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S3-Leitlinie: Unkomplizierte Harnwegsinfektionen

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Academic year: 2022

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Harnwegsinfektionen

An wen richtet sich die aktualisierte Leitlinie?

Diese Leitlinie richtet sich damit an alle Arzt- gruppen, die sich mit der Diagnose, Therapie und Prävention akuter unkomplizierter Harn- wegsinfektionen befassen.

Wie erfolgte die

Leitlinien-Aktualisierung?

Die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU) war federführend bei der Aktualisierung der interdisziplinären Leitlinie. Auf eine Finan- zierung durch die pharmazeutische Industrie wurde bewusst verzichtet, Themen und Inhalte der Leitlinie wurden so in keiner Weise beein- flusst. Die vollständige konsentierte S3-Leitli- nie hat eine Gültigkeit bis 2022 und steht auf der Webseite der AWMF und anderen beteilig- ten Gesellschaften zum kostenlosen Herunter- laden in Kurz- und Langversion zur Verfügung [5]. Die Leitlinienarbeitsgruppe setzt sich aus

zu erheblichen Herausforderungen und Kos-

ten im Gesundheitssystem führt [1-4].

Ziele der aktualisierten Leitlinie

Die aktualisierte S3-Leitlinie der Arbeitsge- meinschaft Wissenschaftlich Medizinischer Fachgesellschaften (AWMF) mit ihren auf ak- tueller wissenschaftlicher Evidenz sowie kon- sentierten Expertenmeinungen basierenden Empfehlungen und Statements verfolgt daher das Ziel, einen rationalen Einsatz antimikro- bieller Substanzen bei Harnwegsinfektionen zu forcieren, einen unangemessenen Einsatz bestimmter Antibiotikaklassen und damit die Entwicklung von Resistenzen zu vermeiden.

„Antibiotic-Stewardship-Aspekte“ haben die therapeutischen Empfehlungen der Leitlinie wesentlich geprägt. Eine breite Implementie- rung in alle behandelnden Fachgruppen ist notwendig, um eine vorausschauende Anti- biotikapolitik zu gewährleisten und damit eine Versorgungsverbesserung zu erzielen.

Unkomplizierte Harnwegsinfektionen, am häufigsten durch die Erregerspezies Escherichia coli verursacht, zählen zu den häufigsten Infektionen und führen daher fachübergreifend zu einem hohen Anti- biotikaverordnungsvolumen. Das höchste Antibiotikaverordnungsvolumen nach Ta- gesdosen pro Arzt weisen HNO- und Kin- derärzte auf, gefolgt von Urologen, Haut- und Hausärzten [1].

Das Resistenzniveau von Erregern unkom-

plizierter Harnwegsinfektionen, vor allem

Gram-negativer Erreger ist in den vergange-

nen Jahren signifikant gestiegen. Zudem ist

bekannt, dass verschiedene Antibiotikasub-

stanzen einen unterschiedlichen Selektions-

druck auf die an der Infektion beteiligten

bakteriellen Erreger ausüben, aber auch auf

die nicht an der Infektion beteiligte Stand-

ortflora. Antibiotikaresistenzen stellen da-

her ein steigendes globales Problem dar, das

(2)

Dr Jennifer Kranz, Dr. Stefanie Schmidt,

Apl. Professor Dr. Dr. h. c. Kurt Naber

Vertretern der beteiligten Fachgesellschaften zusammen: DGU, UroEvidence@Deutsche Ge- sellschaft für Urologie, Berlin, Deutsche Ge- sellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (DEGAM), Deutsche Gesellschaft für Gynäko- logie und Geburtshilfe (DGGG), Deutsche Ge- sellschaft für Nephrologie (DGfN), Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM), Deutsche Gesellschaft für Infektiolo- gie (DGI), Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Che- motherapie (PEG), Deutsche Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL), ICA-Deutschland e. V., Förderverein Interstitielle Zystitis (ICA), Arbeitskreis Kran- kenhaus- und Praxishygiene der AWMF sowie dem Bundesverband Deutscher Krankenhaus- apotheker (ADKA).

Die Empfehlungsgrade (je nach Stärke der Emp- fehlung: soll/soll nicht, sollte/sollte nicht, kann) wurden von den Mitgliedern der Leitlinien- gruppe unter Bezugnahme auf die Einteilung nach Abbildung 1 ausgesprochen.

