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Archiv "Erziehungsberatung in der ärztlichen Praxis" (11.10.1979)

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Erziehungsberatung in der ärztlichen Praxis

Johannes Meinhardt

Aus dem Deutschen Schulärztlichen Institut Petersberg-Fulda (Vorstand: Professor Dr. med. Dr. theol. Johannes Meinhardt)

Der Arzt kann sich der Aufgabe, auch in Sachen Erziehung tätig zu sein, nicht entziehen, selbst wenn dies, wie manche meinen, nicht zu seinen eigentlichen Aufgaben gehört.

Sein Rat wird nicht nur gesucht, weil er in einem besonderen, auch den familiären Bereich umfassenden Vertrauensverhältnis zu Eitern und Kind steht, sondern auch der Tatsa- che wegen, daß die Erziehung ge- wichtige medizinische Aspekte auf- weist.

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Erziehungsberatung vor Schuleintritt des Kindes Nichts verdient mehr Hervorhebung als die Tatsache, daß der Arzt oft sehr viel früher als der Pädagoge oder der Psychologe gezwungen sein kann, sich mit Fragen der Erzie- hung und der Erziehungsberatung zu befassen- ein Umstand, auf wel- chen bereits Czerny hingewiesen hat.

Im Risikoregister von Joppich und Schulte wie in dem von Pechstein sind für eine postnatale Gefährdung jenseits der Neugeborenenperiode unter anderem folgende Faktoren aufgeführt:

~ ungenügende und ständig wech- selnde mütterliche (elterliche) Zu- wendung in den ersten drei Lebens- jahren

weniger als vier Stunden täglich:

~ in der Wachzeit

~ bei Aufenthalt in Heimen, Krip- pen oder Tagespflegestätten

~ bei doppelter Berufstätigkeit der Eitern

~ bei Betreuung von Zwillingskin- dern oder Geschwistern mit einem Geburtenabstand von weniger als einem Jahr

~ erzieherisch-soziale Vernachläs- sigung bei Erziehungsunfähigkeit der Angehörigen

~ Überprotektion, verwöhnende Erziehungshaltung der Sozialum- welt jenseits des dritten Lebenjahres (Großmuttererziehung, Einzelkindsi- tuation)

~ unphysiologische, nicht entwick- lungsgerechte psychophysische Leistungsanforderungen in den ver- schiedenen Altersstufen, zum Bei- spiel durch:

~ Ganztagsunterbringung in Kin- dergärten und Schulen vor dem zwölften Lebensjahr

~ überstrenge, überfordernde, starre Erziehungshaltung der Eitern

~ überzogene Schulanforderun- gen mit ständigen, demotivierenden Mißerfolgserlebnissen

~ familiäre Krisen, insbesondere bei Ehescheidung der Eitern. Daraus folgt, daß neben den be- kannten, die Mutter betreffenden Noxen auch eine postnatale Schädi- gungsmöglichkeit auf pädagogi-

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin ÜBERSICHTSAUFSATZ

Der Arzt kann bei seiner fami- liennahen Funktion erzie- hungsberatarische Aufgaben nicht ausklammern, auch nicht in einer Zeit, die hierfür spezielle nichtärztliche Berufe und Dienste geschaffen hat.

Er sollte aber mit diesen Beru- fen die Koordination suchen und sich selbst fortbilden, um ein besserer Gesprächspart- ner zu sein. Die ärztlich-erzie- hungsberatarischen Aufgaben werden in ihrer vom Lebensal- ter abhängigen Dringlichkeit dargestellt, um zu weiterer Fortbildung zu motivieren.

schem Wege ins Auge gefaßt wer- den muß, die auf der Abhängigkeit des Kindes vom sozialen Lernen be- ruht, das heißt von den in der Mut- ter-Kind-Dynade (Spitz) zu erlernen- den Fähigkeiten des Umgangs mit Menschen, der Kommunikation mit- tels der Sprache und der Orientie- rung in der Weit.

Bei dieser Noxe spielt der Zeitfaktor eine bedeutsame Rolle, dies inso- fern, als die erwähnten Lernprozes- se in die ersten drei Lebensjahre fal- len, eine Zeitspanne, in welcher das Zentralnervensystem die höchste Entwicklungsgeschwindigkeit wäh- rend des ganzen Lebens hat und sich daher in einer besonders sensi- blen Phase gesteigerter Reiz-Reak- tions-Bereitschaft befindet. Die für diese Phase notwendigen Entwick- lungsimpulse müssen und können nur von einer erwachsenen Bezugs- person gegeben werden.

