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Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

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Gelbe Erläuterungsbücher

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb: UWG

Kommentar

Bearbeitet von

Prof. Dr. Ansgar Ohly, Prof. Dr. Olaf Sosnitza, Dr. Henning Piper

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werbsrechtlichen Konflikte auf der Grundlage des UWG zu lösen (BeaterRn 84;Köh- ler/Bornkamm Einl Rn 7.17).

Jedenfalls handelt es sich nach allgemeiner Ansicht um einenAuffangtatbestand 60 mitlückenfüllender Funktion(Staudinger/Hager§823 Rn D 20f; MüKo/Wagner

§823 Rn 254; Köhler/Bornkamm Einl Rn 7.27). Sofern die Voraussetzungen der

§§3 oder 7 vorliegen, treten Ansprüche aus§823 I BGB wegen der Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus§823 I BGB daher als subsidiär zurück (BGH GRUR 62, 310, 314–Gründerbildnis;BGH GRUR 72, 189, 191–Wandsteckdose II;GRUR 83, 467, 468–Photokina;MüKo/WagneraaO).

Eine Ausnahme bildet die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung, die von der bishe- rigen Rechtsprechung trotz des regelmäßigen Vorliegens einer Wettbewerbshandlung nicht nach§1 aF beurteilt, sondern als Verletzung des Rechts am Unternehmen an- gesehen wurde. Zu Recht vertrat der I. Zivilsenat in seinem Vorlagebeschluss an den Großen Senat für Zivilsachen mit Zustimmung der Literatur die Ansicht, dass auch die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung zukünftig am Maßstab der§§3 I; 4 Nr 1, 2, 4 zu messen ist (BGH GRUR 04, 958–Verwarnung aus Kennzeichenrecht;s im Ein- zelnen§4 Rn 4/36). Zwar sah der GSZ keine Veranlassung, von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen (GRUR 05, 882ff– Unberechtigte Schutzrechtsverwar- nung), doch geht die Entscheidung nicht auf die Frage nach der richtigen Anspruchs- grundlage ein und schließt daher eine Fortführung der bisherigen Rechtsprechung auf der Grundlage der§§3 I, 4 Nr 4 nicht aus (näher hierzu§4 Rn 4/39). Fehlt es hingegen an einer geschäftlichen Handlung oder an einem Wettbewerbsverhältnis zwischen Anspruchsteller und Anspruchsgegner, so kann der Unternehmensschutz gem§823 I BGB nach hM eingreifen. Allerdings lassen sich die wesentlichen Fall- gruppen, in denen das der Fall sein soll, anders überzeugender lösen (Larenz/Canaris SchR II/2§81 III S 546ff). Geschäftsschädigende Äußerungen fallen, sofern es sich um Tatsachenbehauptungen handelt, in den Anwendungsbereich des§824 BGB.

Kritische Wertungen finden in Anbetracht der Meinungsfreiheit (Art 5 I 1 GG) ihre Grenze im Wesentlichen erst dort, wo es sich um Formalbeleidigungen und Schmäh- kritik handelt (s§4 Rn 1/17, 20), die sich durch§823 II BGB iVm§§185ff StGB und§826 BGB erfassen lassen. Der Boykottaufruf stellt stets eine vorsätzliche Schädi- gung iSd§826 BGB dar; die erforderliche Interessenabwägung lässt sich bei der Prü- fung des Verstoßes gegen die guten Sitten durchführen (s§4 Rn 4/87). Ob die uner- laubte Telefon-, Telefax- und E-Mail-Werbung gegenüber Gewerbetreibenden wirklich die für einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb erforderliche Eingriffsintensität erreicht, wie die Rechtsprechung annimmt, erscheint zweifelhaft (s§7 Rn 22).

61 cc)§823 I BGB im Übrigen.Erfüllt eine unlautere Wettbewerbshandlung den Tatbestand des§823 I BGB unter einem anderen Gesichtspunkt, so besteht An- spruchskonkurrenz, weil§3 den Unwertgehalt der Handlung in diesem Fall nicht abschließend erfasst. Beispiele sind die Beschädigung von Einrichtungen eines kon- kurrierenden Geschäftsbetriebs (Eigentumsverletzung und§4 Nr 4) und die persön- liche Beleidigung eines Konkurrenten (Persönlichkeitsrechtsverletzung und §4 Nr 1). Liegen die Voraussetzungen einer unlauteren Wettbewerbshandlung vor, so kann der Geschädigte sowohl nach§§3; 8ff als auch nach§823 I BGB bzw§1004 BGB in analoger Anwendung vorgehen, zur Verjährung s Rn 64. Bedeutung hat

§823 I BGB aber vor allem für die Fälle, in denen es an einer geschäftlichen Hand- lung (§2 I Nr 1) oder an einem Wettbewerbsverhältnis zwischen Anspruchsteller und Anspruchsgegner fehlt, etwa bei individuellen Ansprüchen einzelner Verbrau- cher gegen unerlaubte belästigende Werbung (vgl§7 Rn 18ff).

62 dd)§823 II BGB.§823 II BGB ist neben§3 anwendbar, sofern es sich um ein außerwettbewerbsrechtliches Schutzgesetz handelt (Köhler/Bornkamm Einl Rn 7.5).

