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Kompositionen. Von Farbe und Ton zu Bild und Musik. Maturaarbeit vorgelegt von Pablo Dal Cero 4mb

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(1)

Kompositionen

Von Farbe und Ton zu Bild und Musik

Maturaarbeit vorgelegt von Pablo Dal Cero 4mb

Referentin

Patrizia Trüllinger

(2)

Pablo Dal Cero Munotstrasse 59 8200 Schaffhausen pablo.dalcero@edu.sh.ch

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Inhalt

Einleitung

- Motivation und Leitfrage 1

Theoretische Grundlagen

- Ton 6

- Farbe 8

- Verknüpfung 14

- Werkbetrachtungen 16

- Kandinsky: Die Notwendigkeiten 24

Gestaltung praktischer Teil

- Künstlerische Aspekte 26

- Technische Umsetzung 32

- Musikalisch 34

- Bildnerisch 36

Fazit 38

Anhang

(4)

4|

Der Zusammenhang zwischen Farben und Tönen fasziniert mich. Beides sind Wellen und es scheint letztlich alles «nur» eine Frage der Frequenz oder Schwingung zu sein (Berendt, 1983). Genauso wie Töne physikalisch gesehen Schallwellen sind, besteht auch farbiges Licht aus elektromagnetischen Lichtwellen mit unterschiedlichen Frequenzen.

Ursprünglich ausgehend von Experimenten zu den physikalischen Schwingungsverhältnissen habe ich einen künstlerischen Ausdruck für Farb-Klang-Kompositionen gesucht, in der Bild und Ton miteinander verschmelzen.

Einen Vorgeschmack für eine mögliche Umsetzung dazu erlebte ich in der Projektwoche im Frühjahr 2019. Wir hatten zu zweit einen Animationsfilm gezeichnet und diesen dann vertont. Der Reiz an dieser Arbeit war für mich, die Dramaturgie der bewegten Bilder durch Geräusche und Musik zu verstärken.

Die technischen Möglichkeiten haben mich so begeistert, dass ich auch meine Matura- arbeit in Form eines selber gezeichneten Animationsfilmes mit eigens komponierter Musik machen wollte. Das Harfenspiel, das ich schon seit über zehn Jahren praktiziere, sollte unbedingt auch in die Arbeit als künstlerischer Ausdruck einfliessen und zugleich eine Erweiterung erfahren.

Damit war klar, womit ich mich im näch- sten halben Jahr noch viel intensiver aus- einandersetzten wollte: eine gleichberechtigte Bild-Ton-Komposition.

So freute ich mich, dass ich meine Leiden- schaften für die Musik und das Komponie- ren, für das bildnerische Gestalten und für anspruchsvolle technische Herausforderun- gen für die Maturaarbeit miteinander verbinden konnte.

Im eigentlichen Arbeitsprozess ging es darum, ein grundlegendes Verständnis für meine beiden Ausdrucksmittel oder Medien, den

«Ton» und die «Farben» zu erarbeiten. Dafür studierte ich nicht nur die physikalischen

Eigenschaften von Licht- und Schallwellen, sondern auch die Wirkung auf den Menschen sowie die gestalterischen Möglichkeiten.

Immer im Kopf hatte ich dabei, wie sich die beiden Medien im künstlerisch-praktischen Teil ausschöpfen und verbinden lassen.

Eine Inspirationsquelle für die bewegten Bilder ist für mich der zeitgenössische japanische Künstler Mirai Mizue (*1981), welcher durch seinen markanten, handgezeichneten Stil der Animation surreale Welten erschafft (Mizue, 2019). Seine mehrfach ausgezeichneten Kurzfilme beinhalten hauptsächlich Zell-Motive ohne eine zusammenhängende Handlung oder Geschichte. Teilweise sind die Illustrationen stark auf die hinterlegte Musik bezogen.

Eine zweite Inspirationsquelle ist der russische Maler und Künstler Wassily Kandinsky (1866- 1944), der in seinem Buch «Über das Geistige in der Kunst» ausführlich die vielschichtige Wirkung von Farben auf den Menschen be- schreibt (Kandinsky, 2013). Auch von diesem mehr theoretischen Ansatz lasse ich mich leiten.

Meine Musik ist inspiriert durch verschiedene Stilrichtungen. Sie ist durch die Ausgestaltung und Weiterentwicklung von Improvisationen entstanden.

Motivation und Leitfrage

Einleitung

Abb. 1

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Damit kristallisiert sich die folgende Leitfrage für meine Arbeit heraus:

Wie lassen sich bewegte Bilder und Töne gleichwertig zu einem Gesamteindruck verbinden und verschmelzen?

Im praktischen Teil meiner Arbeit erforsche ich künstlerisch-experimentell diese Vielfallt an Verbindungen.

So entstand meine Arbeit im Wechselspiel zwischen der Improvisation auf der Harfe, der

Abb. 2

(6)

Theoretische Grundlagen

6|

Ein einfacher Ton ist definiert durch die Schwingungszahl, die Dichte, mit der die Wellen hintereinander auftreffen, die Form der Wellen und die Intensität, also die Lautstärke.

Die reinste Form einer Welle ist die Sinuswelle. Diese reinen Ton-Wellen treten aber selten auf.

Vielmehr lassen sich mit den meisten Musikin- strumenten Wellen erzeugen, die aus einer Vielzahl verschiedener Schwingungen beste- hen. Dies ist im Gegensatz zum Ton nun ein Klang. (Zünd, 2019)

Durch unterschiedliche Schwingungs- erzeugung, wie Schlagen, Zupfen, Streichen, Blasen und die Bauarten der Instrumente, entstehen verschiedene Schwingungsmuster.

Ton

Was ist ein Ton?

Der Physiker und die Physikerin sagen:

… eine Schwingung, also eine Schallwelle, die durch ein Medium (Luft, Wasser, Holz usw.) wandert.

Der Musiker und die Musikerin sagen:

… ein künstlerisches Ausdrucksmittel

Abb. 3

Abb. 4

(7)

sondern diese sogar wie aus dem Nichts erschaffen. Beim Hören entstehen automa- tisch Fantasiebilder. Wenn man beispielsweise nachts ein Rascheln hört, so kann aus einer kleinen Maus blitzschnell ein ausgewachsen- er Säbelzahntiger werden oder beim Hören von Vivaldis «Vier Jahreszeiten» fühlen wir uns heiter wie im Frühling oder spüren den kalten Wind und das Schneegestöber vom Winter.

Auch wenn jeder Mensch auf Töne individuell reagiert, zeigen sich Übereinstimmungen in der Interpretation: Kaum ein Mensch wird sagen, dass tiefe Töne hell, leicht und zärtlich tönen.

Auch wird kaum jemand schnelle Rhythmen mit Gelassenheit verbinden.

Zusammenfassend kann man sagen, dass ein Ton physikalisch gesehen eine Schallwelle ist. Künstlerisch gesehen ist er jedoch viel mehr als eine nüchterne Bewegung der Luft.

Durch das Zusammenspiel von Künstlern, dem Komponisten und dem Musiker, den Instrumenten, der Akustik des Raumes und schliesslich der Sinneswahrnehmung des Zuhörers, entsteht ein momentanes Gesamt- Die Überlagerungen dieser einzelnen

Schwingungen, die in bestimmten Verhält- nis sen zu einander stehen, lassen verschie- dene Klangfarben entstehen. Ein Musik- instrument ist so gesehen ein schwingender Körper, der Klänge erzeugt. Wenn wir nun ein Instrument anspielen, wird sein Resonanz- körper in Schwin gung versetzt und gibt diese an die Umgebung weiter. Der Ton breitet sich unsichtbar aus. Die Wellen wandern durch die Luft bis sie auf unsere Trommelfelle treffen, diese nehmen die Schwingung wahr und melden dem Gehirn, dass ein Ton erklingt.

Im Gegensatz zum Klang besteht das Geräusch aus Schwingungen, die kein be stimmtes Verhältnis zueinander haben

(Zünd, 2019).

Wir können einen Ton über den Gehörsinn und starke Schallwellen sogar über den Tastsinn am ganzen Körper wahrnehmen. Wir sind also sehr sensibel, was Klänge angeht.

