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Aufklärung - Versprechen für Glück und Freiheit des Individuums. Eine Einführung in die Epoche

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Academic year: 2022

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Aufklärung

Drama – Mittelalter bis Romantik • Beitrag 6 1von 36

III/A

Aufklärung – Versprechen für Glück und Freiheit des Individuums

Eine Einführung in die Epoche

Wilhelm Borcherding, Spenge/Bielefeld

D

ie Aufklärer des 18. Jahrhunderts hat- ten große Ziele: Sie wollten alle Men- schen zur Mündigkeit erziehen, Freiheit, Gleichheit und Toleranz schaffen. Ist ihnen das gelungen? Wo sind die Grenzen der Aufklärung? Und wie gehen wir heute mit den damals gewonnenen Fortschritten um?

Mit diesen und ähnlichen Fragen beschäf- tigen sich Ihre Schüler in dieser Einheit.

Im Rahmen einer Lerntheke untersuchen die Lernenden die Grundlagen und Ideen der Epoche. Sie setzen sich mit den aufkläreri- schen Schriften Lessings und Kants ausei - nander. Sie analysieren eine Fabel, Dra-

Das Wichtigste auf einen Blick Dauer: 6–8 Stunden + LEK

Kompetenzen:

– sich durch Texte und Bilder einen Zugang zu einer Epoche verschaffen – Texten Informationen entnehmen,

vergleichen und prüfen

– Fabeln und Dramenauszüge analysie- ren

– sich mit den Idealen der Aufklärung

„Erhellendes Wissen“: Erleuchtung und Bildung spielten in der Aufklärung eine zentrale Rolle. Dieses Gemälde verschafft Ihren Schülern einen ersten Einblick

in die Epoche.

Joseph Wright of Derby: A Philosopher Giving a Lecture on the Orrery, 1766. akg-images / Erich Lessing

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Die Wahl des Themas

Die Aufklärung ist eine sehr bedeutende Epoche, denn sie markiert den Beginn der moder- nen Zeit. Die großen Aufklärer wie Kant oder Lessing leiteten im 18. Jahrhundert das Bür- gertum dazu an, sich ihres Verstandes zu bedienen und ihre Vernunft zu nutzen. Dadurch gelang es den Menschen, mittelalterliche Denk- und Lebensformen zu überwinden. Ein Anliegen der Aufklärer war es, Vorurteile abzubauen, Gleichheit, Humanität und Toleranz zu fördern. Diese Ideale sind angesichts der derzeitigen weltpolitischen Lage und sozialen Entwicklungen brisanter denn je.

Die Bundesrepublik Deutschland erlebt gegenwärtig durch den Zuzug vieler Menschen einen gesellschaftlichen Wandel, auf den die Bevölkerung unterschiedlich reagiert. Die Prinzipien der Aufklärung – Gleichheit aller Menschen und religiöse Toleranz – können und müssen zu Leitgedanken des Zusammenlebens werden. Hierbei kann die Behandlung der Aufklärung im Deutschunterricht helfen: Zum Beispiel zeigt das von Gotthold Ephraim Les- sing 1778/1779 verfasste Drama „Nathan der Weise“ Wege auf, wie verschiedene Reli- gionen friedlich miteinander leben können. Die Behandlung dieses Dramas sowie die Aus- einandersetzung mit den Errungenschaften und auch Grenzen der Aufklärung kann den Schülerinnen und Schülern* verdeutlichen, wie wichtig es ist, dass auch wir in einem Zeital- ter der Vernunft leben.

* Im weiteren Verlauf wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit nur „Schüler“ verwendet.

Fachwissenschaftliche Orientierung

Die Epoche der Aufklärung

Das Zeitalter der Aufklärung begann in Deutschland um 1720 und dauert nach Ansicht vie- ler Wissenschaftler bis heute an. In der vorliegenden Einheit wird der Zeitraum von 1720 bis 1785 behandelt. Zentrale Maximen der führenden Vertreter der Aufklärung waren die Eigenverantwortlichkeit und die Mündigkeit der Bürger. Sie sollten durch Erziehung und Bil- dung dazu angeleitet werden, ihre Vernunft und ihren Verstand zu gebrauchen. Das sollte ihnen helfen, Vorurteile abzubauen und sich von der Fremdbestimmung zu befreien.