Bedeutung kommt§823 II BGB vor allem bei Straftaten zu; so kann eine irrefüh-

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rende Werbung Ansprüche aus§823 II BGB iVm§263 StGB auslösen. Auch die wettbewerbsrechtlichen Straftatbestände der§§17ff sind Schutzgesetze iSd§823 II, da sie die zivilrechtlichen Rechtsfolgen nicht regeln (sa§3a Rn 86). Umstritten ist hingegen, ob§3 als Schutzgesetz angesehen werden kann. Sicherlich dienen die Ge- neralklausel und die folgenden Spezialtatbestände dem Schutz bestimmter Personen- kreise, nämlich der Mitbewerber, der Verbraucher und der sonstigen Marktteilneh- mer (§1), was für die Anwendung des§823 II BGB spricht (soEmmerichUWG§14 Rn 74; Fezer/FezerEinl E Rn 388; Lehmann,FS Schricker, 2005, S 77, 80; Sack GRUR 04, 625, 629f;SäckerWRP 04, 1199, 1219f;Wimmer-LeonhardtGRUR 04, 12, 20; ebenso ÖOGH WRP 98, 789, 790–1. Hauptpreis;für Übertragung ins deut- sche Recht Augenhofer WRP 06, 169, 176f). Andererseits regeln die §§8ff die Rechtsfolgen unlauterer geschäftlicher Handlungen abschließend. Insbesondere hat sich der Gesetzgeber bewusst dagegen entschieden, dem durch unlauteren Wettbe- werb geschädigten Verbraucher einen lauterkeitsrechtlichen Schadensersatzanspruch einzuräumen (RegBegr BT-Drucks 15/1487, S 22, in Anknüpfung an die Rechtspre- chung zu§§1; 3 aF, s BGH GRUR 75, 150–Prüfzeichen;BGH NJW 83, 2493, 2494). Genau auf einen solchen Anspruch würde aber die Anwendung des§823 II BGB hinauslaufen. Mit der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken ist dieser Ansatz vereinbar (vgl Egrd 9;AlexanderGRUR Int 05, 809, 813). Daher ist§3 kein Schutzgesetz im Sinne dieser Bestimmung (ebensoKöhler/Bornkamm Einl§7.5;

SchmidtJZ 07, 78, 83).

63 ee)§§824, 826 BGB.Auch zwischen Ansprüchen aus§§824, 826 BGBund solchen aus§3 UWG besteht Anspruchskonkurrenz. Beide Anspruchsgrundlagen weisen gegenüber den entsprechenden UWG-Bestimmungen strengere An- spruchsvoraussetzungen,aber eine längere Verjährungsfrist (§§195, 199 BGB) auf. Insbesondere bestehen zwischen den Begriffen der„Unlauterkeit“(§3 I) und der„Sittenwidrigkeit“(§826 BGB) zwar gewisse Parallelen, Abweichungen können sich aber aus den unterschiedlichen Funktionen beider Normen ergeben. Während

§3 I Grundlage eines Marktverhaltensrechts ist, das die Interessen sämtlicher Markt- beteiligter und der Allgemeinheit schützt (§1), besteht die Funktion des§826 BGB darin, reine Vermögensschäden selektiv in den Schutzbereich des Deliktsrechts einzu- beziehen (MüKo/Wagner§826 Rn 4). Zudem knüpft§826 BGB die Haftung an vorsätzlich-sittenwidriges Verhalten, während die Unlauterkeit im UWG rein objek- tiv zu beurteilen ist. Nur Schadensansprüche sind verschuldensabhängig (§9), der Gewinnabschöpfungsanspruch setzt eine vorsätzliche Handlung voraus (§10).–Da es sich bei Verstoß gegen§824 oder§826 BGB um schwerwiegende Rechtsverlet- zungen handelt, erscheint es nicht gerechtfertigt, den Verletzer hinsichtlich derVer- jährungsfristzu privilegieren, wenn er zusätzlich gegen§3 verstößt. Fehlt es an einer geschäftlichen Handlung (§2 I Nr 1) oder an einem Wettbewerbsverhältnis zwi- schen Anspruchsteller und Anspruchsgegner, so steht einer Anwendung der§§824, 826 BGB ohnehin nichts im Wege.

64 ff) Verjährung.Treffen Ansprüche aus§§3; 8ff mit Ansprüchen aus§§823ff BGB zusammen, so ist die Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses in erster Linie für die Verjährung relevant. Lauterkeitsrechtliche Ansprüche verjähren in sechs Mo- naten (§11 I); für die Verjährung deliktsrechtlicher Ansprüche gilt die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren (§§195, 199 BGB). Die Rechtsprechung lehnt eine ge- nerelle Lösung ab und beurteilt die Verjährungsfrist gesondert für jeden einzelnen Deliktstatbestand (BGH GRUR 62, 310, 314–Gründerbildnis). Sollten trotz ihrer grundsätzlichen Subsidiarität Ansprüche wegen einer Verletzung des Rechts am ein- gerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb mit Ansprüchen aus§3 konkurrieren, so gilt die kurze Verjährungsfrist des§11 (BGH aaO). Dasselbe gilt für Ansprüche aus§823 II BGB, sofern das Schutzgesetz (ausnahmsweise, s Rn 62) dem UWG ent- stammt (BGH GRUR 74, 99, 100–Brünova). Hingegen richtet sich die Verjährung

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von Ansprüchen aus§§824, 826 BGB auch dann nach§§195, 199 BGB, wenn sie mit Ansprüchen aus§3 zusammentreffen (BGH aaO; BGH GRUR 99, 751, 754– Güllepumpen). Grund dafür ist, dass der Verletzer nicht privilegiert werden soll, wenn er zusätzlich zu den außerwettbewerbsrechtlichen Tatbeständen auch noch gegen das Lauterkeitsrecht verstößt. Dasselbe muss für eine Verletzung des§823 I BGB unter einem anderen Gesichtspunkt als demjenigen des eingerichteten und ausgeübten Ge- werbebetriebs gelten.

