Schweizerische Ärztezeitung
Bollettino dei medici svizzeri Bulletin des médecins suisses
Editorial 1719
Überfällige Aufwertung des Praxislabors erfolgt zaghaft und auf nicht haltbaren Grundlagen
FMH 1721
Jahresbericht über die Aktivitäten der FMH im Bereich MPA
Tribüne 1745
Nutzung medizinischer Schreibservices – eine datenschutzrechtliche Sicht
Horizonte 1749
Unsinkbare Gummienten
«Zu guter Letzt» von Christina Aus der Au 1750
Selbstbestimmung! Selbstbestimmung?
46
12.11. 2014I N H A LT
FMH
Editorial
1719 Überfällige Aufwertung erfolgt zaghaft und auf nicht haltbaren Grundlagen Ernst Gähler
Medizinische Praxisassistentinnen 1721 Jahresbericht über die Aktivitäten
der FMH im Bereich MPA Adrian Sury
Lesen Sie hier, wie sich die FMH für eine qualitativ hoch- wertige Berufsbildung der MPA engagiert.
1724 Allgemeine Rahmenbedingungen und Erläuterungen zum Arbeitsvertrag
Weitere Organisationen und Institutionen oncosuisse
1726 Swiss Medical Board – cui bono?
Thomas Cerny, Jakob Passweg, Giorgio Noseda
Nach Meinung von oncosuisse und Krebsliga Schweiz hat das Swiss Medical Board im Februar einen einseitigen Bericht zum Mammographie-Screening vorgelegt: Posi- tive Auswirkungen würden unterschätzt, negative Fol- gen überschätzt. Expertenmeinungen blieben unberück- sichtigt und die Kosten-Nutzen-Analyse sei nicht nach- vollziehbar.
Swiss Medical Board
1729 Replik zum vorangegangenen Beitrag
«Swiss Medical Board – cui bono?»
Peter Jüni, Tobias Erlanger, Marcel Zwahlen
Spezialisten des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin ISPM der Universität Bern nehmen aus ihrer Perspektive Stellung zur Kritik am Bericht des Swiss Medical Board über das systematische Mammographie-Screening. Dabei kommen sie zu etwas anderen Ergebnissen.
Mitteilungen
1732 Facharztprüfungen / Mitteilungen
FMH Services
1733 Krankenkassen-Rahmenverträge für Ärzte 1734 Zahlungseingang pünktlich
1735 Stellen und Praxen
Tribüne
Qualitätssicherung
1745 Nutzung medizinischer Schreibservices – eine datenschutzrechtliche Sicht
Ursula Uttinger, Michael Liebrenz
Medizinische Schreibservices transkribieren ärztliche Diktate wie etwa Krankenkassenberichte oder Gutach-
ten. Werden allgemeine Datenschutzgrundsätze be - rücksichtigt, ist laut Daten- schutzgesetz die Daten- bearbeitung durch Dritte zulässig. Aber verletzen medizinische Schreibser- vices nicht die ärztliche Schweigepflicht?
Standpunkt
1747 Patientennutzen und -wünsche verstehen Carolin Dengler-Voss, Rödiger Voss
Was wünschen sich Patienten von ihrem Hausarzt?
Neben Fachwissen, Kommunikationskompetenz und Freundlichkeit ist vor allem der Aufbau einer vertrauens- vollen Beziehung wichtig, wie eine Befragung zeigt.
1748 Spectrum
I N H A LT
Horizonte
Streiflicht
1749 Unsinkbare Gummienten Erhard Taverna
Nahtodforschung ist an Kongressen, in Vorträgen, Studien, Fachliteratur und Bestsellern ein vieldiskutiertes Thema.
Die Botschaften Betroffener an der Grenze zum Jenseits werden jedoch oft esoterisch überhöht und medial insze- niert.
Zu guter Letzt
1750 Selbstbestimmung! Selbstbestimmung?
Christina Aus der Au
Wir werden von naturwissenschaftlichen Gesetzen, den Werten und Normen des aufklärerischen Menschenbil- des, medizinischen Möglichkeiten und gesellschaftlichen Erwartungen beeinflusst. Wie frei ist da der einzelne Mensch noch in seinen Entscheidungen? Christina Aus der Au reflektiert über Selbstbestimmung.
Anna
Redaktion
Dr. med. et lic. phil. Bruno Kesseli (Chefredaktor)
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lic. phil. Jacqueline Wettstein (FMH) Redaktion Ethik
PD Dr. theol. Christina Aus der Au Prof. Dr. med. Lazare Benaroyo Dr. phil., dipl. biol. Rouven Porz Redaktion Medizingeschichte
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I M P R E S S U M
E d i t o r i a l
F M H
Der Bundesrat vollzieht mit dem Entscheid vom 4. No
vember die längst überfällige Korrektur der verunglückten Revision der Analysenliste 2009 für das Praxislabor. Die FMH begrüsst dies. Sie bedau
ert jedoch, dass als Kalkula
tionsgrundlage das FMHKos
ten modell nur unvollständig übernommen wurde. Damit erfolgt die Aufwertung nicht sachgerecht, nicht betriebswirtschaftlich gerechnet und da
her nicht gesetzeskonform. Ausserdem wird die unbegrün
dete Streichung der Präsenztaxe bei den verbleibenden Analy
sen unerwünschte Folgen für einige Facharztgruppen haben.
Der lange Kampf für eine korrekte Abbildung und Bewertung der Tätigkeit der PraxislaborBetreiber begann bereits nach der linearen Absenkung im Praxislabor im Rahmen der Revision der Analysenliste 2006 (AL2006). Die nachfolgende Revision der Analysenliste AL2009 unter der damaligen Ägide von Bundesrat Couchepin basierte – entgegen den Vorschlägen der FMH – auch für das Praxislabor auf der Struktur und den Datengrundlagen des Auftragslabors, obwohl die «Produk
tion» im Praxislabor unter deutlich anderen Voraussetzungen stattfindet. Die «kompetitiven Nachteile» des Praxislabors wollte das BAG mit Taxen und Pauschalen kompensieren.
Mit der revidierten AL2009, die am 1. Juli 2009 in Kraft trat, wollte der Bundesrat sowohl die veränderten Produk
tions bedingungen abbilden als auch Einsparungen von CHF 100 Mio. erreichen.
Das Monitoring des BAG ergab – wie von der FMH wäh
rend der Revision vorausgesagt – beim Praxislabor je nach Spezialität Umsatzeinbussen von 18 bis 30 %. Die Einsparun
gen durch die AL2009 erfolgten grösstenteils beim Praxis
labor; insgesamt resultierten ca. CHF 80 Mio. Umsatzein
bussen. Eine Studie des Winterthurer Instituts für Gesund
heitsökonomie (WIG) zeigte klar auf, dass der Tarif für das
Praxislabor nicht sachgerecht ausgestaltet und insbesondere zu tief angesetzt ist. Im Rahmen des Masterplans für Haus
arztmedizin hat sich Bundesrat Berset erfreulicherweise ent
schieden, das bereits 2008 vorgestellte Kostenmodell der FMH als Basis für den Point of CareTarif (POCT) zu verwenden. Zu
dem hat er für das Praxislabor eine Teilkompensation von CHF 35 Mio. beschlossen, welche seit dem 1. Januar 2014 bis zur Einführung des POCT über einen Übergangstaxpunkt ab
gegolten wird. Die Berechnungsgrundlagen des BAG zeigen jedoch, dass die Ärzteschaft selbst bei der Kalkulation des Übergangstaxpunktes die natürliche Mengenentwicklung tragen muss, was den Trend des BAG Richtung gesetzlich nicht vorgesehenem Globalbudget verstärkt.
