Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 24|
18. Juni 2010 A 1179D
er City-BKK droht die Zahlungsunfähigkeit. Die aktuellen Zuweisungen aus dem Gesundheits- fonds ließen keinen anderen Schluss zu, erklärte die Kasse in einer Stellungnahme. Man habe das – wie ge- setzlich vorgeschrieben – unverzüglich dem Bundes- versicherungsamt angezeigt. Dieses muss nun inner- halb von drei Monaten prüfen, ob eine „positive Fort- führungsprognose besteht“ oder eine von drei mögli- chen Optionen umgesetzt werden muss. Option eins:Das BKK-System stellt finanzielle Hilfen in Höhe von rund 50 Millionen Euro zur Verfügung. Option zwei:
Die City-BKK fusioniert mit einer anderen Betriebs- krankenkasse. Option drei: Die City-BKK wird ge- schlossen. Die Kosten einer solchen Schließung wür- den sich nach Berechnungen des BKK-Bundesverban- des auf 150 Millionen Euro belaufen. Mit einer Ent- scheidung des Bundesversicherungsamtes rechnet die angeschlagene Kasse in drei bis vier Wochen. Für Ver- sicherte und deren Ärzte hat dies keine direkten Folgen.
In die Schlagzeilen ist auch die BKK für Heilberufe geraten, die das Bundesversicherungsamt bereits im März über eine drohende Zahlungsunfähigkeit infor- mieren musste. Da die Zahlungen aus dem Gesund- heitsfonds nun aber deutlich besser ausfallen als erwar- tet, hofft man dort nach Angaben eines Sprechers, die drohende Insolvenz abwenden zu können.
Selbst über eine der größten Krankenkassen im Land gab es Gerüchte. Die DAK sei finanziell angeschlagen, hieß es. Ihr drohe 2011 ein Defizit von 800 Millionen Euro. Ein DAK-Sprecher erklärte dazu, solche Speku- lationen entbehrten jeder Grundlage. Sie seien ein durchsichtiger Versuch von Mitbewerbern, der DAK Schaden zuzufügen.
Im Wettbewerb der Kassen untereinander scheint es tatsächlich schwerwiegende Konstruktionsfehler zu ge- ben. Der Leistungsumfang ist gesetzlich geregelt, hier gibt es nur geringe Spielräume. Seit Januar 2009 ist für die 166 Krankenkassen in Deutschland nun auch noch der Wettbewerb über den Preis entfallen. Seither legt die Bundesregierung den einheitlichen Beitragssatz für
alle fest. Wirtschaftet eine Kasse gut, kann sie an ihre Versicherten Prämien ausschütten, wirtschaftet sie schlecht, muss sie Zusatzbeiträge erheben. Das hatte die Architektin des Fonds, die ehemalige Bundesge- sundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), stets betont.
Doch so einfach ist es nicht. „Dass wir mit den Zah- lungen aus dem Fonds nicht auskommen, liegt nicht an den Verwaltungsausgaben oder unwirtschaftlichem Ar- beiten“, sagt ein Sprecher der BKK für Heilberufe. „Die Ursachen sind strukturell.“ Das heißt, der Gesundheits- fonds ist deutlich unterfinanziert und der morbiditätsori- entierte Risikostrukturausgleich funktioniert nur unzu- reichend. Die Kassen hatten Anfang 2009 einen Bei- tragssatz von 15,5 Prozent gefordert. Es blieb bei 14,9 Prozent, denn mehr war politisch nicht opportun. Dazu kommt, dass die Versicherten ein Sonderkündigungs- recht genießen, wenn sie zusätzlich belastet werden. Jede Kasse wird einen solchen Schritt also tunlichst hinauszö- gern, um sich kurzfristig Wettbewerbsvorteile zu sichern.
Im nächsten Jahr fehlen im Gesundheitsfonds schät- zungsweise elf Milliarden Euro. Am Wochenende trifft sich die Regierungskoalition zu einer Gesundheitsklau- sur. Bei der müsste nun endlich einmal mehr heraus- kommen als ewig neues Parteiengezänk. Ansonsten sind City-BKK und BKK für Heilberufe lediglich die ersten Opfer.
KASSENINSOLVENZ
Die ersten Opfer
Heike Korzilius
Heike Korzilius Redakteurin für Gesundheits- und Sozialpolitik