65 2. Vertragsrecht. a) Ausgangspunkt.Vertragsrecht und Lauterkeitsrecht laufen parallel, ohne sich gegenseitig zwangsläufig zu beeinflussen (AlexanderS 275). Auch die UGP-RL lässt das Vertragsrecht unberührt (Art 3 II). Allerdings ist, soweit ange- sichts der Funktionsunterschiede zwischen beiden Rechtsgebieten möglich, ein Gleichlauf der Wertungen anzustreben (LeistnerS 1084 und passim). Zwischen ver- tragsrechtlichen und lauterkeitsrechtlichen Ansprüchen herrschtAnspruchskon- kurrenz.Eine Vertragsverletzung stellt für sich genommen noch keine unlautere ge- schäftliche Handlung dar (Rn 66f). Umgekehrt führt ein Wettbewerbsverstoß nicht automatisch zur Nichtigkeit eines infolge des Verstoßes abgeschlossenen Vertrages (Rn 67ff).

66 b) Unlauterkeit wegen Vertragsverletzung? aa) Grundsatz. Die bloße Schlechterfüllung eines Vertragsstelltkeine unlautere Handlungdar. Darüber herrscht im Ergebnis Einigkeit (BGH GRUR 13, 945 Rn 36–Standardisierte Mandats- bearbeitung;ebenso zum UWG von 1909 BGH GRUR 83, 451, 452–Ausschank unter Eichstrich I;BGH GRUR 02, 1093, 1094–Kontostandsauskunft). Vor 2008 konnte die- ses Ergebnis damit begründet werden, dass das UWG nur den Wettbewerb um den Kunden bis zum Vertragsschluss, nicht aber die Vertragsabwicklung erfasste. Vertrags- verletzungen konnten daher nur dann die Unlauterkeit begründen, wenn der Unter- nehmer das unlautere Verhalten zum Mittel seines Wettbewerbs machte, um sich durch gezielte und planmäßig wiederholte Kundentäuschung Vorteile im Wettbe- werb zu verschaffen (BGH GRUR 87, 180, 181–Ausschank unter Eichstrich II;BGH GRUR 94, 640, 641–Ziegelvorhangfassade) oder wenn die Vertragsverletzung zugleich der Anbahnung neuer Verträge diente (BGH GRUR 02, 1093, 1094–Kontostandsaus- kunft;BGH WRP 07, 1085–irreführender Kontoauszug). Seit Umsetzung der UGP- RL kann aber auch ein Verhalten nach Vertragsschluss geschäftliche Handlung sein (§2 I Nr 1), so dass der Schlechtleistung zugleich eine Täuschung (§5 I) über die ord- nungsgemäße Leistung oder eine Irreführung durch Unterlassen (§5a II) innewohnen könnte. Daher ist die auf den ersten Blick einleuchtende Abgrenzung nicht ganz leicht zu begründen.

66a bb) Begründung.In Rspr und Literatur werden im Wesentlichen drei Begrün- dungsansätze vertreten (Überbl beiGoldhammerS 167ff).(1)Nach Ansicht des BGH (GRUR 13, 945 Rn 36–Standardisierte Mandatsbearbeitungim Anschluss anKöhler/

Bornkamm§2 Rn 48 undKöhlerWRP 09, 898, 902; ähnlLeistnerS 598f) liegt gem

§2 I Nr 1, ausgelegt im Licht von Art 2 lit d und Egrd 7 UGP-RL schon keine ge- schäftliche Handlung vor, wenn die Handlung nichtbei objektiver Betrachtung darauf gerichtetist,durch Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung der Verbraucheroder sonstigen Marktteilnehmer den Absatz oder Bezug von Waren oder Dienstleistungen des eigenen oder eines fremden Unternehmens zu för- dern. Daran fehle es bei einer bloßen Schlechterfüllung. In dieselbe Richtung geht der Vorschlag, den Tatbestand des§2 I Nr 1 durch ein ungeschriebenes Merkmal der

„Verbraucherrelevanz“zu ergänzen, das nur erfüllt ist, wenn das Verhalten des Unter- nehmers über die Schlechterfüllung hinaus auf eine zusätzliche Verbraucherentschei- dung gerichtet ist (SchererWRP 09, 761, 767).(2)Eine in der Literatur verbreitete Auffassung verlangt für das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung einen Marktbe- zug, der nur vorliegen soll, wenn die geschäftliche Handlungzumindest potentiell

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weitere Vertragsverhältnissebetreffen kann (Glöckner, WRP 09, 1175, 1181f;

