• Keine Ergebnisse gefunden

VG Ansbach. Urteil vom

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "VG Ansbach. Urteil vom"

Copied!
6
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

AN 16 K 04.32161

VG Ansbach Urteil vom 2.6.2006

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

Der am ... geborene Kläger ist Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro albanischen Volkstums aus dem Kosovo. Er verließ nach eigenen Angaben am ... 2004 den Kosovo und kam am ... 2004 auf dem Landweg (über Mazedonien) in die Bundesrepublik Deutschland, wo er am ... 2004 beim Bundes- amt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt -) seine Anerkennung als Asylberechtigter beantragte.

Bei seiner Anhörung am 20. September 2004 gab der Kläger im Wesentlichen an, er habe bis zu seiner Ausreise im Dorf ..., Gemeinde ... gewohnt und beantrage Asyl, weil er im Kosovo Probleme habe; man wolle ihn umbringen. Es habe einen Streit zwischen seinem Onkel und einem anderen Albaner aus einem anderen Dorf wegen eines Grundstücks gegeben. Der andere Albaner habe seinen Onkel angegriffen, sein Onkel habe zufällig ein Messer dabei gehabt, auf den anderen eingestochen und diesen dabei verletzt. Die Familie des anderen wolle sich jetzt an ihnen rächen. Es sei auch einmal auf ihren Hof geschossen worden, als er dabei gewesen sei, einen Traktor zu reparieren. Seine Mutter habe Angst um ihn; sie habe gesagt, es wäre besser, er reise aus, als wenn man ihn dort umbrächte. Er habe eingeschlossen leben müssen, sich nicht auf die Straße getraut, seinen eigenen Lebensmittel- laden in ..., den er bis ca. vier Monate vor der Ausreise gehabt habe, nicht führen trauen. Diese Auseinandersetzung habe ca. drei Monate und drei Wochen vor seiner Ausreise nach Deutschland stattgefunden, das genaue Datum wisse er nicht. Auf Nachfrage, warum er geflüchtet sei, wenn sein Onkel das Problem habe, erklärte er, sie lebten mit ihrem Onkel zusammen; dessen eigene Kinder seien erst zwei bis drei Jahre alt. Die anderen rächten sich an dem, den sie erwischen könnten. Auf Nachfrage, warum nicht sein Onkel und sein Vater ausreisten, erklärte er, gegen seinen Onkel liefen ja noch Ermittlungen von der Polizei. Sie hätten auch versucht, sich mit der Familie des anderen zu versöhnen, aber diese sagten, sie wollten sich an dem rächen, den sie erwischen würden. Sie würden sich an einem jungen Mitglied unserer Familie rächen. Nachdem auf ihren Hof geschossen worden sei, hätten sie den Vorfall nicht der Polizei gemeldet, weil das die andere Familie nur noch wütender gemacht hätte und die Lage sowieso sehr angespannt sei. Im Kosovo erwarte ihn der Tod, man würde

(2)

ihn umbringen, sobald man ihn antreffe. Auf die Frage, ob er bereits in einem anderen Land Asyl beantragt habe, verneinte der Kläger dies zunächst. Auf Vorhalt des Bundesamtes, dass er am 16.

Oktober 2003 in Österreich einen Asylantrag gestellt habe, räumte der Kläger dies ein. Dies sei in ...

gewesen, er habe jedoch keine Entscheidung im damaligen Asylverfahren abgewartet, sondern sei vorher ausgereist. Er sei zwei bis drei Tage vor seiner Asylantragstellung nach Österreich eingereist und dort ca. fünf Monate (die ganze Zeit in ... in einer Aufnahmeeinrichtung) geblieben. Er habe dort nicht mehr länger bleiben können und sei selbständig in den Kosovo zurückgekehrt. Er habe einfach zurückkehren wollen. Die österreichischen Behörden hätten ihm so etwas wie Passersatzpapiere gegeben. Damit sei er von Wien nach Pristina zurückgeflogen, der Flug sei von den österreichischen Behörden bezahlt worden. Dies sei ungefähr im ... 2004 gewesen. Danach sei er ununterbrochen im Kosovo gewesen, bis er jetzt nach Deutschland eingereist sei. Damals habe er aus wirtschaftlichen Gründen Asyl beantragt. Er habe den Antrag zurückgenommen und die Rückkehr verlangt. Auf Nachfrage des Bundesamtes, ob es möglich wäre, im Kosovo an einen anderen Ort oder in eine größere Stadt zu gehen, erklärte der Kläger, man würde ihn im Kosovo überall finden, es handle sich bei den Gegnern nicht um ein oder zwei Personen, sondern um eine sehr große Familie. Sein Onkel, der die Probleme habe, heiße ... und sei ca. 28 oder 29 Jahre alt. Der Angehörige der gegnerischen Familie, der verletzt worden sei, heiße ... und habe einen Stich in die Seite des Oberkörpers bekommen.