Es ist die vordringliche Aufgabe des Arztes, den Eitern des Kindes, vorab der Mutter, nachdrücklich die uner- setzbare Funktion ihrer aktiven An- wesenheit in der- auf verschiedene Tagesabschnitte verteilten - Wach- zeit zu erläutern.

Nach den ersten drei Lebensjahren verlagert sich der Akzent der päd- agogischen Gegebenheiten. Der so- genannte Ablösungsprozeß hat ein Stadium erreicht, in dem das Kind

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft 41 vom 11. Oktober 1979 2663

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Ärztliche Erziehungsberatung

imstande ist, wenigstens für einige

Stunden ohne psychische Schädi- gung die mütterliche Bezugsperson zu entbehren; es wächst nunmehr in ein Alter hinein, in welchem es für den Kindergartenbesuch reif ist.

Auch hier wird der Arzt dazu raten müssen, daß der Übertritt in den Kin- dergarten behutsam und der indivi- duellen Reife des Kindes entspre- chend erfolgt.

Das Kardinalproblem wird schließ- lich der Zeitpunkt des Schuleintritts werden, bei welchem der Arzt nicht nur den körperlichen, sondern auch den seelischen und geistigen Ent-

·wicklungsstand des Kindes zum Ge- genstand des beratenden Ge- sprächs machen sollte.

Vor allem ist auf ein gewisses Fehl- verhalten, die Überprotektion durch die Eltern, hinzuweisen und darauf hinzuwirken, daß das Kind nicht nur aus falschem Prestigedenken her- aus, zum Beispiel durch Frühlesen und Frührechnen einer Überforde- rung ausgesetzt wird.

Übrigens wird der Sozialisierungs- und Motivierungseffekt des Kinder- gartens und der Vorschule oft zu hoch veranschlagt; das Kind erlebt diese Institutionen, wie übrigens auch in den ersten Schuljahren, noch zum größten Teil als Interak- tion zwischen sich und dem Erwach- senen, der Kindergärtnerin und dem Erzieher, und weniger als Interak- tion mit anderen Kindern.

f) Erziehungsberatung nach Schuleintritt des Kindes Der Schuleintritt eines Kindes kommt der Begegnung mit einer schicksalhaften Macht gleich. Die Schule wird für lange und entwick- lungsentscheidende Jahre seines Lebens Arbeitsplatz und Berufsmi- lieu, deren Auswirkungen bis in das Erwachsenenalter hinein reichen. Auch hier sind Risikofaktoren gege- ben, welche Erkrankungen eines Schülers mehr oder weniger mitbe- einflussen oder gar verursachen

können. Folgende Risikofaktoren können dazu beitragen:

~ die übermäßige zeitliche Bela- stung des Schülers, nicht zuletzt durch den länger gewordenen Schulweg, welche die 40-Stunden- Arbeitswoche des erwachsenen Be- rufstätigen übersteigen kann

~ der zu umfangreiche, überwie- gend kognitive und unkindgemäße, das heißt nicht altersphasengerech- te Lehrstoff

~ die Leistungsmessung als selek- tives Instrument

~ die Ausweitung der Fächer und die Verabsolutierung bestimmter Methoden

~ die Veränderung der Unterrichts- organisation (zunehmende Zentrali- sierung der Schulen, Mammutschu- len, Kurssystem, Fachlehrersystem, Stufenschule, Ganztagsschule und anderes).

Zu den schulinternen Risikofaktoren gehören auch ein gestörtes Lehrer·

Schüler-Verhältnis und Mitschüler- Verhältnis, welches sich in ungün- stigen Fällen in traumatischen Rol- len fixieren kann.