Harte/Henning/AhrensEinl G Rn 164; Harte/Henning/Keller§2 Rn 35, 41;Gold- hammerS 191, 196ff).(3)Schließlich wird vertreten, dass auch jede Schlechterfüllung objektiv mit der Durchführung eines Vertrages zusammenhängt, so dassjedenfalls eine geschäftliche Handlung (§2 I Nr 1) vorliegt(§2 Rn 23;SosnitzaWRP 08, 1014, 1017).Unlauterkann eine Handlung gegenüber Verbrauchern aber nur sein, wenn sie den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst (§3 II). Die bloße Vertragsverletzung ist demnach noch nicht unlauter, erforderlich ist eine wei- tere Einwirkung auf den Verbraucher, insbesondere eine Irreführung oder unsachli- che Beeinflussung mit dem Ziel, ihn von der Geltendmachung seiner vertraglichen Rechte abzuhalten (insofern iE wieSchererWRP 09, 761, 767, allerdings nicht zu

§2 I Nr 1).Stellungnahme:Gegen die Ansicht des BGH spricht, dass die„objektive Zielrichtung“einen Widerspruch in sich darstellt und letztlich doch stark an das sub- jektive Erfordernis der Wettbewerbsabsicht erinnert, das unstreitig unter dem UWG 2008 nicht mehr gilt. Zudem ist die Beeinflussung der Verbraucher ein Tatbestands- merkmal des§3 II und sollte daher nicht bereits beim Anwendungsbereich des UWG geprüft werden. Ansicht 2 verkennt, dass schon eine einzelne Handlung unlauter sein kann (so für die UGP-RL EuGH GRUR 15, 600 Rn 31ff–Nemzeti Fogyasztóvédelmi Hatóság/UPC Magyarország), wie für den Sonderfall der Belästigung§7 II ausdrück- lich bestimmt. Eine Breitenwirkung ist nicht erforderlich und würde praktisch zu Be- weisproblemen führen. Zutreffend erscheint daher Ansicht 3. Sie erlaubt es, zwischen reinen Vertragsverletzungen und weitergehenden unlauteren Einwirkungen auf die andere Vertragspartei abzugrenzen. Allerdings wird die Frage letztlich der EuGH ent- scheiden müssen, da sie unionsrechtlich offen ist und bisher nicht entschieden wurde (aA BGH GRUR 13, 945 Rn 18–Standardisierte Mandatsbearbeitung:kein vernünfti- ger Auslegungszweifel).

66b cc) Abgrenzung. Keine unlautere geschäftliche Handlungstellen demnach eine bloße mangelhafte Leistung, auch in der Form der Lieferung einer zu geringen Menge, eine sonstige Schlechterfüllung oder eine reine Nichterfüllung dar.Unlauter ist es hingegen, wenn der Unternehmer in weitergehendem Maße auf die andere Ver- tragspartei einwirkt, etwa indem er den Verbraucher über seine Rechte täuscht (§5 I 2 Nr 7), den Verbraucher durch Verzögerungstaktiken (oder auch nur durch schlechtes Vertragsmanagement: Harte/Henning/Keller§2 Rn 46) von der Durchsetzung seiner Rechte abhält (Anh Nr 27 zu§3 III, der über Versicherungsverträge hinaus einen ver- allgemeinerungsfähigen Gedanken enthält;WindorferWRP 15, 158), den Verbrau- cher durch Drohungen zur Zahlung einer nicht bestehenden Forderung veranlasst (OLG München GRUR-RR 10, 50–Besuch durch Inkasso-Team) bzw von der Gel- tendmachung vertraglicher Rechte abhält oder wenn ein Anbieter Abnehmer syste- matisch und fortlaufend über die Vertragsgemäßheit der Leistung täuscht (vgl zu§1 aF BGH GRUR 94, 126, 127–Folgeverträge I;GRUR 95, 358, 360–Folgeverträge II;

GRUR 98, 415, 416–Wirtschaftsregister). Auch irreführende oder aggressive Hand- lungen, die den Verbraucher zu Folgeverträgen veranlassen sollen, sind unlauter.

Nach herrschender, aber nicht überzeugender Ansicht stellt die Verwendung unwirk- samer AGB einen Verstoß gegen§§3, 3a dar (s§3a Rn 78).Ungeklärtist hingegen bisher, in welchem Maße die gutgläubige Geltendmachung eigener vermeintlicher Rechte oder die gutgläubige Rechtsverteidigung unlauter sein kann. Beispiele sind das Stellen einer fahrlässig falsch kalkulierten Rechnung, das Berufen auf unwirksame AGB, die Mahnung einer nicht bestehenden Forderung oder das fahrlässig unzutref- fende Bestreiten bestehender Verbraucherrechte. Der BGH sieht unter§4 Nr 4 nur bewusste Vertragsverletzungen, nicht hingegen bloß versehentliche als unlauter an (BGH GRUR 07, 987 Rn 24f–Änderung der Voreinstellung I;BGH GRUR 09, 876 Rn 27–Änderung der Voreinstellung II,dazu§4 Rn 4/11). Da aber die Unlauterkeit unter§3 rein objektiv zu bestimmen ist, ist diese Rspr allenfalls für den Tatbestand

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der gezielten Behinderung vertretbar. Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Un- lauterkeit gem§3 I, II iVm§§5 I oder 4 Nr 1 zu bejahen, anschließend aber in diesem Fall eine Ausnahme von der Vermutung der Wiederholungsgefahr zuzulassen und da- her einen Unterlassungsanspruch zu verneinen (KöhlerWRP 09, 898, 903).

