Vorwort
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
im Lernentwicklungsgespräch mit der Lernentwicklungslandschaft formulieren die Kinder mithilfe moti- vierender und stärkenorientierter Gesprächsführung sowie dosierter Hilfe der Lehrkraft individuelle Hand- lungsfelder, in denen sie gezielt an ihrem eigenen Lernen weiterarbeiten.
Die Lernentwicklungslandschaft macht ein solch komplexes Gespräch anschaulicher und nutzt ressour- cenorientiert die Fähigkeiten und Fertigkeiten eines jeden Kindes zur Weiterarbeit.
Wir arbeiten nach dem Motto: „Stärken stärken, um konstruktiv an Entwicklungsfeldern arbeiten zu können!“
Sie als Grundschullehrkraft profitieren von der Lernentwicklungslandschaft, indem Sie mit einem Schü- ler und seinen Eltern gemeinsam über seine Stärken und Probleme sprechen. Aber es mag in einigen Fällen sinnvoll sein, auch andere am Lernprozess interessierte Personen, wie Beratungslehrkräfte, Schul- psychologen, Sozialpädagogen oder Therapeuten, zum Gespräch dazuzubitten.
Das Lernentwicklungsgespräch mit der Lernentwicklungslandschaft fördert das motivierte und vom Selbstwert her gestützte Kind, das eine konkrete Auffassung davon hat, über welche Kompetenz(en) es verfügt, wie es diese erreicht hat und welche Kompetenz(en) es im nächsten Schritt mit seinen eigenen Stärken und Fähigkeiten anstreben kann.
Alle Materialien sind mehrfach erfolgreich unterrichtspraktisch erprobt und haben sich bewährt.
Haben Sie Fragen, Anmerkungen oder Interesse an einer Zusammenarbeit oder Fortbildung zum Führen und Gestalten von Lernentwicklungsgesprächen, dann können Sie sich gerne an uns wenden.
Wir sind gespannt auf Ihre Rückmeldungen unter lorenz.weiss@web.de.
Wir wünschen Ihnen viel Freude mit dem Instrument des Lernentwicklungsgesprächs mit der Lernent- wicklungslandschaft und ebensolche intensiven, berührenden und sehr oft mit strahlenden Kinderaugen verbundenen Gespräche.
Jonas Göb, Katja Köhler und Lorenz Weiß
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1 Das Lernentwicklungsgespräch
1.1 Das Lernentwicklungsgespräch: Begriffsklärung
In Lernentwicklungsgesprächen tauschen sich Kinder, deren Sorgeberechtigte und die Lehrkraft in pas- senden Abständen über die individuellen Stärken des Kindes, seine Lernfortschritte und zu optimierende Lernhandlungsfelder bezogen auf die schulischen Leistungen aus. Im Unterschied zum schriftlich ver- fassten Zeugnis, das ein Dokument mit Aussagen über das Kind ist, wird im Lernentwicklungsgespräch in wertschätzender Kommunikation auf Augenhöhe mit dem Kind über seine schulischen Leistungen gesprochen.
Kind, Lehrer und Sorgeberechtigte reflektieren gemeinsam über die schulische Lernentwicklung des Kindes
und nehmen
individuelle
Stärken Fortschritte Stagnation ggf.
Rückschritte Persönlichkeitsmerkmale,
die schulisches Lernen unterstützen,
in den Blick und
treffen individuelle Zielvereinbarungen mit dem Kind zur positiven Progression der schulischen Leistungen.
Lernentwicklungsgespräche sind produkt- und prozessorientiert und betrachten die aktuelle schulische Gegenwart des Kindes, beachten seine Entwicklungsgeschichte, um individuelle Fortschritte hervorheben zu können und weisen in die Zukunft, indem über die Lernvereinbarungen zukünftige Handlungsweisen in den Blick genommen werden.
Es kommt darauf an, eine echte Gesprächssituation auf Augenhöhe herzustellen, in der die aus schuli- scher Sicht wichtigen Themen angesprochen werden können. Dabei ist es wichtig, dass die Lehrkraft das Kind einbindet, sodass es Verantwortung für den eigenen Lernprozess übernehmen kann. Im Fol- genden sind die Vorteile eines Lernentwicklungsgesprächs zusammengefasst:
⏺ Die Kinder erleben sich noch stärker als eigene Gestalter und Verantwortliche ihres persönlichen Bil- dungsweges.
⏺ Die Kinder reflektieren ihre eigenen Lernprozesse und Lernergebnisse und beeinflussen positiv ihre Lernbiografie.
⏺ Die Lehrkraft unterstützt die Kinder darin, den individuellen Lern- und Leistungsstand zu evaluieren und sich an selbst gesetzten und unter Umständen auch vorgegebenen Zielen zu entwickeln.
⏺ Kinder, Eltern und Lehrkräfte sind auf einem Wissensstand über die Kompetenzniveaus des Kindes.