Neben den schulinternen stehen die schulexternen, aber schulrelevanten Risikofaktoren, zum Beispiel eine Behinderung des Kindes, welche die Schulbiographie des Kindes stets beeinflußt, und die Eltern-Kind-Be- ziehung. Wichtig sind bei letzterer die sich im Schülerdasein des Kin- des geradezu fokussierenden Risi- kofaktoren wie:

~ das Einfühlungsvermögen der Eitern in die Bedürfnisse des Kindes, eng verbunden mit dem Grad der emotionalen Annahme, das heißt ih- rer Fähigkeit, das So-Sein ihres Kin- des zu akzeptieren und anzuer- kennen

~ die Erziehungspraktiken bezie- hungsweise-stileder Eitern

~ das Anspruchsniveau und die Er- wartungshaltung der Eitern bezüg-

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lieh der Schulleistungen ihres Kin- des und dem damit verknüpften Grad seiner Wertschätzung.

Dementsprechend wird der Arzt mit der Schulproblematik in seiner all- täglichen Praxis auf zwei Arten kon- frontiert:

CD

Durch das Kind selbst.

Hier sind meist akute Erkrankungen der Anlaß, der Frage nach der Schul- belastung nachzugehen:

~ veränderte Eßgewohnheiten - gesteigerter Süßigkeitenverbrauch an Stelle des Schulbrots

~ verfrühter Nikotin- und Alkohol- abusus

~ falsche Arbeitshaltungen, zum Beispiel ungenügende Erholungs- zeiten durch zu lang dauernde Hausaufgaben

~ übermäßiges Fernsehen und Ra- diohören während oder nach den Hausaufgaben

~ unvernünftige Schulkleidung.

Diese Fragen der äußeren Schulhy- giene führen schließlich dazu, auch den obengenannten Risikofaktoren nachzugehen, etwa der Überforde- rung, wobei der Arzt dann zur Wie- derholung einer Klasse, zum Über- gang auf eine andere Schule oder- was am häufigsten ist- zur Befrei- ung von bestimmten Schulfächern (Sport) raten soll.

Es sei nachdrücklich vermerkt, daß solche Fragen zunächst diagno- stisch abgeklärt werden müssen, be- vor Atteste ausgestellt werden. Die- se erfüllen nur dann ihren Zweck, wenn sie gezielt, das heißt schulspe- zifisch, und nicht in allgemeiner Form ausgestellt werden und dem Lehrer durch genaue Angaben, in

welcher Weise und in welchem Gra-

de das Kind belastbar ist, eine ärztli- che Hilfestellung für den pädagogi- schen Alltag bieten. Das gleiche gilt für die Verordnung von Medikamen- ten. Eine medikamentöse Therapie kann durchaus indiziert sein, wenn

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Ärztliche Erziehungsberatung

es sich zum Beispiel bei phobischen Zuständen, um die Durchbrechung eines Circulus vitiosus handelt oder wenn es gilt, etwa in der Rekonva- leszenz die körperliche Leistungsfä- higkeit zu normalisieren; sie ist hin- gegen nicht indiziert, wenn es sich um die Verbesserung von Zensuren durch vermeintliche Behebung von nicht differentialdiagnostisch abge- klärten Konzentrationsstörungen handelt.

Medikamente sollten grundsätzlich nicht zensurenabhängig verordnet werden.

© Der Arzt wird mit der Schulpro- blematik des Kindes durch dessen Eltern konfrontiert.

Nicht selten wird er sich, etwa im Zusammenhang mit nervösen Ma- gen-Darm-Störungen oder Schlaf- störungen der Mutter, die Frage stel- len müssen, ob diese nicht durch schlechte Schulleistungen des Kin- des hervorgerufen sein könnten.

Wie die Lerntherapie während des frühen Kindesalters im engen Zu- sammenhang mit der elterlichen Er- ziehung betrachtet und in der Fami- lie durchgeführt werden muß, so muß auch die Therapie von Schul- störungen in gleicher Weise ange- gangen werden.

Eine kausale Therapie läßt sich un- ter Umständen damit erzielen, daß der Arzt zu einer Aussprache der El- tern mit dem Lehrer rät und zur Ein- leitung einer solchen seine Hilfe an- bietet.