Die Diskussionen betreffend das Kostenmodell der FMH wurden zwischen dem BAG und der FMH von September 2013 bis Oktober 2014 intensiv geführt. Das OriginalModell der FMH beinhaltet Positionen, welche eine sachgerechte und betriebswirtschaftlich ausgestaltete Tarifstruktur nach Gesetz ermöglichen. Nachdem die Inhalte der direkten Kosten (Reagenzienkosten, MPAZeiten etc.) im Modell vom BAG akzeptiert wurden, ergaben sich langwierige Diskussionen mit den «politischen» Vertretern des BAG betreffend die Ab
bildung der indirekten Kosten (Anteil Wartezimmer, WC etc.), die etwa 8 % der Gesamtkosten ausmachen. Da auf schriftlichem Wege keine für beide Seiten akzeptable Lösung gefunden werden konnte, hatten die «Techniker» des BAG und der FMH im Juni 2014 einen betriebswirtschaftlich gang
baren Kompromissvorschlag ausgearbeitet. Diesen akzep
tierte die politische Leitung des BAG leider auch nicht: Statt
dessen wird nun eine Lösung gewählt, welche Tarifstruktur und Preisbildung vermischt. Dieser Entscheid des EDI ist betriebswirtschaftlich nicht haltbar, nicht sachgerecht und somit mit den Vorgaben nicht vereinbar. Zudem streicht es
die Präsenztaxe bei den Analysen, welche nicht nach Point of Care tarifiert werden, und benachteiligt durch diesen willkür
lichen Eingriff verschiedene medizinische Fachrichtungen.
Diese Punkte hatte auch die beratende Kommission von Bun
desrat Berset erkannt und das Projekt zur Überarbeitung zu
rückgewiesen. Leider ist nun keine Anpassung mehr erfolgt.
Nach dem Tarifeingriff TARMED ist dies bereits der zweite Tarifentscheid des Bundesrates, welcher weder sachgerecht noch betriebswirtschaftlich ist.
Allem Anschein nach haben das BAG und das EDI aus den Fehlern bei der Einführung der AL2009 nichts gelernt!
Dr. med. Ernst Gähler, Vizepräsident der FMH, Departementsverantwortlicher Ambulante Tarife und Verträge Schweiz
Überfällige Aufwertung erfolgt zaghaft und auf nicht haltbaren Grundlagen
Die FMH bedauert, dass als Kalkulationsgrundlage ihr Kostenmodell nur unvollständig übernommen wurde.
Der Entscheid vom 4. November ist bereits der zweite Tarifentscheid des Bundes-
rates, welcher weder sachgerecht noch betriebswirtschaftlich ist.
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F M H
Berichtsperiode September 2013–August 2014
Jahresbericht über die Aktivitäten der FMH im Bereich MPA
In dieser Berichtsperiode hat es keine personellen Wechsel gegeben. Die Anliegen der verschiedenen Gremien an den Zentralvorstand der FMH vertritt weiterhin Dr. Ernst Gähler, Vizepräsident der FMH und Departementsverantwortlicher Paramedizini- sche Berufe.
Die Aufgabenteilung sieht unverändert wie folgt aus:
– Delegierte für MPA-Fragen: Präsident Dr. A. Sury, Vizepräsident Dr. R. Tognina
– Schweizerische Kommission für Berufsentwick- lung und Qualität: Präsident Dr. Th. Heuberger – Aufgabenkommission für das Qualifikationsver-
fahren MPA: Präsidentin Frau Dr. K. Hubschmid – OdA Berufsbildung MPA: Präsident Dr. Th. Heu-
berger
Das aus den oben aufgeführten Verantwortlichen bestehende MPA-Büro hat sich in der Berichts- perio de viermal getroffen. Davon waren drei Sitzun- gen der Erarbeitung des neuen MPA-Strategiepapiers gewidmet, das vom ZV in seiner ersten Lesung ge- nehmigt wurde und am 10. September den MPA-Ver- bänden erstmals vorgestellt wurde. Die Drehschei- benfunktion für die MPA-Anliegen sowie der Infor- mationsfluss zwischen den Gremien und dem Zentralvorstand stellt Elisabeth Tröhler sicher.
Die Kommission für Berufsentwicklung und Qualität hat sich in der Berichtsperiode zweimal ge- troffen (vgl. Bericht Th. Heuberger). Auch im Bereich der Weiterbildung ging es vorwärts. Die OdA Berufs- bildung MPA hat den Antrag für eine eidgenössische Berufsprüfung beim SBFI eingereicht (vgl. Bericht Th. Heuberger). Wir können auf ein ereignisreiches Jahr zurückblicken, wie die nachfolgenden Berichte der Verantwortlichen in den verschiedenen Kom- missionen zeigen.
Bericht aus der Schweizerischen Kommission für Berufsentwicklung und Qualität (B&Q) Thomas Heuberger
Im Qualifikationsverfahren 2013 zeigten sich Un- wuchten bei den Beurteilungen und den Prüfungs- erfolgen, die zu Problemen Anlass gaben. Einzelne Prüfungsgebiete wurden bei vielen Prüflingen so stark gewichtet, dass ungenügendes Wissen und Können in wichtigen Arbeitsgebieten verborgen
blieben und so bei einzelnen Prüflingen zu einem falschen, zu guten Eindruck in der Qualität führen konnten.
Fast notfallmässig wollte deshalb die Aufgaben- kommission Qualifikationsverfahren (QV) und die Kommission B&Q im Hinblick auf das QV des Jahres 2014 und in Zusammenarbeit mit dem Staatssekreta- riat für Berufsbildung, Forschung und Innovation SBFI intervenieren, um die Bildungsverordnung BiVo zu ändern. Da dies aber aus systematischen und rechtlichen Gründen nicht möglich war, ergab sich lediglich mit einer Änderung der Gewichtungen der einzelnen Prüfgebiete eine leichte Verbesserung, deren Erfolg im QV 2014 sichtbar werden müsste.
Ideen und Wünsche für die Revision der BiVO wurden hierbei auch formuliert, da sich aktuell bereits Schwierigkeiten und Probleme genereller Art und der Basisvoraussetzungen der bestehenden BiVO zeigen. Diese werden anlässlich der Revision des Bildungsplans bzw. der Bildungsverordnung zu diskutieren sein.
Weiterbildung MPA – Bericht aus der OdA Berufsbildung MPA
Thomas Heuberger
In der Berufsbildung MPA gilt das Weiterbildungs- projekt Medizinische Praxiskoordinatorin MPK als das wichtigste Thema des Berichtsjahres.
Verschiedene Sitzungen der OdA Berufsbildung MPA widmeten sich der Ausgestaltung des Weiterbil- dungsprojektes Medizinische Praxiskoordinatorin MPK. Damit sollten Unklarheiten in den Formulie- rungen der Prüfungsordnung, der Modulidentifika- tionen, des Berufsbildes und der Kompetenzen be- seitigt werden. Die Diskussionen mit den anderen Berufsverbänden der Gesundheitsberufe zur Abgren- zung der Tätigkeitsgebiete und Kompetenzen der zukünftigen Berufsleute dienen der Akzeptanz des Projekts und sollten präventiv mögliche Einspra- chen gegen das Weiterbildungsprojekt verhindern.
Insbesondere wurde eine ganztägige Aussprache mit allen betroffenen Verbänden organisiert unter Führung und Mithilfe von Frau Dr. iur. Ch. Gasser vom BAG. Hier konnten auf der einen Seite bereits sehr viele Unklarheiten ausgeräumt und Missver- ständnisse geklärt, auf der anderen Seite diverse Ein- zelheiten des Projekts neu definiert oder formuliert Adrian Sury
Präsident der kantonalen Delegierten für MPA-Fragen
Korrespondenz:
Dr. med. Adrian Sury Elfenstrasse 18 3000 Bern 15 Tel. 031 359 11 11 Fax 031 359 11 12
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F M H
werden. Die Aussprache machte es aber auch mög- lich, dass nun alle beteiligten Verbände den Sinn und die Stossrichtung des Projekts als sinnvoll und zielführend beurteilen und keine Fundamental oppo- sition mehr zu erwarten ist.
In weiteren Einzelgesprächen (bis im Sommer 2014) mit anderen betroffenen Verbänden wurden weitere Hindernisse aus dem Weg geräumt, so dass die Papiere bereinigt und in alle drei Landessprachen übersetzt werden konnten. Die Publikation der ent- sprechenden Papiere ist im Oktober im Bundesblatt durch das SBFI erfolgt; die Einsprachefrist gegen das Projekt der Weiterbildung der MPA läuft bis Mitte November 2014.