Wesentliche Neuerungen der aktualisierten S3-Leitlinie

»

Überarbeitete Empfehlungen zur antibio- tischen Therapie unkomplizierter Harn- wegsinfektionen. Diese erweitern einerseits das therapeutische Spektrum durch die Aufnahme neuer Antibiotika, gleichzeitig verstärken sie die Empfehlungen gegen den unkritischen Einsatz nicht indizierter

Reserveantibiotika (insbesondere der Fluor- chinolone und Cephalosporine).

»

Die Empfehlung zur symptomatischen Be- handlung unkomplizierter Harnwegsinfek- tionen konnten aufgrund neuer Evidenz bestärkt werden.

»

Mögliche Kollateralschäden durch unter- schiedliche Antibiotika sind umfangreicher dargestellt und wurden in den Empfehlun- gen explizit berücksichtigt.

»

Die Bedeutung einer asymptomatischen Bakteriurie bei Schwangeren konnte durch

neue Studien differenzierter dargestellt werden.

»

Empfehlungen zur Diagnostik, Therapie und Prophylaxe (nicht antibiotische- und anti- biotische Maßnahmen) rezidivierender Harn- wegsinfektionen wurden implementiert.

Welche Patientengruppen sollten voneinander unterschieden werden?

Patientengruppen mit unkomplizierten Harn- wegsinfektionen (wichtige Definitionen der Leitlinie siehe Infokasten) sollten hinsichtlich

Abbildung 1: Von der Evidenz zur Empfehlung – Visualisierung der klinischen Beurteilung als Prozess der kriteriengestützten Konsensus-Entscheidung

Evidenzgrad Bezeichnung

Hoch Klasse I

Mäßig Klasse II

Schwach Klasse III, IV, V

Starke Empfehlung A

„soll“

Empfehlung B

„sollte“

Empfehlung offen C

„kann“

Keine Aussage möglich D Empfehlungsgrad Bezeichnung

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dern dient zur Therapieentscheidung. Diese soll einerseits den individuellen Patienten vor Kom- plikationen schützen und Symptome beheben, andererseits das Risiko einer Übertherapie mit unnötiger Induktion von Resistenzen minimie- ren. Indikationen für die Durchführung einer Urinkultur sind Abbildung 2 zu entnehmen.

Empfohlen werden daher – je nach Patienten- gruppe – spezifische diagnostische Strategien, da sich Art und Häufigkeit von Komplikationen in einzelnen Patientengruppen unterscheiden.

Im Folgenden werden nur die Statements/Emp- fehlungen für die Standardgruppe genannt (nicht schwangere Frauen in der Prämeno- pause). Für die anderen definierten Patienten- gruppen sind die aktuellen Empfehlungen und Statements der Leitlinie zu entnehmen.

Eine einmalige moderate bis starke Hämatu- rie (sichtbares Blut im Urin) kommt bei ca. 20 Prozent der Patientinnen beim Vorliegen einer hämorrhagischen unkomplizierter Zystitis vor.

Trotzdem kann es sich dabei um eine unkom- plizierte Zystitis handeln, wenn die sonstigen Kriterien dafür erfüllt sind.

Nicht schwangere Frauen in der Prämenopause (Standardgruppe)

Diagnostik der akuten unkomplizierten Zystitis Bei Frauen, die keine Risikofaktoren für kom- plizierte Harnwegsinfektionen aufweisen, typi- sche Symptome (Schmerzen beim Wasserlassen, Pollakisurie, imperativer Harndrang) beklagen, keine vaginalen Beschwerden (Juckreiz, verän- derter Ausfluss) haben, bei denen kein Fieber und kein Flankenschmerz vorliegt, kann das Vorliegen einer unkomplizierten Zystitis mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden (Evidenzgrad – EG – IIa). Eine Urinkultur ist bei Frauen mit eindeutiger klinischer Symptomatik einer unkomplizierten, nicht rezidivierenden oder therapierefraktären Zystitis nicht erfor- derlich. Bei der Erstmanifestation einer akuten Harnwegsinfektion oder, falls die Patientin dem Arzt nicht bekannt ist, sollte daher eine Anam- nese und gegebenenfalls eine symptombezoge- ne ärztliche Untersuchung erfolgen (EG V-B).