Auch wenn ein einzelner Ton an sich bereits

Abb. 5

(8)

8|

WW

Die Art, wie wir Farben wahrnehmen, ist sehr ähnlich zur Wahrnehmung von Tönen. Bei den Farben sind elektromagnetische Wellen im Spiel, wenn eine Lichtquelle, wie die Sonne, Strahlen aussendet. Diese sind im Vergleich zu Radiowellen, welche sich in über einen Laut- sprecher in Schallwellen umwandeln lassen, viel hochfrequenter.

Die Lichtwellen wandern durch den Raum und treffen irgendwann auf eine Oberfläche.

Sie brauchen, im Vergleich zum Schall kein Übertragungsmittel wie die Luft. Auf der Ober- fläche werden sie reflektiert oder absorbiert.

Wenn uns ein Gegenstand als rot erscheint, so werden alle Wellenlängen des Farbspektrums absorbiert ausser den roten Wellen, diese werden reflektiert. Die Wellen wandern erneut durch den Raum und treffen eventuell auf unser Auge. In der Linse werden sie gebün- delt und treffen auf die Netzhaut. Diese ist mit etwa 127mio. Lichtrezeptoren bestückt.

Diese übersetzten die Wellen in Nervenreize und leiten sie so dem Gehirn weiter. (Falk, Brill,

& Stork , 1990)

Die Farbe des Lichts setzt sich, gleich wie beim Ton, aus der Frequenz und der Mischung der Wellenlängen zusammen.

Bemalt ein Maler eine Leinwand mit Farbe, so verändert er die Oberfläche und es werden nicht mehr alle Wellenlängen gleich stark zurückgeworfen. Dadurch erscheint es uns als wäre die Oberfläche eingefärbt. Im Bild entstehen die Stimmungen durch die Verteilung der Farben auf der Fläche. Durch verschiedene Texturen, Formen und Sujets gelingt es dem Maler wie einem Musiker eine Komposition zu erschaffen.

Ein guter Maler kann mit wenigen Strichen einen Gesichtsausdruck nachbilden oder mit aufwendiger Technik und viel Farbe ein Landschaftsportrait zeichnen und seinen Bildern eine Lebendigkeit verleihen.

Viele Künstler haben sich intensiv mit der Wirkung der Farben befasst. So gibt es zum Beispiel die Farbenlehre der Bauhaus- bewegung, der technisch orientierten Lehre von Harald Küppers (Küppers, 2004) oder die Farbenlehre Goethes (Krätz, 1992). Anfang des letzten Jahrhunderts befasste sich der russische Künstler und Kunsttheoretiker Wassily Kandinsky in seinem Werk intensiv mit der Wirkung der Farben auf das menschliche Gemüt. Dabei liess er sich von seiner Intuition leiten. (Kandinsky, 2013)

Diese Wirkungen konnte ich selbst sehr gut nachempfinden und ich fühlte mich bei der Lektüre direkt angesprochen. Da es sich um einen intuitiven Zugang handelt, muss die beschriebene Wirkung nicht unbedingt mit anderen Farbenlehren oder den Ansichten der modernen Psychologie übereinstimmen.

Im Folgenden einige Textausschnitte zum Ein- tauchen in Kandinskys Farbenwelt.

Farbe

Theoretische Grundlagen

Abb. 6

(9)

WW

«[…] wie ein Symbol einer Welt, wo alle Farben, als materielle Eigenschaften und Substanzen verschwunden sind. Diese Welt ist so hoch über uns, dass wir keine Töne von dort hören können.

[…] Es klingt innerlich wie ein Nichtklang, was manchen Pausen in der Musik ziemlich entspricht, den Pausen, welche nur zeitlich die Entwick- lung eines Satzes oder Inhaltes unterbrechen und nicht ein ewig definitiver Abschluss einer Entwicklung sind.»

(Kandinsky 2013, S. 99 f.)

«[…] wie ein Nichts ohne Möglichkeit, wie ein totes Nichts nach dem Erlöschen der Sonne, wie ein ewiges Schweigen ohne Zukunft und Hoffnung klingt innerlich das Schwarz.

Es ist musikalisch dargestellt wie eine voll- ständige abschliessende Pause, nach welcher eine Fortsetzung kommt wie der Beginn einer anderen Welt, da das durch diese Pause Abgeschlossenen für alle Zeiten beendigt, ausgebildet ist: der Kreis ist geschlossen.»

(Kandinsky 2013, S. 100 f.)

Weiss Schwarz

Grau

Beim Grau, das durch das Mischen der beiden unbewegten Farben Weiss und Schwarz entsteht, fehlt eine konzentrische oder exzentrische Kraft. Es ist gänzlich unbewegt, da die beiden Farben Weiss und Schwarz durch ihren Wiederstand dem Grau keine neue Lebendigkeit verleihen können.

(Kandinsky, 2013, S. 94 )

Kandinsky beschreibt Schwarz und Weiss als erstes Paar der Gegensätze. Dabei ist Weiss ewiger Widerstand und trotzdem Möglichkeit (Geburt). Und Schwarz empfindet er als absolute Widerstandslosigkeit und keine Möglichkeit (Tod). Mit diesem Paar der Gegensätze beschreibt Kandinsky den innerlichen Charakter der Farben als seelische Wirkung.

(Kandinsky 2013, S. 93)

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Theoretische Grundlagen

10|

Kandinsky beschreibt Blau und Gelb ebenfalls als Gegensatzpaar aufgrund ihres innerlichen Charakters.

Dabei empfindet er Gelb als exzentrisch und Blau als konzentrisch. Das Gelb bewegt sich nach aussen und wird grösser, das Blau zieht sich zurück und wird kleiner.

Das Gelb wirkt fast schon aufdringlich. Das Blau hingegen besitzt eine Tiefe und Innerlichkeit. Durch seine konzen- trische Wirkung wirkt es charakterlich innerlicher.

Wird dem Gelb Weiss hinzugefügt, so verstärkt es seine Wirkung. Denselben Effekt bemerken wir, wenn wir dem Blau noch Schwarz hinzumischen.

Versuchen wir jedoch das Gelb, die Farbe der Wärme und der Bewegung durch das beimischen von Schwarz abzu- schwächen, so bekommt es sehr schnell einen kränklichen, fahlen Charakter.

(Kandinsky 2013, S. 92 ff.)

Das Gelb empfindet Kandinsky als die typische irdische Farbe. […] «Verglichen mit dem Gemütszustand des Menschen könnte es als farbige Darstellung des Wahnsinns wirken, aber nicht der Melancholie, Hypochondrie, sondern eines Wutanfalles, der Blinden Tollheit, der Tobsucht. […] Es ist auch wie die tolle Verschwendung der letzten Sommer- kräfte im grellen Herbstlaub, […] Es entstehen Farben von einer tollen Kraft, welcher die Vertiefungsgabe ganz fehlt.»

(Kandinsky 2013, S. 96)

Das Blau ist für Kandinsky die typisch himmlische Farbe.

«Sehr tiefgehend entwickelt das Blau das Element der Ruhe. Zum Schwarzen sinkend, bekommt es den Beiklang einer nicht menschlichen Trauer. […] Musikalisch dargestellt ist helles Blau einer Flöte ähnlich, das dunkle dem Cello, immer tiefer gehend den wunderbaren Klängen der Bass- geige. […]» (Kandinsky, 2013, S. 97)

Blau und Gelb

Abb. 8

Abb. 9

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Kandinsky beschreibt das Rot als ähnlich kräftige Farbe wie das Gelb. Jedoch besitzt es nicht den leichtsinnigen Charakter des Gelbs, sondern eine Stärke und Zielsicher- heit. Das Rot braust und glüht und dennoch ist es sehr tolerant was Abschweifungen und Verschieden heiten betrifft. «Man denke nur an all die verschiedenen Rottöne, welche dennoch dieselben Qualitäten besitzen.»

(Kandinsky, 2013, S. 103)

Mischt man Blau mit Gelb, so bemerkt man, dass sich die beiden entgegengesetzten Bewegungen nach innen und nach aussen aufheben und ein Grün entsteht, welches un- bewegt und ruhig wirkt. Allerdings sind immer noch die beiden Bewegungen von Blau und Gelb vorhanden, nun allerdings paralysiert.

Je nach Mischung mehr ins Blau oder mehr ins Gelb können die Bewegungen wieder aktiviert werden. «Grün ist die Hauptfarbe des Sommers, wo die Natur die Sturm- und Drangperiode des Jahres, den Frühling über- standen hat und in eine selbstzufriedene Ruhe getaucht ist.» (Kandinsky, 2013, S. 98 f.)

