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Einige weitere Bemerkungen zu Böhtlingk's Artikeln
über Vasishtha.
Von ti. Btthler.
I. 22.
Wenn ich Böhtlingk recht verstehe, so ist auch er jetzt über¬
zeugt, dass der Vers ti^W^^W ifi^ von dem Verfasser des Väs.
Dh. S. in dem Sinne gefasst ist , vv'elchen meine Ueberzetzung aus¬
drückt. Er fügt hinzu , dass der dort gegebene Gedanke nur in
folgender Weise correct ausgedrückt werden könne '):
*j^<M<;u! ^TrfTi qrdfi«i ^fT^'i: i
entweder | 1*^111 «((«in «11 rtJ-jH T ^ S{«8II*J1Tfl. It
oder I ?nu?|-l«TTM »1 1«tli «1 1rtH «jH T 5! «I'ITfl 1 Tfl. II
Erstere Fassung des zweiten Halbverses, welche sich Ba.
Dh. II. 2. 36 in MS. D findet, ist, wie Böhtlmgk bemerkt,
metlisch falsch. Dieser Umstand , sowie die Thatsache , dass das
überschüssige nur in D. und den verwandten MSS. der secun¬
dären uördlichen Gruppe vorkommt, deutet meiner Ansicht nach
darauf hin, dass die Lesart nur einer interlinearen oder marginalen
Note ihren Ursprung verdankt. Ein fieissiger Leser des codex
archetypus oder eines andern alten Repräsentanten der nördlichen
Gruppe notirte sich zu seiner Orientirung das Wort H'H- und ein
späterer Schreiber setzte es in den Text. Die zweite metrisch
richtige Fassung des Halbverses, welche sich nur in einer sehr un¬
zuverlässigen Quelle , bei einem späten nordindischen Commentator Manu's, findet, scheint mir eine Ueberarbeitung der metrisch falschen
Variante zu sein. Für die Richtigkeit dieser Annahme spricht
auch der Umstand , dass unser Vers iu dem Väsishtha Dh. S. , bei
Manu und im Mahäbhärata XII. 166. 37 die von den besten MSS.
Baudhäyana's gebotene Fassung hat. Es ist ferner zu beachten,
dass derselbe durch die Einfügung von tl^I unklarer wird. Da
1) Vgl. auch diese Zeibchrift Bd. XL, p. 526.
700 Bulller, Einige wettere Bemerkungen zu Böhtlingk's Artikeln'etc.
die Partikel f dann den Begriff „sofort' negirt, wird aber der
durebaus erforderlicbe Zusammenbang zwischen den letzten Worten
und der ersten Hälfte des Verses aufgehoben.
Ich kann also nur bei der gewöhnlichen Fassimg des Verses,
welche kein enthält, bleiben. Bei der Erklärang derselben
wird man entweder annehmen müssen, dass der Verfasser des Verses
T ^, wie der Verfasser der Vishnusmriti andeutet und die meisten
Commentatoren behaupten , unidiomatisch für T I Hkfl gebrauchte,
oder dass der Verfasser des Väs. Dh. S. (sowie auch andere Sütra-
und Smiitikäras), dem Verse, welcher ursprünglich eine andere Be¬
deutimg hatte, einen falschen Sinn unterschob, weil die Anschauungen
über die Behandlung von Ausgestossenen sich geändert hatten. Beide
Annahmen sind möglich. Es giebt in den Smritis viele kritisch
sieher stehende Verse, welche unidiomatische oder grammatisch
falsche Wendungen zeigen. Andererseits baben sich die alten Inder
ebensowenig gescheut, wenn es ihnen passte, eiuen alten Vers falsch
zu interpretiren, wie die modernen, vgl. z. B, Väs. Dh. S. XVII. 16,
wo ein Vers des R. V. falsch erklärt ist.
n. 10.
