alkohole und Aldehyde sowie Diisocyanate.

Aus den verschiedenen Untersuchungen lassen sich einige Schlussfolgerungen für die zu erzielende Verringerung von Gerüchen an Formanlagen und Gießstrecken ziehen, wie folgende allgemeine Übersicht verdeutlicht.

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Abbildung 11: Möglichkeiten zur Geruchsminderung und Geruchsbeseitigung in Gießereien [3]

Beispielsweise ist es hilfreich, ein „Emissionskataster“ zu erstellen, um mögliche Quellen einer Geruchsfreisetzung zu erkennen und dort eine Geruchsverminde- rung einzuleiten. Vor allem die Einführung von geruchstechnisch optimierten Mate- rialien (Bindern) anstelle von teuren Abluftreinigungsanlagen ist zu empfehlen (Primärmaßnahmen). Günstig wirkt sich ein möglichst langes Abbrennen der Gießgase aus, was einer Nachverbrennung gleich kommt. Dadurch wird ein großer Teil der Geruchsstoffe in geruchloses CO2 und Wasser umgewandelt.

Weiterhin wird eine Geruchsminderung erzielt durch Abluftreinigung (Sekundär- maßnahmen: Aktivkohleverfahren, Abgaswäsche, biologische Abgasreinigung).

Die anfallenden großen Abluftströme führen jedoch zu hohen Kosten und auch der Wirkungsgrad ist nur gering. Den höchsten Reinigungsgrad erreichen Nachverbrennungsanlagen, die jedoch aufgrund zusätzlicher CO2 -Emissionen für die Umwelt nachteilig sind.

Welches Verfahren auch verwendet wird, ratsam ist, es im „kleinen Maßstab“ zu erproben.

In der Forschung und Entwicklung befinden sich derzeit geruchsreduzierte Binder sowie Untersuchungen zu Formstoffkomponenten und einer möglichen Einfluss-

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