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Reformen! Aber nur mit uns!

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Bayerisches Ärzteblatt 3/2003 111

Leitartikel

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hat die Eckpunkte ihrer Strukturreform für das Gesundheitswesen vorgelegt und das große Gesundheitsreformpaket, das im Mai 2003 vorgestellt werden soll, als „großen Wurf“

angekündigt. Ob das System weiter das medi- zinisch Notwendige in guter Qualität sicher- stellt und gleichzeitig finanzierbar bleibt oder ob Schmidt eher von Qualität spricht und Einspareffekte meint?

Ehrlichkeit

Den politischen Zielen, die Ulla Schmidt in ihrem Eckpunktepapier aufzeigt, kann man grundsätzlich zustimmen. Auch Ärztinnen und Ärzte befürworten eine Verbesserung der Patientenversorgung, eine Stärkung der Pa- tientensouveränität und -rechte, eine Steige- rung der Transparenz, mehr Entscheidungs- freiheit für Versicherte, eine Modernisierung der Versorgung, eine Weiterentwicklung des ärztlichen Vergütungssystems, eine Verbesse- rung der Arzneimittelversorgung und Schaf- fung eines leistungsfähigen Managements.

Nur bezüglich der Umsetzung ist noch viel ärztliche Kompetenz einzubringen. Ich bin der Meinung, dass wir in der gesundheitspoli- tischen Diskussion mehr Ehrlichkeit brauchen.

Wir müssen klären, wie viel der Gesellschaft die Gesundheit wert ist. Allein aufgrund der demographischen Entwicklung müssen wir feststellen, dass der Generationenvertrag im Gesundheitswesen und damit die Generatio- nen-Gerechtigkeit wohl gescheitert sind.

Perspektiven

Welches sind nun die Perspektiven einer zu- kunftssicheren Patientenversorgung, wie wir sie am außerordentlichen Deutschen Ärztetag in Berlin am 18. Februar 2003 konsentieren konnten? Klar ist, dass eine humane medizi- nische Patientenversorgung eine Anpassung der Finanzierungs- und Versorgungsstruktu- ren an die veränderten gesellschaftlichen Ver- hältnisse, die Fortschritte der Medizin und die Bedürfnisse der Patienten erfordert.

1. In der ambulanten Versorgung kommt bei einem hochspezialisierten medizinischen Spek- trum und angesichts der demographischen Entwicklung der wohnortnahen hausärzt- lichen Versorgung eine besondere Bedeutung zu. Überlegungen zum Aufbau eines „nursing- systems“ führen aufgrund mangelnder medizi- nischer Aus-, Weiter- und Fortbildung gerade auch in der hausärztlichen Versorgung in die Irre. Für die fachärztliche Versorgung ist eine starke Kooperation sowohl mit den Hausärz- ten als auch mit dem Krankenhaus von beson- derer Bedeutung.

2. Eine integrierte medizinische Versorgung ist bei ganz bestimmten Krankheitsbildern und im Rahmen eines Belegarztsystems nach Auf- hebung der sektoralen Budgets vorstellbar.

Hier ist auf eine vernünftige Arbeitsteilung zwischen ambulanter haus- und fachärztlicher Versorgung einerseits und der Behandlung im Krankenhaus andererseits zu achten. Eine In- tegration zwischen ambulantem und stationä- rem Versorgungsbereich ist vorstellbar, zum Beispiel bei Bereitschaftspraxen am Kranken- haus, bei der Nachsorge von Transplantations- und Tumorpatienten und bei der Behandlung von Patienten mit komplexen Verletzungen.

Dazu muss durch ein einheitliches Vergü- tungssystem den Fachärzten, auch soweit sie nicht mit Krankenhäusern kooperieren, Wett- bewerbsgleichheit in der vertragsärztlichen Versorgung garantiert werden. Eine institu- tionelle Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung lehne ich ab.

