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VG Hamburg Urteil vom

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10 K 1335/07

VG Hamburg Urteil vom 28.5.2009

T e n o r

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 11.12.2006 und des Widerspruchs- bescheides vom 09.03.2007 verpflichtet, dem Kläger eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

T a t b e s t a n d

Der Kläger – ein afghanischer Staatsangehöriger – begehrt die Erteilung einer Niederlassungs- erlaubnis.

Der Kläger reiste im Oktober 1995 im Alter von 14 Jahren nach Deutschland ein. Ein alsbald angestrengtes Asylverfahren blieb erfolglos (Bescheid vom 14.03.1996; VG Hamburg, Urt. v.

02.10.1998, 16 VG A 1814/96). Auf einen Asylfolgeantrag vom 30.11.2000 führte das Bundes- amt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge ein weiteres Asylverfahren durch und erkannte den Kläger mit Bescheid vom 11.10.2001 als Asylberechtigten an. Auf die hiergegen vom Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten angestrengte Klage hob das Verwaltungs- gericht Hamburg mit Urteil vom 14.03.2002 (16 VG A 1610/2001) diesen Bescheid auf. Im Anschluss daran stellte das Bundesamt mit Bescheid vom 29.03.2004 fest, dass für den Kläger das Abschiebungshindernis des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG hinsichtlich Afghanistan vorliegt.

Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Mit Eingang vom 18.10.2004 stellte der Kläger Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis.

Nach Erinnerung teilte die Beklagte dem Kläger unter dem 23.12.2004 mit, dass nach dem

„alten“ Ausländergesetz die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis möglich sei, jedoch aus organi- satorischen Gründen nicht mehr im Jahre 2004. Nach weiterem Schriftwechsel erteilte die

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Beklagte dann letztendlich am 14.11.2005 eine – zuletzt bis November 2009 verlängerte – Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG.

Der Kläger stellte am 15.03.2006 Antrag auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 07.04.2006 ab; die Sieben-Jahres-Frist des § 26 Abs. 4 AufenthG sei nicht erfüllt und es sei auch keine hinreichende Sicherung des Lebensunterhaltes feststellbar, da das Beschäftigungsverhältnis des Klägers erst seit 23.11.2005 bestehe. Ergänzend wird auf den Bescheid verwiesen. Einen hiergegen eingelegten Widerspruch nahm der Kläger auf ein Hinweisschreiben der Beklagten zurück.

Der Kläger stellte am 22.11.2006 erneut Antrag auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis.

Nach § 102 Abs. 2 AufenthG seien jedenfalls die vor dem 01.01.2005 zurückgelegten Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltsgestattung und einer Duldung auf die nach § 26 Abs. 4 AufenthG geforderten Zeiten anzurechnen.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 11.12.2006 ab. Zwar könne nun davon ausgegangen werden, dass der Lebensunterhalt des Klägers gesichert sei, die zeitlichen Voraus- setzungen seien aber nicht erfüllt. Der Kläger müsse nach § 26 Abs. 4 AufenthG sieben Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sein; die Frist habe mit der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis neu angefangen, sei also frühestens am 15.11.2012 erfüllt.

Hiergegen legte der Kläger am 21.12.2006 Widerspruch ein. Auf die Frist seien die Zeit des letzten Asylverfahrens und auch die Zeiten der zwischen 1998 und dem 01.01.2005 erteilten Duldungen anzurechnen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 09.03.2007 als unzulässig zurück. Über das Begehren des Klägers sei bereits mit Bescheid vom 07.04.2006 bestandskräftig entschieden.

Auf den am 13.03.2007 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 13.04.2007 Klage erhoben. Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen; auf die Klageschrift wird verwiesen.

Der Kläger beantragt,

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unter Aufhebung der Bescheide vom 11.12.2006 und vom 09.03.2007 die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich auf die angefochtenen Bescheide.

Die Sachakte der Beklagten ist zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird ergänzend auf ihren Inhalt sowie den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2009 verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Bescheide vom 11.12.2006 und 09.03.2007 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis;

dementsprechend ist die Beklagte zu verpflichten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

I.

