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EHEC und die Folgen

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Academic year: 2022

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ie EHEC-Epidemie er- reichte am 23. Mai mit 157 Neuerkrankungen an einem Tag ihren Höhepunkt. Die Herkunft der „En- terohämorrhagische E. coli-Bakte- rien“ war lange Zeit ungewiss. Zu- nächst standen Tomaten, Salat und Gurken aus Spanien ganz oben auf der Verdachtsliste, doch nun scheint klar: Sprossen aus einem norddeut-

schen Betrieb sind schuld. Mittler- weile ist die Zahl der Neuerkrankun- gen wieder deutlich gesunken, viel- leicht weil die Infektionsquelle ver- siegt ist oder sich Essgewohnheiten verändert haben. Laut Robert Koch- Institut wurden in Deutschland über 3400 Infektionen und fast 40 Todes- fälle verzeichnet, davon ein Großteil durch das von diesen speziellen Mi- kroorganismen verursachte hämoly-

tisch-urämische Syndrom (HUS).

Zwar gab es EHEC-Ausbrüche seit der Entdeckung des Bakterien- stamms 1977 schon häufiger, doch waren bisher meist Kinder betroffen.

Diesmal erkrankten hauptsächlich Erwachsene, Frauen dabei deutlich häufiger als Männer.

Lebensnotwendige und lebens- gefährliche Bakterien Jeder Mensch hat Millionen von E. coli-Bakterien im Darm, denn sie sind für uns le- bensnotwendig. So regen sie etwa die Bildung von Immunglobulin A an, einem Antikörper, der für die Ab- wehr von Krankheitserregern unver- zichtbar ist. Zudem produzieren sie Vitamin K, das für die Blutgerin- nung, das Zellwachstum und die Knochengesundheit wichtig ist. Der als probiotisches Arzneimittel ein- gesetzte Nisslestamm von E. coli lin- dert sogar nachweislich die Symp- tome chronischer Darmerkrankun- gen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa. Doch neben den lebensnot- wendigen E. coli-Stämmen gibt es auch krankheitserregende wie EHEC, deren Stamm O104:H4 als Auslöser für die lebensgefährliche Krankheit HUS gilt. O104:H4 ist eine Misch- form aus mehreren pathogenen E.

coli-Stämmen und hat bisher noch keinen eigenen Namen, Experten nennen ihn „HUS-assoziierte E.coli“

oder „STEC“, Shigatoxin produzie- rende E.coli.

64 DIE PTA IN DER APOTHEKE | Juli 2011 | www.pta-aktuell.de

PRAXIS EHEC UND DIE FOLGEN

Bisher hatten Vegetarier und Veganer gut lachen, denn

Lebensmittelskandale gab es meist nur bei tierischen Produkten.

Doch seit EHEC müssen sich auch die Gemüseesser vorsehen.

Der Feind

in meinem Darm

© Wittelsbach bernd / www.iStockphoto.com

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Warum ist der neue EHEC- Stamm so gefährlich? Er verur- sacht ein besonders stark ausge- prägtes HUS, das in dieser Form noch nicht aufgetreten war, sodass kaum Erfahrungen mit der Behand- lung bestehen. Für eine EHEC-Infek- tion reichen bereits zehn Bakterien aus, die über den Mund aufgenom- men werden und sich in der Darm- wand festsetzen. Dort scheiden sie ein giftig wirkendes Protein, das Shi- gatoxin aus, das die Zellen der Darm- schleimhaut schädigt und die Wände der darin befindlichen Blutgefäße zerstört. Hierdurch sammelt sich mit Blut durchsetzte Flüssigkeit im Darm- lumen an und es kommt zu blutigen Durchfällen. Das Shigatoxin kann aber auch vom Darm in die Blutbahn übergehen und weitere Zellen im ganzen Körper angreifen. Hiervon sind vor allem die Nierenkörperchen betroffen, deren Aufgabe es ist, Gift- stoffe aus dem Blut filtern. Werden sie geschädigt, verschlechtert sich die Nierenfunktion bis hin zum Nieren- versagen, sodass der Körper mit Gift- stoffen überschwemmt wird (Urä- mie). Das Shigatoxin zerstört zudem die roten Blutkörperchen (Hämo- lyse), indem es vermutlich das Kom- plementsystem der körpereigenen Abwehr dazu anregt, diese anzugrei- fen. Da das Toxin auch die Wände kleiner Blutgefäße zerstört, kommt es im Körper vielfach zu Blutungen. Um diese Lecks zu schließen, produziert der Körper sehr große Mengen an Blutplättchen, wodurch jedoch das Risiko für Blutverklumpungen wächst, die zur Thrombose führen können.