Rot

Grün

Abb. 10

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12|

v

Die Wirkung der Farben im Bild ist im Gegen- satz zur Musik nicht so rasch vergänglich.

Wir können gemalte Bilder immer wieder betrachten und uns entsprechend in die Stimmungen versetzten lassen.

Mir gefällt die Vorstellung, dass ein Maler und ein Komponist eigentlich das gleiche tun.

Beide gestalten Atmosphären und Welten, welche sowohl Gefühle als auch Stimmungen erzeugen. Der einzige Unterschied liegt im Medium. Während der Maler mit seinen Farben eine Ebene im Raum gestaltet, nutzt der Komponist die Ebene der Zeit. Der Maler greift auf eine Farbpalette zurück, der Komponist auf verschiedene Klänge. Auch die Sprache von Maler und Musiker sind sehr ähnlich. Beide sprechen von Harmonie, Klang, Schwingung, Kontrast usw.

Von der Abstraktion her bestehen bei beiden Künstlern Unterschiede in ihren Möglich- keiten. Ein Maler kann ganz realistisch gegenständlich Objekte darstellen oder eher abstrakte Farb- und Formkompositionen kreieren.

Die Möglichkeit der realistischen gegen- ständlichen Widergaben von Objekten fehlt dagegen einem Musikkomponisten.

Die Musik an sich lebt im Abstrakten.

Vielleicht hängt mit diesen unterschied lichen Möglichkeiten zusammen, dass auch in abstrakten Bildern Gegenstände und Objekte gesucht werden. Beim Hören von Musik passiert das wohl weniger.

Kompositionen

Wie klingt wohl ein Farbkreis?

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v

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Theoretische Grundlagen

14|

Wenn wir von Farbklängen und Klang farben sprechen, erfassen wir intuitiv, dass es eine Verknüpfung dieser zwei Sinneswahr- nehmungen gibt. Wenn Farben zu einem Bild zusammengefügt werden und Töne zu Musik, dann haben wir den Unterschied, dass das Bild im Raum und die Musik nur in einer Zeitabfolge erlebbar sind.

Blicken wir zurück in der Geschichte, so sehen wir, dass bereits früher versucht wurde, diese beiden Sinneseindrücke und Medien zu verbinden.

Ein Ansatz ist es, zu verschiedenen Bil dern (Bilderzyklus) Musikstücke zu komponieren.

Dieses Vorgehen wurde als Programm- musik bekannt. Beispielsweise hat der Komponist Modest Mussorgski bereits 1874 seinen berühmten Klavierzyklus

«Bilder einer Ausstellung» zu den Gemälden und Zeichnungen von seinem ver- storbenen Freund Viktor Hartmann komponiert. Dadurch wurde den unbewegten Bildern durch die Musik eine Dynamik und eine zeitliche Dimension, hinzugefügt. (Nestler, 1982)

Der umgekehrte Ansatz versucht, die Bilder in Bewegung zu versetzten, was zum Film führt. Die Bilder selbst bewegen sich schon, und die Filmmusik verstärkt diesen Eindruck nochmals.

Die Verknüpfung von Bild und Ton hat sich also in verschiedenen Ansätzen ent wickelt.

Heute ist der Stummfilm fast verschwunden und zugleich gibt es zu den meisten modernen Popsongs auch ein Video.

Auch der Künstler Wassily Kandinsky hat sich vor hauptsächlich in seiner abstrakten Kunst mit der Verbindung einer eigenen Bildsprache und der Musik befasst. Faszinierte ihn doch an der Musik vor allem, dass mit Tönen Gefüle ausgedrückt werden können. Er beab- sichtigte in seinen Bildern durch Improvisa- tionen, Impressionen und Kompositionen das Hören von Farben oder das Sehen von Klän- gen zu ermöglichen. (Kandinsky, 2013)

Verknüpfung: Bild und Ton

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Theoretische Grundlagen

16|

«Bild mit rotem Fleck»,

Wassily Kandinsky 1914 Werkbetrachtung

Abb. 14

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Zur Beschreibung wandern wir nun im Uhr- zeigersinn über das Bild. Dabei ertappte ich mich immer wieder wie ich in den abstrakten Formen konkrete Objekte suchte.

Deshalb beschreibe ich im Folgenden meine persönlichen «Entdeckungen».

Um den roten Fleck [1] herum schmiegt sich ein ruhiges Blau, das eine gewisse Tiefe verleiht. Durch spinnenbeinartige schwarze Linien entsteht eine «Brücke» [2] zur rechten Seite des Bildes. Unter ihr «fliesst»

ein hellblaues Band, zum unteren linken Bildrand. In der rechten oberen Ecke befindet sich auf einem schwarzen Fleck eine Art «Blumenstrauss» [3]. Der Hintergrund, auf dem die schwarze Wolke liegt, ist grössten- t eils gelblich eingefärbt. Dieses Gelb wird an manchen Stellen mit einem zarten Rosa ver- mischt. Darunter befindet sich ein zartblaues Motiv, welches an einen Fisch [4] (mit Brust- flossen) erinnert. Diese Fläche schiebt sich quasi aus einer Art roten Höhle [5] in der rechten unteren Ecke. Diesmal mischen sich in den gelben Hintergrundtöne grüne Farben.

Am linken Rand treffen wir wieder auf das hellblaue Band, das sich hier kaskade- nartig nach unten stürzt. Darin «baden»

auch zwei flauschige, vogelartige Wesen, welche entfernt an Meisen [6] erinnern.

Das Original «Bild mit rotem Fleck» hängt im Centre Georg Pompidou in Paris, dem bedeutendsten Museum für moderne Kunst in Europa. Das Bild stammt aus einer Schenkung von seiner zweiten Ehefrau Nina Kandinsky im Jahr 1976. Wassily Kandinsky schuf das Bild 1914 in Russland, eben zurückgeke hrt nach einem langen Aufenthalt in München.

Die Entstehung des Bildes fällt zeitlich auf den Beginn des ersten Weltkrieges. Seine Werke hatten sich bereits vorher immer mehr vom konkret Gegenständlichen ins Abstrakte ent- wickelt. Kandinsky gilt als Mitbegründer des abstrakten Malstils. (Elger, 2008)

Das quadratische Bild mit einer Seiten- länge von ca. 120cm fällt beim Betreten des Ausstellungsraumes im Centre Georg Pompi dou direkt ins Auge. Die starken Farben, die schwarzen Linien und die verspielten Farbübergänge haben einen so anderen Ausdruck als Kandinskys früheren Werke sowie die «Zimmergenossen», frühe Werke von Picasso. Die Technik, Öl auf Leinwand, ermöglicht einerseits die starke Kontrastwirkung der Farben, z.B. am Übergang Schwarz-Gelb, sowie die zarten Übergänge von Hellgelb zu Türkis.

Bei der Betrachtung dieses Bildes, hoffte ich selbst zu erleben, wie sich Kandinskys Far- ben «anhören». Und ich war neugierig, ob die abstrakte Improvisation und Komposition für mich selber nicht nur optisch, sondern auch akustisch spürbar wird.

In der farbenfrohen Vielfalt des Bildes, scheint sich jede Orientierung aufzulösen. Das Auge

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18|

In der Mitte, rechts neben dem hellblauen Band erheben sich schwarze, linienartige Bergketten zur Mitte hin, die kräftige Grün- und Rottöne zeigen. Zusätzlich ziehen sich sowohl über die zarten als auch die kräftigen Farbflächen, feine schwarze Linien in unter- schiedlicher Orientierung.

In dieser abstrakten Vielfalt arbeitet Kandinsky nicht mit der Fluchtpunkt- perspektive. Dennoch erhält das Bild eine gewisse Tiefenwirkung durch die Über- lagerung der einzelnen Elemente, den starken Kontrasten zwischen den Farben sowie den Schattierungen.

Wenn wir nach einer Orientierung im Bild suchen, können wir auch unterschiedliche Ebenen im Bild ausmachen. Als Ausgangs- fläche und damit quasi als Hintergrund können die grösstenteils gelblich einge- färbten Flächen angesehen werden. Dieses Gelb oder Licht erzeugt einen weiten Raum.

Eine Ebene weiter vorne befinden sich die drei kräftig eingefärbten Schichten, umgrenzt von breiten schwarzen Rändern. Diese Ebenen werden dann aber wieder durch die Tiefe des Blaus sowie den roten Fleck durch- brochen.