Zu meinen früheren Bemerkungen über «lin«l^*H? „jemals"
habe ich noeh hinzuzufügen , dass , wie mir seheint , weder die
Lehren der indischen Grammatiker noch der Sprachgebrauch der
durchforschten vedischen Werke gegen die Annahme, -^HS sei nieht
oin blosser '^m}«^ für ^^t, sondem ein berechtigter Nom. Acc.
vom Stamme verwendet werden können. Die Gramma¬
tiker sind für die vedische Sprache oder die vedischen Dialecte
uieht massgebend , da , wie die neueren Untersuchungeu gelebrt
haben , ihre Notizen über die Erscheinungen , welche in den Veden
vorkommen , unvollständig sind. Was den Sprachgebrauch in den
untersuchten vedischen Werken betrifft, so hat Lanman (Jour. Am.
Or. Soc. X. p. 530—31) allerdings nachgewiesen, dass bei Stämmen
auf '^f^ eine starke Abneigung gegen den Nom. Acc. auf be¬
steht. Die Zahl der uns jetzt zugänglichen Säkhäs, und noch mehr
die der kritisch herausgegebnen uud genau durchforschten Werke ist
im Vergleiehe mit dem was früher vorhauden war , zu gering , als
dass man eiu sicheres Urtheil darüber abgeben könnte, was in den
vedischen Dialecten möglich war. Jede neu durchforschte Säkhä
bat frülier unbekannte sprachliche Erscheinungeu zu Tage gefördert.
Darunter fiudet sich immer auch eiue Anzahl ganz allein stehen¬
der Facta.
Was die Form ^ in «ftdU^TTf R. V. X. 128. 4 betrifft,
sii wäre es natürlich auch möglieb dieselbe als Nom. Acc. eines
«-iStauiiues zu lassen , von welchem der Genitiv Plural ^RST-
Bühler, Einige weitere Bemerkimgen zu Böhtlingk's Artikeln etc. 701
•TT'I. vorkoramt. Indessen dürfte es gerathener sein diese Stelle
ganz ausser Betracht zu lassen. Denn ^tj , wie der Text liest,
kann man nur mit Säyana als Pron. der erst^ Person fassen.
Wenn man ^Tf für eine Nebenforra oder Corruption von '^T^:
ansieht, rauss man die Accentuirung conjecturell ändern.
XI. 2.
Böhtlingk meint, es sei eine Spitzfindigkeit, anzunehmen, dass
die Zahl „sechs" in Sütra XI. 1 M'ä^l^l M^V^ I ^^NSfTRfTj^-
gesagt sei. Ich glaube nicht, dass diese Behauptung bei
eingehenderer Untersuchung des FaUes aufrecht erbalten werden
kann. Wenn ein Indischer Commentator sagt, ein Zahlwort sei
gesetzt „um eine kleinere Zahl auszuschliessen", so klingt das aller¬
dings dem Ohre des Europäers befremdlich. Was er aber meint,
ist einfach und richtig. Er will sagen, dass an der betreffenden
Stelle das Zahlwort aus irgend einem Grunde seine beschränkende
Kraft verloren hat und eigentlich überflüssig ist. Beispiele der
Art finden sich wirklich bei indischen Autoren und nicht eben
selten. Dieselben zerfallen in zwei Hauptabtheilungeu : 1) solche
wo ein Zahlwort aus rein rhetorischen oder metrischen Gründen
pleonastiscb eingefügt wird , 2) solche wo eine friiher bestehende
numerische Beschränkung im Laufe der Zeit zu gelten aufgehört
hat, die Autoren aber das Zahlwort, welches dieselbe ausdrückt,
conventionell, sei es aus falscher Pietät gegen ihre Vorgänger, sei
es aus Nachlässigkeit, beibehalten ohne demselben irgendwelche
Wichtigkeit beizulegen. Zu der ersten Classe gehört z. B. der