Die Aufklärer verbreiteten ihre Gedanken durch Literatur und Theater. Das ging rasch, denn der Buchmarkt erlebte ab den 1760ern einen Aufschwung durch Massenproduktion und -verkauf. Darüber hinaus entstanden Bibliotheken und Lesegesellschaften. Sie verfügten über genügend finanzielle Mittel, um Wochenzeitungen zu abonnieren und teure Enzyklo- pädien zu erwerben. So wurde das Gedankengut der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Begünstigt wurde das Umdenken der Bürger durch wissenschaftliche Fortschritte, die dafür sorgten, dass der Aberglaube und die Autorität der Kirche zurückgedrängt wurden. Zum Beispiel hatte sich Isaac Newton bereits seit Ende des 16. Jahrhunderts um theologiefreie Erkenntnisse bemüht und das Gravitationsgesetz entwickelt. Im Bereich der Philosophie wurde die Aufklärung von zwei Strömungen geprägt: René Descartes’ Empirismus und John Lockes Rationalismus. Darüber hinaus wurden die Bürger in ihrem Denken von den Staats- lehren Montesquieus und Hobbes’ beeinflusst. Sie halfen ihnen, sich von den Vorstellungen des Adels zu emanzipieren und nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zu streben.

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Gesellschaftliche und historische Hintergründe

Im 17. und 18. Jahrhundert dominierte als Familienform das „ganze Haus“. Das bedeutet, dass mehrere Generationen gemeinsam mit ihren Angestellten unter einem Dach lebten.

Der „Hausvater“ war zugleich Patriarch und Haushaltsvorstand dieses Interessenverban- des. Er gewährleistete die materielle Sicherheit und bestimmte die soziale Stellung. Die

„Hausmutter“ war für die Führung des Haushaltes verantwortlich. Sie sorgte für die Nah- rungszubereitung der im Haus wohnenden Personen, die Erziehung der Kinder und die Auf- sicht über das Gesinde. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts kam es zu einem Auflösungspro- zess des „ganzen Hauses“. Die ökonomischen Entwicklungen beschleunigten diesen Prozess durch die Trennung des privaten und des beruflichen Bereiches. Das patriarchali- sche Gefüge wurde zusehends durch die bürgerliche Kleinfamilie ersetzt.

Vor der Französischen Revolution 1789 herrschte in Deutschland in politischer Hinsicht absolute Ruhe. Dazu trug das System des aufgeklärten Absolutismus bei. Der Herrscher eines in der Regel kleinen Landes war der erste Diener des Staates, das heißt, er war Vor- bild und zugleich Anwalt der Interessen seiner Untertanen. Die Wirklichkeit war jedoch geprägt durch die Willkürherrschaft des Adels. Aus diesem Widerspruch entstanden Forde- rungen des aufstrebenden Bürgertums nach politischem Mitspracherecht und freier wirt- schaftlicher Betätigung.

Didaktisch-methodische Überlegungen

Voraussetzungen in der Lerngruppe

Die Schüler sollten Erfahrung mit selbstständigem und selbstorganisiertem Arbeiten haben.

Das trifft insbesondere für die Stunden 3–6 zu, in denen an einer Lerntheke gearbeitet wird.

Als Alternative zur Lerntheke ist auch arbeitsteilige Gruppenarbeit möglich, die zu einem gleichwertigen Lernzuwachs führt.

Aufbau der Unterrichtseinheit und methodische Schwerpunkte

Die Unterrichtseinheit umfasst 6–8 Stunden plus Lernerfolgskontrolle. In den ersten beiden Stunden verschaffen sich die Schüler durch Bilder und Zitate einen ersten Eindruck von der Aufklärung. Darüber hinaus bereitet die Lehrkraft sie auf die Arbeit an der Lerntheke vor. Sie erklärt den Schülern die Vorgehensweise für die nächsten Stunden und beantwortet mögli- che Fragen. Außerdem stellt sie den Schülern die zu bearbeitenden Materialien und den Zeitplan vor.

In den Stunden 3–6 bearbeiten die Lernenden in Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit die Materialpakete der Lerntheke. Hierbei handelt es sich um Arbeitsblätter zu den Grundlagen der Aufklärung, zur Epik und Dramatik der Epoche sowie zur Rezeption. Bei leistungs- schwachen oder langsam arbeitenden Lerngruppen kann für die Lerntheke eine weitere Stunde eingeplant werden.