67 c) Nichtigkeit von Verträgen wegen Unlauterkeit. aa)§134 BGB.Nach§3 I ist dieArt und Weiseeines geschäftlichen Verhaltens zu beurteilen, nach§134 der Inhaltdes Vertrags. Auch wenn die Vertragsanbahnung durch unlautere Handlungen geschieht, ist deswegen der Inhalt des abgeschlossenen Vertrags regelmäßig nicht zu beanstanden. Da auch der getäuschte oder unsachlich beeinflusste Vertragspartner gute Gründe haben mag, am Vertrag festzuhalten, wäre eine solche Rechtsfolge un- angemessen. Sie stünde zudem im Gegensatz zur Systematik des BGB, nach der auch das Opfer einer Täuschung oder Drohung selbst die Initiative zur Vernichtung des Vertrags ergreifen muss (§§123, 142 bzw 311 II BGB). Soweit es sich um unlautere Handlungen von Unternehmern gegenüber Verbrauchern handelt, lässt die UGP- RL gem Art 3 II die Wirksamkeit eines Vertrages unberührt (EuGH GRUR 12, 639 Rn 45 – Perenicˇová u. Perenicˇ/SOS). Daher sind Folgeverträge unlauteren ge- schäftlichen Handelnsnicht allein wegen des Verstoßes gegen§3 I gem§134 BGB nichtig (BGH BGH GRUR 90, 522, 528–HBV-Familien- und Wohnungsrechts- schutz;BGH GRUR 98, 945, 947–Co-Verlagsvereinbarung; AlexanderS 92ff;Augen- hoferWRP 06, 169, 173; Harte/Henning/AhrensEinl F Rn 157; LeistnerS 527ff;

SackGRUR 04, 625, 626; aAReichJZ 75, 550, 553). Bezieht sich die Täuschung auf AGB, so gehört sie zu den Umständen, die gem§310 III Nr 3 bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung (§307 I, II) zu berücksichtigen ist, aber die Irre- führung führt nicht automatisch dazu, dass der gesamte Vertrag als nichtig anzusehen ist (EuGH GRUR 12, 639 Rn 43f–Perenicˇová u. Perenicˇ/SOS; JanalZEuP 14, 740, 753ff). Von Folgeverträgen unlauteren Handelns sind Verträge zu unterscheiden, die selbst zur Begehung eines Wettbewerbsverstoßes verpflichten (sog.Basisverträge).

Sie sind regelmäßig gem§134 BGB nichtig, da hier der rechtsgeschäftlichen Ver- pflichtung selbst das wettbewerbswidrige Verhalten innewohnt (BGH aaO; BGH GRUR 09, 606 Rn 13–Buchgeschenk vom Standesamt; LeistnerS 535ff;SackGRUR 04, 625, 626; für Anwendung des§311a BGBKöhlerJZ 10, 767, 769f). Beispiele sind Verträge über die Produktion redaktionell aufgemachter Werbefilme (§5 VI) oder über verbotenes (s aber Einf C Rn 32) Product Placement (OLG München AfP 95, 655f; LG München NJW-RR 97, 1544f).

67a bb)§138 BGB.Ein unlauteres geschäftliches Verhalten ist nicht mit einem Ver- stoß gegen die„guten Sitten“in§138 BGB gleichzusetzen (BGH BGH GRUR 90, 522, 528–HBV-Familien- und Wohnungsrechtsschutz;BGH GRUR 98, 945, 946–Co- Verlagsvereinbarung; Alexander,S 97ff;LeistnerS 527ff;Köhler/Bornkamm Einl Rn 7.8).

Die Tatbestände der§3 I und§138 BGB unterscheiden sich seit der UWG-Reform 2004 schon begrifflich, und der jeweils heranzuziehende Maßstab ist unterschiedlich (LeistnerS 893; Harte/Henning/AhrensEinl G Rn 143). Für die Beurteilung als sit- tenwidrig im Sinne des§138 I BGB ist entscheidend, ob das Rechtsgeschäft seinem Inhalt nach mit den grundlegenden Werten der Rechts- oder Sittenordnung unver- einbar ist und alle Beteiligten sittenwidrig handeln, das heißt die Tatsachen kennen oder sich zumindest ihrer Kenntnis grob fahrlässig verschließen, welche die Sitten- widrigkeit des Rechtsgeschäfts begründen (BGH NJW 90, 567, 568), doch nicht je- der wettbewerbsrechtliche Grundsatz gehört zu den tragenden Werten der Rechts- und Sittenordnung (BGH GRUR 98, 945, 946–Co-Verlagsvereinbarung). Allerdings können dieUmstände des Vertragsschlusses ausnahmsweisedann zur Nichtig- keit des Rechtsgeschäfts führen, wenn sie dem Rechtsgeschäft trotz indifferenten In- halts einsittenwidriges Gesamtgeprägegeben (RGZ 150, 1, 5; BGH NJW 70, 1273; BGH NJW 03; 3692, 3693;SackGRUR 04, 625, 627). So kann ein Schuldan- erkenntnis gem§138 I BGB nichtig sein, das eine ältere Dame nach falscher, mit

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einer Gegenleistungspflicht gekoppelter Gewinnzusage auf massiven Druck des An- bieters hin unterschreibt (BGH NJW 05, 2991, 2992f; dazuSchmidtJZ 07, 78, 83f).