Gebrauch des Zahlwortes „vier" in dem Verse, Väs. Dh. III. 57:
„Durch viel' (Mittel) wird Erde gereinigt (näralich) durch Umgraben,
Brennen, Abschabeu (der Oberfläche) und Betreten durch Kühe,
sowie fünftens durch Bestreichen (mit fiüssigeu Kuhdünger)". Aehn¬
liche Wendungen kommen besonders in den Versen , welche die
Sütrakäras citiren , und in andern metrischen Compositionen mehr¬
läch vor. Viel häufiger sind aber, sowohl in Prosa als in Versen, in
alter wie in neuer Zeit, die Fälle der zweiten Art. Hierher gehören der
sogenannte „solenne" Gebrauch von '^«Tl l^"«! I oder bei
Schriftstellera, die auch von vier Veden sprechen oder wenigstens den
Namen des vierten Veda au audern Stellen nennen, sowie die An¬
gaben, dass z. B. sechs Darsanas, 18 oder 36 Smritis uud Puränas
vorhanden seien, obschou der Autor, welcher sie macht, mehr Werke
der betrett'enden Classe keunt '). In den Smritis kommen noch
andere Beispiele vor, die für deu Juristen uud deu Rechtslörsch or
viel grössere Bedeutung als die angeführten besitzen und mitunter
1) Zu vergleichen sind conventionelle Kedensarten wie die von „allen vier Welttheilen" hoi europäischen Autoren, dio mit der E.\istenz des fiinften nieht unbekannt sind.
702 Balder, Kinige tceitere Bemerliungen zu Böhtlingk's Artikeln etc.
grosse Schwierigkeiten machen. So sprechen die Manusamhitä, die
Näradasmriti und andere Werke von den „sechs' Arten des Frauen¬
vermögens, obschon ihre Absebnitte über das Erbreeht zeigen, dass
eine Frau aueh auf anderem Wege Eigenthum erwerben kann. Die
Autoren haben also eine früher geltende numerische Beschränkung
stehen lassen, nachdem der Fortschritt der Civilisation die alten Ban¬
den gesprengt hatte. Aehnlich steht es meiner Ansicht nach mit der
Angabe über die „sechs Personen welche des Madhuparka würdig
sind". Die Zahl wird mehrfach genannt. Im Pär. Gri. Sü. I. 3. 1,
Sänkh Gri. Sü. II. 15. 1, 5—9 und Gobh. Gri. Sü. IV. 10. 23—24,
wo übereinstimmend, der Lebrer, ein Opferpriester, der Bräutigam,
der König, ein Priya und ein Snätaka (Gast, Gobh.) als die sechs
Arghyas genannt werden, mag das Zahlwort wirklich eiue be¬
schränkende Kraft haben. Im Väs. Dh. S. XI. 1—2 dagegen, wo
der Lehrer fehlt, während väterliche und mütterliche Onkel, ganz
wie in andern längern Listen, aufgenommen sind, ist die Hinzufügung
der Zahl rein conventionell. Kein Hindu wird je daran denken
dem Lehrer die höchste Ehrenbezeigung abzusprechen. Nähme man
Vasishtha's Sütra wörtlich, so hätte er das gethan. Der besprochene
conventionelle Gebrauch vou Zahlwörtern ist natürlich , wie man
denselben auch erklären mag, eine Ungenauigkeit. Wer die Inder
uud ihren Character aus persönlichem Umgange kennt, wird sich
nicht über das Vorkommen dieses und ähnlicher Verstösse wundern.
Einige sichere Beispiele des Gebrauches von ca im Sinne von „und
so weiter' liefert mein Aufsatz im ersten Hefte der Wiener Zeit¬
schrift f. d. K. d. Morgeul. „on a disputed meaning of the particles iti and eka'.
XL 27.