Mit dem validierten Fragebogen ACSS (Acute Cystitis Symptom Score) [9, 10] kann aufgrund klinischer Kriterien die Diagnose einer unkom- plizierten Zystitis mit hoher Sicherheit gestellt, der Schweregrad der Beschwerden einge- schätzt, der Verlauf beobachtet und der Thera- pieeffekt messbar gemacht werden (EG IIb).

Diagnostik der akuten unkomplizierten Pyelonephritis

Bei Verdacht auf eine akute unkomplizierte Py- elonephritis, also dem Vorliegen von zum Bei-

»

Nicht-schwangere Frauen in der Prämeno- pause ohne sonstige relevante Begleiter- krankungen (Standardgruppe),

»

Schwangere ohne sonstige relevante Begleiterkrankungen,

»

Frauen in der Postmenopause ohne sonstige relevante Begleiterkrankungen,

»

Jüngere Männer ohne sonstige relevante Begleiterkrankungen,

»

Patienten mit Diabetes mellitus und stabiler Stoffwechsellage ohne sonstige relevante Begleiterkrankungen.

Trotz ihrer Häufigkeit und Bedeutung in der täg- lichen Praxis stellt die korrekte Diagnose einer behandlungsbedürftigen Harnwegsinfektion eine anspruchsvolle Aufgabe dar. Die Sicherung der Diagnose allein aufgrund klinischer Kriterien ist mit einer Fehlerquote von bis zu einem Drit- tel behaftet [6, 7]. Nur die Durchführung einer Urinkultur mit Bestimmung auch niedriger Er- regerzahlen, Differenzierung und Empfindlich- keitsprüfung, könnte in der Zusammenschau mit den klinischen Symptomen die diagnostische Ungenauigkeit verringern (Goldstandard). Eine solche Maximaldiagnostik bei nicht selektierten Patienten ist jedoch weder ökonomisch sinnvoll [8], noch im Alltag praktikabel.

Wichtige Definitionen der S3-Leitlinie

Unkomplizierte Harnwegsinfektion

Eine Harnwegsinfektion wird als unkompliziert eingestuft, wenn im Harntrakt keine relevan- ten funktionellen oder anatomischen Anomalien, keine relevanten Nierenfunktionsstörungen und keine relevanten Begleiterkrankungen/Differenzialdiagnosen vorliegen, die eine Harn- wegsinfektion bzw. gravierende Komplikationen begünstigen.

Zystitis

Eine untere Harnwegsinfektion (Zystitis) wird angenommen, wenn sich die akuten Symptome nur auf den unteren Harntrakt beziehen, zum Beispiel neu aufgetretene Schmerzen beim Wasserlassen (Algurie), imperativer Harndrang, Pollakisurie, Schmerzen oberhalb der Symphyse.

Pyelonephritis

Eine obere Harnwegsinfektion (Pyelonephritis) sollte dann angenommen werden, wenn sich bei den akuten Symptomen, zum Beispiel Flankenschmerz, ein klopfschmerzhaftes Nierenlager und/oder Fieber (> 38 °C) finden.

Asymptomatische Bakteriurie

Bei der asymptomatischen Bakteriurie wird in der Regel eine Kolonisation, nicht aber eine Infektion angenommen. Eine klinisch symptomatische Harnwegsinfektion muss von einer asymptomatischen Bakteriurie unterschieden werden, was sowohl für das diagnostische als auch therapeutische Vorgehen wichtig ist. Deshalb soll ein Begriff wie „asymptomatische Harnwegsinfektion“ nicht mehr verwendet werden, da er missverständlich ist und nicht zwischen beiden Formen unterscheidet.

Rezidivierende Harnwegsinfektion

Eine rezidivierende Harnwegsinfektion wird angenommen, wenn eine Rezidivrate von mehr als zwei symptomatischen Episoden innerhalb von sechs Monaten oder mehr als drei symptomatische Episoden innerhalb von zwölf Monaten vorliegt.

(4)

Abbildung 2: Entscheidungsbaum – Diagnostik und Therapie bei symptomatischen Patienten (klinisch-mikrobiologischer Diagnostikpfad).

Patient mit spezieller Indikation, zum Beispiel Schwangerschaft, Intervention

im Harntrakt

Klinische Entscheidung:

Eindeutiger Fall für Therapie

Nitritnachweis positiv?