Neben den vorangetriebenen Arbeiten, um das Weiterbildungsprojekt Berufsbildung MPA zu ver- vollständigen, wurden rege und intensive Diskussio- nen mit anderen Berufsverbänden geführt, um
«Grenzbereinigungen» zwischen Tätigkeitsfeldern und Kompetenzen zwischen MPA und anderen Ge- sundheitsberufen zu skizzieren. Diesem Zweck diente auch die erwähnte Ganztagessitzung gemeinsam mit den anderen Berufsverbänden mit Berührungs- punkten zur MPA (Physiotherapie, Spitex, Diabetes- beratung, CCM, Ernährungsberatung, SBK usw.), um einen Konsens zum neuen Berufsbild zu finden.
Aufgabenkommission Qualifikations
verfahren MPA Katrin Hubschmid
In diesem Jahr wurden die Prüfungsunterlagen zum zweiten Mal nach der neuen BiVO ausgearbeitet. Ge- ändert hatte gegenüber 2013 allerdings die Wertung der Leitziele «Umgang mit Patienten» und «Hy- gie ne» in den praktischen Arbeiten nach einem kurzfristigen Eingreifen der Kommission B&Q. Die- ses war nötig geworden, weil es sich im letzten Jahr gezeigt hatte, dass die erreichten Noten nicht den
fachlichen Leistungen entsprachen. Die Gesamt- noten waren fälschlicherweise zu hoch.
Die Unterlagen wurden termingerecht abgelie- fert. Das Qualifikationsverfahren konnte überall in geordnetem Rahmen abgewickelt werden.
Bei der Sichtung der Prüfungsresultate zeigt sich, dass immer noch Fälle auftreten, in welchen trotz ungenügender Leistungen in den Fächern «Bildge- bende Diagnostik», «Labordiagnostik» und «Allgemein- diagnostik, Therapeutische Prozesse, Medizinische Assistenz, Beratende Tätigkeiten» ATMB (früher Sprechstundenassistenz) am Schluss ein genügendes Prüfungsresultat vorliegt. Die Wertung der verschie- denen Leitziele muss daher weiter angepasst werden.
Die Zusammenarbeit mit der Kommission B&Q ist diesbezüglich sehr intensiv. Nach wie vor ist es sehr unbefriedigend, dass aus dem Eidgenös sischen Fä- higkeitszeugnis EFZ nicht hervorgeht, wo die Stärken und Schwächen der Geprüften liegen. Möglicher- weise wäre es sinnvoll, wenn in allen Kantonen ein Zusatzattest mit den einzelnen Resultaten aller Fä- cher abgegeben würde, wie dies im Kanton Aargau bereits geschieht. Es bleibt immer noch viel Arbeit, bis die Prüfungen das gewünschte Ziel vollständig er- reichen: verlässlich, verwertbar und objektiv zu sein.
Ich möchte den Mitgliedern der Aufgabenkom- mission wie auch allen Beteiligten an den Schulen und Verbänden, die sich an den Prüfungen betei- ligen, ganz herzlich danken für ihre grosse Arbeit und die Geduld, die sie immer noch brauchen.
MPAAusbildung
Von den in diesem Jahr geprüften 915 Lernenden haben 875 die Prüfung mit Erfolg bestanden. Es sind 28 Diplomandinnen mehr als noch letztes Jahr. Ge- mäss der jährlich durchgeführten Umfrage bei den MPA-Schulen zu den Lehrlingszahlen ist auch in den nächsten zwei Jahren wieder mit mehr Absolventin- nen zu rechnen.
Das Interesse und die Nachfrage nach Lehrstel- len sind offenbar nach wie vor gross. Damit auch künftig genügend Berufsleute ausgebildet werden können, braucht es aber auch weiterhin die entspre- chenden Lehrstellen. Die Möglichkeit, eine Ausbil- dungsbewilligung durch das kantonale Amt für Be- rufsbildung erhalten zu können, ist nicht auf Grund- versorgerpraxen mit Labor und Röntgen beschränkt, sondern steht anderen Fachbereichen ebenso offen.
Dasselbe gilt auch für Spitäler und Kliniken, die im Rahmen der ambulanten Leistungen effiziente Aus- bildungsstellen anbieten können – eine Möglichkeit, von der im Kanton Tessin bereits eifrig Gebrauch ge- macht wird. Sollten nicht alle Aspekte des Berufes wie bildgebende Diagnostik oder Labordiagnostik in der Praxis erlernt werden können, kann das zum Bei- spiel im Rahmen einer Kooperation mit einem Spital oder im Verbund mit anderen Praxen organisiert werden. Auch hier kann Ihnen das kantonale Amt für Berufsbildung Auskunft geben.
Abbildung 1
Statistik der diplomierten Medizinischen Praxisassistentinnen seit 1992.
altrechtliche Ausbildung → Lehrabschlüsse neue Bildungsverordnung → →
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F M H
Für MPAs, die sich als Berufsbildnerinnen weiter- bilden möchten, organisiert der Schweizerische Ver- band Medizinischer PraxisAssistentinnen (SVA) ent- sprechende Kurse. In einigen Kantonen bieten auch die Kantone selber solche Berufsbildnerkurse an.
www.mpaschweiz.ch – www.fmh.ch
Die Webseite www.mpaschweiz.ch enthält aus- schliess lich Informationen und nützliche Doku- mente zum Download im Zusammenhang mit der Ausbildung von MPA und wird vom Sekretariat MPA der FMH laufend aktualisiert. Unter www.am-suisse.
ch kann auf die französische Version zugegriffen werden.
Unter www.fmh.ch
→
Services → Medizinische Praxisassistentin dagegen sind Mustervorlagen und Hinweise im Rahmen der Anstellung von diplomier- ten MPA aufgeschaltet (Musterarbeitsvertrag, Lohn- empfehlungen, Mutterschutz).Schlichtungsstelle
In dieser Berichtsperiode sind fünf Vermittlungs- gesuche beim Schlichter für die Deutschschweiz, Prof. Dr. iur. J. Brühwiler, eingegangen, es sind keine Fälle hängig. Von diesen fünf Schlichtungsfällen konnten deren drei mittels Vergleich erledigt wer- den. In zwei Fällen verlief das Schlichtungsverfahren fruchtlos, und die Parteien wurden an die ordent- lichen Gerichte verwiesen. Ob diese Fälle dann tat- sächlich vor Gericht gebracht wurden, ist uns nicht bekannt.
Abteilung MPA im Generalsekretariat
Die Abteilung MPA im Generalsekretariat der FMH steht dem Präsidenten der MPA-Delegierten wie auch Dr. Ernst Gähler für alle Geschäfte im Bereich MPA zur Verfügung und fungiert als Drehscheibe zwischen sämtlichen eingangs erwähnten Gremien.
Daneben führt sie insbesondere die Sekretariate der Aufgabenkommission für das Qualifikationsverfah- ren MPA und der Schweizerischen Kommission für Berufsentwicklung und Qualität. Die Abteilung ist eng mit dem Rechtsdienst der FMH verknüpft, womit auch die Überarbeitung von Reglementen, Vereinbarungen usw. sowie die arbeitsrechtlichen Auskünfte an Ärztinnen und Ärzte gewährleistet ist.
Zum Schluss
Auch dieses Jahr darf ich all jenen danken, die sich tatkräftig für die Belange der MPA eingesetzt haben.
Mein Dank richtet sich aber auch an alle ausbilden- den MPA, Berufsbildnerinnen und Berufsbildner, die Schulen und die MPA-Verbände. Ganz speziell herz- lich möchte ich auch Frau Elisabeth Tröhler vom MPA-Sekretariat für ihr grosses Engagement und ihre Kompetenz danken. Ich hoffe auch, dass wir zusam- men mit dem ZV und den MPA-Verbänden das Stra- tegiepapier zu einem guten Ende führen können – dies sollte die Stellung der MPA in der Berufswelt stärken.