Mit Schreiben vom 13. Oktober 2004 teilte das Bundesasylamt der Republik Österreich dem Bundes- amt mit, dass dem Ersuchen um Übernahme des Klägers vom 12.10.04 nicht zugestimmt werden könne. Das Asylverfahren des Klägers sei am 31. Oktober 2003 rechtskräftig negativ abgeschlossen worden. Am 10. März 2004 sei der Kläger in Schubhaft (Anhaltehaft) genommen und gemäß der angeführten rechtskräftigen negativen Entscheidung abgeschoben worden. In dieser Fallkonstellation erachte sich die Republik Österreich daher als nicht zuständig zur Prüfung des Asylantrages, zumal nach Ablehnung des Antrages die notwendigen Vorkehrungen getroffen und umgesetzt worden seien, damit der Kläger in sein Heimatland zurückkehrte.

Mit Bescheid vom 28. Oktober 2004 lehnte das Bundesamt den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht vorliegen und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Gleichzeitig wurde der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen, im Falle einer Klageerhebung einen Monat nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Andernfalls wurde dem Kläger die Abschiebung nach Serbien und Montenegro oder in einen anderen Staat angedroht, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Der Begründung des Bescheides ist u. a. zu entnehmen, dass das Bundesamt die Darlegungen des Klägers zur Blutrache für unglaubhaft hält.

Mit Telefax vom 9. November 2004 hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Klage erhoben und beantragt,

die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 28. Oktober 2004 verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen;

der Bescheid des Bundesamtes wird aufgehoben.

(3)

Zur Begründung wurde vorgetragen, der Kläger habe im Fall der Rückkehr mit Verfolgungs- maßnahmen durch Angehörige einer Familie, welche die Blutrache ausübe, zu rechnen und sei insofern Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt. Die Gründe des Bundesamtsbescheides, die letztlich von einem unglaubwürdigen Vorbringen des Klägers ausgingen, seien nicht haltbar. Der Kläger sei Ziel von Blutrache der Familie des Verletzten geworden, insofern werde auf den bisherigen Vortrag Bezug genommen. Dieses Vorbringen sei glaubhaft und könne auch überzeugen. Das Bundes- amt führe aus, dass der Kläger, sofern er in der geschilderten Weise gefährdet gewesen wäre, alles daran gesetzt hätte, seinen Heimatstaat zu einem früheren Zeitpunkt zu verlassen. Diese Betrachtung sei oberflächlich; von Beginn der Verletzungshandlung an habe der Kläger sein Haus nicht oder nur unter größten Vorsichtsmaßnahmen und in Begleitung verlassen. Wie der Kläger unwiderlegt ausgeführt habe, sei auch während dieser Zeit auf ihn geschossen worden. Die Zeit sei genutzt worden, um nach den gebräuchlichen Sitten die Versöhnung mit der verletzten Familie herbeizufüh- ren. Dies geschehe dadurch, dass die Dorfältesten dort vorsprächen und um Möglichkeiten der Versöhnung und damit der Vermeidung der Blutrache nachsuchen würden. Diese Versöhnungsversu- che seien gescheitert, die Familie des Verletzten hätte darauf bestanden, Blutrache auszuüben. Erst danach musste sich der Kläger zur Ausreise entscheiden. Das Bundesamt trage weiter vor, dass die gegnerische Familie sich an einem jungen Mitglied der Familie rächen wolle, könne nicht überzeugen. Sofern jedoch Blutrache ausgeübt werde, werde diese nicht an Frauen, Mädchen oder Kindern ausgeübt, sondern an Angehörigen der Familie, die männlich und jung seien; insofern auch der Familie als Ernährer dienten. Hierdurch könne die Familie am wirkungsvollsten getroffen werden; aus diesen Gründen sei der Kläger prädestiniert für diese Opferrolle. Hier gelte die Sippen- haft; nach den Grundregeln der Sippenhaft sei jede in Frage kommende männliche Person der gegnerischen Familie mögliches Ziel eines Angriffs. Der Onkel sei derzeit in U-Haft, insofern dem Zugriff der Familie des Opfers entzogen. Auch sofern er für seine Tat bestraft werden sollte, hätte dies keinen Einfluss auf die Blutrache, welche unabhängig von der staatlichen Rechtsverfolgung ausgeübt werde. Die Ausführungen des Bundesamtes, die gegnerische Familie habe keinen Anlass einen Anschlag auf den Kläger persönlich zu verüben, seien ohne weitere Begründung in den Raum gestellt.