⏺ Eltern können die Reflexionsfähigkeit ihres Kindes selbst unmittelbar erleben.
⏺ Weitere Lern- und Entwicklungsziele werden durch das Kind erarbeitet und so formuliert, dass sie zu einem persönlichen Ziel werden können.
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2 Die Lernentwicklungslandschaft
Die Lernentwicklungslandschaft ist eine Form gestaltpädagogischer Visualisierung, die den Lernweg des Kindes als Metapher aufnimmt und einen handlungsorientierten Umgang mit einzelnen Lernkompeten- zen und deren Beurteilung aufgreift und weiterführt.
Die Metaphorik greift das innere Bild des Lebens- und Lernweges des Kindes auf, findet in der entspre- chenden Abbildung eine Visualisierung als Unterstützung für die Reflexion und Weiterarbeit.
Abbildung 1: Die Lernentwicklungslandschaft
2.1 Chancen der Arbeit mit der Lernentwicklungslandschaft
Auf der Basis einer ressourcen- und stärkenorientierten Pädagogik wird im Lernentwicklungsgespräch mit der Lernentwicklungslandschaft der Fokus auf vorhandene Kompetenzen und individuelle Helfer- systeme der Schüler gelegt. Die Arbeit mit der Lernentwicklungslandschaft zielt auf das Aufbauen von internal variablen Attributionsschemata.
Hierbei kommen im Besonderen Aufmerksamkeitsrichtungen und Teilelemente des Coachings, der Bera- tung sowie der Nachbesprechung und Reflexion von Lernhandlungen zum Tragen und unterstützen damit die individuelle Passung im Gespräch sowie die Transfer- und Umsetzungswahrscheinlichkeit zur
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3 Umgang mit dem Einschätzungsbogen
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3.2 Element: Stärken
Dieser Teil des Einschätzungsbogens wird im Lernentwicklungsgespräch ausgefüllt. Vom Schüler benannte Stärken werden während des Gesprächs von der Lehrkraft in das entsprechende Feld auf dem Deckblatt des Einschätzungsbogen eingetragen. Eine Alternative wäre es an dieser Stelle, entsprechend vorbereitete Papierstreifen mit den Stärken auf den Bogen zu kleben.
Abbildung 6: Einschätzungsbogen mit individuellen Stärken
3.3 Element: Kriteriengeleitete Items
Kriteriengeleitete Items dienen dazu, dass beide Seiten zu denselben Kompetenzen eine Einschätzung finden. Diese sind angelehnt an den Themenbereichen des Lehrplanes, nehmen aber auch das Arbeits- und Sozialverhalten der Schüler in den Blick.
In den Einschätzungsbögen der schulischen Leistungen sieht man zum einen einmal die Benennung des Faches und dann werden die Kompetenzen des jeweiligen Faches genannt. Diese eher abstrakte Formulierung wird aufgefächert in konkrete und für Kinder verständliche Verhaltensweisen, die kriterien- geleiteten Items. Auf diese Weise kann eine gemeinsame Basis relevanter Schwerpunkte des Gesprächs gefunden werden.
Hier ist ein Beispiel aus dem Einschätzungsbogen der schulischen Leistungen für die 2. Klasse (➙ KV 2):
Fach: Deutsch Kompetenz: Lesen
Kriteriengeleitetes Item: Ich lese flüssig und betont vor.
An dieser Stelle ist es wichtig, auf den Unterschied zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung hinzu- weisen. Die Lehrkraft schätzt das Kind z. B. als „fast immer“ freundlich und hilfsbereit ein, das Kind schätzt sich selbst als „manchmal“ freundlich und hilfsbereit. Diese unterschiedliche Einschätzung regt dazu an, die verschiedenen Einschätzungen im Lernentwicklungsgespräch zu thematisieren.
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3.4 Element: Ausblick
Tipp
Es bietet sich an, noch nicht behandelte Themengebiete des Lehrplans, seien es kriteriengeleitete Items oder ganze Kompetenzbereiche, aus dem Einschätzungsbogen auszuklammern oder als noch nicht behandelt auszuweisen, sodass es zu keiner Verwirrung beim Kind und/oder im Elternhaus kommt.
3.4 Element: Ausblick
Im Element Ausblick finden die gemachten Erkenntnisse des Kindes ihre Dokumentation. Es können Handlungsimpulse für das zweite Schulhalbjahr formuliert werden. Im Folgenden sehen Sie ein Beispiel für eine Formulierung.
Weil ich ausdauernd bin, kann ich es durch Anstrengung schaffen, im Rechtschreibbereich
meine Texte rechtschriftlich zu überarbeiten.