In der 7. und 8. Stunde vergleichen die Schüler ihre Ergebnisse in Partner- und arbeitsteili- ger Gruppenarbeit. Sie präsentieren ihre Resultate dem Plenum; die Lehrkraft ergänzt und

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Schematische Verlaufsübersicht

Aufklärung – Versprechen für Glück und Freiheit des Individuums

Eine Einführung in die Epoche

Stunden 1/2

Denken, Fragen, Forschen – ein Blick auf die Epoche M 1–M 3

Stunden 3–6

Die Lerntheke – Erschließung der Epochenmerkmale M 4–M 13

Stunden 7/8

Was weiß ich über die Aufklärung? – Wiederholung des Gelernten M 14, M 15

Minimalplan

Bei Zeitmangel können die Materialien in den Stunden 3–6 in arbeitsteiliger Grup- penarbeit bearbeitet werden anstatt im Rahmen einer Lerntheke. Dann kann auf das Arbeitsblatt M 3, das zur Vorbereitung der Lerntheke dient, verzichtet werden.

Dadurch entfällt die zweite Unterrichtsstunde. Darüber hinaus kann in leistungsstar- ken Lerngruppen die Bearbeitung von M 15, die Wiederholung des Gelernten, ent- fallen. Dadurch reduziert sich die letzte Doppel- auf eine Einzelstunde.

Bei Durchführung des Minimalplans umfasst die Einheit insgesamt 6 Unterrichtsstun- den.

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M 2

Die Aufklärung – Wunschvorstellungen und Wirklichkeit

Hier finden Sie verschiedene Zitate und Bilder, die mit der Aufklärung in Verbindung gebracht werden können. Nutzen Sie sie, um sich ein eigenes Bild von der Epoche zu machen.

Immanuel Kant (1784): Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.

In: Beiträge aus der Berlinischen Monatsschrift. Hg. von Norbert Hinske. Darmstadt: WGB 1973. S. 452–455.

Georg C. Lichtenberg (ca. 1796):Man spricht viel von Aufklärung, und wünscht mehr Licht. Mein Gott, was hilft aber alles Licht, wenn die Leute entweder keine Augen haben, oder die, die sie haben, vorsätzlich verschließen?

Lichtenberg, Georg Christoph: Schriften und Briefe. Erster Band: Sudelbücher, Fragmente, Fabeln, Verse. Hg. von Franz H.

Mautner. Frankfurt/Main: Insel Verlag 1983. S. 500.

Daniel Chodowiecki (1791): Aufklärung Explosion einer Atombombe

Günter Grass (1984):Ist diese immerwache Vernunft nicht gleichfalls schrecklich und tagheller Ungeheuerlichkeiten fähig? Wird diese Vernunft, die aufklären, erhel- len, erleuchten soll, nicht letzten Endes – und schon tut sie es – uns alle durchleuchten, durchsichtig, gläsern, erfaßbar machen […]?

Aus: Grass, Günter: Werkausgabe in zehn Bänden. Band IX: Essays, Reden, Briefe, Kommentare. Hg. von Volker Neuhaus, Band IX hg. von Angelika Hille. Darmstadt: Luchterhand Verlag 1987. S. 886 f.

Aufgaben

1. Lesen Sie die Zitate von Kant und Lichtenberg und deuten Sie sie. Setzen Sie die Radierung von Daniel Chodowiecki und das Foto „Explosion einer Atombombe“ dazu in Beziehung.

2. Lesen Sie das Zitat von Günter Grass. Erörtern Sie, ob und inwieweit seine Fragen aus dem Jahre 1984 inzwischen zu Fakten geworden sind.

3. Fassen Sie Ihre Vorstellungen über die Aufklärung zusammen.

© akg-images © colourbox

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M 3

Vor dem Start – Informationen zur Lerntheke

In den nächsten Unterrichtsstunden beschäftigen Sie sich selbstständig mit der Aufklärung.

Sie finden dafür an einer Lerntheke Materialpakete, mit deren Hilfe Sie sich über die Epo- che informieren können.

Hinweise zur Bearbeitung

An der Lerntheke liegen vier Materialpakete aus. Bearbeiten Sie zunächst das Materialpa-ket 1 in Einzelarbeit. Danach können Sie selbst entscheiden, mit welchem Materialpaket Sie Ihre Arbeit fortsetzen und in welcher Reihenfolge Sie die Texte der Pakete bearbeiten. Wichtig

ist, dass Sie die in der Tabelle vorgegebenen Sozialformen einhalten. = Einzelarbeit,

= Partnerarbeit, = Gruppenarbeit).