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Medizinische Praxisassistentinnen
Allgemeine Rahmenbedingungen und Erläuterungen zum Arbeitsvertrag
Aufgrund der seit 1991 kantonal von den Ärztegesell- schaften ausgearbeiteten Lohnempfehlungen für Medizinische Praxisassistentinnen werden keine gesamt schweizerischen Lohnempfehlungen mehr publiziert.
Bei individuellen Lohnverhandlungen sollen für Medizinische Praxisassistentinnen die nachstehend aufgeführten Rahmenbedingungen berücksichtigt werden, nämlich:
1. Ausbildung
– Diplom der Verbindung der Schweizer Ärzte ( Vignette) bzw. Fähigkeitsausweis der FMH inkl.
Strahlenschutzausweis bzw. Röntgenbewilligung – Eidg. Fähigkeitszeugnis Medizinische Praxisassis-
tentin
2. Arbeitsbedingungen: Berechnungsgrund - lagen
– 42-Stunden-Woche im Jahresdurchschnitt – 4 Wochen Ferien (Medizinische Praxisassisten-
tinnen unter 20 und ab 50 Jahren: 5 Wochen) Nennenswerte Abweichungen von diesen Bedin- gungen können auf den Lohn umgerechnet wer- den.
3. Regionale Gegebenheiten
Die Löhne sollen den regionalen Gegebenheiten angepasst werden.
4. 13. Monatslohn
Am Jahresende ist der Medizinischen Praxisassis- tentin ein 13. Monatslohn auszurichten. Um- fasst das Arbeitsverhältnis nicht das ganze Kalen- derjahr, so ist er anteilmässig zu bezahlen.
5. Dienstalterszulagen und Reallohnerhöhungen Die Höhe einer Dienstalterszulage soll auch für 2015 ein Thema des jährlichen Qualifikations- gespräches bilden. Insbesondere soll bei der Fest- legung des Lohnes auch jede zusätzliche Ver- antwortung (z. B. Ausbilden von Lernenden) oder Weiterbildung (z. B. Dosisintensives Rönt- gen usw.) der Angestellten berücksichtigt und der Lohn dementsprechend angepasst werden.
6. Teuerungsausgleich (www.bfs.admin.ch) Die Teuerung soll ausgeglichen werden. Wo der Teuerungsausgleich vertraglich vereinbart ist, muss dieser auf jeden Fall gewährt werden. Im Falle einer Minusteuerung ist keine Teuerung
auszugleichen (LIKP September 2014: –0,1 %, Oktober 2014: 0,0 %, Indexbasis Dez. 2010).
7. Teilzeitarbeit im Monatslohn
Bei Teilzeitarbeit beträgt der Bruttolohn (bei 42 Wochenstunden als Berechnungsgrundlage) 1⁄42 eines vollen Monatslohnes, multipliziert mit der Anzahl der vereinbarten Wochenarbeitsstunden.
8. Stundenlohn
Bei sehr geringer und gleichzeitig unregelmässiger Arbeitszeit empfiehlt sich die Ausrichtung eines Stundenlohnes. Als Stundenlohnansatz empfeh- len wir 6 ‰ eines Monatslohnes für ein Vollzeit- pensum (13. Monatslohn ist anteilmässig darin enthalten). Zusätzlich muss auf diesem Ansatz ein Ferienanteil von 8,33 % ausgerichtet werden, der den üblichen 4 Wochen Ferien entspricht und auf jeder Lohnabrechnung separat auszu- weisen ist (bei 5 Wochen Ferien 10,64 %, bei 6 Wochen Ferien 13,04 % usw.). Diese Berechnung gilt auch bei der Auszahlung von Überstunden.
9. Überstunden (Ziff. 2 des Mustervertrags) Wenn immer möglich, sollen die Überstunden durch Ferien oder Freizeit gleicher Dauer ausge- glichen werden. Ist dies nicht möglich, kann neu gewählt werden zwischen folgenden Varianten:
– Entschädigung samt einem Lohnzuschlag von 25 % für Vollzeit- und Teilzeitangestellte (Vor- zugsvariante FMH und BSMPA).
– Bei Teilzeitarbeit werden Überstunden, so lange sie zusammen mit dem Teilzeitpensum die be- triebsübliche Arbeitszeit für eine Vollzeitange- stellte nicht überschreiten, lediglich nach dem normalen Stundenansatz vergütet (Vorzugsvari- ante SVA).
– Arbeitgeber und Med. Praxisassistentin können durch schriftliche Vereinbarung eine andere Regelung wählen.
Als Stundenlohnansatz gelten 6 ‰ eines Monats- lohns für ein Vollzeitpensum zuzüglich Ferienanteil (vgl. Ziff. 8 Stundenlohn).
Für alle vereinbarten Löhne gelten folgende Bestimmungen und Empfehlungen:
1. Abzüge vom Bruttolohn
– AHV, IV, EO, ALV: 6,25 % (AHV, IV, EO = 5,15 %, ALV = 1,1 %)
Korrespondenz:
FMH /Abteilung MPA Elfenstrasse 18 CH-3000 Bern 15 Tel. 031 359 11 11 Fax 031 359 11 12
M e d i z i n i s c h e P r a x i s a s s i s t e n t i n n e n
F M H
– Nichtberufsunfallversicherung (bei einer wö- chentlichen Arbeitszeit von mehr als 8 Stunden):
Abzug gemäss konkretem Versicherungsvertrag – Berufliche Altersvorsorge (2. Säule BVG): Arbeit-
nehmeranteil (normalerweise 50 %) des alters- abhängigen Beitrages gemäss Versicherungsaus- weis.
2. Arbeitsverträge und weitere Anstellungs- bedingungen
Wir empfehlen nachdrücklich die schriftliche Vertragsform auf dem von der FMH und den Be- rufsverbänden der Medizinischen Praxisassisten- tinnen gemeinsam erarbeiteten Vertragsformu- lar mit zugehörigen kantonalen Empfehlungen;
Bezugsquellen:
– Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH, Elfenstrasse l8, Postfach 300, 3000 Bern l5, Tel. 031 359 11 11, www.fmh.ch, E-Mail: mpa[at]
fmh.ch
– Association Romande des Assistantes Médicales ARAM, 1003 Lausanne, Tel. 079 380 12 44 / 077 436 79 27, www.aram-vd.ch, E-Mail: info[at]
aram-vd.ch
– Berufsverband Medizinischer Praxisassistentin- nen BMPA, Obergrundstrasse 65, 6003 Luzern, Tel. 041 310 11 21, www.bmpa.ch, E-Mail:
sekretariat[at]bmpa.ch
– Bund Schweizer Verbände Medizinischer Praxis- Assistentinnen BSMPA, Postfach, 2051 Biel, Tel. 079 674 54 71, www.bsmpa.ch, E-Mail:
sekretariat[at]bsmpa-fsaam.ch
– Schweiz. Verband Medizinischer PraxisAssisten- tinnen SVA, Postfach 6432, 3001 Bern, Tel. 031
380 54 54, www.sva.ch, E-Mail: sekretariat[at]
sva.ch
– Association genevoise des assistantes médicales (AGAM), 1200 Genève, www.agam-ge.ch, E-Mail:
presidente[at]agam-ge.ch
Der Berufsverband der Medizinischen Praxisassis- tentinnen im Tessin hat eine eigene Arbeitsvertrags- konvention resp. Arbeitsvertrag; Bezugs quelle:
– Assoziazione Ticinese Assistenti di studio Medico (ATAM), c/o M. Carrera, Via dei Faggi 2 A, 6912 Lugano-Pazzallo, www.atam.ch, E-Mail: atam[at]
bluewin.ch
Die Löhne für Lernende richten sich nach den kantonalen Empfehlungen.
FMH-Delegierte für MPA-Fragen:
Dr. med. Adrian Sury, Präsident / Dr. med. Renato Tognina, Vizepräsident
Bund Schweizer Verbände Medizinischer Praxis- Assistentinnen BSMPA (AGAM, ATAM, BMPA):
Elwina Kaufmann, Präsidentin BSMPA
Association Romande des Assistantes Médicales ARAM:
Anne-Claude Perrette und Marie-Paule Fauchère, Präsi- dentinnen
Schweizerischer Verband Medizinischer PraxisAssis- tentinnen SVA:
Fürsprecher Bruno Gutknecht, Zentralsekretär Wenn möglich sollen Überstunden durch Ferien oder Freizeit gleicher Dauer ausgeglichen werden.