Einem Erfolg des Klagebegehrens steht zunächst nicht entgegen, dass ein Begehren des Klägers auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis bereits durch Bescheid vom 07.04.2006 abgelehnt und dieser nach Rücknahme eines Widerspruchs hiergegen bestandskräftig geworden ist. Die Beklagte hat nämlich über den neuerlichen Antrag des Klägers vom 21./22.11.2006 durch Bescheid vom 11.12.2006 sachlich entschieden, ohne sich auf die Bestandskraft ihres früheren Bescheides zu berufen. Dann aber war der Widerspruch gegen den Bescheid vom 11.12.2006 nicht unzulässig (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 35 Rn 55 m.w.N.) und steht die mate- rielle Rechtslage im Klageverfahren ohne weitere Voraussetzung uneingeschränkt zur Prüfung.

II.

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Die materielle Prüfung führt zur Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der Niederlassungserlaubnis.

1. Das Begehren des Klägers rechtfertigt sich allerdings nicht aus der von den Beteiligten bislang allein erörterten Vorschrift des § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG. Zwar besitzt der Kläger die danach vorausgesetzte Aufenthaltserlaubnis nach dem 5. Abschnitt des Kapitels 2 des Aufenthaltsgeset- zes, nämlich nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG. Ob er die zeitliche Voraussetzung – siebenjähri- ger Besitz der Aufenthaltserlaubnis – ggf. unter Heranziehung von § 102 Abs. 2 oder § 85 AufenthG erfüllt, kann auf sich beruhen, weil es jedenfalls an einer weiteren Voraussetzung fehlt, die erst das Ermessen der Beklagten zur Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG eröffnet: Nach § 26 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AufenthG müssen bestimmte Leistungen zur Begründung einer Altersvorsorge erbracht sein;

entsprechende Nachweise – etwa über die geforderten 60 Monate Pflichtbeiträge zur gesetz- lichen Rentenversicherung – hat der Kläger nicht führen können.

2. Das Begehren des Klägers rechtfertigt sich jedoch aus § 26 Abs. 4 Satz 4 i.V.m. § 35 AufenthG.

a) Für ihn kann nämlich nach § 26 Abs. 4 Satz 4 AufenthG die Vorschrift des § 35 AufenthG entsprechend angewandt werden, denn er ist vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist. Dass er inzwischen volljährig ist, hindert die Anwendung des § 26 Abs.

4 Satz 4 AufenthG nicht (vgl. Eberle in: Storr u.a., Zuwanderungsgesetz, 2. Aufl., § 26 AufenthG Rn 9). Nach § 35 Abs. 1 Satz 2 AufenthG ist – abweichend von § 9 Abs. 2 (und damit auch § 26 Abs. 4 Satz 1) AufenthG – eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn erstens der Ausländer volljährig und seit fünf Jahren im Besitz der Aufenthaltserlaubnis ist, zweitens er über ausrei- chende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt und drittens sein Lebensunterhalt gesichert ist.

b) Davon, dass der Kläger über ausreichende Deutsch-Kenntnisse verfügt, konnte sich das Gericht in der mündlichen Verhandlung selbst überzeugen; im Übrigen sprechen hierfür sein Schulabschluss sowie seine mehrjährige Tätigkeit als „Callcenter-Agent“ bis März 2009. Davon, dass sein Lebensunterhalt gesichert ist, ging bereits der Ausgangsbescheid ausdrücklich aus.

Durch den Wechsel des Arbeitgebers nach dem 1. Quartal 2009 nach Insolvenz des früheren mehrjährigen Arbeitgebers ist dies nicht in Zweifel gestellt, da der Kläger allenfalls kurzfristig und unverschuldet ohne Beschäftigung war. Somit steht von diesen Voraussetzungen des § 35

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Abs. 1 Satz 2 AufenthG im Falle des Klägers nur der fünfjährige Besitz der Aufenthaltserlaubnis in Frage.

Tatsächlich besitzt der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung eine Aufenthaltserlaubnis erst seit gut 3 ½ Jahren, gleichwohl erfüllt er die zeitliche Voraussetzung für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis.

aa) Es kann dahingestellt bleiben, ob sich dies – sollten ausreichende Anrechnungszeiten vor- handen sein – im Wege der Anrechnung nach § 102 Abs. 2 AufenthG feststellen ließe, wonach auf die Frist für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG die Zeit des Besitzes einer – was hier allein in Frage käme – Duldung vor dem 01.01.2005 angerechnet wird. Insoweit ist streitig, ob die Anrechnung von Duldungszeiten vor dem 01.01.2005 voraus- setzt, dass sich an den Duldungszeitraum nahtlos die Erteilung einer ebenfalls anzurechnenden Aufenthaltsbefugnis nach dem Ausländergesetz 1990 oder einer Aufenthaltserlaubnis nach dem 5. Abschnitt des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes anschließt (so VGH Mannheim, Beschl. v.