Lesen Sie zunächst die Texte und die Aufgaben sorgfältig durch und bearbeiten Sie sie anschließend. Halten Sie Ihre Ergebnisse und offenen Fragen schriftlich fest. Auf einigen Arbeitsblättern befinden sich sogenannte Zusatzaufgaben. Sie sind nicht verpflichtend, Sie dürfen sie freiwillig als Hausaufgabe bearbeiten. Für die Arbeit mit den Materialpake- ten stehen Ihnen insgesamt vier Unterrichtsstundenzur Verfügung.

Arbeitsblatt Sozialform Offene Fragen Materialpaket 1: Grundlagen

M 4: Was ist Aufklärung? – Zwei Erläuterungsversu- che

M 5: Wozu erziehen? – Die Ziele der Aufklärer M 6: Theater und Literatur – was sollen sie bewir- ken?

Materialpaket 2: Dramatik M 7: „Emilia Galotti“ – was soll der Zuschauer

lernen? +

M 8: „Nathan der Weise“ – ein Lehrstück + M 9: Die Macht der Gefühle – die Empfindungen

des Zuschauers

Materialpaket 3: Epik M 10: Fabeln – wirklich nur kleine Tiergeschichten?

M 11: Aphorismen – Mittel zur Verbreitung unbe- quemer Wahrheiten

Materialpaket 4: Rezeption M 12: Vernunft – wo bleibt das Herz?

M 13: Aufklärung – ein Erfolgsmodell?

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Wozu erziehen? – Die Ziele der Aufklärer

Gotthold Ephraim Lessing war der bekannteste Schriftsteller der Aufklärung. Er beschrieb in dem folgenden Text die Voraussetzungen für eine tolerante Gesellschaft.

Gotthold Ephraim Lessing (1777/1780): Die Erziehung des Menschengeschlechts

§ 1 Was die Erziehung bei dem einzeln Menschen ist, ist die Offenbarung bei dem ganzen Menschengeschlechte. […]

§ 4 Erziehung gibt dem Menschen nichts, was er nicht auch aus sich selbst haben könnte:

sie gibt ihm das, was er aus sich selber haben könnte, nur geschwinder und leichter. Also gibt auch die Offenbarung dem Menschengeschlechte nichts, worauf die menschliche Vernunft, sich selbst überlassen, nicht auch kommen würde: sondern sie gab und gibt ihm die wichtigsten dieser Dinge nur früher.

§ 55 Das ist: dieser Teil des Menschengeschlechts war in der Ausübung seiner Vernunft so weit gekommen, daß er zu seinen moralischen Handlungen edlere, würdigere Bewe- gungsgründe bedurfte und brauchen konnte, als zeitliche Belohnung und Strafen waren, die ihn bisher geleitet hatten. […]

§ 83 Die schmeichelnden Aussichten, die man dem Jünglinge eröffnet; die Ehre, der Wohlstand, die man ihm vorspiegelt: was sind sie mehr, als Mittel, ihn zum Manne zu erziehen, der auch dann, wenn diese Aussichten der Ehre und des Wohlstandes wegfallen, seine Pflicht zu tun vermögend sei.

§ 85 Nein; sie wird kommen, sie wird gewiß kommen, die Zeit der Vollendung, da der Mensch, je überzeugter sein Verstand einer immer bessern Zukunft sich fühlet, von dieser Zukunft gleichwohl Bewegungsgründe zu seinen Handlungen zu erborgen, nicht nötig haben wird; da er das Gute tun wird, weil es das Gute ist, nicht weil willkürliche Beloh- nungen darauf gesetzt sind, die seinen flatterhaften Blick ehedem bloß heften und stärken sollten, die innern bessern Belohnungen desselben zu erkennen.

In: Lessing, Gotthold Ephraim: Die Erziehung des Menschengeschlechts und andere Schriften. Stuttgart: Reclam Verlag 1965.

S. 7–28.

Aufgaben

1. Der Text ist über 200 Jahre alt. Fassen Sie zunächst die Ausführungen Lessings mit eige- nen Worten zusammen.

2. Stellen Sie Vermutungen an, weshalb Lessing die Erziehung des Menschen so wichtig ist.

Nennen Sie Beispiele, worauf er hoffen könnte.