Noch weiter vorne befinden sich vor allem der

«Blumenstrauss» [3] sowie der «Fisch»[4] und die «Meisen»[6]. Über all diese Schichten und Ebenen ziehen sich dann die spinnenbein- artigen Linien.

Die einzelnen Elemente auf dem Bild lassen sich vor allem in drei Gruppen einteilen.

1. Die Flächen, welche sowohl den Hinter grund definieren sowie auch der prominente rote Fleck.

2. Die teils an Tiere oder Pflanzen erinnernde, kleineren Elemente.

3. Die schwarzen Linien und «Hiero - glyphen» (Sternchen unten in der Mitte) [7].

Eine Symmetrie im herkömmlichen Sinn ist nicht vorhanden. Jedoch wirkt keine Seite überladen oder «schwerer» als die andere. Man könnte sagen, dass eine ausgewogene Balance durch die Gewichtung der einzelnen Elemente sowie die Farbauswahl entsteht. Die einzelnen Elemente kommunizieren miteinander, in dem sie sich durchdringen, überlagern und an den Berührungspunkten aufeinander eingehen, wie zum Beispiel bei [8|.

Beim Gang durch die Ausstellung sticht das Bild durch seine extremen Farben und Kontraste hervor. Es scheint förmlich zu «rufen».

Im Vergleich zu anderen Ölgemälden leuchtet es durch die Gelbtöne. Die schwarzen Flächen Unterstützen den Kontrast, was dem Ganzen einen äusserst starken, unruhigen Ausdruck verleiht. Das Zusammenspiel der einzelnen Farben und die damit entstandene Illusion von Licht und Schatten entsteht alleine durch die verschiedenen Helligkeiten und die Farbtöne.

Da das Bild abstrakt ist, ist es unmöglich eine Lichtquelle auszumachen und daher können auch die Schatten nicht wirklich als solche beobachtet werden. Jedoch hat Kandinsky verschiedene Farbübergänge eingebaut, die wie Licht und Schatten wirken und dadurch eine räumliche Tiefe erzeugen.

Beim Schreiben von diesem Text ist mir aufgefallen, wie unterschiedlich die Wirkung des Bildes ist, je nachdem ob man es auf Papier oder im Museum betrachtet. Als ich in Paris im Centre Georg Pompidou vor dem Bild stand, war ich sofort komplett von ihm eingenommen.

Es kam mir vor als würde ich eintauchen in ein abstraktes Universum. Die einzelnen Elemente schienen sich zu bewegen und miteinander zu interagieren.

In seinem Buch «Über das Geistige in der Kunst», das fast zeitgleich er- schienen ist, setzt sich Kandinsky mit der Wirkung der einzelnen Farben auseinander.

Kandinsky beschreibt das Rot als majes- tätisch, selbstsicher und dennoch mit

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einer gewissen Ruhe. Auf mich wirkte der rote Punkt tatsächlich sehr anziehend. Von ihm geht eine gewisse Kraft aus, welche den Betrachter direkt in seinen Bann zieht. Während Kandin- sky das schwarz als Tod und bewegungslos beschreibt, wirkten die schwarzen Flächen und Linien für mich sehr bewegt und durchschnei- dend. Das kann aber auch daran liegen, dass die schwarzen Elemente allesamt sehr dünn und linienartig ausfallen. Es gibt kaum grössere schwarze Flächen.

Für mich drückt das Bild eine aufgeregte, bewegte, chaotische Stimmung aus. Es kommt für mich nahe an die lebhafte Erinnerung an eine flirrende Marktplatz­

atmosphäre, die auch laut hörbar wird.

Die einzelnen Bildelemente sind für mich Sinneswahrnehmungen wie Gerüche und Klänge. Der Hintergrund funktioniert als eine Art fröhliche Grundstimmung. Das Gefühl beim Betrachten kommt dem Entdecken einer unbekannten Umgebung, einem neuen Geruch, einer neuen Erfahrung sehr nahe. Auch löst es bei mir grosse Freude und «Wärme» aus.

Ich fühlte mich an die unbeschwerte Kindheit erinnert. Ich denke, dass genau der abstrakte Malstil das Eintauchen erleichtert. Es wird mir nicht vorgegeben, was ich mir vorstellen muss, sondern ich werde dazu angeregt, eigene Formen und Bilder zu entdecken.

Diese Freude wird getrübt durch die dunklen, narbenartigen Elemente. Sie wirken auf mich wie Einschnitte in diese innere Wärme.

Vergleichbar mit dem Moment in dem die Glückseligkeit jäh unterbrochen oder zerrissen wird durch eine abschätzige Bemerkung eines Mitmenschen.

ausbreiten. Dem Bild entspringt zugleich auch eine laute, aber nicht dissonante Klangkulisse.

Es ist für mich nicht einfach zu deuten, was Kandinsky beim Malen verspürte. Jedoch habe ich das Gefühl, dass er in dieser Zeit vielleicht aufgewühlt und hin und hergeris- sen fühlte oder auch freudig aufgeregt einem Aufbruch entgegeneilte.

Was mich immer noch wunder nimmt ist, welche Musik oder Klänge Kandinsky selber zu diesem Bild gehört hat.

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Theoretische Grundlagen

20|

Neben den statischen Bildern von Kandisky habe ich natürlich auch viele «bewegte»

Bilder studiert.

Vor allem handgezeichnete Animations- filme habe ich dabei ausgewählt, auch weil sie näher bei der statischen Bilderwelt des Malers sind.

Besonders gefallen haben mir dabei die abstrakten Animations filme vom zeitgenössischen japanischen Autor und Illustrator Mirai Mizue.

Seine Arbeiten sind in minutiöser Hand- arbeit gezeichnet, einzeln eingescannt und anschliessend am Computer zu einem Film zusammengefasst. Seine Hauptmotive sind in diesem Werk zellartige Strukturen, er selbst nennt seinen Stil «Cell animation». Beim Be- trachten des Filmes interessierten mich unter anderem die folgenden beiden Fragen:

Weshalb wirken die Filme von Mizue char- mant (herzig), obwohl sie teilweise makabere Geschichten erzählen?

«Devour Dinner», 2008 Mirai Mizue

Wie schafft er es den Zuschauer bis am Schluss zu packen?

«After eating enough now.

I feel hungry tomorrow.»

Mit diesen Worten beginnt der 10:02 Minuten lange Animationsfilm von Mirai Mizue. Der Film war das erste grössere Werk von ihm.

Der Film zeigt verschiedenste Fantasie- kreaturen die sich, manchmal überraschend, auffressen oder einverleiben.

Gestalterisch ist der jede Filmsequenz immer gleich aufgebaut. Der Hintergrund besteht aus ganz vielen, kleinen Blasen, angeordnet zu einem durchgängigen Muster. Im Vorder grund wechseln die animierten Fantasie wesen von Szene zu Szene. Die Wesen sind alle im gleichen, zellulären Stil gezeichnet und farbig koloriert. Das Farbschema ist dabei relativ fein und blass gehalten. Die einzelnen Tiere haben verschieden farbige

«Zellen», die jedoch alle pastellfarben

Abb. 16

(21)

d a her kommen. Zudem werfen sie einen Schlagschatten auf die hintere Ebene, was dem Ganzen eine Tiefe verleiht.

Die Wesen stehen oft auf interessant geform- tem Untergrund und einzelne Szenen spielen im Wasser.

Mizue beschränkt sich nicht auf das klassisch, rechteckige Videoformat, sondern schafft durch eine starke Vignette einen fast kreis- runden Ausschnitt. Dies hat zur Folge, dass alles sehr nah am Betrachter und fast wie durch ein Mikroskop erscheint. Angesichts der Zellmotive eine sehr passende Wirkung.

Die auftretenden Fantasiewesen sind dabei sehr unterschiedlich gestaltet. Sie erinnern dennoch klar an bekannte Lebewesen, seien es Fische, Insekten, Vögel, Elefanten usw.

Sie fliegen, kriechen, laufen und hüpfen. Dabei interagieren sie mit anderen Wesen, dem Untergrund und der Umgebung. Auch die Art, wie sie einander verspeisen, ist auf verschie- denste Arten gelöst. Mal «saugen» sie einem Elefanten gleich die anderen ein, mal kommen sie in Schwärmen und fressen das andere Wesen bis auf die Knochen ab.