19.05.2008, 11 S 942/08 in Juris) oder ob solche Zeiten bereits dann angerechnet werden kön- nen, wenn – wie hier wohl anzunehmen wäre – bereits am 01.01.2005 die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem 5. Abschnitt des Kapitel 2 gegeben waren und diese bis zur Erteilung vorgelegen haben (so OVG Münster, Beschl. v. 04.09.2008, 18 E 428/08 in Juris).

bb) Es kommt auch nicht darauf an, ob für die Bestimmung des Beginns der Frist im Falle des Klägers bereits auf den Zeitpunkt der Stellung des Antrages, der dann zur Erteilung einer Auf- enthaltserlaubnis geführt hat, und nicht erst auf die Erteilung selbst abzustellen ist. Auch bei einer derartigen Bestimmung der Frist erfüllte der Kläger damit allein die Voraussetzungen des fünfjährigen Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis derzeit noch nicht, so dass es auch nicht darauf ankommt, ob er diese Bestimmung des Beginns der Frist schon deshalb verlangen könnte, weil die Beklagte die Aufenthaltserlaubnis erst am 14.11.2005 erteilt hat, obwohl bereits im Oktober 2004 die Voraussetzungen hierfür vorgelegen haben dürften.

cc) Jedenfalls erfüllt der Kläger die zeitliche Voraussetzung des Besitzes einer Aufenthalts- erlaubnis seit fünf Jahren auf der Grundlage der Anrechnungsvorschrift des § 26 Abs. 4 Satz 3 AufenthG. Danach wird die Aufenthaltszeit des der Erteilung vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Abs. 3 AsylVfG auf die Frist angerechnet.

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Diese Vorschrift ist auch im Rahmen von § 26 Abs. 4 Satz 4 i.V.m. § 35 AufenthG anzuwenden, denn § 26 Abs. 4 Satz 4 AufenthG dient lediglich der weiteren Privilegierung der von ihr erfass- ten Personen gegenüber der Regelung nach § 26 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 AufenthG (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 11.05.2009, 18 A 462/09 in Juris; HK-Ausländerrecht/Fränkel, § 26 AufenthG Rn 29).

Die Anrechnung nach § 26 Abs. 4 Satz 3 AufenthG setzt auch nicht voraus, dass die Aufent- haltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens unmittel- bar d.h. ohne Unterbrechung vorangegangen ist, mit anderen Worten die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis muss sich nicht zeitlich unmittelbar an das Asylverfahren angeschlossen haben (vgl. VG Darmstadt, Urteile v. 11.12.2008, 7 K 60/08.DA und 7 E 1457/07 in Juris; OVG Münster, Beschl. v. 11.05.2009, a.a.O. m.w.N.; ohne dies weiter zu problematisieren: VGH Mannheim, Beschl. v. 29.05.2007, 11 S 2093/06; Beschl. v. 19.05.2008, 11 S 942/08 in Juris;

auch BVerwG, Urt. v. 15.07.1997, 1 C 15/96, Buchholz 402.240 § 35 AuslG 1990 Nr. 2 zur im wesentlichen gleichlautenden Bestimmung des § 35 Abs. 1 Satz 2 AuslG 1990; Hailbronner, AuslR, § 26 AufenthG Rn 21; HK-Ausländerrecht/Fränkel, a.a.O. Rn 26). Weder erfordern der Wortlaut noch der Sinn und Zweck der Regelung einen unmittelbaren Anschluss der Erteilung eines Aufenthaltstitels an das anzurechnende Asylverfahren. Gegen ein solches Erfordernis spricht auch, dass – wie im Falle des Klägers – nach § 41 AsylVfG in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung bei Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 AuslG 1990 nach Abschluss des Asylverfahrens zunächst lediglich eine gesetzliche Duldung galt und damit ein nahtloser Anschluss eines Aufenthaltstitels an das vorangegangene Asylverfahren ohnehin unmöglich war.

Die anzurechnende Aufenthaltszeit des vorangegangenen Asylverfahrens des Klägers bemisst sich zumindest auf zwei Jahre und 10 Monate (stellt man für den Beginn ab auf die Mitteilung des Bundesamtes vom 21.06.2001, dass ein weiteres Asylverfahren durchgeführt wird, und für das Ende auf den Eintritt der Bestandskraft des Bundesamtsbescheides vom 29.03.2004, mit dem das Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG festgestellt wird, am 20.04.2004);

damit ist derzeit die nach § 26 Abs. 4 Satz 4 i. V. m. § 35 Abs. 1 Satz 2 AufenthG erforderliche zeitliche Voraussetzung für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis bei weitem erfüllt.