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Swiss Medical Board – cui bono?
Mit einer gewissen Regelmässigkeit lösen die Be
richte des Swiss Medical Boards (SMB) heftige Reak
tionen aus. Dies erstaunt an sich nicht, greift doch das SMB Themen mit Konfliktpotential auf. So etwa im Februar 2014 mit einem Bericht über Mammogra
phieProgramme [1] oder diesen April im Zusam
menhang mit der Primärprävention kardiovaskulä
rer Erkrankungen mit Statinen [2]. Es würde jedoch zu kurz greifen, die teilweise heftigen Reaktionen auf reine Verteidigung von Interessen zu reduzieren.
Vielmehr stehen auch die Zusammensetzung, die Arbeitsweise und das Vorgehen – sprich die Profes
sionalität – des SMB wie auch die Themenauswahl respektive deren Abgrenzung in der Kritik.
Gleiche Daten – andere Schlussfolgerungen Im Zusammenhang mit dem Bericht zum systemati
schen MammographieScreening im Rahmen von Programmen empfahl das SMB, keine neuen Mammo
graphieScreeningProgramme einzuführen und die bestehenden zu befristen. Darüber hinaus seien alle Formen des MammographieScreenings zu evaluieren.
Zudem riet das SMB zu einer vorgängigen, gründli
chen ärztlichen Abklärung und einer verständlichen Aufklärung der Frauen.
Auch dieser Bericht des SMB wurde heftig kriti
siert. Er enthält keine neuen Daten, die Studien und deren Resultate waren seit vielen Jahren bekannt.
Die vom SMB durchgeführte KostenNutzenAnalyse entspricht in keiner Art und Weise den Anforde
rungen an Evaluationen von medizinischen Inter
ventionen allgemein. Interessanterweise wurden die Resultate der KostenNutzenRechnung auch vom SMB nicht als Argument ins Feld geführt.
Zusammengefasst sind wir der Ansicht, dass das SMB die positiven Auswirkungen des Mammogra
phieScreenings unterschätzt und die unerwünsch
ten Auswirkungen überschätzt (siehe auch Kasten, Beurteilung von H. de Koning). Auch die englische Expertengruppe, die 2012 eine viel beachtete, diffe
renzierte Review [3] zum Nutzen des seit 1988 beste
henden MammographieScreenings publiziert hat, ist zum Schluss gekommen, dass die Programme einen relevanten Nutzen bringen und fortgeführt werden sollen. Interessanterweise gibt das SMB die englische Publikation als wichtige Grundlage ihres ei
genen Berichts an – dennoch kommt es zu gegensätz
lichen Schlussfolgerungen als das englische Experten
gremium.
Eine Woche vor der Publikation des SMB
Berichts veröffentlichte das «Health Council of the Netherlands» im Januar 2014 einen umfangreichen
Bericht über das niederländische Mammographie
Programm [4]. Auch diese Expertengruppe sprach sich für die Fortführung der Programme aus.
Die Empfehlungen des SMB sind widersprüch
lich. Entscheidet sich nämlich eine Frau nach gründlicher ärztlicher Abklärung und einer ver
ständlichen Aufklärung dafür, eine Früherkennungs
Thomas Cerny a, Jakob Passweg b, Giorgio Noseda c a Präsident Oncosuisse b Präsident Krebsliga Schweiz c Past President Oncosuisse
Interessenbindungen:
keine
Korrespondenz:
Prof. Dr. med. Thomas Cerny Oncosuisse
Effingerstrasse 40 CH3008 Bern Tel. 031 389 91 00 Fax 031 389 91 60 thomas.cerny[at]kssg.ch
Zusammenfassung
Im Februar 2014 hat das Swiss Medical Board (SMB) einen Bericht zum Mammographie-Screening veröf- fentlicht. Dabei kam das SMB zum Schluss, dass der Schaden des Screenings grösser ist als der Nutzen.
Der SMB-Bericht wurde heftig kritisiert: Die Analyse weist gravierende Mängel auf. Insgesamt werden die positiven Auswirkungen unterschätzt, die negativen Folgen überschätzt. Das Subsummieren von falsch- positiven Resultaten und Überdiagnosen – zwei be- kanntermassen vollkommen unterschiedliche Situa- tionen – unter dem Begriff «Fehlbefunde» zeigt bei- spielhaft die Unzulänglichkeit. Ein Einbezug der befragten Experten hätte solche Fehler verhindert.
Das SMB hat sich in einer Post-Publication-Review zur Kritik geäussert. Es beurteilt die Sachlage als
«unverändert» und bleibt bei seinen Empfehlungen.
Wir halten darum erneut fest: Das SMB hat einseitig das Mammographie-Screening in Programmen ana- lysiert. Neue Daten und die Realität der opportunis- tischen Früherkennung blieben unberücksichtigt, die Meinung befragter Experten ebenfalls. Stattdes- sen wurden eine nicht nachvollziehbare Kosten-Nut- zen-Analyse durchgeführt und widersprüchliche Empfehlungen formuliert.
Auch wir sind der Meinung, dass das Mammogra- phie-Screening kontinuierlich gemäss aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen weiterentwickelt werden soll. Dazu braucht es qualitativ gute und differenzierte Grundlagen. Der Bericht des SMB zum Mammographie-Screening erfüllt diese Anfor- derung nicht.
Eine Stellungnahme des Swiss Medical Board findet sich im Anschluss an diesen Beitrag auf S. 1729.
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Mammographie durchzuführen, müsste diese nach der Logik des SMB – d. h. nach Beendigung der Pro
gramme – in einem opportunistischen Rahmen durchgeführt werden. Dass die Qualität unter diesen Umständen weniger gut kontrolliert werden kann, ist hinlänglich bekannt. Und wozu alle Formen des MammographieScreenings bezüglich Qualität evalu
iert werden sollen, wenn die Nachteile so klar über
wiegen sollen, ist uns nicht klar.
Where have all the experts gone?
Häufig folgt der Veröffentlichung eines SMBBe
richts ein Klagelied der Unzufriedenheit. Dies er
staunt insofern, als doch die SMBRegelungen zu Organisation und Prozessen [5] vorsehen, externe Fachspezialisten beizuziehen, damit diese ihr spezifi
sches Fachwissen einbringen können. Dies wurde auch getan und die Experten im Bericht erwähnt.
Umso mehr erstaunt es, dass einige der befragten Ex
perten ihre Aussagen und Argumente in keinerlei Weise im Bericht vorfinden [6]. Insbesondere hat das SMB die Anregung der Experten, auch die Eva
luationen von Programmen zu berücksichtigen, nicht aufgenommen. Dies wäre insbesondere bei In
terventionen auf Public HealthEbene mit langfristi
ger Perspektive – und dazu gehört das Mammogra
phieScreening – eine sinnvolle Ergänzung zu den (in diesem Bereich alten) randomisierten Studien.
Bemerkenswert ist auch, dass sich der ebenfalls befragte Verband «swiss cancer screening» nach Fest
stellung der fehlenden Berücksichtigung aus der Liste der zur Erarbeitung beigezogenen Experten streichen liess und nun als «kontaktierte Organisa
tion» in einer Fussnote erwähnt wird. Von einer pro
fessionellen Verfasserin des Berichts wäre zu erwar
ten, dass die Expertenmeinungen transparent aus dem Bericht hervorgehen und nicht nach Gutdün
ken ignoriert werden.
Ein echter Einbezug der Experten hätte auch Fehler wie die laienhafte Vermischung der falsch
positiven Befunde und der Überdiagnosen unter dem Begriff «Fehlbefunde» verhindert. In dubio pro reo, dass dies nicht mit Absicht erfolgt ist.
Abstellgleis Post-Publication Review?
Seit kurzer Zeit ruft das SMB zu sogenannten Post
Publication Reviews auf. Organisationen und Fach
experten werden dazu eingeladen, ihre Haltung zum Bericht nachträglich einzureichen.
hat) sind aufgefordert, ihre Haltung nochmals im Rahmen der PostPublication Review einzubringen.