Interessant ist die Verknüpfung von Ton und Bewegung. Jedes Wesen hat seine eigenen Töne und Geräusche. Dies unterstützt die Identifizierung der bunten Lebewesen. Dabei sind die Töne vermutlich mit einem Synthesiz- er sowie durch entfremdete Audioaufnahmen entstanden. Diese sind im gleich abstrakten

sen gezeigt, als Nächstes verspeist das eine das andere. Oft ist es äusserst überraschend, wer das Opfer ist. Dann ist die Szene fertig und die nächste kommt. Der immer gleiche Aufbau der Szenen sowie die harmlos wirkenden, bunten Wesen zeigen über raschend plötzlich die Zähne. Manche Wesen kommen auch mehrmals vor, wobei sie dann von einem Dritten Wesen gefressen werden.

Lediglich die letzte Filmszene ist länger. Es wird die ganze «Nahrungskette» gezeigt, in dem jedes Wesen vom nächst grösseren verspeist wird. Das letzte Bild zeigt ein Wesen in Frontalansicht, welches an einen Menschen erinnert. Danach wird das Bild dunkel und es erscheint der Schriftzug «Devour Dinner», was so viel wie Essen verschlingen heisst.

Der Film hat mich an verschiedensten Stellen überrascht, weil zum Teil nicht erkenn- bar war, was Pflanze und was Tier ist und somit plötzlich an einer unerwarteten Stelle ein Maul aufgetaucht ist. Diese Überraschungen erzeugen die Spannung, dass man bis zum Schluss gebannt hinschaut.

Die ersten Filmszenen erzählen die bekan- nte Geschichte vom «Fressen und Gefressen werden» mit Fantasiewesen. In der allerletzten Szene tritt dann überraschend der Mensch auf.

Dies kann als Hinweis gedeutet werden, dass der Mensch der grösste, der alles verschli n- gende «Fresser» ist. Sehr interessant fand ich die Konzeption der einzelnen Wesen, weil sie sehr fantasievoll sind und dennoch in sich stim- mig wirken. Sie haben einen unverwechsel- baren Charme, der im Kontrast steht zu ihrem hemmungslosen oder gar grausamen Fressen.

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Theoretische Grundlagen

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Der Film Modern zeigt geometrische, teils dreidimensionale, teils auf einer Fläche angeordnete Formen. Diese sind allesamt an einem unsichtbaren Raster ausgerichtet, was die Parallelperspektive immer gleichbleiben lässt.

Die Figuren bewegen sich fortlaufend, oft entlang geometrisch unmöglicher Pfade, was unmittelbar an die optischen Illusionen des niederländischen Künstlers und Grafikers M. C. Escher erinnert, wie zum Beispiel die berühmten unmöglichen Treppen. Die einzelnen Szenen bei Mizue sind farblich sehr schlicht gestaltet und kommen gut mit nur zwei oder drei verschiedenen Farben aus.

Mizue zeichnete auch einen Nachfolger von Modern, das «Modern nr.2». Hier beschreibt er in der Videobeschreibung seine Arbeit wie folgt:

«Using a sheet of graph paper, which is typi- cally used for architectural drawings,

I combined straight lines which stretch out in three directions to construct the visual.

I think that original fascination with animation is the limitations. To challenge the limitations, I started creating animation by using minimal elements. Apparently, it looks like computer graphics though it’s really digital animation drawn by hand.» (Mizue, 2019 )

Mirai zeichnet jeden einzelnen Frame von Hand. Diese Geduldsprobe zeigt sich in den äusserst bewegt wirkenden Szenen. Des Weiteren tragen viele kleinste Ungenauigkeiten und die Textur des Papiers dazu bei, dass die Szene zu «atmen»

beginnt. Durch die immer gleiche geometrische Anordnung und die exakt ablaufenden Bewegungen wirkt das ganze jedoch auch «technisch» und fast wie am Computer erzeugt, was eine interessante Kombination ergibt.

Die Geräuschkulisse ergänzt die Szenen mit einer beklemmenden Atmosphäre.

Dadurch, dass das Bildmaterial sehr abstrakt ist, ist es meiner Meinung nach schwierig, pas- sende Geräusche zu finden. Die Auswahl der

«Modern», 2011 Mirai Mizue

Abb. 17

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Töne ist auf die einzelnen Szenen abgestimmt, jedoch nicht so direkt wie bei seinem Werk

«Devour Dinner». Teilweise wird die, insge- samt sehr homogen wirkende, Klanglandschaft jedoch durch fanfarenartige, laute Klänge durchbrochen. Diese treten an verschiedenen, für mich nicht ganz nachvollziehbaren Stellen auf.

Der ganze Film wirkt auf mich irritierend und teilweise fast ein wenig verstörend. Ich fühlte mich die ganze Zeit beklemmt, was vermutlich hauptsächlich an der Klangkulisse liegt. Auch die teilweise unmöglichen Figuren tragen zu diesem Eindruck bei.

Jedoch hat mich die Idee der geometrischen Figuren, sowie die technische Umsetzung an sich, sehr fasziniert. Auch die Tatsache, dass Mizue alles von Hand auf Architektur- papier gezeichnet hat, gefällt mir sehr gut.

Für meine Leitfrage nach der gleich wertigen Verschmelzung von Bildern und Tönen habe ich mich während der ganzen Arbeits

-

periode auch intensiv mit unterschiedlichen Musikstücken und Stilrichtungen befasst.

Während meine früheren Harfen improvisationen hauptsächlich von südamerikanischen

Inspiration Musik

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24|

Die Lektüre von «Über das Geistige in der Kunst» hat mich im Abschnitt «über die Not- wendigkeiten» (Kandinsky, 2013, S. 84 ff.) erstmals dazu veranlasst, meine eigene künstlerische Tätigkeit unter diesen Gesichtspunkten zu reflektieren. Deshalb möchte ich eine kurze Zusammenfassung im Folgenden widerge- ben.

Wassily Kandinsky beschreibt wie jedes künstlerische Schaffen sich aus drei Not­

wendigkeiten zusammensetzt.

Weiter führt er aus, dass der persön- liche und zeitliche Stil subjektiver Natur sei. Die Epoche wolle sich künstlerisch äussern und ein Abbild, oder eine Spiegelung, ihrer Zeit schaffen.

Gleichzeitig wolle sich der Künstler ausdrück- en und nutze dafür die ihm, zu jener Zeit, von der Epoche zur Verfügung gestellten Formen.

Theoretische Grundlagen

Kandinsky: Die Notwendigkeiten

«1. hat jeder Künstler, als Schöpfer, das ihm Eigene zum Ausdruck zu bringen (Element der Persönlichkeit)»

2. hat jeder Künstler, als Kind seiner Epoche, das dieser Epo-

che Eigene zum Ausdruck zu bringen. (Element des Stils im inne-

ren Werte, zusammengesetzt aus der Sprache der Epoche und der

Sprache der Nation, solange die Nation als solche existieren wird).»

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Aus diesen zwei Äusserungen bildet sich nach Kandinsky der Stil der Epoche als äussere und subjektive Form.

Im Gegensatz dazu steht die dritte Notwen- digkeit.

«3. hat jeder Künstler, als Diener der Kunst, das der Kunst im allgemeinen Eigene zu bringen (Element des Rein- und Ewig-Künstlerischen, welches durch alle Menschen, Völker und Zeiten geht, im Kunstwerke jedes Künstlers, jeder Nation und jeder Epoche zu sehen ist und als Hauptelement der Kunst keinen Raum kennt und keine Zeit kennt).»

(Kandinsky, 2013, S. 84 ff.)

Kandinsky beschreibt diese Notwendigkeit mit der Hilfe einer ägyptischen Plastik.

Die Plastik wurde zu ihrer Zeit durch den subjektiven Ausdruck des Künstlers geschaffen. Heute gelingt es uns jedoch, weil wir in einer anderen Epoche leben, diese Subjektivität abzulegen und das Objektive, ewig künstlerische, in der Figur zu sehen.

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Im praktischen Teil versuche ich nun, die Auslegeordnung der theoretischen Ansätze aus dem ersten Teil wieder zu einem neuen Ganzen zusammenzufügen.

Die praktische Arbeit umfasst zwei grosse Themenbereiche:

Die musikalischen Kompositionen und die bewegten Bilder.

Der Kurzfilm besteht aus fünf Kapiteln, die jeweils eine Variation über das Grundthema Farbe und Ton oder Bild und Musik darstellen.