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c) Zwar steht die Erteilung der Niederlassungserlaubnis auch nach § 26 Abs. 4 Satz 4 i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 2 AufenthG im – bislang nicht ausgeübten – Ermessen der Beklagten (vgl. Burr in: GK AufenthG § 26 Rn 34). Dieses ist hier jedoch dahingehend reduziert, dass seine Ausübung allein im Sinne des Begehrens des Klägers sachgerecht wäre.

Eine Ermessenspraxis, dass bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen das Ermessen ohne weiteres regelmäßig im Sinne der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis ausgeübt wird, hat sich allerdings nicht feststellen lassen. Jedoch übt die Beklagte nach den Angaben ihrer Vertrete- rin in der mündlichen Verhandlung in Fällen der vorliegenden Art ihr Ermessen regelmäßig dahingehend aus, die Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn der Lebensunterhalt des Aus- länders prognostisch gesichert ist, und zwar er ein Jahr durchgehend beschäftigt in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis steht, das ungekündigt fortbesteht, und die Teilnahme an einem Integrationskurs bzw. die erfolgreiche Prüfung in einem Integrationskurs nachweist. Wegen des so formulierten Integrationserfordernisses kann sich die Erklärung der Vertreterin der Beklagten nur auf den hier vorliegenden Fall des § 26 Abs. 4 Satz 4 AufenthG beziehen – für die Fälle des

§ 26 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 AufenthG ist es ohnehin Tatbestandsvoraussetzung bereits für die Eröffnung des Ermessens (vgl. § 26 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 AufenthG).

Die erste Voraussetzung erfüllt der Kläger. Die Beklagte hat im Bescheid vom 11.12.2006 bereits selbst angenommen, dass der Lebensunterhalt des Klägers gesichert ist. Er übte im Übri- gen seit Erhalt der Aufenthaltserlaubnis im November 2005 eine existenzsichernde Vollzeit- beschäftigung bei der Firma xxx aus. Zwar endete diese Tätigkeit infolge Insolvenz des Arbeit- gebers im März 2009. Der Kläger hat jedoch im unmittelbaren Anschluss eine neue Beschäfti- gung gefunden, so dass die im Rahmen der Ermessensentscheidung konkretisierte Anforderung der Beklagten an die Sicherung des Lebensunterhalts als erfüllt erscheint – eine unverschuldete kurze Unterbrechung der Beschäftigung des Klägers nach langjähriger Anstellung durch Insolvenz des bisherigen Arbeitgebers ändert nichts an dem Ergebnis der anzustellenden Prognose, jedenfalls wenn – wie hier – unverzüglich eine neue Beschäftigung gefunden wird.

Die zweite Voraussetzung ist im Falle des Klägers in ihrer Ausschließlichkeit sachwidrig und von ihrer formalen Erfüllung kann daher die Erteilung der Niederlassungserlaubnis nicht abhän- gen, weil bereits auf andere Weise feststeht, dass er über die erforderlichen Grundkenntnisse nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 AufenthG verfügt. Der Kläger hat im Januar 1998 nach fast drei- jährigem Schulbesuch in Deutschland den Hauptschulabschluss mit der Durchschnittsnote 2,1

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erlangt. Er hat damit die nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 und 8 AufenthG geforderten Kenntnisse erlangt. Die Hauptschule vermittelt nach § 16 Abs. 2 HmbSG sowohl eine grundlegende als auch eine erweiterte allgemeine Bildung (vgl. auch §§ 18 ff., 46 ff. der Ausbildungs- und Prüfungs- ordnung für die Klassen 1 – 10 der allgemeinbildenden Schulen vom 22.07.2003, HGVBl. S.

339). Mit dem Hauptschulabschluss hat der Kläger den geforderten Nachweis der Sache nach bereits erbracht – auch im Rahmen von § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 und 8 AufenthG sind Nachweise anderer Art, insbesondere durch Schulabschlüsse, möglich (vgl. Wenger in: Storr u.a., a.a.O., § 9 AufenthG Rn 9; HK-Ausländerrecht/Müller § 9 AufenthG Rn 25). Es wäre sachwidrig, im Rah- men der Ermessensbetätigung hier formal noch auf der Teilnahme an einem Integrationskurs oder wenigstens der erfolgreichen Prüfung zum Abschluss eines solches Kursus zu bestehen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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