O

Erziehungsberatung beim Übergang

zur weiterführenden Schule Vor allem in der Zeit, in welcher das Problem des Übergangs in eine wei- terführende Schule (Hauptschule, Realschule, Gymnasium) ansteht, wird von den Eltern in zunehmen- dem Maße der Rat des Arztes ge- sucht. Der Grund liegt darin, daß diese Phase in der Entwicklung des Kindes seitens der Eltern von einer bestimmten Erwartungshaltung be-

gleitet ist und sie dazu neigen, ein Nichterfüllen ihrer Ansprüche in ei- ner gesundheitlichen Störung, spe- ziell einer Lernstörung, zu suchen, zumal wenn damit gleichzeitig ein tatsächliches oder vermeintliches Versagen der Eltern entschuldigt werden soll.

Für den Arzt kommt es darauf an, die eventuelle Verdachtsdiagnose einer Teilleistungsschwäche, zum Bei- spiel einer Legasthenie oder Re- chenschwäche, auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen.

Darüber hinaus sollte jedoch auch die allgemeine Schulsituation des Kindes und das Verhältnis der Eltern zum Kinde und zur Schule nicht un- beachtet bleiben, damit eine Fehl- diagnose vermieden wird.

Die körperliche und seelische Be- gleitsymptomatik kann für den Arzt Anlaß sein, um einen Spätentwickler vor Überforderung zu bewahren und allzu prestigebedachten Eltern zu verdeutlichen, daß ein gesunder, glücklicher Realschüler besser ist als ein kranker und unglücklicher Gymnasiast.

Erziehungsberatung behinderter Schüler

Eine Aufgabe ganz besonderer Art wächst dem Arzt mit der Erzie- hungsberatung Behinderter zu.

Laut § 125 Abs. 1 des Bundessozial- hilfegesetzes hat der Arzt „die Personensorgeberechtigten sowie die . . . Behinderten über die nach Art und Schwere der Behinderung geeigneten ärztlichen und sonstigen Eingliederungsmaßnahmen zu bera- ten . .", unter letzteren sind die schulischen Maßnahmen ausdrück- lich beschrieben.

Natürlich kann der Arzt zu dieser Beratung auch das Gesundheitsamt oder Arbeitsamt hinzuziehen oder auf dortige Beratungsmöglichkeiten verweisen — in praxi ist es jedoch so, daß ihm die Aufgabe zufällt, als er- ster die Eltern mit der Tatsache der Behinderung ihres Kindes vertraut

zu machen, was wiederum nur mit gleichzeitigem Hinweis auf die Hilfs- möglichkeiten, das heißt mit der ent- sprechenden Kenntnis der großen Chancen, die das Bundessozialhilfe- gesetz bietet, geschehen sollte.

Es ist eine allgemeine Erfahrung, daß diese Hilfemöglichkeiten noch immer nicht entsprechend genützt werden.

Wann immer Kinder und deren An- gehörige den Arzt aufsuchen, flie- ßen Erziehungsprobleme mit in die Konsultation ein — sei es beiläufig, sei es expressis verbis, stets wird die Reaktion des Arztes, sein Rat und seine Hilfe, gleichsam herausgefor- dert. Daß dem so ist, hat seine Gründe:

Erziehungsprobleme können ihren Ausdruck, ihre Widerspiegelung in körperlicher und seelischer Sympto- matik finden, sie maskieren sich da- mit und geben nicht nur Anlaß zur Flucht in die Krankheit, sondern da- mit zugleich auch zur Kommunika- tion mit dem Arzt; das Symptom ist Hilferuf und Brücke zugleich.

Dazu gehören neben der Erfahrung auch eingehende Kenntnisse so- wohl des Patienten selbst als auch seiner Umwelt, zum Beispiel seiner Familien- und Schulverhältnisse und ihrer wechselseitigen Beeinflus- sung, um mittels einer multidimen- sionalen Diagnostik die eigentliche Ursache und das Ausmaß der Stö- rungen zu erkennen.

Dieser psychosomatische Rahmen mancher Erziehungsprobleme läßt den Arzt zum bevorzugten Partner einer Erziehungsberatung werden.

Die relativ leichte Erreichbarkeit des Arztes ermöglicht ihm, in Problemsi- tuationen leichter und schneller Rat zu geben und zu helfen, hinzu kommt seine Vertrautheit mit dem Patienten, wie sie sich aus einer län- geren Betreuung ergibt.

