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Benzol, Toluol, Xylol (BTX), Styrol, Phenol und polyzyklische aromatische

4 Allgemeine Grenzwerte und gesetzliche Regelungen für Gerüche

5.2 Analyse von Geruchsstoffen in Gießereien (Beispiele) 23

5.3.1 Benzol, Toluol, Xylol (BTX), Styrol, Phenol und polyzyklische aromatische

BTX und PAKs entstehen bei der Pyrolyse organischen Materials unter Sauerstoffmangel und bei hohen Temperaturen. Für das Auftreten von Benzol und PAKs, insbesondere Benzo(a)pyren, welches als Leitkomponente anerkannt ist [21], sind u.a. dem Formsand zugesetzte Kohlenstoffträger (Steinkohlenpuder, Petrolharz, Polystyrol, Polyethylen, Stärke, Sägemehl, Torf) und evtl. Kunstharz-bindemittel (Phenol-, Furan-, Amino- und Alkydharze) verantwortlich. Um die Schadstoffbildung zu verringern, sollte die Menge des C-Trägers so gering wie gießereitechnisch möglich gewählt werden.

Am Gießereiarbeitsplatz erfolgt die Aufnahme von Benzol vorwiegend inhalativ.

Die Resorption ist abhängig von Ventilationsparametern (Atemminutenvolumen) und der individuellen Aufnahmekapazität (Biotransformation, Fettgewebe). Die Resorption folgt einer Sättigungskinetik, die durch den inhalativen Anteil bestimmt wird. Die Geruchsschwelle liegt bei 16 mg/m³ Luft.

Die Verteilung des Benzols hängt wegen seiner Lipophilie vom Lipidgehalt der Organe und des Gewebes ab. Die Biotransformation des Benzols in der Leber erfolgt mithilfe Cytochrom-P450-abhängiger Enzyme durch Addition eines Sauer-stoffatoms an den Aromaten. Postuliert wird ein Epoxid, welches sich nach Aufnahme hoher Dosen Benzol hauptsächlich in Phenol umwandelt. Ein geringer Teil dieses Epoxids wird in Dihydrodiol und Catechol überführt. Weitere hydroxylierte Metaboliten können gebildet werden, die wiederum in der Leber und im roten Knochenmark in Glucuronide und Sulfatkonjugate umgewandelt werden.

Zentraldepressorische Störungen stehen bei einer akuten Benzolvergiftung im Vordergrund (Müdigkeit, Schwindel, Schweißausbrüche, Rauschzustände, Kopf-schmerzen, Konzentrationsschwäche). Die chronische Aufnahme von Benzol führt zu einer Beeinflussung des hämatopoetischen Systems (Erythropoese, Thrombo-poese, Leukopoese). Myeloprolifertative Veränderungen können zu malignen

Erkrankungen führen d.h. zur akuten myeloischen Leukämie. Aus diesem Grund wurde Benzol als Kanzerogen eingestuft.

Toluol wird zu 40 bis 60 % aus der eingeatmeten Luft resorbiert. Wie Benzol wird die Verteilung im Körper durch den Lipidgehalt des Gewebes und der Organe bestimmt. Die metabolische Umwandlung erfolgt ebenfalls in der Leber, jedoch hemmt Toluol den Metabolismus von Benzol und Xylol. Bei der Biotransformation erfolgt zuerst eine Oxidation der Methylgruppe bzw. des Ringes (zu Kresol) durch mikrosomale Cytochrom-P450-abhängige Monooxygenasen. Die Bildung von Benzoesäure erfolgt stufenweise. Abgeschlossen wird die Metabolisierung durch Konjugation mit Glycin (80 % des resorbierten Toluols wird so metabolisiert) oder Glucuronsäure. Nur rund 1 % des Toluols wird am Ring zu Kresol hydroxyliert. Der Rest wird unverändert ausgeschieden (Lunge).

Leber- und Herzfunktionsstörungen sowie Knochenmarksschädigungen oder Blutbildveränderungen können nach chronischer, inhalativer Aufnahme auftreten.

Jedoch lässt sich die toxikologische Wirkung von Toluol nur schwer abgrenzen, da häufig gleichzeitig Benzol auftritt, dessen Wirkung die von Toluol überlagern kann.

Xylol, dessen Geruchsschwelle bei 4 mg/m3 liegt, wird ebenso wie andere Alkyl-benzole in lipidhaltigen Organen und Geweben angereichert (Nebennieren, Kno-chenmark, ZNS, Milz, Fettgewebe). Auch hier erfolgt eine Oxidation der Methyl-gruppe und anschließende Konjugation mit Glycin (Methylhippursäure). Nur ein geringer Anteil wird am Ring hydroxyliert und konjugiert mit Glucuronsäure. Die Elimination erfolgt über die Lunge (unverändertes Xylol) und die Nieren (als Metaboliten). Die Wirkung nach chronischer Einwirkung ähnelt der von Benzol und Toluol.