Leukozytennachweis positiv?

Symptomatischer Patient – Dysurie, Algurie, Pollakisurie, Fieber, Kopf-

schmerzen, Leukozyten

Unkomplizierte Zystitis der Frau mit geringem

Risiko

Keine Therapie, keine Kultur, asymp- tomatische Bakteriurie/asymptomati-

sche Dauerkatheterträger

Bakterienkultur mit Empfindlichkeits- prüfung, gezielte Therapie sobald

Empfindlichkeitstestung vorliegt

Kalkulierte Therapie, Kultur nur Zu- nahme der regionalen Resistenzsitu- ation gegenüber Standardantibiotika

Ausnahmen, zum Beispiel Schwan- gerschaft; dann weiter unter Patient

mit spezieller Indikation Andere Patienten, zum Beispiel obe-

re Harnwegsinfektion, komplizierte Harnwegsinfektion

Reevaluation der klinischen Symptomatik Optionen nach individueller Entscheidung:

» abwartendes Offenlassen, gegebenenfalls mit symptomatischer Behandlung

» kalkulierte antibiotische Therapie

» weitere Abklärung (gegebenenfalls gynäkologische, nephrologische, urologische Untersuchung)

Bakterienkultur mit Empfindlichkeits- prüfung UND kalkulierte Therapie Gezielte Therapie sobald Identifizie-

rung bzw. Empfindlichkeitsprüfung vorliegen

Ja

Nein

Nein Nein Nein, nicht sicher

Ja Ja Nein

Ja

Ja Ja

Nein

(5)

Die Spontanheilungsraten der akuten unkom- plizierten Zystitis sind hoch und liegen nach einer Woche bei etwa 30 bis 50 Prozent. Bei der Therapie geht es deshalb im Wesentlichen darum, die klinischen Symptome rascher zum Abklingen zu bringen. In den wenigen placebo- kontrollierten Studien konnte gezeigt werden, dass mit einer Antibiotikatherapie im Vergleich zu Placebo die Symptome signifikant rascher abklingen [11]. In einer aktuellen Studie von Gágyor et al. [13] wurde der Effekt einer primär symptomatischen Behandlung mit Ibuprofen mit einer sofortigen antibiotischen Behandlung verglichen. Etwa zwei Drittel der Patientinnen mit der rein symptomatischen Behandlung ha- ben kein Antibiotikum benötigt [12]. Vor die- sem Hintergrund kann Patientinnen mit einer akuten unkomplizierten Zystitis eine nicht- die Anamnese den allgemeinen Grundsätzen.

Zusätzlich soll eine körperliche Untersuchung und Urinuntersuchung einschließlich Kultur durchgeführt werden (EG V-A). Zudem sollen zum Ausschluss von komplizierenden Faktoren weitergehende Untersuchungen (zum Beispiel Sonografie) erfolgen (EG V-A).

Diagnostik der asymptomatischen Bakteriurie Bei nicht schwangeren Frauen ohne sonstige relevante Begleiterkrankungen soll kein Scree- ning auf eine asymptomatische Bakteriurie er- folgen (EG Ia-A).

Diagnostik rezidivierender Harnwegs- infektionen

Bei Patientinnen mit rezidivierenden Harn- wegsinfektionen sollte eine Urinkultur und

(EG Ib-B). Jedoch sollten bei Patientinnen mit einer persistierenden Hämaturie oder persis- tierendem Nachweis von anderen Erregern als Escherichia coli weitere Untersuchungen zum Beispiel Urethrozystoskopie sowie eine weitere Bildgebung erfolgen (EG V-B).

Wie behandle ich eine

unkomplizierte Harnwegsinfektion?

Im Folgenden werden nur die Therapieempfeh- lungen für die Standardgruppe genannt (nicht- schwangere Frauen in der Prämenopause). Für die anderen definierten Patientengruppen sind die aktuellen Empfehlungen und Statements der Leitlinie zu entnehmen.

Tabelle 1: Empfohlene empirische Antibiotika-Kurzzeittherapie der unkomplizierten Zystitis bei Frauen in der Prämenopause (Standardgruppe).

Listung in alphabetischer Reihenfolge.