Sie unterscheiden sich im musikalischen sowie gestalterischen Stil.

Beim Gliedern der Kapitel habe ich mich wieder auf Kandinskys Notwendigkeiten gestützt, sodass unterschiedliche Aspekte des künstlerischen Schaffens darin zum Ausdruck kommen. Den Anfang machen die allgemeinen physikalischen Gegeben- heiten im Farbkreis und die harmonischen Intervalle. Das zweite Kapitel ist ganz einem Aspekt des Zeitgeistes gewidmet mit er- starrten, kristallinen Formen in einer hektischen Umgebung. Im dritten Kapitel geht es weiter mit lebendigen Motiven: allgemeingültige Lebens prinzipien von Bewegung, Fliessen, Wachsen und Vergehen. Das vierte Kapitel nimmt die lebendige Bewegung weiter auf, diesmal nun mit tanzenden Menschen zu einer fröhlichen Musik. Im letzten Kapitel verweben sich Sprachrhythmus und -klang eines Gedichtes mit Bildern und Musik als Ausdruck von Zeitgeist, Persönlichem und Allgemeingültigem zu einem harmonischen Ganzen.

Künstlerische Aspekte

Gestaltung praktischer Teil

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dringliche Tiefe. Dieses Abtauchen stelle ich durch die Kamerabewegung dar. Die Pauken- schläge wirken für mich wie Steine, die ins Wasser fallen. Die Farben habe ich bewusst zu- rückgenommen, weil die Musik in diesem Teil keine klaren Töne mehr erkennen lässt.

Aus dieser Tiefe und dem undefinierten Klangteppich wachsen die aufgefächerten Akkorde der Harfe. Dieses organische Wachsen der Akkorde spiegelt sich auch im Bild wider.

Es entstehen lebendige, pflanzliche Strukturen.

Sie bewegen sich langsam und gemächlich. Die Kamera bewegt sich entsprechend langsam vorwärts und zeigt so, dass die Zeit nicht still- steht und alles seine ihm innewohnende Zeit braucht, um zu wachsen.

Kapitel I – Farbkreise und innere Welten

«1. hat jeder Künstler, als Schöpfer, das ihm Eigene zum Ausdruck zu bringen (Element der Persönlichkeit).» (Kandinsky, 2013, S. 84)

Das Kapitel I beginnt schlicht mit dem Farbkreis. Je nach gespieltem Ton flammen ver- schiedene Farben auf. Dieser eher theo retische und physikalische Ansatz ist ein naheliegender Einstig ins Thema und soll den Betrachter mit der Thematik vertraut machen.

Die Harfe ist ein Instrument, welches das spielen von harmonien sehr leicht macht. Ihre Saiten sind so angeordnet, dass der Musiker ohne Aufwand vielschichtige Akkorde spielen kann. Am Anfang erklingen einzelne Töne. Weiter entstehen erste Intervalle, diese werden anschliessend geschichtet und enden in warmen und vollen Akkorden.

Abb. 18

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Theoretische Grundlagen

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Das Intro besteht hier aus verzerrten, lauten Klängen. Danach folgt ein immer noch eher

„undurchsichtiger“, aber auf den Rhythmus bezogen strukturierterer Teil. Dieser wird an drei Stellen unterbrochen. Es folgt absolute Stille.

Damit wird ein Kontrast zum an fänglichen Lärm geschaffen.

Kapitel II - Äussere Hektik

«2. hat jeder Künstler, als Kind seiner Epoche, das dieser Epoche Eigene zum Ausdruck zu bringen» (Kandinsky, 2013, S. 84)

Im zweiten Kapitel stütze ich mich auf wenige und einfache geometrische Grund- muster. Aus ihnen entstehen viele ver schiedene Szenen durch Repetition und kaleidos kopische Anordnung. Die dabei entstehenden erstarrten, kristallinen Formen bilden dabei das Gegen- stück zu den inneren Welten im ersten Kapi- tel: hektisch, rhythmisch und überfordernd in den raschen Wechseln zwischen Schwarz und Weiss.

Das Intro stellt die chaotische Umgebung, in welcher wir heute leben dar. Oftmals be finden wir uns in lauten, hektischen Situationen, wie an lauten Bahnhöfen oder Strassen- kreuzungen. Die Bilder zeigen meine emotionale Stim mungs lage in solchen Situationen.

Nach der Hektik folgt ein übersichtlicher und geordneter Teil, als ein anderer positiver Aspekt. Darin zeigt sich die Exaktheit und Präzision welche wir auch durch die Digitali- sierung erlangt haben.

Die Musik des zweiten Kapitels unter- streicht Hektik und Präzision gleichermassen.

Abb. 19

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dafür von Hand gezeichnet, um dem ganzen Kapitel mehr Lebendigkeit zu verleihen. Durch die starke Tiefenunschärfe habe ich den Blick durchs Mikroskop nachgestellt. Dadurch lassen sich verschiedene Ebenen jeweils in den Fokus nehmen, während andere unscharf im Hintergrund bleiben. Ab dem Moment, wo die Szenen dreidimensional durch die Tiefen- unschärfe werden, ordnen sich die Geräusche.

Es entsteht eine klarere Klangstruktur.

Kapitel III - Lebensprinzipien

Jede Epoche und ihre Bewegungen rufen im Sinne einer Weiterentwicklung auch eine Gegenbewegung hervor (Kandinsky, 2013).

Die Verbundenheit zur Natur wird in unserem hochtechnisierten Umfeld immer stärker an Bedeutung gewinnen.

Das dritte Kapitel ist ein Kontrast zum zweiten Kapitel in dem es wieder dem Leben- digen Raum gibt. Während im zweiten Kapitel die Exaktheit, das Chaos und der Rhythmus im Mittelpunkt standen, konzentriert sich das Kapitel III auf fliessende, lebendige, organische Formen. Da Leben sich durch Bewegung äussert, zeigen sich hier die einzelnen Szenen dynamisch, wachsend und in steter Veränderung.

Alles beginnt mit feinen Luftbläschen, die

Abb. 20

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Theoretische Grundlagen

30|

Kapitel IV – Bewegung

Nun kommen erstmals Menschen — tanzende Menschen — vor.

Die Botschaft ist unmittelbar:

Emotionen, die sich beim Hören von Musik in Bewegung verwandeln.

Die Farbe ist weggelassen, da die durch Bewegung ausgedrückten Emotionen bereits

«innere Farben» ausdrücken.

Im vorherigen Kapitel lenkte ich den Blick des Betrachters durch Unschärfe, im vierten Kapitel geschieht das nun durch die Schein- werfer. Dadurch werden alle anderen Bildausschnitte komplett ausgeblendet.

Die Musik entstand hier zuerst. Sie erinnert an eine Mischung aus Swing Elementen, Harfen- klängen und Electro Einflüssen. Die Musik lädt zum Tanzen ein, was die Figuren dann auch tun, in verschiedenen Tanzstilen passend zur unterschiedlichen Musik.

Abb. 21

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Das Gedicht, «Where many rivers meet», vom ursprünglich aus Irland kommenden, amerikanischen Poeten David Whyte, scheint mir nicht nur von der Aussage, sondern auch vom Rhythmus der Worte passend.

Dieses Kapitel wird durch eine Klavier- interpretation untermalt. Die Improvisation wird durch den immer gleichen Rhythmus getragen, ähnlich der ewigen Bewegung des Meeres oder eines stetig dahinfliessenden Stromes. Sie ist sehr einfach gehalten, damit genügend Raum für innere Bilder und sich wandelnde Gedanken öffnet.

Kapitel V - Ganzheit

«3. hat jeder Künstler, als Diener der Kunst, das der Kunst im allgemeinen Eigene zu bringen»(Kandinsky, 2013, S. 84)

Zum Schluss kommen für mich die drei Notwendigkeiten Kandinskys zu einem Ganzen zusammen. Dieses Kapitel soll die allgemeingültigen Emotionen des Menschen ansprechen.

Der ewige Kreislauf des Wassers im Gedicht von David Whyte (*1955) (Whyte, 2007)

ist eine schöne Metapher für das Zeitlose in Kunst, Natur und im menschlichen Leben.

Der Zeitgeist ist durch die digitale Umsetzung und die Wahl eines zeitgenössischen Gedichts repräsentiert, während sich der persönliche Ausdruck vor allem in der Musik und den

Abb. 22

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Im Folgenden zeige ich konkret einzelne As- pekte der technischen Umsetzung.