Die akute Hilfe und die langzeitliche Behandlung sind zwei Seiten einer Sache; eine Diagnose — das gilt be- sonders für heranwachsende Pa-

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Ärztliche Erziehungsberatung

tienten — ist oft nicht das Ende, son- dern der Anfang einer langdauern- den beruflichen Verantwortung des Arztes.

Des weiteren wird der Arzt als Un- parteiischer angesehen, sein Rat und das Wissen um die Probleme des Kindes, verbunden mit seiner Schweigepflicht, haben keinen Ein- fluß auf die Beurteilung des Kindes- eine Befürchtung, die (sicherlich mehr zu Unrecht als zu Recht) man- che Eltern von der Konsultation des Lehrers oder des Schulpsychologen abhält.

Zusammenfassung

Ob der Arzt all dem gerecht werden kann, ist vor allem eine Frage der ihm zur Verfügung stehenden Zeit;

sie ist in der Regel knapp.

Darüber hinaus ist es eine Frage sei- ner pädagogischen Kompetenz; be- achtet er hier nicht seine Grenzen — die Schulfremdheit des Arztes bleibt ein Problem — wird aus der kon- struktiven Beratung eine wenig hilf- reiche Beckmesserei.

So bedarf es bei schwierigeren Fäl- len, die seine Möglichkeiten über- steigen, der Hilfe des auf diesem Ge- biet spezialisierten Arztes, Lehrers, Psychologen oder anderer Hilfskräf- te — eine Mithilfe, die auch ökonomi- scher ist.

Es sei ausdrücklich betont, daß die- se Mithilfe die familien- und patien- tennahe Betreuung durch den Haus- arzt nicht überflüssig macht, ferner soll darauf hingewiesen werden, daß jede Kooperation ihre Probleme hat.

Eine bedeutende Rolle spielen die durch Fach- und Berufsgebunden- heit bedingten Verständigungs- schwierigkeiten, die Schwierigkeit der Koordination aller Maßnahmen oder die Entscheidung der Frage, wer letztlich die Verantwortung trägt.

Um ärztliche Erziehungsberatung leisten zu können, bedarf der Arzt allerdings auch bestimmter Qualifi-

kationen. So müssen ihm durch Ausbildung und Fortbildung be- stimmte pädagogische Grundkennt- nisse vermittelt werden, damit er dem Anspruch gerecht wird, den ei- ne Erziehungsberatung seitens der Klientel an den Arzt stellt.

Diese fachliche Qualifikation muß durch eine persönliche Qualifikation ergänzt werden, die unter anderem menschliche Qualitäten — wie die Bereitschaft, den anderen anzuneh- men, Verständnis und Wärme, nicht zu vergessen die Bescheidenheit — umfaßt.

Rat geben ist eine schwerere Kunst, als gemeinhin angenommen wird, und die Fähigkeiten, die ein Arzt hierfür mitbringen muß, sind allemal leichter beschrieben als erworben.

Literatur

Czerny, A.: Der Arzt als Erzieher des Kindes, Deuticke, Leipzig/Wien 1908 — Joppich, G.;

Schulte, F. J.: Neurologie des Neugeborenen, Sprenger, Berlin 1968 — Meinhardt, J.: Medizin und Pädagogik. Gesammelte Aufsätze zur Auf- gabe des Arztes in der Schule, Pädagogik- und Hochschulverlag, Düsseldorf 1978 — Mein- hardt, J.: Das Schultrauma, Ciba-Reihe Soma und Psyche, Ciba-Geigy, Basel 1978 — Pech- stein, J.: Sozialpädiatrische Zentren für ent- wicklungsgefährdete und behinderte Kinder, Dt. Bildungsrat, Gutachten und Studien der Bildungskommission, Bd. 53, Sonderpäd. H. 6, Klett, Stuttgart 1975 — Ross, A. 0.: Das Sonder- kind, Hippokrates, Stuttgart 1967 — Spitz, R. A.:

Vom Säugling zum Kleinkind, Klett, Stuttgart 1967

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med. Dr. theol.

Johannes Meinhardt

Deutsches Schulärztliches Institut Bertholdstraße 30

6415 Petersberg-Fulda

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Retroperitonealfibrose

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angegebenen Fällen zur Remis- sion. Brm

Lepor, H., Walsh, P. C.: Idiopathic Retroperito- neal Fibrosis. The Journal of Urology, Vol. 122 (1979) 1-6

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