Substanz Tagesdosierung Dauer Eradikationsrate bei sensiblen Erregern

Empfindlichkeit Kollateral- schäden

Sicherheit/

geringe Nebenwir- kungen (UAW) Folgende Antibiotika sollen bei der Therapie der unkomplizierten Zystitis vorzugsweise eingesetzt werden

Fosfomycin- Trometamol

3.000 mg, 1 x tgl. 1 Tag ++ +++ +++ +++

Nitrofurantoin 50 mg, 4 x tgl. 7 Tage +++ +++ +++ ++

Nitrofurantoin RT Retardform

100 mg, 2 x tgl. 5 Tage +++ +++ +++ ++

Nitroxolin 250 mg, 3 x tgl. 5 Tage +++ +++ +++ +++

Pivmecillinam 400 mg, 2-3 x tgl. 3 Tage +++ +++ +++ +++

Trimethoprim soll nicht als Mittel der ersten Wahl eingesetzt werden, wenn die lokale Resistenzsituation von Escherichia coli > 20 Prozent liegt.

Trimethoprim 200 mg, 2 x tgl. 3 Tage +++ + (+) ++ ++ (+)

Folgende Antibiotika sollen bei der Therapie der unkomplizierten Zystitis nicht als Mittel der ersten Wahl eingesetzt werden

Cefpodoxim-Proxetil 100 mg, 2 x tgl. 3 Tage ++ ++ + +++

Ciprofloxacin 250 mg, 2 x tgl. 3 Tage +++ ++ + ++

Cotrimoxazol 160/800 mg, 2 x tgl.

3 Tage +++ + (+) ++ ++

Levofloxacin 250 mg, 1 x tgl. 3 Tage +++ ++ + ++

Norfloxacin 400 mg, 2 x tgl. 3 Tage +++ ++ + ++

Ofloxacin 200 mg, 2 x tgl. 3 Tage +++ ++ + ++

Zeichenerklärung Eradikation Empfindlichkeit Kollateralschaden Sicherheit/geringe Nebenwirkungen (UAW) +++ > 90 Prozent > 90 Prozent wenig Selektion multiresistenter Erreger,

wenig Resistenzentwicklung gegenüber der eigenen Antibiotikaklasse

Hohe Sicherheit, geringe UAW

++ 80 bis 90 Prozent 80 bis 90 Prozent wenig Selektion multiresistenter Erreger, Resistenzentwicklung gegenüber der eigenen Antibiotikaklasse

Schwere UAW möglich

+ < 80 Prozent < 80 Prozent Selektion multiresistenter Erreger, Resistenzentwicklung gegenüber der eigenen Antibiotikaklasse

n. a.

(6)

antibiotische Behandlung angeboten werden. Bei der Entscheidung für eine Therapie sollten die Präferenzen der Patientinnen angemessen berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere für die primär nicht- antibiotische Behandlung, die mit der Inkaufnahme einer höheren Symptomlast einhergehen kann. Eine partizipative Entscheidungsfin- dung mit den Patientinnen ist notwendig.

Management der asymptomatischen Bakteriurie

Für die Therapie der asymptomatischen Bakteriurie ergeben sich fol- gende Aspekte: Bei Patienten, die sich einer erwartungsgemäß schleim- hauttraumatisierenden Intervention im Harntrakt unterziehen müssen, erhöhen asymptomatische Bakteriurien das Infektionsrisiko. Deshalb soll in diesen Fällen nach einer asymptomatischen Bakteriurie gesucht und diese gegebenenfalls behandelt werden [13]. Die Evidenz liegt vor allem für die transurethrale Prostataresektion vor. Bei Eingriffen mit niedrigem Risiko, wie zum Beispiel flexibler Urethrozystoskopie, gibt es keine derartige Evidenz.

Kazemier et al. zeigten, dass sich das Risiko für eine Harnwegsinfektion bei Schwangeren mit einer nicht oder mit Placebo behandelten asymp- tomatischen Bakteriurie von ca. 7,9 Prozent auf 20,2 Prozent erhöht (Pyelonephritis von 0,6 Prozent auf 2,4 Prozent) [14]. Bei den nicht the- rapierten Patientinnen wurde das Risiko für eine Frühgeburt durch eine asymptomatische Bakteriurie jedoch nicht erhöht [15].

