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Archiv "Otto Schneider" (13.01.1977)

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Spektrum der Woche Aufsätze -Notizen

Ins nächsterreichbare Krankenhaus ...

unserem Beruf, macht bestimmt nie des Guten genug.

Eine erstaunliche Erfahrung nach drei Wochen: Wenn man das Grauen eines Unfalls hinter sich hat, das dem sinnlosen Grauen des Krieges ähn- lich sein muß, dann sträubt sich der ganze Körper mit allen verbliebenen Kräften, fremde Schicksale, Freuden wie Leiden, mitzuverarbeiten. Also Einzelraum, Einsamkeit. Er muß ja aus allen Ecken seine spärlichen Le- bensreste suchen und erweitern, um sich selbst vielleicht wieder zu ge- stalten.

Noch eins: Gedankenlos hatte ich mir in den ersten Tagen politische Literatur, die mich sonst interessiert, für später mitbringen lassen. Voll- kommener Unsinn! Dafür wird man nicht wieder gesund, dafür lernt man gewissermaßen nicht wieder gehen.

Nur für die wesentlichen Hilfen und Werte, nicht für die Kämpfe.

Eines Spätabends huschte eine junge Schwester von der Wachsta- tion zu mir in das abgedunkelte Zim- mer, zehn Tage später: „Wollte doch mal sehen, wie es Ihnen geht, Frau Doktor, Sie sind ja direkt schon bei- nahe wieder zu erkennen!" Das freute und half mehr als die Schlafta- blette.

Im Zweibettzimmer hing mir gegen- über ein leerer Nagel, überhaupt kein Bild. Am zweiten Tag: „Schwester, ein Bild!" (Schlamperei tut körper- lich weh.) Zwei Schwestern sagten:

„Ja , die Verwaltung. . .", die Sta- tionsschwester sagte: „Stehlen wir's halt!" und brachte ein nettes Bild vom Flur.

Das Vertrauen zum Leben wächst, manch ein Besucher freut einen sehr, wenn auch noch Sprechverbot besteht.

Die Schwestern? Mutet man ihnen zuviel zu (viele bedrückende Zugän- ge), so wehren sie sich dagegen mit Zeitung, Kaffee und Zigarette. Auch alle jungen rauchen schon und nicht nur leichte Sorten. Die beste schien mir die, die sagte: „Ich bin immer bei dem, dem es am schlechtesten

geht." War's vorbei, verschwand sie stillschweigend zum nächsten, und man sah das auch ein. Oder eine ganz junge Dunkelhaarige: „Ja, ich habe alle meine Patienten sehr gern." (Welch einfache Lösung des größten Problems —, und sie lebte auch danach.)

Schlußstrich nach fünf Wochen: Ich wünschte, an vielen kleinen Orten der großen Bundesrepublik kämen viele Patienten in so gute und ver- ständnisvolle Hände wie ich „Im nächsterreichbaren Krankenhaus".

Arzt — und Poet dazu

Otto Schneider

Otto Schneider wurde am 27. Febru- ar 1894 in Frankfurt am Main gebo- ren. Er ist Internist, war von 1923 bis 1937 hauptamtlich Stadt- und Sport- arzt in Halle an der Saale und dann Sanitätsoffizier in Liegnitz. Er ist jetzt Oberstarzt a. D. Nach russischer Kriegsgefangenschaft bis 1950 lebt er in Coburg. Otto Schneider kom- mentiert Umwelt, Geschichte und ei- genes Leben. Da ist zum Beispiel der

„Brief eines glücklichen Ehemannes an einen Arzt" (wobei unverkennbar ist, daß der „glückliche Ehemann"

ebenfalls Arzt ist):

Wissen müßten Sie es schon:

Meine Frau ist mein Hormon.

Denn sie bringt von früh bis spät Wenn ich's brauch', Aktivität! . . Tag für Tag mit neuem Schwung Wandelt alt sie so in jung!

Die Gehirndurchblutung steigt, Das Gedächtnis neu sich zeigt, Selbst, die Haut, die manchmal trocken,

Kann zum Streicheln jetzt verlocken.

Müdigkeit und Kopfdruck schwinden,

Kurz — das Allgemeinbefinden Wird durch sie harmonisiert.

Kann man sich eine großartigere Lie- beserklärung an eine langjährige Ehefrau vorstellen? — In „Regen- tröpfchens Liebesleben" wird das

Inzwischen hat da, wo ich mit der Pünktlichkeit einer Uhr zur Vertre- tung in einer großen Praxis einge- troffen wäre, ein „bewaffneter Raub- überfall" stattgefunden. Haus ausge- räumt — beide Mitarbeiterinnen schwer geschockt, ich wäre die dritte im Bunde gewesen. Unausrottbar?

Anschrift der Verfasserin:

Dr. med. Susanne Böl ling Wasserburger Straße 120 8993 Nonnenhorn

Erleben der Liebe weiter präzisiert:

die beiden Regentröpfchen flossen nämlich „sehr schnell in Eins zusam- men", aber:

Zwei Menschentröpfchen, wie mir deucht,

die werden nicht ein Tropf so leicht . . .

Wir bleiben immer Ich und Du, Bin ich auch noch so Dein!

Bei aller betonten Einheit also, der Lebens-Notwendigkeit solcher Ein- heit sozusagen, bleibt doch diese ge- wisse Trennung und Einsamkeit, die zwar jeden Menschen betrifft, um so mehr aber, je bewußter einer lebt. Wo Schneider sich Gedanken über Poli- tik und Kultur macht, wird die Bedeu- tung des Politischen reduziert:

Und wenn ein Bismarck auferstände und sucht' und fragte fern und nah, was er von seinem Werk noch fände, er säh erstaunt, daß nichts mehr da!

Wenn aus den Gräbern auferstehen Praxiteles, ein Dürer gar,

sie könnten ihre Werke sehen bewundert, wie es damals war . . . Bei Kunst und Künstlern darf man glauben

das Wunder der Unsterblichkeit.

Was also, heißt das doch, ist ein Bis- marck im Vergleich zu Künstlern.

Edith Engelke

118 Heft 2 vom 13. Januar 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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