Ob dies die Mühe wert ist? Offenbar nicht.
Die Veröffentlichung der PostPublication Review am 12. August 2014 [7] bestätigt die Zweifel: Die Re
view stellt eine nahtlose Weiterführung des ursprüng
lichen Berichts dar. Betrachtet man die Zusammen
fassung der Review, könnte man den Eindruck ge
winnen, dass mehr Zustimmung als Kritik zum Bericht des SMB besteht. In der Zusammenfassung reduziert sich die in der Debatte geäusserte Kritik auf den Satz «Divergierende Meinungen gibt es insbe
sondere zur Interpretation der Datenlage und wel
che Schlussfolgerungen aus dieser Interpretation gezogen werden sollen». Die Kritik am methodi
schen Vorgehen unter «Interpretation der Daten
lage» zu subsummieren, scheint uns doch ein biss
chen zu einfach. Beispielsweise ist der Karnofsky
Index zur Berechnung der QALYs inadäquat und unüblich. Daran wird auch das unbeirrte Festhalten des SMB nichts ändern.
Es erstaunt nach dieser Vorgeschichte nicht, dass das Fachgremium SMB aufgrund der «unveränder
ten Sachlage» an den Empfehlungen festhält. Die von einigen Exponenten des SMB in Aussicht ge
stellte Überarbeitung des Berichts dürfte damit wohl Geschichte sein.
Fazit: Eine Revision des SMB ist notwendig Das SMB analysierte einseitig das Mammographie
Screening in Programmen, ohne neue wissenschaft
liche Daten zu berücksichtigen, ohne Einbezug der Meinung befragter Experten, ohne Einbezug der Rea
lität in der Schweiz mit der hohen Anzahl opportunis
tischer Untersuchungen, stattdessen mit einer nicht nachvollziehbaren KostenNutzenAnalyse und wider
sprüchlichen Empfehlungen. Sind diese Unzuläng
lichkeiten auf die Zusammensetzung des SMB zurück
zuführen, das nicht über das notwendige methodo
logische und klinische Wissen zu verfügen scheint?
Auch wir sind der Meinung, dass das Mammo
graphieScreening kontinuierlich weiterentwickelt werden soll und medizinisches Handeln wenn immer möglich evidenzbasiert erfolgen soll. Dazu braucht es jedoch qualitativ gute und differenzierte Grund
lagen. Neben den randomisierten Studien, die in die
sem Fall jedoch nicht die heutige Realität abbilden, müssen dazu auch aktuelle Erkenntnisse aus den MammographieScreeningProgrammen berücksich
Wir sind der Ansicht, dass das SMB die positiven Auswirkungen
des Mammographie-Screenings unterschätzt und die unerwünschten
Auswirkungen überschätzt.
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Ähnliche Rückmeldungen erfolgten auch zu an
deren Berichten des SMB (vergleiche z. B. SÄZ
Ausgabe 29–30/2014 [8]). «Das Swiss Medical Board genügt nicht» so titelte Michael Schlander seinen Gastkommentar vom 14. November 2013 in der NZZ [9]. Auch wir unterstützen darum die Bestrebungen des Trägervereins, die «Strukturen wie auch das Ver
fahren zu verbessern» [10], in der Hoffnung, dass dies zu qualitativ guten HTAAnalysen in der Schweiz beitragen wird.
Literatur
1 Swiss Medical Board. Systematisches Mammographie
Screening. (2013). Veröffentlicht am 2. Februar 2014.
2 Swiss Medical Board. Statine zur Primärprävention kardiovaskulärer Erkrankungen. (2013). Veröffentlicht am 2. April 2014.
3 Independent UK Panel on Breast Cancer Screening.
The benefits and harms of breast cancer screening: an independent review. Lancet. 2012; 380:1778–86.
4 Health Council of the Netherlands. Population screening for breast cancer: expectations and developments. The Hague: Health Council of the Netherlands; publication no. 2014/01E.
ISBN 9789462810112
5 Swiss Medical Board. Organisation und Prozesse des Medical Board. Stand vom 31. Januar 2011, abgerufen am 1. Juli 2014 unter www.medicalboard.ch/
fileadmin/docs/public/mb/methodik/20110131_
Organisation_und_Prozesse.pdf
6 Swiss Society of Senology. SMB Mammography Screening Recommendations: Concerns shared – Conclusions wrong. Schweiz Ärztezeitung.
2014;95(36):1315–6.
7 Swiss Medical Board. Systematisches Mammographie
Screening – Dokumentation und Würdigung der Stellungnahmen zum Fachbericht (PostPublication
Review). Veröffentlicht am 12. August 2014.
8 Arbeitsgruppe Lipide und Atherosklerose (AGLA), der Schweizerischen Gesellschaft für Kardiologie (SGK), und der Schweizerischen Gesellschaft für Herz und Gefässchirurgie (SGHC). Statine zur Primärprävention kardiovaskulärer Erkrankungen. Schweiz Ärztezeitung.
2014;95(29/30):1084–6.
9 www.nzz.ch/meinung/debatte/warumdasswiss
medicalboardnichtgenuegt1.18185108 10 Swiss Medical Board. Jahresbericht 2013.
Beurteilung des SMB-Berichts zum Mammographie-Screening durch Harry de Koning*
Die Kosten-Wirksamkeits-Analyse des SMB-Berichts zum Mammographie-Screening weist in verschie- denen Aspekten gravierende Mängel auf: Insgesamt werden die positiven Auswirkungen des Screenings unterschätzt, die negativen Auswirkungen über- schätzt. Die wichtigsten Mängel des Berichts sind die folgenden:
– Bei der Abschätzung der Anzahl verhinderter Todesfälle stützt sich das SMB nicht auf die aktuellen Zahlen zu Brustkrebstodesfällen in der Schweiz, sondern auf die Daten aus den rando- misierten Studien der 1980er-Jahren. Methodisch adäquat wäre gewesen, analog zur englischen Expertengruppe in ihrem Review [3] aktuelle absolute Zahlen zu verwenden. Durch dieses Vor- gehen des SMB werden die positiven Auswir- kungen im Sinne der verhinderten Todesfälle unter schätzt.
– Die Berechnungen des SMB decken einen Zeit- raum von nur 13 Jahren ab. Methodisch adäquat wäre gewesen, die Auswirkungen des Screenings über die gesamte Lebensspanne der Frauen zu berücksichtigen. Die positiven Auswirkungen des Screenings im Sinne von gewonnenen Lebens- jahren durch verhinderte Todesfälle werden da- durch stark unterschätzt.
– Während Screening-Programme einen Zeitraum von 20 Jahren abdecken (was bei einem Intervall von zwei Jahren zehn Mammographien pro Frau entspricht), geht das SMB in seinen Berech- nungen von drei Mammographien pro Frau aus.
Damit werden die positiven Auswirkungen des Screenings im Sinne von gewonnenen Lebens- jahren unterschätzt.
– Die Kosten-Wirksamkeits-Analyse berücksichtigt nicht alle relevanten Auswirkungen durch Scree- ning-Programme, insbesondere den Rückgang von Diagnosen in fortgeschrittenem Stadium.
– Durch die Limitierung auf eine Beobachtungszeit von 13 Jahren werden die negativen Auswirkun- gen des Screenings durch Überdiagnosen über- schätzt.
– Die negativen Auswirkungen durch falsch-positive Befunde werden durch die Annahme einer starken Beeinträchtigung der Lebensqualität über mehrere Monate überschätzt.
Harry de Koning, Professor of Evaluation of Screening, Erasmus MC, Rotterdam
* Zusammenfassung des Artikels: 21st century science on the back of a coaster – A review of the Swiss Medical Board’s
«Systematisches Mammographie-Screening» report (2014), by H. J. de Koning, MD PhD (submitted for publication).
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Replik zum vorangegangenen Beitrag
«Swiss Medical Board – cui bono?»
Das Fachgremium des Swiss Medical Board hat bereits in verschiedenen Publikationen und Veranstaltungen zu Kommentaren zum Bericht «Systematisches Mammogra- phie-Screening» vom Februar 2014 Stellung genommen. Eine Antwort zum voran- gehenden Beitrag wäre daher weitgehend eine Wiederholung früherer Aus sagen.