68 d) Vertragsauflösungsrecht der Verbraucher. aa) UWG.Das UWG dient nicht zuletzt dem Verbraucherschutz (§1).Individuelle Schadensersatzansprü- che oder Gestaltungsrechtegesteht das Gesetz den Verbrauchern abernichtzu, sondern räumt lediglich Verbraucherverbänden die Verbandsklagebefugnis (§8 III Nr 3) ein.§13a aF, der Verbrauchern unter engen Voraussetzungen ein Vertragsauflö- sungsrecht gab, war praktisch von geringer Bedeutung und wurde im Zuge der UWG-Reform 2004 gestrichen. Respektiert man diese gesetzgeberische Weichen- stellung, so kann§3 auch nicht als Schutzgesetz iSd§823 II BGB als Grundlage indi- vidueller Schadensersatzansprüche der Verbraucher dienen (s Rn 62). Rechtspolitisch wird diese Entscheidung des Gesetzgebers in der Literatur kritisiert (FezerWRP 03, 127;Lehmann,FS Schricker, 2005, S 77, 80): Angesichts des Fehlens individueller An- sprüche sei das Bekenntnis zum Verbraucherschutz in§1„inhaltsleere Gesetzeslyrik“ (SäckerWRP 04, 1199, 1219). Allerdings schützt schon nach bestehender Rechtslage das BGB die Interessen der Verbraucher umfassend (Überblick beiAlexanderS 85ff;

KöhlerGRUR 03, 265ff;LeistnerS 615ff;SackGRUR 04, 625ff), insbesondere durch die Vorschriften über die Anfechtung (§§119ff BGB), die culpa in contrahendo (§§311 II, 280 I, 249 I BGB) die Sachmängelhaftung beim Verbrauchsgüterkauf (§§434ff, 474ff BGB, dazuBernreutherWRP 03, 368ff) und die Informationspflich- ten und Widerrufsrechte bei Haustürgeschäften, im Fernabsatz und im elektronischen Geschäftsverkehr (§§312ff, 355ff BGB). Gegen zusätzliche individuelle Rechtsbe- helfe auf lauterkeitsrechtlicher Grundlage spricht, dass Lücken im System des BGB kaum ersichtlich sind (KöhlerGRUR 03, 265ff; aAFezerWRP 03, 127, 129ff;Augen- hoferWRP 06, 169, 175f), dass eine Parallelität bürgerlich-rechtlicher und lauter- keitsrechtlicher Ansprüche aber zu schwierigen Konkurrenzfragen, zu einer Aufwei- chung des Grundsatzes„pacta sunt servanda“und zu Widersprüchen zum sorgfältig austarierten Instrumentarium des bürgerlichen Rechts (etwa zu den in§§119, 123, 355 BGB festgesetzten Fristen) führen würde. Jeder Jurastudent würde sich schon im Grundstudium gute Kenntnisse des UWG aneignen müssen, um künftig schuldrecht- liche Klausuren bestehen zu können. Aus denselben Gründen sind rechtspolitische Bestrebungen (vgl die Stellungnahme des Bundesrats zu Sanktionen bei unerlaubter Telefonwerbung, BT-Drucks 16/10 734 S 20;FezerGRUR-Prax 11, 361ff) abzuleh- nen, die auf eine Sanktionierung des Verbots der Telefonwerbung ohne Einwilligung (§7 II Nr 2) durch eine absolute oder schwebende Nichtigkeit telefonisch abgeschlos- sener Verträge zielen (KöhlerWRP 07, 866ff;OhlyGRUR-Prax 11, 366ff). Ein sol- cher Eingriff in der Freiheit zum formfreien Abschluss von Verträgen wäre zum Schutz der Verbraucher schon nicht geeignet, weil der Verbraucher möglicherweise am Vertrag interessiert ist und mit der Notwendigkeit einer späteren Bestätigung nicht rechnet. Zudem würde jedenfalls eine gesetzlich vorgesehene schwebende Un- wirksamkeit Folgeanrufe zur Einholung der Bestätigung geradezu herausfordern. Die Unwirksamkeit stellt auch keine geeignete und angemessene Sanktion für den uner- laubten Eingriff in die Privatsphäre des Angerufenen dar (aAFezerWRP 07, 855, 861), weil der Schutz der Privatsphäre und die Freiheit von ungewollten vertraglichen Bindungen unterschiedliche Rechtsgüter darstellen, die nicht miteinander verquickt werden sollten.

