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Analgetische Antikonvulsivagegen neuropathische Schmerzen

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BR I G I T T E RI C H T E R

Chronische neuropathische Schmerzen sind häufig enorm vielseitig und mit signifikanter Morbidität assoziiert. Sie wer- den durch Läsionen im periphe- ren oder zentralen Nervensys- tem verursacht. Diagnostische Schwierigkeiten bereitet in der Praxis zuweilen die Abgrenzung von Hypersensitivitätszuständen.

Neuropathische Schmerzen manifestieren sich nicht nur mit positiven sensorischen Phänomenen, wie Schmerz, Dysästhesie und Hyperalgesie. Auch negative Empfin- dungen sowie negative und positive mo- torische wie autonome Symptome und Zeichen sind häufig (1). Die Behandlung neuropathischer Schmerzen verlief bis in die jüngste Vergangenheit überwiegend unbefriedigend. Heute stehen dem Arzt neue Arzneistoffe zur Verfügung, die sehr viel bessere Therapieerfolge versprechen.

«Wir haben so viele Medikamente, weil so viele Regionen in diese Zustände involviert sind», beschrieb Professor Roy Freeman aus Boston die derzeitige Situation der

Therapie neuropathischer Schmerzen. Die lange Liste dessen, was über die Jahre ver- sucht wurde, reichte von tertiären Aminen, trizyklischen und neueren Antidepressiva, Antiarrhythmika über Carbamazepin und andere Antikonvulsiva bis hin zu topi- schen Zubereitungen, Lokalanästhetika und Narkotika, meinte Freeman anlässlich des 1. National Pain Forum, einer Veran- staltung der Academy for Health Care Education. Der gemeinsame Nenner lässt sich, grob ausgedrückt, reduzieren auf die Aussage: mässige Wirksamkeit bei über- mässigen Nebenwirkungen.

Der Referent versäumte jedoch nicht, die deutlichen Fortschritte aufzuzeigen, die in der jüngsten Vergangenheit in der Arznei- therapie neuropathischer Schmerzen erzielt worden sind. Dies dank der Entwicklung neuer Wirkstoffe mit neuromodulato- rischem Effekt, wie Gabapentin und Pre- gabalin (2).

Gabapentin: besonders ge- eignet bei diabetischer und postherpetischer Neuralgie

Gabapentin (Neurontin®) ist nach Aus- sage von Freeman das gegenwärtig am häufigsten verordnete Antikonvulsivum für die Behandlung neuropathischer Schmerzen. Der Wirkstoff hat sich in einer Reihe von plazebokontrollierten randomi-

sierten Doppelblindstudien als wirksam erwiesen. Dies vor allem bei Patienten mit schmerzhafter diabetischer Neuropathie und postherpetischer Neuralgie. Diese bei- den neurogenen Krankheitsbilder sind sehr häufig und verursachen eine massive Einschränkung der Lebensqualität (3).

Gabapentin ist ein Vertreter der Antikon- vulsiva der zweiten Generation, zu denen auch Pregabalin zählt. Gabapentin ist strukturell mit dem Neurotransmitter GABA (Gamma-Aminobuttersäure) ver- wandt. Der Wirkungsmechanismus unter- scheidet sich jedoch von dem anderer Arzneistoffe, die mit dem GABA-System interagieren (zum Beispiel Valproat, Bar- biturate, Benzodiazepine und GABA-Ago- nisten). «Gabapentin hat die Art und Weise, wie wir neuropathische Schmer- zen behandeln, verändert», meinte Free- man. Der Wirkstoff hat sich, wie klinische Studien zeigen, speziell in der Behandlung der schmerzhaften diabetischen Neuro- pathie sowie bei Post-Zoster-Neuralgie be- währt (4). Der Referent unterstrich die Bedeutung von Gabapentin unter Hinweis auf eine Metaanalyse von fünf randomi- sierten plazebokontrollierten Studien mit diesem Wirkstoff (5). Darin erwies sich Gabapentin in individuell gewählten Tages- dosen von 1800 bis 3600 mg als wirksam und gut verträglich bei Patienten mit dia- betischer Neuropathie, postherpetischer

Analgetische Antikonvulsiva

gegen neuropathische Schmerzen

Bericht vom National Pain Forum in Philadelphia

A R S M E D I C I 62 0 0 5 2 5 7

T A G U N G S B E R I C H T C O M P T E - R E N D U D E C O N G R È S

A n t i k o n v u l s i v a g e g e n n e u r o p a t h i s c h e S c h m e r z e n – w a r u m ?

Neuropathische Schmerzen gehen mit einer ganzen Reihe von pathosphysiologischen und biochemischen Veränderungen im peripheren wie im zentralen Nervensystem ein- her. Dabei zeigen sich gewisse Ähnlichkeiten mit den bei Epilepsie zu beobachtenden Phänomenen (4). Diese Übereinstimmungen krankhafter Veränderungen veranlassten die Forscher, Antikonvulsiva auch für die Behandlung neuropathischer Schmerzen ein- zusetzen. Die dabei erzielten positiven Resultate im Tierversuch waren rasch gefolgt von günstigen Effekten in klinischen Studien am Menschen.

National Pain Forum, 1. bis 3. Oktober 2004, Philadelphia.

(2)

Neuralgie und anderen neuropathischen Schmerzsyndromen.