Aspekte der Antibiotikatherapie

Bei der Auswahl eines Antibiotikums sind folgende Kriterien zu berück- sichtigen:

»

individuelles Risiko des Patienten,

»

Erregerspektrum und Antibiotikaempfindlichkeit,

»

Effektivität der antimikrobiellen Substanz,

»

unerwünschte Arzneimittelwirkungen,

»

Auswirkungen auf die individuelle Resistenzsituation beim Patien- ten (Kollateralschaden) und/oder die Allgemeinheit (epidemiologi- sche Auswirkungen),

»

Beachtung der Grundprinzipien eines rationalen Einsatzes von Anti- biotika (Antibiotic Stewardship – ABS). Hierunter werden Strategien bzw. Maßnahmen verstanden, die die Qualität der Antiinfektivabe- handlung bezüglich Auswahl, Dosierung, Applikation und Anwen- dungsdauer sichern, um das beste klinische Behandlungsergebnis unter Beachtung einer minimalen Toxizität für den Patienten zu erreichen.

Aus der Gruppe der für die Therapie der unkomplizierten Zystitis prin- zipiell geeigneten oralen Antibiotika bzw. Antibiotikaklassen – Amino- penicilline in Kombination mit einem Betalaktamase-Inhibitor, Cepha- losporine der Gruppe 2 und 3, Fluorchinolone, Fosfomycin-Trometa- mol, Nitrofurantoin, Nitroxolin, Pivmecillinam, Trimethoprim bzw. Co- trimoxazol – ist die Gefahr für mikrobiologische Kollateralschäden in Form von Selektion multiresistenter Erreger oder einem erhöhten Risi- ko für eine Clostridium-difficile-assoziierte Colitis bei Fluorchinolonen und Cephalosporinen am höchsten.

Die klinische Konsequenz einer vermehrten Resistenz gegenüber Flu- orchinolonen und/oder Cephalosporinen sollte im Hinblick auf die not- wendige Verwendung dieser Substanzen auch bei anderen Indikationen

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(7)

ckende Surveillance der Antibiotika-Resistenz etabliert, die sowohl die stationäre Kran- kenversorgung als auch den Sektor der am- bulanten Versorgung abdeckt. Damit sollen belastbare Daten zur Epidemiologie der Anti- biotika-Resistenz in Deutschland bereitgestellt sowie differenzielle Aussagen nach Struktur- merkmalen der Krankenversorgung und nach Regionen möglich werden.

Bei der Entscheidung über die differenzierte Auswahl eines Antibiotikums zur Therapie der chinolone und Cephalosporine sollen nicht als

Antibiotika der ersten Wahl bei der unkompli- zierten Zystitis eingesetzt werden (Tabelle 1).

Ärzte, die sich mit der Therapie von Harn- wegsinfektionen befassen, sollten sich über das Erregerspektrum und die Resistenzentwicklung in ihrer Region informieren. Quellen dafür sind nationale Studien, Auswertungen des betreu- enden Labors (hier ist der Selektionsbias zu beachten, der in der Regel zu einer Überschät- zung von Resistenzen führt), sowie eigene Aus- wertungen.

duktion sowie individuelle patientenbezogene Faktoren (zum Beispiel Schwere der Sympto- matik, Risiko von unerwünschten Arzneimittel- wirkungen (Tabelle 1), Rezidiven, aszendieren- den Infektionen) beachtet werden.

Behandlung der akuten unkomplizierten Pyelonephritis (Standardgruppe)

Es besteht Konsens, dass bei der akuten un- komplizierten Pyelonephritis in jedem Fall eine wirksame Antibiotikatherapie so früh wie mög- lich zum Einsatz kommen soll, denn mögliche,

Substanz Tagesdosierung Dauer Eradikationsrate bei sensiblen Erregern

Empfindlichkeit Kollateral- schäden

Sicherheit/

geringe Nebenwir- kungen (UAW) Orale Therapie bei leichten bis moderaten Verlaufsformen

Ciprofloxacin 1 500 bis 750 mg, 2 x tgl.