Im Januar 2019 habe ich mit den ersten Vorbereitungen zum Thema begonnen. Damals stand vor allem die Frage der Ausarbeitung des Themas im Vordergrund.

Als Basis studierte ich unterschiedliche Modelle zur Darstellung der verschiedenen Schwingungen und Farben. In dieser Zeit ist auch die folgende Tabelle entstanden. Sie stellt die physikalischen Grundsätze zusammen.

Zudem zeichnete ich immer wieder Klang- und Farbkreise, als ein «erstes Ausprobieren» zur Art der Darstellung.

Gleichzeitig habe ich verschiedenste Computer programme getestet. Da ich anfangs noch nicht sicher war, ob ich mich auf eine fixe Abfolge (Film) oder eine freiere Art der Darstellung (Installation) festlegen soll, experimentierte ich vor allem mit dem Pro- gramm Max/MSP. In dieser Programmier- umgebung, welche speziell auf die Bedürfnisse von Audio- und Video-Verarbeitung zu ge- schnitten ist, schrieb ich ein Programm, welches Farben in Frequenzen umrechnet.

Mithilfe des Pipetten Tools konnte man eine Farbe auswählen. Das Programm hat dann diese Farben umgerechnet in Frequenzen und einen Ton gespielt und angezeigt.

Technische Umsetzung

Gestaltung praktischer Teil

Abb. 23

Abb. 24

Abb. 25

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Etwa Mitte März wich dieser doch eher prag- matische Ansatz meiner Festlegung auf das Medium Film. Als nächstes machte ich viele kleinere Projekte in After Effects und Photoshop. Dadurch lernte ich die Funktions- weise und Möglichkeiten der Programme ken- nen. Dabei entstanden verschiedene kurze Filme à 30 Sekunden.

Eine weitere Schwierigkeit war der Entscheid, den Film-Ton in Dolby 5.1 abzumischen. Dazu brauchte ich zuerst einmal fünf Laut sprecher und eine Soundkarte, welche genügend Ausgänge besitzt. Als dann alles eingerichtet und konfiguriert war, machte ich auch da erste Übungen und Machbarkeitsstudien.

Abb. 27

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Gestaltung praktischer Teil

Musikalisch

Die Kompositionen sollten nicht nur einen unterstützenden Stellenwert haben. Sie treten gleichwertig mit den Bildern auf und beeinflussen diese auch. Daher war auch die Audioproduktion entsprechend aufwendig.

Beim Komponieren habe ich alle Audio- aufnahmen von Geräuschen, Klängen und Instrumenten selbst gemacht. Ich begann zuerst mit Improvisationen auf der Harfe, wobei ich mir jeweils die Bilder von meinen Notizen oder dem bereits fortgeschrittenen Kapitelentwurf im Kopf vorstellte und spielte.

Da das Komponieren bei mir nicht wirklich ein linearer Prozess ist, habe ich zuerst vor allem viel mit der Sprachmemo-App auf meinem Handy gearbeitet. Dort habe ich verschiedenste Improvisationsideen auf der Harfe «skizzen- haft» festgehalten. Daraus erstellte ich einen Katalog von Skizzen, welchen ich dann zu strukturieren begann. Dabei achtete ich darauf, nicht einfach «Songs» zu schreiben, sondern durch die Musik eine Geschichte zu erzählen. Die einzelnen Kapitel sollen sich

nicht nur von der bildnerischen Gestaltung unterscheiden, sondern auch im Klangbild.

Dadurch entwarf ich für jedes Kapitel eine neue Klangsprache auch von der Instrumental- besetzung her, auch wenn sich eine musika- lische Linie durch alle fünf Kapitel ziehen sollte.

Zum Notieren benutze ich das Programm Finale und zur Aufnahme und zum Arrangieren die DAW (Software zur Musikproduktion) Logic Pro X. Danach habe ich erste «richtige»

Aufnahmen gemacht. Als Mikrofon habe ich zwei Sure sm57 verwendet, welche in der XY Positionierung aufgestellt waren. Als Audio- interface benutze ich das Focusrite Scarlet 2i2.

Am Computer bearbeitete ich die einzelnen Aufnahmen und arrangierte die einzelnen Audio- dateien. Dabei nutzte ich eine Bandbreite an verfremdenden Effekten und Synthesizern zur Unterstützung. Auch durch Zerschneiden und neu Anordnen der einzelnen Dateien entstanden eigenen Rhythmen und Melodien.

Abb. 28

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Danach mischte ich die einzelnen Spuren ab und exportierte die Audiodatei in das Videoschnitt programm.

Die digitale Verarbeitung gab mir die

Möglichkeit, den musikalischen Spannungs- bogen exakt auf die Bildsequenzen abzu- stimmen und anzupassen. Die Synchronisation fand also am Computer statt und war bis zum Fertig stellen des Filmes ein sehr aufwendiger Arbeitsschritt. Bei jeder zeitlichen Verschiebung innerhalb des Filmes musste die Tonspur auf Sekundenbruchteile genau angepasst werden.

Zum Glück entdeckte ich etwa Mitte Arbeit die Möglichkeit, einen Timecode (fortlaufende Zeitangabe unten im Bild) im Film einzuspielen, was die Synchronisation erheblich präzisierte.

Abb. 29

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Die fünf Kapitel sind jeweils auf unterschiedliche Art und Weise entstanden. Grundsätzlich sind die einzelnen Formen oder Sequenzen von Hand gezeichnet, dann fotografiert und am Computer bearbeitet. Für die Aufbereitung der Fotos verwendete ich die Software Photoshop. Darin habe ich die einzelnen Elemente freigestellt und farblich ange- passt. Danach arbeitete ich weiter in After Effects. Hier habe ich die einzelnen Elemente dann zu einem Video passend zur Musik verarbeitet. Dieses Vorgehen hatte nicht nur den Vorteil, dass nicht jeder einzelne Frame von neuem gezeichnet werden musste, es eröffneten sich auch ganz neue Möglichkeiten.

Einzelne Muster konnte ich dadurch verviel- fältigen und neu arrangieren. Der Computer kann eigene Kamerafahrten berechnen und einzelne Elemente können neu eingefärbt werden.

Im Folgenden möchte ich ein paar einzelne Techniken erläutern.

Die Szene befindet sich im ersten Kapitel bei 00:58 . Sie beinhaltet sowohl «Steine» die ins «Wasser» fallen und vielen Farb streifen, an denen die Kamera entlang hinabsinkt.

Erstere sind Tintentropfen, welche in ein Einmachglas «getropft» wurden. Danach habe ich den Farbkontrast von der Filmdatei sehr

stark erhöht und das ganze schwarz-weiss gemacht. In der fertigen Szene wurden die einzelnen Filmdateien im dreidimensionalen Raum platziert.

Die «Farbstreifen» sind weisse Pinselstriche auf schwarzem Hintergrund, die am Computer dann dezent eingefärbt wurden. Dadurch, dass sie alle einen einfarbigen schwarzen Hinter- grund haben, ist es relativ einfach sie «freizu- stellen» und im Raum zu platzieren.

Die Kamerafahrt wurde vom Computer berechnet und durch eine künstliche Tiefen- unschärfe ergänzt.

Die Grundlage für fast alle Muster im zweiten Kapitel sind fünf Formen, welche am Anfang eingeblendet werden. Mit dem Mosaiktool konnte ich die einzelnen Formen zu tapeten- artigen Mustern verarbeiten. Zudem arbeitete ich mit verschiedensten Verzerrungen und

«Glitcheffekten».

Bei der bildnerischen Umsetzung habe ich Wert daraufgelegt, keine Farben zu verwenden und mich auf die geometrischen Formen und Muster zu konzentrieren. Das Kapitel beginnt mit besonders stark ver- zerrten Bildern sowie entfremdeten Tönen.

Die Lautstärke ist bewusst hoch gewählt, weil sie die Massivität der Bilder ergänzt.

Bildnerisch

Gestaltung praktischer Teil

Abb. 31

Abb. 32

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sind. Auch hier habe ich wieder auf schwarz- es Papier gezeichnet, was das Freistellen und einfügen erheblich erleichtert. Das «Wasser», das in vielen Szenen zu sehen ist, entstand durch das Spiegeln der Bilder sowie eine leichte Verzerrung, was dem Ganzen den Anschein von Wellen verleiht. Das Kapitel ist durch gehend in zwei Ebenen aufgeteilt. Auf der hinteren Ebene werden die Bilder gezeigt, auf der Vorderen der Text. Ich wollte, dass klar ist, welcher Text abschnitt zu welchem Bild gehört.