In der folgenden Replik beleuchten daher Spezialisten des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin (ISPM) Bern die Thematik aus einer etwas anderen Perspektive.
Das Swiss Medical Board (SMB) sieht sich seit der Publikation des Berichtes «Systematisches Mammo- graphie-Screening» mit harscher Kritik und Emotio- nalität konfrontiert [1]. Der vorangegangene Beitrag von Cerny, Passweg und Noseda auf S. 1726 dieser Ausgabe ist exemplarisch dafür. Wir gehen hier auf einige grundsätzliche Punkte ein, jedoch nicht auf das grundsätzliche Absprechen von fachlicher Ex- pertise des am Bericht mitwirkenden Fachgremiums.
In unserer Erfahrung folgt das SMB den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin und nicht denjenigen der eminenzbasierten Medizin.
Eine evidenzbasierte Debatte ist erwünscht und Kritik wird gerne als essentieller Beitrag zur Weiter- entwicklung aufgenommen. Die Methoden zur Be- richterstellung werden laufend verbessert und weiter- entwickelt. Deshalb wurde 2014 ein Konsortium von universitären Instituten für die Berichterstellung des SMB beigezogen, dem wir zusammen mit Kollegin- nen und Kollegen des Basel Institute for Clinical Epi- demiology and Biostatistics und dem Institut für Pharmazeutische Medizin der Universität Basel, dem Insitut Ethique Histoire Humanités der Universität Genf und dem Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention der Universität Zürich angehören.
Die Stellungnahme des SMB wurde oft fehlinter- pretiert. Die Empfehlungen des Boards basieren nicht auf der durchgeführten Kosten-Nutzen-Analyse, die unserer Ansicht nach tatsächlich mit Schwächen behaftet ist. Die Stellungnahme stützt sich in erster Linie auf die Resultate der vorhandenen randomi- sierten Studien, wie viele andere auch [2]. Deshalb enthält der SMB-Bericht, wie von Cerny und Kolle- gen richtig erwähnt, selbstverständlich keine neuen Daten. Die eigentliche Frage des SMB war, wie solide die Evidenz zugunsten des systematischen Mammo- graphie-Screenings aufgrund der vorhandenen Stu- dien einzustufen ist.
Ein wichtiger Faktor für die SMB-Empfehlungen Peter Jüni,
Tobias Erlanger, Marcel Zwahlen Institut für Sozial- und Präventivmedizin (ISPM), Universität Bern
Korrespondenz:
Susanna Marti Calmell Sekretariat Trägerschaft Swiss Medical Board
Stampfenbachstrasse 30 CH-8090 Zürich Tel. 043 259 24 79
Résumé
Dans diverses publications et manifestations, le Conseil d’experts du Swiss Medical Board s’est déjà exprimé sur un certain nombre de commentaires concernant le rapport «Dépistage systématique par mammographie» de février 2014. Une réponse à l’article ci-dessus ne serait donc qu’une répétition de déclarations antérieures. C’est pourquoi, dans cette réplique, des spécialistes de l’IMSP de Berne présentent la thématique sous un autre angle.
Les recommandations du SMB reposent principale- ment sur la réflexion suivante: la diminution de la mortalité par cancer du sein constatée dans les études randomisées va de pair avec un risque accru de sur-diagnostics, qui est difficile à interpréter en l’absence d’indications concernant la réduction de la mortalité globale. Les études randomisées existantes permettent de supposer que la légère diminution de la mortalité par cancer du sein est compensée par les suites des sur-traitements et d’autres causes de décès.
Ainsi, même sur une période prolongée de 20 ans, la mortalité globale ne pourra probablement pas être diminuée.
Les doutes du SMB quant au bénéfice du dépistage systématique par mammographie ne sont pas isolés.
Aux Etats-Unis, précurseurs du dépistage par mam- mographie, la coalition nationale contre le cancer du sein (NBCC) considère le rapport coûts-bénéfice d’un œil critique. Otis Brawley, directeur médical de la
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Studien beobachtete Senkung der Brustkrebsmorta- lität bei gleichzeitig massgeblich erhöhtem Risiko für Überdiagnosen zu interpretieren ist, wenn kein Hinweis auf eine Reduktion der Gesamtsterblichkeit vorlag. Die vorliegenden randomisierten Studien [2]
lassen vermuten, dass die grundsätzlich unbestrit- tene leichte Senkung der Brustkrebsmortalität durch die Folgen von Überbehandlungen und kompensato- rische Todesursachen wieder nivelliert wird [3–5].
Einen Hinweis darauf gibt die vor kurzem publizierte Meta-Analyse der sechs als verlässlich eingestuften randomisierten kontrollierten Studien (s. Abbil- dung). In diesen sechs Studien zeigt sich keine Re- duktion der Gesamt sterblichkeit, obwohl die beob- achtete Senkung der Brustkrebsmortalität die Ge- samtsterblichkeit um rund 2 % senken müsste. Das kombinierte relative Risiko betrug 1,00, mit einem engen Ver trauens intervall von 0,97 bis 1,02 [6].
Anders aus gedrückt: Die diskrete Reduktion der Brustkrebs mortalität (Abb. oberer Teil) bedeutet nicht, dass durch Mammographie auch nur ein Le- ben gerettet wird, wenn sämtliche Todesursachen berücksichtigt werden (Abb. unterer Teil). Die für die Meta-Analyse verwendeten Resultate waren für einen Zeitraum von 13 Jahren nach Ran domisierung. In den schwedischen randomisierten Mammographie- Studien machte sich eine Reduktion der Brustkrebs- sterblichkeit üblicherweise nach 4–6 Jahren bemerk- bar und stieg bis 10–12 Jahren an, wonach sie in etwa kon stant blieb [7]. Die Gesamtmortalität dürfte da- mit auch über einen längeren Zeitraum von 20 Jah- ren nicht gesenkt werden. Die in der Kosten-Nutzen- Analyse des SMB verwendete Annahme von 13 Jah- ren, während denen durch die leichte Reduktion der Brustkrebsmortalität tatsächlich Leben gerettet werden, war entgegen der Argumente von Cerny et al.
grundsätzlich zugunsten der Mammographie. Die Meta- Analyse hätte gute Argumente für die An- nahme geliefert, dass durch Mammographie gar kein Leben gerettet wird [6].
Aktuelle randomisierte Studien sind inexistent, womit sich die Frage der Übertragbarkeit der Resul- tate der vorliegenden randomisierten Studien auf die heutige Situation stellt. Die vorhandenen Studien re- krutierten Frauen vor 25 bis 50 Jahren – damals ver- wendete Diagnosetechniken und Therapien des Brust- krebses sind mit den heute verwendeten nicht mehr vergleichbar. Es scheint plausibel, dass die heute vor- liegende höhere Sensitivität der Mammographien das Problem der Überdiagnose verstärkt und die ver- besserte Behandlung auch von fortgeschrittenen Tumoren den Vorteil schmälert, der durch die Früh- erkennung zu erreichen ist [8, 9].
Cerny et al. bemängeln, dass keine aktuellen Er- kenntnisse aus den Mammographie-Screening-Pro- grammen berücksichtigt wurden. Beobachtungsstu- dien mit Daten aus laufenden Programmen erlauben es, gewisse Performance-Indikatoren zu berechnen, sind aber äusserst heikel, wenn mit ihnen der reale Effekt einer Screening-Massnahme eruiert werden soll [8]. Implizit werden in diesen Studien zumeist Screening-Teilnehmerinnen mit Nicht-Teilnehmerin- nen verglichen, was zu Problemen führt (s. Kasten
«Healthy Screnee»-Effekt nächste Seite) [12, 13].
Das SMB ist mit seinen Zweifeln am Nutzen der systematischen Mammographie-Screening-Pro- gramme nicht alleine. In den USA, eine der Vorreiter- nationen des Mammographie-Screenings, äussert sich die landesweite Koalition gegen Brustkrebs (NBCC) bezüglich des Kosten-Nutzen-Verhältnisses kritisch. Otis Brawley, ärztlicher Leiter der US-Krebs- gesellschaft, meint, dass der Nutzen von Mammo- société américaine du cancer, estime que le bénéfice du dépistage par mammographie a été largement sur estimé.