Wie dargelegt sei bereits ein Anschlag auf den Kläger verübt worden. Dies könne auch durch die UNMIK nicht verhindert werden. Es mag zwar sein, dass die UNMIK als Zivilpolizei in allen fünf Regionen der Provinz eingesetzt sei, wirksamen Schutz gegen Blutracheangriffe könne sie jedoch nicht bieten. Die konkrete Gefährdungssituation sei somit glaubhaft geschildert und unwiderlegt.

Die Beklagte hat mit Schreiben des Bundesamtes vom 15. November 2004 unter Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung beantragt, die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 15. Mai 2006 hat die Kammer den Rechtsstreit der Einzelrichterin zur Entschei- dung übertragen.

In der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger, er könne zur Zeit nicht in seine Heimat, weil für ihn dort Lebensgefahr bestehe, es gebe Probleme wegen seines Onkels, da dieser Probleme mit einem Nachbarn wegen eines Ackergrundstückes habe. Er habe zu Hause gerne gelebt und gut verdient und wolle zurück, sobald eine Versöhnung stattgefunden habe. Auf die Niederschrift im Einzelnen wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorgelegten Bundesamtsakte und der

(4)

Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid des Bundesamtes vom 28. Oktober 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 1 Satz 1 VwGO). Über das Rechtschutzbegehren des Klägers war umfassend zu entscheiden, entsprechend der typischen asylrechtlichen Interessenlage (BVerwG, Urteil vom 15.4.1997, 9 C 19/96).

1. Die Klage auf Anerkennung als Asylberechtigter ist unbegründet. Dem Kläger steht ein Asylanspruch schon deswegen nicht zu, weil der nach eigenen Angaben auf dem Landweg und damit aus einem sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16 a Abs. 2 GG i. V. m. § 26 a AsylVfG und Anlage 1 in das Bundesgebiet eingereist ist. Der Feststellung, aus welchem sicheren Drittstaat er eingereist ist, bedarf es nicht (BVerwG, DÖV 1996, 290).

2. Das Bundesamt hat in dem angefochtenen Bescheid zu Recht festgestellt, dass beim Kläger kein Abschiebungsverbot im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG (nunmehr insoweit § 60 Abs. 1 AufenthG) sowie keine Abschiebungshindernisse gem. § 53 AuslG (entspricht Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG) vorliegen. Die vom Kläger im behördlichen und gerichtlichen Verfahren vorgetrage- nen Gesichtspunkte sind nicht geeignet, das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG darzutun. Insbesondere besteht für den Kläger im Fall einer Rückkehr in sein Heimat- land keine konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG darf ein Ausländer in Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch dann vorliegen, wenn die Bedrohung des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit oder der Freiheit allein an das Geschlecht anknüpft (§ 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Eine Verfolgung im Sinne des Satzes 1 kann ausgehen von a) dem Staat, b) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder c) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die unter dem Buchstaben a) und b) genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht Willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 60 Abs. 1 Satz 4 AufenthG).

Politisch verfolgt ist, wem in Anknüpfung an asylrelevante Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staat- lichen Einheit ausgrenzen (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, 2 BvR 502/86 u.a. BVerfGE 80, 315 /334 f.). Dabei sind die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG und des Art. 16 a Abs. 1 GG deckungs- gleich, soweit es die Verfolgungshandlung, das geschützte Rechtsgut und den politischen Charakter der Verfolgung betrifft (BVerwG, Urteil vom 18.2.1992, 9 C 59.91, Buchholz 402.25, § 7 AsylVfG Nr.