Deshalb wird jeweils die passende Passage eingeblendet.

Das vierte Kapitel war zeichnerisch am auf- wendigsten. Die Szene ist mit 6 Frames pro Sekunde animiert. Das heisst für eine Sekunde Film braucht es 6 Bilder. Diese habe ich von Hand gezeichnet. Sie entstanden dadurch, dass ich zuerst Videos von Tänzern angeschaut habe und dann diese Frame für Frame abge- paust habe. Danach habe ich die einzelnen Bilder abfotografiert und am Computer die Helligkeit angepasst, sodass sie gleich hell sind und den selben Ausschnitt zeigen.

Danach importierte ich sie ins Videoschnitt- programm und fügte die Lichter hinzu.

Abb. 33

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Fazit

Beim Rückblick auf meinen Arbeitsprozess des letzten Jahres bleiben für mich die Freude am Experimentieren und die unbegrenzte Vielfalt der Herangehensweisen bei der Verschmelzung von Bild und Ton im Vordergrund.

Wenn ich jetzt den fertigen Film anschaue und daneben die ersten Skizzen und Gedanken zur Arbeit betrachte, liegt ein weiter Weg dazwischen, auf dem ich technisch, gestalterisch und kompositorisch viel dazu- gelernt habe. Jede spontane Idee, die im Kopf so leichtfüssig daherkommt, bedeutet neue technische Hürden und Heraus- forderungen. Die ursprüngliche Idee, recht nahe an den physikalischen Gegebenheiten die Harmonien zwischen Ton- und Farb- kompositionen zu erkunden, hat sich im Laufe der Arbeit zunehmend in ein freies Spiel zwischen Bild und Musik entwickelt. Der anfängliche Arbeitstitel Klangfarben-Farb- klänge wurde deshalb zu Kompositionen – von Farbe und Ton zu Bild und Musik.

Von der Auseinandersetzung mit den physikalischen Gesichtspunkten ist mir besonders geblieben, dass die gleichen Schwingungsverhältnisse bei Farbe und Ton nicht unbedingt als harmonisch, wohl klingend oder ästhetisch in beiden Medien wahr- genommen werden.

Die theoretische Auseinandersetzung mit Kandin sky hat mich sehr inspiriert, da ich seine intuitiven Farbinterpretationen sehr gut nachvollziehen kann. Andere Theorien und Farbenlehren können natürlich dazu im Widerspruch stehen, da jeder Künstler die Farben für sich interpretiert. Ausser der Farbenlehre Kandinskys haben mich auch seine Überlegungen zu den drei Notwendig- keiten der Kunst zum Reflektieren meiner eigenen Arbeit angeregt. Diese Ansicht mit den drei Aspekten des Allgemeingültigen, des persönlichen Ausdruckes und des Zeitgeistes, leiteten mich während des ganzen Arbeits- prozesses beim Betrachten von bildnerischer Kunst und bei der Auseinandersetzung mit Musik. Kandinsky hat sich Zeit seines Lebens

mit den Fragen nach dem Hören von Farben und dem Sehen von Klängen befasst und ich werde mich sicher weiter in seine Ansätze und diejenigen anderer Künstler vertiefen.

Und ganz zum Schluss komme ich nochmals auf meine Leitfrage zurück:

Wie lassen sich bewegte Bilder und Töne gleichwertig zu einem Gesamteindruck ver- binden und verschmelzen?

Was mir vor Beginn der Arbeit intuitiv klar war, dass sich die beiden Ausdrucksmittel oder Medien, der Ton und das Bild durch den zeitlichen und räumlichen Aspekt un- terscheiden, hat sich als spannender Kristallisationspunkt erwiesen. Durch die intensive praktische Auseinandersetzung mit den beiden Ausdrucksmitteln und vertiefte Gespräche mit Fachleuten darüber, ist mir bewusst geworden, dass diese Verschmelzung zu einem gleichwertigen Gesamteindruck aus genau dieser Spannung lebt.

Die künstlerische Umsetzung der Leitfrage – also die Antwort darauf – lässt sich im entstandenen Film betrachten.

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Danke…

Viele Menschen haben dazu beigetragen, dass meine Maturaarbeit gelingen konnte. Ich möchte mich bei folgenden Personen herzlich bedanken:

Patrizia Trüllinger, Fachlehrperson Bildnerisches Gestalten an der Kantonsschule Schaffhausen, an erster Stelle, die mich als Referentin bei der Themenwahl, der Auswahl der Literatur und der Umsetzung der schriftlichen und praktischen Arbeit in jeder Hinsicht unterstützt hat.

Sascha Henkel, Gitarrist/Komponist, der mir bei allen Fragen und Problemen bezüglich der musikalischen Umsetzung und Theorie zur Seite stand.

Abb. 35

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Literatur

Anhang

Elger, D. (2008). Abstrakte Kunst. Köln: Taschen.

Falk, D., Brill, D., & Stork , D. (1990). Ein Blick ins Licht. (A. Ehlers, Übers.) Basel Boston Berlin : Springer-Verlag Berlin Heidelberg und Birkhäuserverlag.

Küppers, H. (2004). Das Grundgesetz der Farbenlehre. Köln: Dumont.

Kandinsky, W. (2013). Über das Geistige in der Kunst (4. Ausg.). Bern: Benteli Verlag, Sulgen.

Krätz, O. (1992). Goethe und die Naturwissenschaften . München : Callwey .

Mizue, M. (5 . September 2019 ). Vimeo . Von https://vimeo.com/28349513 abgerufen Nestler, G. (1982). Geschichte der Musik. München: Wilhelm Goldmann Verlag.

Quaianni, L. M. (30. 10 2019). nippop . Von https://www.nippop.it/en/animanga-visual-pop/blog/

jmagazine/animanga/mirai-mizue-the-child-prodigy-of-independent-japanese-animation abgerufen

Whyte, D. (2007). River Flow . Langley WA U.S.A.: Many Rivers Press.

Zünd, A. (25. September 2019). Lärmorama. Von http://www.laermorama.ch/m1_akustik/tonkla- ng_w.html abgerufen

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Bilderverzeichnis

Abb. 1 Skizze einer Szene, Fineliner

Abb. 2 Ordnung der Farben als Farbkreis, Tinte und Fineliner auf Papier Abb. 3 Sinuswelle, Digital

Abb. 4 Ausschnitt einer Klavieraufnahme Abb. 5 Notation Intro zu Kapitel 1

Abb. 6 Künstlerische Darstellung des elektro magnetischen Spektrums Abb. 7 Grautöne, Gouache auf schwarzem Papier

Abb. 8 Blautöne, Tinte auf Papier Abb. 9 Gelbtöne, Tinte auf Papier Abb. 10 Rottöne, Tinte auf Papier Abb. 11 Grüntöne, Tinte auf Papier Abb. 12 Farbkreis 1, Tinte auf Papier Abb. 13 Logic Pro X, Screenshot

Abb. 14 «Bild mit rotem Fleck», Öl auf Leinwand, Wassily Kandinsky 1914 Abb. 15 Legende zu «Bild mit rotem Fleck»

Abb. 16 «Devour Dinner», 2008 Mirai Mizue, Screenshot von: https://vimeo.com/19995568 Abb. 17 «Modern», 2011 Mirai Mizue, Screenshot von: https://vimeo.com/28349513 Abb. 18 Kapitel 1, Filmausschnitt

Abb. 19 Kapitel 2, Filmausschnitt Abb. 20 Kapitel 3, Filmausschnitt Abb. 21 Kaptitel 4, Filmausschnitt Abb. 22 Kapitel 5, Filmausschnitt Abb. 23 Atelier und Arbeitsplatz, Foto

Abb. 24 Tabelle, Umrechnungen der Frequenzen von Licht zu Ton, erste Studie zum Thema Abb. 25 Farbkreis 2, Tinte und Fineliner auf Papier

Abb. 26 Max/MSP, Studie zur Umsetzung, Screenshot Abb. 27 Studie, After effects

Abb. 28 Aufnahmesession Klavier, Foto Abb. 29 Detailaufnahme Harfe

Abb. 30 Aufnahmesession Intro Kapitel I

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Referenzen

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