7 bis 10 Tage +++ ++ + ++

Levofloxacin 750 mg, 1 x tgl. 5 Tage +++ ++ + ++

Cefpodoxim-Proxetil 200 mg, 2 x tgl. 10 Tage +++ ++ + +++

Ceftibuten 7 400 mg, 1 x tgl. 10 Tage +++ ++ + +++

Initiale parenterale Therapie bei schweren Verlaufsformen

Nach Besserung kann bei Erregerempfindlichkeit eine orale Sequenztherapie mit einem der oben genannten oralen Therapieregime eingeleitet werden. Die Gesamttherapiedauer beträgt ein bis zwei Wochen, daher wird für die parenteralen Antibiotika keine Therapiedauer angegeben.

Mittel der ersten Wahl

Ciprofloxacin 400 mg, (2) bis 3 x tgl.

+++ ++ + ++

Levoploxacin 750 mg, 1 x tgl. +++ ++ + ++

Ceftriaxon 1, 4 (1) bis 2 g, 1 x tgl. +++ ++ + +++

Cefotaxim 2 2 g, 3 x tgl. +++ ++ + +++

Mittel der zweiten Wahl Amoxicillin/

Clavulansäure 2, 3

2,2 g, 3 x tgl. ++ + +++ +++

Amikacin 15 mg/kg, 1 x tgl. ++ ++ ++ + (+)

Gentamicin 5 mg/kg, 1 x tgl. ++ ++ ++ + (+)

Cefepim 1, 4 (1) bis 2 g, 2 x tgl. +++ ++ + +++

Ceftazidim 2 (1) bis 2 g, 3 x tgl. +++ ++ + +++

Ceftazidim/Avibactam 2,5 g, 3 x tgl. +++ +++ ++ +++

Ceftolozan/

Tazobactam

1,5 g, 3 x tgl. +++ +++ ++ +++

Piperacillin/

Tazobactam 1, 4

4,5 g, 3 x tgl. +++ +++ ++ +++

Ertapenem 4, 5 1 g, 1 x tgl. +++ +++ ++ +++

Imipenem/

Cilastatin 1, 4, 5

1 g/1 g, 3 x tgl. +++ +++ ++ +++

Meropenem 4, 5, 6 1 g, 3 x tgl. +++ +++ ++ +++

Tabelle 2: Empfohlene empirische Antibiotikatherapie der unkomplizierten Pyelonephritis bei Frauen in der Prämenopause (Standardgruppe).

1 Niedrige Dosierung untersucht, hohe Dosierung von Experten empfohlen. 2 Nicht bei akuter unkomplizierter Pyelonephritis als Monosubstanz untersucht.

3 Hauptsächlich für Gram-positive Erreger. 4 Gleiches Protokoll für akute unkomplizierte Pyelonephritis und komplizierter Harnwegsinfektion (Stratifikation nicht immer möglich).5 Nur bei ESBL-Resistenzen > zehn Prozent. 6 Nur hohe Dosierung untersucht. 7 In Deutschland nicht mehr im Handel.

(8)

Das Wichtigste in Kürze

Unkomplizierte, bakterielle, ambulant erworbene Harnwegsinfektionen bei Erwachsenen und ihre antibiotische Therapie üben aufgrund ihrer Häufigkeit einen enormen Antibiotikaselektionsdruck auf die beteiligten Bakterien aber auch auf die kollaterale Flora aus, woraus ein signifikanter Einfluss auf die Selektion antibiotikaresistenter Bakterien resultiert.

Ein umsichtiger Umgang mit Antibiotika in diesem Bereich ist deswegen von außerordentlichem Interesse, um auf lange Sicht die Nachhaltigkeit der antibiotischen Therapie zu sichern.

„Antibiotic-Stewardship-Aspekte“ haben wesentlich die therapeutischen Empfehlungen dieser Leitlinie geprägt. Die evidenz- und konsensbasierten Empfehlungen der aktualisierten S3-Leitli- nie bedürfen deswegen einer breiten Implementierung in alle mit Harnwegsinfektionen betrau- ten Fachgruppen, um eine Versorgungsverbesserung zu erreichen und damit eine vorausschau- ende Antibiotikapolitik gewährleisten zu können. Dies ist auch im Sinne der globalen Strategie der Antibiotic-Stewardship-Empfehlungen.