Während des Gesprächs visualisieren Edelsteine fachliche Stärken. Im Ausblick des Gesprächs können Stolpersteine durch Edelsteine ersetzt werden. Diese Erkenntnisse finden in der Dokumentation des Einschätzungsbogen ihren Platz. Durch diese Tätigkeit kann dem Schüler gezeigt werden, dass in der Zukunft ein Stolperstein durch den Einsatz eigener Fähigkeiten und Stärken zu einem Edelstein bzw.
einer Fähigkeit werden kann. Durch die Formulierung eines konkreten Zieles, in Verbindung mit der fotografischen Dokumentation der Lernentwicklungslandschaft, soll der Inhalt des Lernentwicklungs- gesprächs Transfermöglichkeiten in den Schulalltag bieten.
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6 Impulse zur Schulentwicklung
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6.2 Vorbereitungsbogen der Eltern für das Lernentwicklungsgespräch
Vorbereitung für das Lernentwicklungsgespräch (Eltern)
Das kann mein Kind außerschulisch besonders gut:
Das sind die Stärken meines Kindes in der Schule:
In der Schule bräuchte es in diesen Bereichen besondere Unterstützung:
Als Eltern unterstützen wir unser Kind durch:
Diese Themen möchten wir unbedingt ansprechen:
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7.1 Kopiervorlage 1: Bogen für die 1. Klasse
🟌 🟌🟌 🟌🟌🟌 🟌🟌🟌🟌
Sprechen und Zuhören
Leserlich schreiben
Seite übersichtlich gestalten
Wörter und kurze Sätze lesen
Ideen für eigene Texte finden
Wörter und kurze
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7.2 Kopiervorlage 2: Bogen für die 2. Klasse
Einschätzung der schulischen Fähigkeiten
Wichtig: Trage dein Kreuz in die weißen Felder ein!
Verhalten in der
Gemeinschaft
🟌 🟌🟌 🟌🟌🟌 🟌🟌🟌🟌Anmerkungen:
Ich
verhalte mich freundlich und hilfsbereit.
halte mich an unsere Regeln.
arbeite mit anderen Kindern gut zusammen.
verhalte mich bei einem Streit fair.
Lern- und
Arbeitsverhalten
🟌 🟌🟌 🟌🟌🟌 🟌🟌🟌🟌Anmerkungen:
Ich
höre im Unterricht aufmerksam zu.
arbeite, ohne mich ablenken zu lassen.
merke, wenn ich etwas nicht alleine kann, und hole mir Hilfe.
erledige meine Arbeiten zuverlässig.
habe meine Arbeitsmaterialien immer dabei.
kenne Lerntricks, die mein Lernen unterstützen.
bin motiviert und interessiert erledige meine Hausaufgaben vollständig und ordentlich.
🟌
🟌🟌
🟌🟌🟌
🟌🟌🟌🟌
selten manchmal oft
fast immer
Kind Lehrkraft
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7.6 Kopiervorlage 6: Karten für die 1. Klasse
Mit anderen Kindern auskommen
Sozialverhalten
Aufpassen und
Mitarbeiten
Arbeitsverhalten zu Hause
Hausaufgaben zuverlässig erledigen
Arbeitsverhalten in der Schule
Alle
Schulsachen dabeihaben
Organisation
Sprechen und Zuhören
Zuhören und Verstehen Deutlich zu anderen sprechen
Über das eigene Lernen reflektieren
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7.12 Kopiervorlage 12: Checkliste zur Gesprächsvorbereitung
Zum Schuljahresbeginn
☐ Einschätzungsbögen sichten und mit dem Lehrplan abgleichen (➙ KV 1–4)
☐ Beobachtungen erheben
☐ Beobachtungen im Beobachtungsbogen festhalten (➙ KV 9–10)
☐ Elterninformationsabend über den Ablauf des Lernentwicklungsgesprächs
4 Wochen vor dem Gespräch
☐ Elternbrief mit Terminangeboten und wichtigen Informationen austeilen (➙ KV 12)
☐ Abstimmung der Gesprächstermine mit Kollegen
☐ Mitteilung der Gesprächstermine an Erziehungs- und Sorgeberechtigte
☐ Einschätzungen der Kollegen einholen (➙ KV 1–4)
1 Woche vor dem Gespräch
☐ Schüler füllen die Bögen aus (➙ KV 1–4)
☐ Fertigstellung der Materialien (➙ KV 5, 6 bzw. 7, 15,16,17 und ggf. 18) sowie Stolpersteine, Edel- steine und Figuren
☐ Eigene Einschätzungen vornehmen (➙ KV 1–4)
☐ Formulierung relevanter Gesprächsschwerpunkte (➙ KV 10)
Gesprächsvorbereitung
☐ Raumgestaltung mit einer angenehmen Gesprächsatmosphäre (Tischgestaltung, Sitzordnung, ausreichende Anzahl von Sitzplätzen)
LeL S
L
Eltern Eltern
☐ Bereitstellung der Lernentwicklungslandschaft, der Figuren und Karten