3. Aus-, Weiter- und Fortbildung müssen den Veränderungen des Versorgungsbedarfs wie auch den rasant wachsenden Möglichkeiten des medizinischen Fortschritts schnell und flexibel angepasst werden. Ärztliche Aus- und Weiter- bildung darf nicht weiter als Billiglohnver- hältnis missbraucht werden, der AiP ist nach Novellierung der Approbationsordnung hin- fällig geworden. Die staatliche Reglementie- rung kann der schnellen medizinischen Ent- wicklung in keiner Weise gerecht werden, weder in der Weiter-, noch in der Fortbildung.

Ein „Ärzte-TÜV“ würde nur die Standardi- sierung und Schematisierung in einer Listen- medizin festschreiben und mit totaler Überbü- rokratisierung in die absolute Erstarrung des medizinischen Fortschritts führen. Sinnvoll ist stattdessen, die Weiterentwicklung des von der Bayerischen Landesärztekammer geschaffenen praxisbezogenen Fortbildungszertifikats.

4. Sicherung und Weiterentwicklung der Qua- lität ärztlicher Arbeit sind seit jeher Grund- anliegen von Ärztinnen und Ärzten sowie der

ärztlichen Selbstverwaltung. Freiwilligkeit und Motivation sichern eine kontinuierliche Versorgung der Patienten. Formalistische Qualitätssicherungsmaßnahmen führen nur zu einer Überbürokratisierung und sinnlosen Datenfriedhöfen. Die an den Risiko-Struk- turausgleich gekoppelten DMP laufen Gefahr, dass aus Mindeststandards nur noch Min- derstandards werden. Ich kann DMP deshalb nur unterstützen, wenn sichergestellt ist, dass die Krankenkassen nicht in die Vetrauensbe- ziehung zwischen Patient und Arzt eingreifen und ein hoher Qualitätsstandard erhalten bleibt.

5. Die Förderung der Mitarbeit und Eigen- verantwortung des Patienten muss zu unseren vordringlichen Zielen der Gesundheitspolitik gehören. Gesundheitsbewusstes Verhalten muss deshalb durch altersgerechte Gesundheitserzie- hung schon in Kindergärten und Schulen ge- stärkt werden. Die Prävention muss einen neuen Stellenwert bekommen.

Prüfstand

Wollen wir die Leistungsfähigkeit und Finan- zierbarkeit des Gesundheitswesens wiederher- stellen und nachhaltig sichern, müssen eine Vielzahl von Punkten auf den Prüfstand: So- lidarität nach der tatsächlichen Leistungsfä- higkeit, Stärkung der Eigenvorsorge und der Eigenverantwortung, Herausnahme der ver- sicherungsfremden Leistungen aus der GKV, Beendigung der Quersubventionen anderer Sozialversicherungszweige mit Krankenkas- senbeiträgen, Erhaltung der ärztlichen Selbst- verwaltung zur Sicherung von Qualität und medizinischem Fortschritt, Erhalt der ärzt- lichen Kompetenz und der Therapiefreiheit.

Für eine Gesundheitsreform gibt es zwei grundsätzliche Optionen: Die Weiterentwick- lung des bisherigen Systems oder einen radika- len Systemwandel (siehe auch Bericht Seite 120 f.). Fest steht, dass wir in der Diskussion über die Gesundheitsreform aufzeigen müssen, dass die Selbstverwaltung ihre originären Aufgaben schultert. Wir müssen klar machen, dass die Ärztinnen und Ärzte Qualitätsma- nagement und -sicherung tagtäglich in Praxis und Klinik durchführen und weiterentwi- ckeln, dass die Landesärztekammern die Fort- bildung auf qualitativ hohem Niveau organi- sieren und dass die Selbstverwaltung sehr wohl in der Lage ist, eine am Versorgungsbe- darf orientierte, möglichst flexible Weiterbil- dungsordnung zu schaffen.

Reformen! Aber nur mit uns!

Dr. Max Kaplan, Vizepräsident der BLÄK

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