(5)

1). Dagegen greift das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 1 AufenthG auch dann ein, wenn Asyl etwa wegen anderweitiger Sicherheit vor Verfolgung (§ 27 AsylVfG), wegen eines unbeachtlichen Nach- fluchtgrundes (§ 28 AsylVfG) oder wegen der Einreise aus einem sicheren Drittstaat (§ 26 a AsylVfG) nicht gewährt werden kann. Wegen der teilweise parallelen Voraussetzung von Art. 16 a Abs. 1 GG und § 60 Abs. 1 AufenthG kann Abschiebungsschutz nur erhalten, wer als politisch Verfolgter ausge- reist ist bzw. bei dem die politische Verfolgung unmittelbar bevorstand (Vorverfolgter) sowie derjenige, der zwar unverfolgt ausgereist ist, sich aber auf Nachfluchtgründe berufen kann. Das Schutzbegehren eines Vorverfolgten darf nur abgewiesen werden, wenn sich eine erneute Verfolgung ohne ernsthafte Zweifel an dessen Sicherheit im Falle der Rückkehr in die Heimat ausschließen lässt.

Wer unverfolgt ausgereist ist, hat hingegen glaubhaft zu machen, dass bei einer Rückkehr in sein Heimatland die Gefahr politischer Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (BVerwG, Urteil vom 25.9.1984, 9 C 17.84, BVerwGE 70, 169 /171). Mit Rücksicht darauf, dass sich der Schutz- suchende vielfach hinsichtlich asylbegründender Vorgänge außerhalb des Gastlandes in einer sach- typischen Beweisnot befindet, genügt bezüglich dieser Vorgänge für die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO gebotene richterliche Überzeugungsgewissheit in der Regel die Glaubhaftmachung. Dies bedeutet, dass das Gericht keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen darf, sondern in tatsäch- lich zweifelhaften Fällen mit einen für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit begnügen muss, die auch nicht völlig auszuschließende Zweifel mit umfasst. Dabei ist der Beweiswert der Aussage des Schutzsuchenden im Rahmen des Möglichen wohlwollend zu beurteilen. Er muss jedoch andererseits von sich aus unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen, wider- spruchsfreien Sachverhalt schildern. Bei erheblichen Widersprüchen oder Steigerungen im Sachvortrag kann ihm nur bei einer überzeugenden Auflösung der Unstimmigkeiten geglaubt werden (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 20.10.1987, Buchholz 310, § 86 Abs. 3 VwGO, Nr. 37, Beschluss vom 21.7.1989, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG, Nr. 113). Eine solche Gefährdung besteht für den Kläger in seiner Heimat nicht; dies gilt auch im Hinblick auf § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG, da das Gericht der Überzeugung ist, dass dem Kläger keine Blutrache droht, die strittige Frage, ob bei drohender Blut- rache eine an das Geschlecht anknüpfende Verfolgung i.S.d. Vorschrift gegeben ist, kann insofern dahinstehen. Asylrechtlich unbeachtliche, im Rahmen des § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksich- tigende Nachfluchtgründe liegen nicht vor.

Das Gericht folgt den zutreffenden Gründen des Bescheides des Bundesamtes vom 28. Oktober 2004 und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungs- gründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylVfG, § 117 Abs. 5 VwGO).

Ergänzend ist auszuführen, dass dem Kläger nach Überzeugung des Gerichts keine Blutrache droht.

Das Gericht teilt insbesondere die Auffassung des Bundesamtes, die Darlegungen des Klägers zu der ihm drohenden Blutrache seien unglaubhaft. Die Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhand- lung festigte diese Überzeugung.

