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Mehr Zeit für Thrombolyse nach Schlaganfall

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Academic year: 2022

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Die Herausgeber der Zeitschrift

«The Lancet» kürten die europä - ische Schlaganfall-Studie ECASS III zur weltweit wichtigsten medizini- schen Veröffentlichung des Jahres 2008. Sie eröffnet neue Chancen in der Akuttherapie nach einem Schlaganfall, weil nun die Wirk- samkeit von Alteplase noch bis zu 4,5 Stunden nach dem Hirnschlag nachgewiesen ist. Bislang galten drei Stunden als Obergrenze.

R E N AT E B O N I F E R

Die Studie ECASS III (European Coope- rative Acute Stroke Study) beweist, dass die Therapie des akuten Schlaganfalls durch den Verschluss einer Gehirnarterie mit dem biotechnologisch hergestellten Enzym Alteplase (Actilyse®) auch noch 3 bis 4,5 Stunden nach Auftreten der ers- ten Symptome wirksam und sicher ist.

Damit erhöht sich die Anzahl potenziell behandelbarer Patienten beträchtlich:

«Von diesem Studienergebnis könnten alleine in Deutschland mehrere tausend Patienten jährlich profitieren», sagte Stu- dienleiter Professor Werner Hacke vom Universitätsklinikum Heidelberg. ECASS

III habe aber nicht nur das Zeitfenster für die Thrombolyse erweitert, sondern den behandelnden Ärztinnen und Ärzten auch neues Vertrauen vermittelt, die Fol- gen eines Schlaganfalls tatsächlich be- kämpfen zu können.

Studiendesign und Resultate

821 Hirnschlagpatienten wurden in die Studie eingeschlossen. Einschlusskrite- rien waren ein Alter von 18 bis 80 Jahren und die klinische Diagnose akuter isch - ämischer Hirnschlag innert drei bis vier Stunden nach Beginn der Symptome, so- dass die intravenöse Lyse spätestens bis 4,5 Stunden nach den ersten Symptomen möglich war. Bei allen Patienten erfolgte der Ausschluss intrakranieller Blutungen vor der Intervention mittels Computerto- mografie (n = 771) oder MRI (n = 50).

Die lange Liste der Ausschlusskriterien umfasste intrakranielle Blutung, Zeit- punkt des Hirnschlags unbekannt, sich rasch verbessernde oder nur minimale Symptome, schwerer Hirnschlag (klini- scher NIHSS*-Wert >25 oder in der Bild- gebung mehr als ein Drittel der mittleren Zerebralarterienregion betroffen), epilep- tischer Anfall am Beginn des Hirnschlags, Hirnschlag oder schweres Kopftrauma in den letzten drei Monaten, vorheriger Hirnschlag und Diabetes, Heparingabe 48 Stunden vor dem Hirnschlag, Throm- bozytenzahl unter 100 000/ml, Blut - glukose unter 50 oder über 400 mg/dl, Symptome, die trotz normalem CT-Be- fund für eine subarachnoidale Blutung

sprechen, orale Antikoagulanzien, grös- serer chirurgischer Eingriff oder schwe- res Trauma innerhalb der letzten drei Monate sowie andere Erkrankung mit erhöhtem Blutungsrisiko.

Die Patienten wurden in zwei Gruppen randomisiert und erhielten intravenös Alteplase (rt-PA) oder Plazebo. Der Hirn- schlagsschweregrad (NIHSS) betrug durchschnittlich 10,7 in der Alteplase- und 11,5 in der Plazebogruppe. Die mitt- lere Dauer bis zur Infusion betrug vier Stunden. Wie zu erwarten, gab es in der Alteplase-Gruppe mehr intrakranielle Blutungen als in der Plazebogruppe (27 vs. 17,6%). Als sympto matisch be- urteilt wurden gemäss der ECASS-III-De- finition aber nur 2,4 Prozent mit Alte- plase und 0,2 Prozent mit Plazebo. Die Studienautoren geben zum Vergleich auch die Prozentwerte an, die sich bei

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Mehr Zeit für Thrombolyse nach Schlaganfall

Studie gilt als eine der weltweit wichtigsten medizinischen Publikationen

*NIHSS: National Institutes of Health Stroke Scale; die Skala reicht von 0 bis 42, wobei höhere Zahlen für schwerere zerebrale Infarkte stehen.

Professor Werner Hacke, Leiter der preisgekrönten ECASS-III- Studie

Merksätze

Die Thrombolyse mit Alteplase ist bis zu 4,5 Stunden nach einem ischämischen Hirnschlag noch nützlich, um das Risiko anhaltender Behinderungen zu mindern.

Trotz längerem Zeitfenster bleibt es

dabei: Jede Minute zählt!

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der Anwendung der Kriterien früherer Studien ergeben hätten, nämlich ECASS II (5,3 vs. 2,2%), SITS-MOST (1,9% vs 0,2%) oder NINDS (7,9 vs. 3,5%).

Mit Alteplase zeigte sich bei 52,4 Prozent der Patienten in der Folge ein günstiger Verlauf gegenüber 45,2 Prozent mit Pla- zebo. Um einen Patienten vor einer Be- hinderung zu bewahren, müssen 14 Pa- tienten eine Alteplase-Infusion erhalten (number needed to treat); das Blutungs- risiko ist hierbei bereits berücksichtigt.

Die Mortalität betrug mit oder ohne Alte- plase um die 8 Prozent.

Trotz grösserem Zeitfenster:

Jede Minute zählt!

«Viereinhalb Stunden Zeit zu haben heisst nicht, viereinhalb Stunden bis zur Behandlung brauchen zu müssen», erin- nerte Professor Heinrich Mattle von der

Universitätsklinik für Neurologie am Inselspital Bern in einem Kommentar zur ECASS-III-Studie. Schliesslich ster- ben bei einem Hirnschlagpatienten ohne Behandlung pro Minute 1,9 Millionen Neurone ab, sodass die Chance auf ein späteres Leben ohne Behinderung rasch abnimmt. Beginnt die Therapie 1,5 Stun- den nach Symptombeginn, ist diese Chance 2,8-mal höher als ohne Behand- lung, nach drei Stunden nur noch 1,5- mal und nach 4,5 Stunden 1,4-mal höher.

Insofern dürfte trotz des nun grösseren Zeitfensters für die Thrombolyse die Ver- zögerung bis zum Eintritt ins Spital wei- terhin der bedeutendste Risikofaktor bleiben. Hier gibt es noch viel zu verbes- sern. Wenn Hirnschlagpatienten in ein Schweizer Spital kommen, weiss man bei jedem Dritten nichts über den Beginn

der Symptome und somit den Zeitpunkt des Hirnschlags; die Thrombolyse kommt bei ihnen von vorneherein nicht infrage.

Von den restlichen zwei Dritteln kom- men 60 Prozent innert sechs Stunden ins Spital, die anderen erst später. Nur Patienten mit grossen ischämischen Infarkten kommen zunehmend rascher ins Spital; hier ist die Aufmerksamkeit in der Bevölkerung offenbar etwas ge-

wachsen.

Quelle:

Hacke W. et al.: Thrombolysis with Alteplase 3 to 4,5 Hours after Acute Ischemic Stroke. N Engl J Med 2008; 359: 1317—1329.

Interessenlage: Die Studie wurde von Boehringer Ingelheim finanziert. Die Studienautoren geben eine Reihe von Berater- oder Vortragshonoraren, Forschungsgeldern etc. von dieser und mehreren anderen pharmazeutischen Firmen an.

Renate Bonifer

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