Styrol (Geruchschwelle 0,21-0,33 mg/m³) wird hauptsächlich mit der Atemluft aufgenommen. In Gegenwart von Luftsauerstoff reagiert gasförmiges Styrol zu Aldehyden, Ketonen und Benzoesäure. Das gemeinsame Auftreten wird als unangenehmer Geruch wahrgenommen. Styrol wird in fetthaltigem Gewebe angereichert. Bedeutend ist die Oxidation von Styrol zum Epoxid durch Cytochrom-P450-Monooxygenasen. Es entstehen die L- und D-Enantiomere von 7,8-Styroloxid, die in Gegenwart verschiedener Enzyme zu weiteren Metaboliten, u.a. der Mandelsäure, reagieren. Die Ausscheidung erfolgt über die Nieren.

Phenol wird hauptsächlich über die Haut resorbiert. Akute Vergiftungen gehen mit lokalen Effekten, zentralnervösen Symptomen und Stauungen der Organe einher.

Länger andauernde Exposition beeinflusst das Nervensystem und führt zu Dermatitis. Die Elimination erfolgt über die Niere durch Phenolsulfat und –glucuro-nid als Metaboliten. Hydrolyseprodukte mit genotoxischem Potential treten auf, jedoch nur in geringer Konzentration (Hydrochinon, Catechol, Benzochinon).

Umwandlungsprodukte der polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe sind Dihydrodiole, die enzymatisch gebildet werden. Die Leitsubstanz Benzo(a)pyren wird in verschiedene Arenoxide umgewandelt, die reaktive Vorstufen von Phenolen und Dihydrodiolen sind. Kanzerogenitätsstudien zeigten, dass das 7,8-Oxid und das 7,8-Dihydrodiol proximale Kanzerogene und das 7,8-Diol-9,10-epoxid ein starkes Mutagen und ultimales Kanzerogen darstellen.

Auffallend ist, dass nur solche PAKs kanzerogene Wirkung aufweisen können, die eine sogenannte Bay-Region besitzen, d.h. eine Einbuchtung im Ringsystem durch einen angulären Benzolring. An dieser Stelle kann epoxidiert werden.

Die durch Cytochrom-P450-abhängige Monooxygenasen katalysierte metaboli-sche Umwandlung entspricht der Phase 1 der Biotransformation und stellt eine Bioaktivierung der PAKs dar. Eine Inaktivierung der hierbei entstehenden Epoxide in weniger reaktive vizinale Diole erfolgt durch die Epoxid-Hydrase. Es erfolgt außerdem durch GSH S-Transferasen, Sulfotransferasen und UDP-Glucuronosyl-transferasen eine Konjugation mit GSH bzw. eine Umwandlung phenolischer Metaboliten in Sulfate und Glucuronide. Diese Prozesse zählen zur Phase 2 der Biotransformation und stärken die Elimination nukleophiler und elektrophiler Um-wandlungsprodukte.

Im Allgemeinen führen größere Mengen von PAKs zur Beeinträchtigung von Organen und Geweben mit hoher Mitoserate (v.a. hämatopoetisches System).

PAKs haben im Mehrstufenmodell der Kanzerogenese die Bedeutung von Initiatoren. Bestimmend für die kanzerogene oder initiierende Potenz der PAKs ist die Aktivität und Substratspezifität des Cytochrom-P450-abhängigen Monooxyge-nase-Systems der verschiedenen Organe. Mit der Bay-Region-Theorie ist eine Einschätzung der Kanzerogenität der PAKs möglich, jedoch sind quantitative Aussagen über Biotransformationen oder Bioaktivitäten nicht möglich. Zu beach-ten ist nämlich ebenso die jeweilige Affinität zum katalytischen System P450.

Benzo(a)pyren ist demnach ein schwaches Kanzerogen, weil es zwar über eine Bay-Region verfügt, aber eine geringe Affinität zum katalytischen System hat.

In [23] wurden drei Eisengießerei-typische Dämpfe, die von verschiedenen Binder-systemen stammten, vergleichend in einer In vivo - In vitro - Studie bezüglich ihrer potentiellen Kanzerogenität untersucht. In den Dämpfen wurden mittels GC/MS diverse polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe gefunden. Die Untersu-chungen setzten sich aus den folgenden zwei Teilgebieten zusammen:

- einer zwei Jahre dauernden chronischen In vivo - Studie an Ratten unter Verwendung eines intrabronchialen Implantats, um pathologische Veräde-rungen im Bronchialepithel zu untersuchen und

- die Entwicklung und Verwendung einer Zahl von Kurzzeit - In vitro - Assays zur Beurteilung bezüglich Zytotoxizität und der potentiellen Genotoxizität der Dämpfe auf kultivierte Tracheal-epitheliale Zellen von Kaninchen.

Die enthaltenen PAKs erwiesen sich als schwach kanzerogen oder führten zu pathologischen Veränderungen, welche die Bronchien anfälliger machten, Krebs durch die Einwirkung weiterer Faktoren zu entwickeln. Aus den Ergebnissen konnte geschlussfolgert werden, dass sowohl In vitro - als auch In vivo - Tests notwendig sind, um derartig komplexe Mischungen von Dämpfen bezüglich ihrer Toxizität zu beurteilen.

Die TRGS 551 (Teer und andere Pyrolyseprodukte aus organischem Material [24]) enthält Hinweise zur Beurteilung von Arbeitsplätzen, an denen durch Pyrolyse-prozesse PAKs entstehen können oder mit denen umgegangen wird, sowie geeignete Schutzmaßnahmen.