3. Paul, Emre und Daria fassen Lessings Text in einem Satz zusammen. Begründen Sie, wel- che der drei Aussagen seine Ansicht am treffendsten wiedergibt.

ck/iStockphoto

5

10

15

20

Paul: Nur durch Strafen und Belohnun-

gen entschei-

Emre: Wenn der Mensch erzogen wird,

kann er die Not-

Daria: Erziehung hilft nicht dabei,

die Menschen

Materialpaket 1

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M 7

„Emilia Galotti“ – was soll der Zuschauer lernen?

1772 wurde Lessings Drama „Emilia Galotti“ zum ersten Mal aufgeführt. Es handelt von einer jungen bürgerlichen Frau, von Liebe, Moral und Willkür. Lessing wollte die Zuschauer dazu anregen, über gesellschaftliche Missstände nachzudenken. Worum genau es in dem Drama geht, das erfahren Sie hier!

Emilia Galotti – Inhalt des Dramas

„Emilia Galotti“ spielt in Italien. Der Prinz von Guastalla ist in das bürgerliche Mädchen Emilia verliebt und möchte sie für sich gewinnen. Deshalb bittet er seinen Kammerherrn Marinelli, die bevorstehende Hochzeit von Emilia mit dem Grafen Appiani zu verhin- dern. Marinelli sorgt dafür, dass am Tag der Hochzeit die Kutsche von Emilia und Appi- ani überfallen wird. Appiani wird erschossen und Emilia auf das Lustschloss des Prinzen gebracht. Sie befindet sich damit in seinem Machtbereich. Emilias Vater Odoardo macht sich auf die Suche nach ihr. Er findet schließlich seine verzweifelte Tochter, die ihn bittet, mit ihr zu fliehen. Es kommt zu folgendem Gespräch:

Emilia Galotti – ein Textauszug

ODOARDO. Fliehen? – Was hätt es dann für Not? – Du bist, du bleibst in den Händen deines Räubers.

EMILIA. Ich bleibe in seinen Händen?

ODOARDO. Und allein ohne deine Mutter ohne mich.

EMILIA. Ich allein in seinen Händen? – Nimmermehr, mein Vater. – Oder Sie sind nicht mein Vater. – Ich allein in seinen Händen? – Gut, lassen Sie mich nur;

lassen Sie mich nur. – Ich will doch sehn, wer mich hält, – wer mich zwingt, – wer der Mensch ist, der einen Menschen zwingen kann.

ODOARDO. Ich meine, du bist ruhig, mein Kind.

EMILIA. Das bin ich. Aber was nennen Sie ruhig sein? Die Hände in den Schoß legen? Leiden, was man nicht sollte? Dulden, was man nicht dürfte?

ODOARDO. Ha! wenn du so denkest! – Lass dich umarmen, meine Tochter! – Ich hab es immer gesagt: das Weib wollte die Natur zu ihrem Meisterstücke machen. Aber sie vergriff sich im Tone; sie nahm ihn zu fein. Sonst ist alles bes- ser an Euch, als an Uns. – Ha, wenn das deine Ruhe ist: so habe ich meine in ihr wiedergefunden! Lass dich umarmen, meine Tochter! – Denke nur: unter [einem] Vorwande […] reißt er dich aus unsern Armen […].

EMILIA. Reißt mich? […] Will mich reißen […] will! will! – Als ob wir, wir kei- nen Willen hätten, mein Vater!

In: Lessing, Gotthold Ephraim: Emilia Galotti. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen. Stuttgart: Reclam Verlag 2001. S. 84 f.

Erläuterungen: Sie, mein Vater (Z. 5) = früher war es üblich, Eltern mit „Sie“ anzusprechen; im Tone (Z. 14) = im Stoff

Aufgaben

1. Lesen Sie den Dialog. Achten Sie besonders auf die Antworten von Emilia. Beschreiben Sie, was sie über die junge Frau aussagen; welche Rückschlüsse auf ihren Charakter sie zulassen.

© thinkstock/Stockbyte

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Materialpaket 2

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Zu 1.:

Fabel Protagonisten

Aufbau und Form

bekannte Autoren

einfache Sprache

Moral, Ratschlag

personifizierte Tiere Pflanzen Lessing Luther Äsop

belebte Objekte Mischwesen nur eine Haupt-

handlung

Zeit und Ort

nicht benannt gegen Neid, Gier, Eitelkeit

dreiteilig: Situation,

Konflikt, Lösung kurzer Text menschliches Verhalten kritisieren Zu 3.: Lessings Fabel „Der Rabe und der Fuchs“ handelt von einem Fuchs, der sich von einem Raben hinterhältig ein Stück Fleisch erschleicht. Das Fleisch ist vergiftet und der Fuchs stirbt daran. Lessing kritisiert mit dieser Fabel alle Schmeichler, die sich durch ihr Verhalten Vorteile verschaffen wollen. Das formuliert er deutlich in einem Lehrsatz am Ende der Fabel.