Darüber hinaus können sowohl das Toxin selbst als auch die durch den Ausfall der Nieren im Blut vorhande-

nen Giftstoffe das zentrale Nerven- system angreifen, wodurch neurolo- gische Störungen wie etwa epilepti- sche Anfälle ausgelöst werden. To- desursache bei HUS sind somit in der Regel Nieren- oder Multiorganver- sagen, innere Blutungen, Thrombo- sen oder einer Kombination dieser Symptome.

Begrenzte Therapiemöglichkei- ten Der Einsatz von Antibiotika wird bei dieser EHEC-Infektion nicht empfohlen, da der Körper dann mit den Giften der zerstörten Bakterien regelrecht überschwemmt würde. Ei- nigen Patienten half eine Behandlung mit dem Antikörper Eculizumab, der das Komplementsystem blockiert und so eine Zerstörung der roten Blutkörperchen verhindert. Neben Infusionen zum Ersatz der verlore- nen Flüssigkeit und der Mineralien besteht die Behandlung in erster Linie aus dem Austausch des Blut- plasmas mittels Plasmapherese um das Shigatoxin und die durch den Verlust der Nierenfunktion vorhan- denen Giftstoffe aus dem Körper zu entfernen. Gegen die erhöhe Throm- boseneigung setzt man Heparin ein.

Woran erkennt man eine EHEC- Infektion? Typisch sind wässrige, blutige Durchfälle, begleitet von Bauchschmerzen, Übelkeit und Fie- ber. Die Diagnose kann durch Ab- strich oder immunologische Tests (z. B. ELISA) gestellt werden. EHEC- Infektionen sind seit 1998 melde- pflichtig. Infektionsquellen sind kon- taminierte Lebensmittel (Gemüse und Fleisch) oder auch verunreinig- tes Wasser. Auch Schmierinfektionen von Mensch zu Mensch sind mög-

lich, sodass Handhygiene oberstes Gebot ist. Ebenfalls wichtig: Bei län- ger anhaltendem, stärkerem Durch- fall sollten keine durchfallhemmen- den Medikamente wie Loperamid ge- nommen werden, da sie bei einer EHEC-Infektion kontraproduktiv sein können. Lieber direkt zum Arzt gehen und die Durchfallursache ab- klären lassen!

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Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

DIE PTA IN DER APOTHEKE | Juli 2011 | www.pta-aktuell.de 65 WAS SCHÜTZT

VOR EINER INFEKTION?

Das Bakterium kann durch Hitze abgetötet werden. Fleisch sollte daher immer gut durch- gebraten oder gekocht werden.

Bei Gemüse kann Waschen oder Schälen nicht hundertprozentig vor dem Erreger schützen, so- dass auch hier nur das Erhitzen Sicherheit gibt. Durch Kochen, Grillen oder Dünsten bei min- destens 70 °C über mehrere Minuten wird das Bakterium zuverlässig abgetötet. Pasteuri- sierte Lebensmittel sind unge- fährlich, da sie bereits erhitzt wurden. Rohmilchprodukte sollte man hingegen meiden. Das Ro- bert Koch-Institut warnt weiter- hin vor dem Verzehr von Spros- sen. Dies gilt auch für selbst gezüchtete, da bereits das Saat- gut verunreinigt sein könnte.

Küchenhygiene ist wichtig: Rohes Fleisch getrennt von anderen Le- bensmitteln aufbewahren. Eben- falls sollten niemals dieselben Küchenutensilien wie Brettchen oder Messer für rohes Fleisch und Gemüse verwendet werden.

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