Pregabalin: rascher Wirkungs- eintritt und gute Bioverfügbarkeit

Pregabalin ist, wie Gabapentin, mit GABA, dem wichtigsten hemmenden Neurotransmitter im menschlichen Zen- tralnervensystem, strukturverwandt. Wie Gabapentin bindet auch Pregabalin selek- tiv an einer Alpha-2-Delta-Untereinheit neuronaler, spannungsabhängiger Kalzi- umkanäle. Diese Untereinheit spielt eine wichtige Rolle für die pathologischen Ver- änderungen, die beim Menschen neuro- pathische Schmerzen auslösen. Prega- balin, das in der Schweiz noch nicht im Handel ist, verringert den Kalziumein- strom und senkt die Freisetzung ver- schiedener Neurotransmitter, wie Nor- adrenalin, Glutamat und Substanz C (6).

Pregabalin entfaltet analgetische und an- xiolytische Effekte. Dieses Wirkprofil lässt es für die Behandlung neuropathischer Schmerzen geeignet erscheinen (7, 8).

«Pregabalin ist die wahrscheinlich am bes- ten studierte Substanz bei diabetischer Neuropathie», mutmasste Freeman. Der Referent verwies auf den raschen Wir- kungseintritt von Pregabalin und die gute Bioverfügbarkeit von rund 90 Prozent. Der Effekt von Pregabalin ist dosisabhängig;

eine signifikante Wirksamkeit wird, nach Auskunft von Freeman, bei Anwendung

von mindestens 300 mg pro Tag erzielt.

Die besten klinischen Resultate bei schmerzhafter diabetischer Neuropathie wurden in einer sechswöchigen Multizenter- studie mit 600 mg Pregabalin täglich er- zielt (9). Die Verträglichkeit in dieser Stu- die war gut.

Analgetische Antikonvulsiva:

Sammelbegriff zur Abgrenzung der Indikationen

Professor Russell K. Portenoy aus New York bezeichnete diese Medikamente zur bes- seren Abgrenzung der Indikationen als analgetische Antikonvulsiva. Der Schmerz- spezialist sieht für Pregabalin eine rosige Zukunft am Horizont. Dies vor allem we- gen des Fehlens von Arzneimittel-Interak- tionen. Darüber hinaus schätzt der Refe- rent die positiven Effekte von Pregabalin auch auf den Schlaf sowie die Wirkung

gegen Angstzustände. ●

Literatur:

1. Backonja, MM: Defining neuropathic pain. Anesth Analg 2003; 97 (3): 785–790.

2. Backonja, M: Neuromodulating drugs for the symptomatic treatment of neuro- pathic pain. Curr Pain Headache Rep 2004; 8 (3): 212–216.

3. Schmader, KE: Epidemiology and im- pact on quality of life of postherpetic neu- ralgia and painful diabetic neuropathy.

Clin J Pain 2002; 18: 350–354.

4. Backonja, MM: Use of anticonvulsants for treatment of neuropathic pain. Neuro- logy 2002; 59 (5 Suppl 2): S14–S17.

5. Backonja, M; Glanzman, RL: Gabapen- tin dosing for neuropathic pain: evidence from randomized, placebo-controlled cli- nical trials. Cin Ther 2003; 25 (1): 81–104.

6. Fink, K et al.: Inhibition of neuronal Ca2+influx by gabapentin and pregabalin in the human neocortex. Neuropharma- cology 2002; 42: 229–236.

7. Farrar, JT et al.: Clinical importance of changes in chronic pain intensity mea- sured on an 11-point numerical pain rating scale. Pain 2001; 94: 149–158.

8. Pande, AC: Pregabalin in generalized anxiety disorder: A placebo-controlled trial. Am J Psychiatry 2003; 160: 533–540.

9. Richter, RW; Portenoy, RK et al.: Relief of painful diabetic peripheral neuropathy with pregabalin: A randomized, placebo- controlled trial. J Pain 2005 (in press).

Brigitte Richter Tulsa /Basel

Interessenlage: Die Berichterstattung wurde unterstützt von Pfizer AG.

Analgetische Antikonvulsiva gegen neuropathische Schmerzen

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T A G U N G S B E R I C H T C O M P T E - R E N D U D E C O N G R È S

A n t i k o n v u l s i v a f ü r d a s S c h m e r z m a n a g e m e n t

(adaptiert nach RK Portenoy, präsentiert am National Pain Forum, Philadelphia, 2004)

Wirkstoff Evidenz Kommentar

Gabapentin RCT bei diabetischer Neuropathie Als Mittel der ersten Wahl betrachtet bei neuropathischen Schmerzen;

und Post-Zoster-Neuralgie vorteilhaftes Nebenwirkungsprofil; keine Interaktionen; effektive Do- sis 900 –3600 mg/Tag.

Pregabalin RCT bei diabetischer Neuropathie Mechanismus ähnlich wie Gabapentin, stabilere Pharmakokinetik;

und Post-Zoster-Neuralgie keine Interaktionen; effektive Dosis 300–600 mg/Tag.

Lamotrigin RTC in verschiedenen Indikationen Risiko für schweren Hautausschlag, falls nicht langsam initial titriert.

Topiramat RCT bei diabetischer Neuropathie Zugelassen zur Migräneprophylaxe; Gewichtsverlust in 40 Prozent

und Kopfschmerz der Fälle.

Andere Fallberichte

RCT = randomisierte, plazebokontrollierte Studien

Referenzen

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