69 bb) BGB.Ein Recht zur Vertragsauflösung kann sich für den Verbraucher auf- grund einesAnfechtungsrechts(§§119, 123 BGB, Beispiel: vorsätzliche irrefüh- rende Werbung), aus den Vorschriften über dievertragliche Gewährleistung(ins- besondere aus Sachmängelhaftung, §§434, 437 Nr 2, 440, 323 BGB, Beispiel:

unzutreffende Angabe in der Produktwerbung, vgl§434 I 3 BGB), aus den Grund- sätzen derculpa in contrahendo(§§280 I, 311 II BGB) und beiHaustür- und Fernabsatzgeschäftenaus§§312g, 355 BGB (Beispiel: Vertragsschluss im Internet

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oder nach unerlaubtem Vertreterbesuch) ergeben. Im Fall der Gesetzes- und Sitten- widrigkeit folgt die Nichtigkeit aus§§134, 138 BGB, vor allem kann bei Ausnutzung einer Zwangslage§138 II BGB eingreifen. VertraglicheSchadensersatzansprüche ergeben sich aus§280 I BGB iVm Gewährleistungsrecht (zB§§434, 437 Nr 3 BGB) oder den Grundsätzen der culpa in contrahendo (§311 II BGB). Daneben können sich gesetzliche Ansprüche vor allem aus§823 I BGB unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der Persönlichkeitsrechte (Beispiel: belästigende Werbung) und aus§823 II iVm§263 StGB (Betrug) ergeben. Ein Schadensersatzanspruch auf Beseitigung eines ungewollten Vertrags unter dem Gesichtspunkt der Naturalrestitution (§249 I BGB) besteht freilich nur, wenn der Schaden gerade in der ungewollten vertraglichen Bindung besteht. Das ist bei der Täuschung (§311 II BGB bzw§§823 II, 826 BGB) der Fall, nicht jedoch bei Verletzungen der Privatsphäre (§823 I BGB).

IV. UWG und Kartellrecht

Literatur:Baudenbacher,Machtbedingte Wettbewerbsstörungen als Unlauterkeitstatbestände– Zugleich Beitrag zum Verhältnis von UWG und GWB, GRUR 1981, 19;Fikentscher,Das Ver- hältnis von Kartellrecht und Recht des unlauteren Wettbewerbs, GRUR Int. 1966, 181;Hefer- mehl,Grenzen des Lauterkeitsschutzes, GRUR Int. 1983, 507;Köhler,Zur Konkurrenz lauter- keitsrechtlicher und kartellrechtlicher Normen, WRP 2005, 645;ders, Zur Kontrolle der Nachfragemacht nach dem neuen GWB und dem neuen UWG, WRP 2006, 139;ders,Schutz- lücken bei der Verbandsklagebefugnis im Kartell- und Wettbewerbsrecht–eine Aufgabe für den Gesetzgeber, WRP 2007, 602;Knöpfle,Die marktbezogene Unlauterkeit, 1983;Koppensteiner, Marktbezogene Unlauterkeit und Missbrauch von Marktmacht, WRP 2007, 475;Lettl,Kartell- und wettbewerbsrechtliche Schranken für Angebote unter Einstandspreis, JZ 2003, 662;Mestmä- cker,Der verwaltete Wettbewerb, 1984;Pichler,Das Verhältnis von Kartell- und Lauterkeitsrecht, 2009;Podszun,Der„more economic approach“im Lauterkeitsrecht, WRP 2009, 509;Scherer, Wechselwirkungen zwischen Kartellrecht und UWG, WRP 1996, 174;P. Ulmer,Der Begriff

„Leistungswettbewerb“und seine Bedeutung für die Anwendung von GWB und UWG-Tatbe- ständen, GRUR 1977, 565;Wanderwitz,Der Missbrauch von Nachfragemacht, WRP 2015, 162;

Wolf,Das Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und das Recht gegen unlauteren Wettbewerb (UWG)–ein Vergleich, WRP 1995, 543;Wrage,UWG-Sanktionen bei GWB- Verstößen, 1984.

70 1. Allgemeines. a) Begriffe.Das Wettbewerbsrecht im weiteren Sinne besteht aus dem Lauterkeitsrecht und dem Kartellrecht. Während im deutschen Recht häufig

„Lauterkeitsrecht“ und „Wettbewerbsrecht“ gleichgesetzt werden, bezeichnet im Unionsrecht (Art 101ff AEUV) und in ausländischen Rechtsordnungen der Begriff

„Wettbewerbsrecht“das Kartellrecht, dessen Anwendungsbereich in der Tat keines- wegs auf das Kartellverbot (§1 GWB; Art 101 AEUV) beschränkt ist. Dasdeutsche Kartellrechtist im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) geregelt. Es wurde durch die 7. GWB-Novelle an das EG-Wettbewerbsrecht angepasst (BGBl I 2005, S 2114), durch die8. GWB-Novellegeändert (BGBl I 2013, S 1738, vgl den Überbl über die Änderungen beiGronemeyer/SlobodenjukWRP 13, 1279;Podszun GWR 13, 329) und gilt in der Neubekanntmachung vom 26.7.2013 (BGBl I 2013, S 1750). DasEU-Wettbewerbsrechtfindet seine Grundlage inArt 101ff AEUV, die durch zahlreiche Bestimmungen des Sekundärrechts, vor allem die VO Nr 1/

2003 (ABl EG Nr L 1/1 v 4.1.2003), ergänzt werden. Während in Deutschland das UWG eine über hundertjährige Tradition hat, entstand das moderne Kartellrecht erst nach dem 2. Weltkrieg (vglBechtholdGWB Einf Rn 1ff). Vor allem im anglo-ameri- kanischen Recht war das Kartellrecht hingegen der Vorläufer während sich das Lau- terkeitsrecht in den USA erst später entwickelte und Großbritannien nach wie vor nicht über ein Lauterkeitsrecht im kontinentaleuropäischen Sinne verfügt.