Der Kläger konnte weder die behauptete Tat seines Onkels, noch die behauptete Tatsache, dass ihm auf Grund dessen Blutrache durch die Familie des angeblich Verletzten drohe, glaubhaft darlegen. Er machte keine konkreten, umfassenden und widerspruchsfreien Angaben zur Tat seines Onkels. Der Vergleich der Aussagen vor dem Bundesamt und vor Gericht führt zu auffälligen Widersprüchen. Auf den Widerspruch hinsichtlich des Namens des Verletzten und der Art der Verletzung in der mündlichen Verhandlung hingewiesen, erklärte der Kläger lediglich, dann habe er den Nachnamen

(6)

verwechselt und es seien wohl die diesbezüglichen Angaben gegenüber dem Bundesamt richtig.

Hinsichtlich des Verbleibs seines Onkels erklärte er, normalerweise werde man nach einer solchen Tat sofort verhaftet und in U-Haft genommen. Darüber hinaus ist nicht nachvollziehbar, weshalb lediglich dem Kläger auf Grund der behaupteten Tat die Blutrache drohen solle, während - wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärte - sein Vater und sein 16-jähriger Bruder nach wie vor in seinem Heimatort lebten. Auch sein Onkel befindet sich im Kosovo.

Nach den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnismitteln sind bei Blutrachefehden vorrangig männliche erwachsene Personen mit dem höchsten Rang (Ansehen) in der Familie poten- zielle Opfer. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass auch die anderen männlichen Familienmitglieder gefährdet seien, sondern erklärte lediglich, dass man erst ab 18 Jahren nicht mehr auf die Straße könne, wenn Blutrache drohe; auch dieser Umstand spricht gegen die Glaubhaftigkeit der klägeri- schen Darstellung. Unter dem Gesichtspunkt der geltend gemachten Blutrache spielen Status und Ehre sowie die soziale und wirtschaftliche Stellung der Familien eine entscheidende Rolle, da hierbei dem speziellen Charakter des auf dem Ehrprinzip beruhenden Gewohnheitsrechts Rechnung getragen wird. Der Kläger konnte keine Angaben zur sozialen Stellung der Familie des Verletzten machen und erklärte, man müsse sich verstecken, sobald so etwas vorgefallen sei, eine (direkte) Ankündigung der beabsichtigten Blutrache habe nicht stattgefunden. Demgegenüber ließ er zur Klagebegründung vortragen, die Familie des Verletzten habe darauf bestanden, Blutrache auszuüben. Auch dies spricht gegen die Glaubhaftigkeit seines Vortrags. Nach allem droht dem Kläger nach Überzeugung des Gerichts keine Blutrache. Die unter Ziffer 4 des angefochtenen Bescheides ergangene Ausreiseauffor- derung und Abschiebungsandrohung stützt sich auf die §§ 34 und 38 AsylVfG i.V.m. § 59 AufenthG.

Rechtsfehler sind nicht erkennbar. Die Ausreisefrist von einem Monat ergibt sich aus § 38 Abs. 1 AsylVfG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gemäß § 83 b AsylVfG werden Gerichtskosten nicht erhoben.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

3 Monaten Aufenthalt in Burkina Faso habe sie ihr Vater von dort unter dem Versprechen, sie könne ihren Geliebten heiraten und er werde eine Heirats- zeremonie ausrichten, erneut

Sie stützt ihre Ermessensentscheidung zusammengefasst darauf, dass der Aufenthalt der Kläger nicht bereits nach Ablauf der Mindestfrist verfestigt werden soll, nachdem die

Denn nach wie vor lässt sich für aus dem Südosten der Türkei stammende türkische Staatsangehörige yezidischen Glaubens, die im Zeitpunkt ihrer Ausreise Ende der achtziger Jahre

Als sonst Beteiligter/Beteiligte beachten Sie bitte, dass Sie Ihre Parteistellung verlieren, soweit Sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung, während

Selbst wenn man unterstellt, dass alle der rund 71.000 Toten und Verletzten Schiiten oder Sunniten und Opfer von gegen diese Gruppen gerichteten Gewalttaten sind, liegt angesichts

Kann die Sicherung des Lebensunterhalts für den nachzugswilligen Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland - wie hier - allein anhand der Zusage der Eingehung

Unabhängig davon ergibt sich aus dem nervenärztlichen Attest weder, dass für den Fall des Abbruchs der Medikation bei Rückkehr in das Heimatland eine erhebliche

81 Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die im Falle einer sich ergebenden „Pattsituation“ heranzuziehenden früheren dienstlichen Beurteilungen eindeutig zu