Zu 4.: Die Aussage der Schülerin trifft auf „Der Rabe und der Fuchs“ größtenteils zu. Der Hand- lungsverlauf ist gut nachvollziehbar und anschaulich. Die Fabel unterweist den Leser und gibt ihm eine Lehre mit auf den Weg. Lessing verfasste die Fabel in einfacher Sprache. Die einzige Einschränkung ist, dass einige der benutzten Wörter heute nicht mehr gebraucht werden und deshalb nachgeschlagen werden müssen. Das macht die Lektüre für einen zeitgenössischen Leser etwas anspruchsvoller.

Zur Zusatzaufgabe: Die Lernenden können nach ihren Vorlieben einen Fabeldichter auswählen und sich über den Unterricht hinaus mit seinen Texten auseinandersetzen. Dadurch gelangen sie zu einer umfassenderen Einsicht in das Genre.

Erwartungshorizont (M 11)

Zu 1.: Sudeln bedeutet: „mit etwas Flüssigem so umgehen, dass Schmutz entsteht“; „nachlässig und unsauber schreiben“; „nachlässig arbeiten, pfuschen“. Man könnte also den Titel von Lich- tenbergs Büchern mit „Schmutz-“ oder „Pfuschbücher“ übersetzen. Möglicherweise wollte er damit aussagen, dass seine Bücher „Staub aufwirbeln“ und für „Schmutz sorgen“. Alternativ könnte der Titel andeuten, dass die Bücher keine perfekt ausgearbeiteten Texte enthalten, son- dern spontane Gedanken und Einfälle, die Lichtenberg schnell und vielleicht unsauber notiert hat. In jedem Fall deutet der Titel auf ironischen Inhalt hin.

Zu 2.: Zu Lichtenbergs Schlüsselwörtern gehören: „Freiheit“, „Licht und Wärme“, „Glück“, und

„(Un)gleichheit“. Er umschreibt mit diesen Begriffen in seinen Aphorismen die Ziele der Aufklä- rer. Er fordert, dass alle Menschen frei und gleich sind. Er warnt jedoch, dass die Freiheit nicht missbraucht werden darf, sondern dass die Menschen vernünftig mit ihr umgehen müssen und ihren Verstand einsetzen. Außerdem regt Lichtenberg dazu an, dass sich jeder um sein und auch um das Glück der anderen bemühen soll, ohne Vorurteile oder Intoleranz.

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M 15

Merkmale der Aufklärung – wie gut kenne ich mich aus?

Nun können Sie noch mal prüfen, wie gut Sie sich mit der Aufklärung auskennen. Sollten Sie bei einer Aufgabe nicht weiterwissen, können Sie in Ihren Aufschrieben zur Lerntheke nachschauen.

Aufgaben

1. Sie finden unten stehend eine Vorlage für eine Concept Map. Mit einer Concept Map ver- anschaulicht man Ursachen („x ergibt sich aus ...“) und Wirkungen („y führt zu ...“).

Außerdem finden Sie in den Kästchen die fehlenden Begriffe. Machen Sie sich Gedanken, an welcher Stelle der Concept Map sie stehen könnten, und tragen Sie sie in die leeren Fel- der ein.

A Die Ideen der Aufklärung wirken bis heute nach. ❏

B Das Theater wurde zum Ort der Erziehung des Bürgertums. ❏ C Sturm und Drang sowie Klassik kamen ohne die Ideen der Aufklärung aus. ❏ D Die Vertreter der Aufklärung kämpften gegen die Autorität der Kirche. ❏ E Die Philosophie hatte wesentlichen Einfluss auf die Epoche der Aufklärung. ❏ 2. Prüfen Sie die folgenden Aussagen zur Aufklärung und kreuzen Sie die richtigen an:

Erziehung Vernunft

Freiheit AUFKLÄRUNG

Theater Individualität Glück Selbstbestimmung besseren Menschen Literatur

führt zu

führt zu

durch durch

führt zu führt zu führt zu

und

und

führt zu und

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