(9)

71 b) Schutzzweck.Lauterkeitsrecht und Kartellrecht dienen einemgemeinsa- men Zweck,der in derSicherung eines freien, unverfälschten Wettbewerbs besteht (Beater Rn 2263; Emmerich UWG §5 Rn 33; Fezer/Osterrieth §4-S 1 Rn 41ff; Harte/Henning/BrüningEinl G Rn 110;KöhlerWRP 05, 645, 646). Hierü- ber besteht mittlerweile Einigkeit. Allerdings schützen beide Rechtsmaterien den Wettbewerb unter unterschiedlichen Gesichtspunkten. Das Lauterkeitsrechtbe- zweckt auf der Mikroebene den Schutz desfairen Wettbewerbs,es dient derKon- trolle des Marktverhaltens.DasKartellrechtbezweckt auf der Makroebene den Schutz desfreien Wettbewerbs, es dient derMarktstrukturkontrolle (Köhler/

Bornkamm§4 Rn 5.2; Gloy/Loschelder/Erdmann/Holtorf§16 Rn 1; Harte/Hen- ning/BrüningEinl G Rn 110). Zieht man mitLobe(GRUR 1910, 1, 5f) die Parallele zum Sport, so entspricht das Lauterkeitsrecht den Spielregeln, die vom Schiedsrichter überwacht werden, während das Kartellrecht denjenigen Regeln entspricht, die si- cherstellen, dass das Ergebnis vom Ausgang des Wettkampfs und nicht von einer vor- herigen Absprache abhängt (vgl Fezer/FezerEinl E Rn 215). Dementsprechend weist das rechtliche Instrumentarium zur Durchsetzung der lauterkeits- bzw kartellrecht- lichen Normen Überschneidungen, aber auch Unterschiede auf. Im UWG ist (im Gegensatz zu ausländischen Regelungsmodellen) eine behördliche Aufsicht nicht vorgesehen. Die lauterkeitsrechtlichen Ge- und Verbote werden auf dem Zivilrechts- weg von Mitbewerbern und den in§8 III genannten Verbänden durchgesetzt. Dem- gegenüber weisen das GWB und der AEUV den jeweiligen Kartellbehörden Auf- sichtsbefugnisse zu. Daneben besteht eine zivilrechtliche Klagemöglichkeit, die früher auf individuell Betroffene und gewerbliche Verbände beschränkt war, mit der 8. GWB-Novelle aber auf Verbraucherverbände ausgedehnt wurde (§33 II Nr 2 GWB).

72 2. Konkurrenzverhältnis.Das Lauterkeitsrecht und das Kartellrecht verhalten sich zueinander wie zwei sich schneidende Kreise (aAKöhler WRP 05, 645, 647:

zwei sich überlagernde Kreise, wobei der durch das Lauterkeitsrecht gebildete Kreis der größere ist). Außerhalb des Überschneidungsbereichs liegen einerseits diejenigen Vorschriften des UWG, die auf die Marktstruktur keinerlei Einfluss haben, etwa im Regelfall die Verbote der irreführenden und belästigenden Werbung (§§5; 7), ande- rerseits diejenigen kartellrechtlichen Bestimmungen, die nicht an das Verhalten der betreffenden Unternehmen anknüpfen, etwa die Fusionskontrolle. Zu einer Über- schneidung kommt es vor allem im Bereich der Behinderung (§4 Nr 4 einerseits,

§§19 II Nr 1, 20 III GWB andererseits) und insbesondere des Boykotts (§4 Nr 4 ei- nerseits,§21 GWB andererseits). Innerhalb dieses Überschneidungsbereichs bedarf das Konkurrenzverhältnis zwischen UWG- und GWB-Vorschriften bzw den Art 101f AEUV der Bestimmung im Einzelfall. Weder besteht eine absolute gegen- seitige Sperrwirkung, noch sind beide Regelungsmaterien unverbunden nebeneinan- der anwendbar. Vielmehr ist bei der Auslegung beider Normenkomplexe diege- meinsame Zielsetzung zu berücksichtigen, Wertungswidersprüchesindzu vermeiden(BGH GRUR 04, 602, 604–20 Minuten Köln; Köhler/Bornkamm Einl Rn 6.11ff; Fezer/Fezer Einl E Rn 217; Fezer/Osterrieth §4-S 1 Rn 164ff; Harte/

Henning/AhrensEinl G 112;SchererWRP 96, 174, 179).

73 Soweit ein Verhaltenzugleich die Voraussetzungen eines UWG- und eines GWB-Tatbestandserfüllt, sind beide Gesetze nebeneinander anwendbar, es besteht Anspruchskonkurrenz.So wird ein Aufruf zum Boykott eines Unternehmens, der zu Wettbewerbszwecken erfolgt, regelmäßig sowohl als Behinderung (§4 Nr 4) anzu- sehen sein als auch den Tatbestand des§21 GWB erfüllen. Auch im Übrigen werden individuelle Behinderungen häufig sowohl die Voraussetzungen der§§19 I Nr 2 oder

§20 III GWB als auch des§4 Nr 4 erfüllen. Die Verjährung der kartellrechtlichen Ansprüche richtet sich auch bei Anspruchskonkurrenz mit UWG-Bestimmungen nach§§195; 199 BGB (Köhler/Bornkamm Einl Rn 6.19).

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