Malheureusement, les données à disposition ne sont pas assez convaincantes pour que les sceptiques ou les partisans du dépistage par mammographie changent d’avis. Toutefois, il y a consensus sur un point: les opinions divergent quant aux bénéfices et aux dommages de la mammographie. Dès lors, il serait important que les femmes invitées à passer une mammographie bénéficient d’une information pondérée, transparente et compréhensible sur les bénéfices (légère réduction de la mortalité par cancer du sein avec des doutes quant à la diminution de la mortalité globale) et les risques (sur-diagnos- tics et clarifications de résultats faux positifs).
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graphie-Screenings erheblich überschätzt würde [14, 15]. Jürgen Windeler, Leiter des Deutschen Institutes für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheits- wesen (IQWiG) und der Präsident der Deutschen Ärztekammer Frank U. Montgomery haben beide Zweifel am Nutzen des systematischen Screenings angemeldet und eine Überprüfung gefordert. Die norwegische Brustchirurgin Mette Kalager, die von 2004 bis 2006 das nationale Screening-Programm in Norwegen leitete, fordert, das flächendeckende Scree ning zu stoppen und nur noch genau definierte Risikogruppen zu mammographieren [16].
Die Veröffentlichung des Berichtes des Swiss Medical Boards hat zum Teil heftige Reaktionen her- vorgerufen. Die Emotionalität in der Diskussion des Themas ist zwar nachvollziehbar, verhindert jedoch die Suche nach Lösungen. Leider sind die vorliegen- den Daten nicht überzeugend genug, um die Skep- tiker oder Befürworter zu einer Änderung ihrer Ein- schätzung zu veranlassen. Möglicherweise kann jedoch ein Konsens erreicht werden: Es besteht Uneinigkeit über den Nutzen und Schaden der Mammographie!
Die Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch darauf, Informationen im Hinblick auf den Nutzen und Schaden medizinischer Untersu- chungen und Therapien so präsentiert zu bekom- men, dass sie diese verstehen und dadurch zu einer sachgerechten Einschätzung kommen können.
Schon die 2006 aktualisierten EU-Richtlinien zum Mammographie-Screening sahen explizit eine um- fassende, objektive, evidenzbasierte und täu- schungsfreie Information der Frauen als Grundlage für eine sogenannte informierte Entscheidung vor [17]. Die zur Mammographie eingeladenen Frauen
ständliche Information über den Nutzen (beschei- dene Reduktion der Brustkrebssterblichkeit bei Un- klarheit über eine Reduktion der Gesamt sterb lich- keit) und die schädlichen Auswirkungen der Mam- mo graphie (Überdiagnosen und Abklärungen von falsch positiven Befunden). Daran sollten wir nun gemeinsam arbeiten.
Literatur
1 Swiss Medical Board. Systematisches Mammographie- Screening. Bericht vom 15. Dezember 2013.
2 Marmot MG, Altman DG, Cameron DA, et al. The benefits and harms of breast cancer screening: an independent review. Br J Cancer. 2013;108:2205–40.
3 Bleyer A, Thomas CR Jr, Baines C, Miller AB. Flawed assumptions used to defend screening mammography.
Cancer. 2014 (Epub: PMCID: 25272974).
4 Kalager M, Zelen M, Langmark F, Adami HO. Effect of screening mammography on breast-cancer mortality in Norway. N Engl J Med. 2010;363:1203–10.
5 Miller AB, Wall C, Baines CJ, Sun P, To T, Narod SA.
Twenty five year follow-up for breast cancer incidence and mortality of the Canadian National Breast Screening Study: randomised screening trial. BMJ.
2014;348:g366.
6 Jüni P, Zwahlen M. It is time to initiate another breast cancer screening trial. Ann Intern Med. 2014;160:864–6.
7 Nyström L, Andersson I, Bjurstam N, Frisell J, Nordenskjöld B, Rutqvist LE. Long-term effects of mammography screening: updated overview of the Swedish randomised trials. Lancet. 2002;359:909–19.
8 Berry DA, Cronin KA, Plevritis SK, Fryback DG, Clarke L, Zelen M et al. Cancer Intervention and Surveillance Modeling Network (CISNET) Collaborators. Effect of screening and adjuvant therapy on mortality from breast cancer. N Engl J Med. 2005;353:1784–92.
9 Hakama M, Pokhrel A, Malila N, Hakulinen T.
Sensitivity, effect and overdiagnosis in screening for cancers with detectable pre-invasive phase. Int J Cancer. 2014; [Epub: PMID: 24975995].
10 Fink R, Shapiro S, Lewison J. The reluctant participant in a breast cancer screening program. Public Health Reports. 1968;83:479–90.
11 Shapiro S. Evidence on screening for breast cancer from a randomized trial. Cancer. 1977;39:2772–82.
12 Knox G. Case-control studies of screening procedures.
Public Health. 1991;105:55–61.
13 Raffle AE. Commentary: Case-control studies of screening should carry a health warning. Int J Epidemiol. 2003;32:577–8.
14 Brawley OW, Goldberg P. How we do harm. A doctor breaks ranks about being sick in America. Griffin Verlag; 2012.
15 NBCC (National Breast Cancer Coalition) Webseite besucht 21. 10. 2014: www.breastcancerdeadline2020.
org/breast-cancer-information/
16 Grill M, Hackenbroch V. Unsinn in bester Qualität. Der Spiegel. 2014;30:100–4.
17 EUREF (European Reference Organisation for Quality Assured Breast Screening and Diagnostic Services).
European guidelines for quality assurance in breast cancer screening and diagnosis. Fourth Edition; 2006.
Der «Healthy Screenee»-Effekt
In der in den 1960er Jahren in New York durchgeführten randomisierten Studie zur Wirksamkeit des Mammographie-Screenings war das Risiko, an Brustkrebs zu ster- ben, bei den zur Mammographie eingeladenen Frauen um etwa 20 % geringer als in der Gruppe, die nicht eingeladen worden war. Die Sterblichkeit aufgrund anderer Ursachen war in beiden Gruppen praktisch gleich (siehe Tabelle unten). Innerhalb der zum Screening eingeladenen Gruppe gab es jedoch einen ausserordentlichen Unterschied in der Nicht-Brustkrebsmortalität zwischen Frauen, die tatsächlich an der Mammographie teilnahmen und solchen, die der Einladung zum Screening nicht gefolgt waren. Dies ist auf einen Selektionseffekt («Healthy Screenee-Effekt») zurückzuführen. Offenbar nahmen eher «gesündere» Frauen am Screening-Pro- gramm teil. Solche Selektionseffekte sind ubiquitär. Das Ausmass und die Richtung des Effekts können aber von Studie zu Studie und Land zu Land anders sein.
Nicht-Brustkrebssterblichkeit
pro 10 000 Lebensjahre
Eingeladen zum Screening 56,9
Teilgenommen am Screening (67 %) 42,4
Nicht teilgenommen am Screening (33 %) 85,6
Kontrollgruppe (nie eingeladen zum Screening) 57,6 Übernommen und adaptiert von Fink 1968 [10], Shapiro 1977 [11].
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Mitteilungen
Facharztprüfung
Facharztprüfung zur Erlangung des Schwerpunkts für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie
Ort: Forensisch-Psychiatrischer Dienst Bern, Länggasse, 3012 Bern
Datum: 5. Februar 2015 Anmeldefrist: 31. Dezember 2014
Weitere Informationen finden Sie auf der Web- site des SIWF unter www.siwf.ch → Fachge- biete → Facharzttitel und Schwerpunkte (Wei- terbildung) → Psychiatrie und Psychotherapie
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Adrian Schmid, Leiter «eHealth Suisse», Koordinationsorgan Bund-Kantone
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Dem elektronischen Patientendossier gehört die Zukunft
Dr. dipl. pharm. Isabelle Arnet, Pharmaceutical Care Research Group, Universität Basel