Autoren

Dr. Jennifer Kranz 1, 2, Dr. Stefanie Schmidt 2,

Apl. Professor Dr. Dr. h. c. Kurt Naber 3,

1 Klinik für Urologie und Kinderurologie, St. Antonius-Hospital, Akademisches Lehrkrankenhaus der RWTH Aachen, Eschweiler

2 UroEvidence@Deutsche Gesellschaft für Urologie, Berlin

3 Ehem. Chefarzt Urologische Klinik St. Elisabeth, Straubing (Urologische Klinik, Technische Universität München)

Korrespondenzadresse:

Dr. Jennifer Kranz, FEBU, Klinik für Urologie und Kinderurologie, St. Antonius-Hospital, Akademisches Lehrkrankenhaus der RWTH Aachen, Dechant-Deckers-Str. 8, 52249 Eschweiler, Tel. 02403 761261, E-Mail:

jennifer.kranz@sah-eschweiler.de wenn auch nicht häufige Nierenschädigungen,

können durch die Zeitdauer, die Schwere und die Häufigkeit solcher Infektionen begünstigt werden. Bei der Entscheidung über die dif- ferenzierte Auswahl eines Antibiotikums zur Therapie der akuten unkomplizierten Pyelo- nephritis sollen Eradikationsraten, Empfind- lichkeit, und Besonderheiten im Hinblick auf unerwünschte Arzneimittelwirkungen berück- sichtigt werden (Tabelle 2). Aufgrund der im Vergleich zur akuten unkomplizierten Zystitis deutlich niedrigeren Prävalenz der akuten un- komplizierten Pyelonephritis stellt der Faktor Resistenzinduktion bei der Empfehlung der Antibiotikatherapie einen weniger wichtigen Faktor dar.

Welche präventiven Maßnahmen kann ich bei rezidivierenden Harnwegsinfektionen ergreifen?

Bei rezidivierender Zystitis der Frau soll vor jeder medikamentösen Langzeitpräventi- on eine ausführliche Beratung der Patientin zur Vermeidung von Risikoverhalten erfolgen (EG Ib-A): Unterkühlung; ausgewogenes Trink-

verhalten mit dem Ziel einer Urinmenge von ca.

1,5 l/Tag; übertriebene Intimhygiene; Gebrauch von Spermiziden; Rate von Harnwegsinfekti- onen korreliert mit Genitalkontakten; BMI >

30 erhöht das Risiko für Harnwegsinfektionen.

Wurden diese Präventionsmaßnahmen adäquat umgesetzt und bestehen weiterhin rezidivie- rende Harnwegsinfektionen, sollte vor Beginn einer antibiotischen Langzeitprävention das Immunprophylaktikum UroVaxom® (OM-89) oral über drei Monate eingesetzt werden (EG Ia-B), ebenfalls kann das Immunprophylakti- kum StroVac® (vormals Solco-Urovac®) pa- renteral mit drei Injektionen in wöchentlichen Abständen verwendet werden (EG Ib-C). Bei häufig rezidivierender Zystitis der Frau kann darüber hinaus Mannose empfohlen werden (EG Ib-C). Alternativ können verschiedene Phytotherapeutika (zum Beispiel Präparate aus Bärentraubenblättern – maximal einen Monat, Kapuzinerkressekraut/Meerrettichwurzel), er- wogen werden (EG Ib-C).

Bei hohem Leidensdruck der Patientin sollte nach Versagen von Verhaltensänderungen und nicht-antibiotischen Präventionsmaßnahmen eine kontinuierliche antibiotische Langzeitprä-

vention über drei bis sechs Monate eingesetzt werden (EG IV-B). Die empfohlenen Wirkstof- fe sowie die Einschränkungen und Vorsichts- maßnahmen bei einem Langzeitgebrauch sind der Langfassung zu entnehmen. Besteht ein Zusammenhang mit dem Geschlechtsverkehr, sollte als Alternative zur antibiotischen Lang- zeitprävention eine postkoitale Einmalpräven- tion erfolgen.

Die Zusammensetzung der Leitliniengrup- pe sowie die Interessenskonflikte aller Autoren finden Sie unter www.awmf.org/

uploads/tx_szleitlinien/043- 044l_S3_

Harnwegsinfektionen_2017-05.pdf

Das Literaturverzeichnis kann im Internet unter www.bayerisches-ärzteblatt.de (Aktuelles Heft) abgerufen werden.

brot-fuer-die-welt.de/selbsthilfe IBAN: DE10100610060500500500

Erste Hilfe. Selbsthilfe.

Referenzen

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