Böhtlingk's Behauptung, dass man 5-^^9 nicht zu kürzen
köime, weil es eiu Deiivat von f^^^^ sei, scheiut mir nicht durch
die Thatsachen gerechtfertigt. Die hier in Betracht kommenden
Regeln betreffend die 'Tl^iqfV und *1l*ll<f<l. gemachten Verkürzungen
siud meiner Beobachtung nacb folgeude: 1) Ein Compositum, welches
als sainjvd gebraucht wird , kann im Sanskrit möglicher Weise
durch seinen ersteu oder seinen zweiten Theil vertreten werden ').
2) Ein Derivat von eiuer solchen samjnd kanu auf dieselbe Weise ge¬
kürzt werden, vorausgesetzt, dass es auch als sanijnä gebraucht wird.
Beispiele zu der zweiteu Regel sind u. a. TT^ und T'rf. Ersteres
steht für ^TIj^M^, eiue Taddhita-Bildung vou Vj^^^^ und letzteres
11 Der wirkliclip Gelirauch einer Verkürzung sciieint davon abzuliiingen, ol) die betreffende siiiiijiiä bäulig vorkommt oder einmal durch ihre B'orm einem Dicbter oder Verssclimiedo uiibccjueui geworden ist. Die indischen Autoren geniren sich in letzterem Falle ebenso wenig, wie einige deutsclio Uebersetzer, welche den ungeschlachten Elephanten in den metrisch handlichen ..Uien' ver¬
wandelt haben.
Biihler, Einige weitere Bemerhungen att Böhtlingk's Artikeln etc. 703
für »rnhfH, eine analoge Ableitung aus ^^ftTT^. »ITs^M^ und
^rnfrsfV^ sind als Monatsnamen samjuds und werden aus diesem
Grunde gekürzt. Da obschon eine Taddhita-Bildung aus
fq-^l^q , unzweifelhaft eine samjnd ist, so kann es möglicher Weise
auch gekürzt werden. Man kann deshalb, wie mir scheint, nicbt
behaupten , dass Govindasvämin und Krishnapandita Unrecht haben
müssen wenn sie ^q , welches alle MSS. bieten, als Stellvertreter von
^'Sl^fl ansehen. Wenn Böhtlingk schhesslich sagt, dass man an
unserer Stelle und bei Baudhäyana gar kein erwarte, so
kann ich auch diesem Satze nicht beistimmen. könnte man
allerdings erwarten. Die Gottheiten des ^nS, welches das
Todtenopfer einleitet , sind die fq^ (vgl. Dharmasindhu III.
fol. 12 a-b (Bombay Ed.) ^^rntMhlO und dies ^ ^ wird auch
^^^q genannt, vgl. z. B. Manu III. 83, Gribyasamgraha II. 80,
und Dharmasindhu III. fol. 18 a-b, wo der Autor «|-«(^q und
durchweg als Synonyma gebraucht. Ob die beiden
Commentatoren schliessUch Recht behalten werden, wird die Zu¬
kunft lehren , wenu gute neue MSS. des Väsishtha und des Bau¬
dhäyaniya Dharmasästra aufgefunden werden.
XII. 40.
Ich kann mich Böhtlingk's Uebersetzung von fflf^flmi „der
mit seiaem Sitze bald fertig geworden ist, d. i. „dem es einerlei ist worauf er sitzt" nicht anschhessen. Meiner Ansicht nach bedeutet
das Compositmn „der (den Wunsch nach einem) Sitze überwunden
hat" d. h. „der kein '^itlT d. i. keinen Stuhl, Kissen u. s. w. ge¬
braucht, sondem stets auf dem blossen Erdboden sitzt". Der Ge¬
brauch von f^f , (ql«! , ^nrf^ u. s. w. im Sinne „den Wunsch nach
etwas, oder die Gewohnheit von etwas überwinden" ist in der älteren
wie in der neueren Literatur nicht selten. So heisst es in einer
bei Päraskara, Grihyasütra II. 7. 6, citirten SteUe: T ^ % <k i<q i
t^T^rrnr f % WTOT ^«J<fll7I ^fTi: „Denn im [Satapatha]
Brähmana heisst es : „Wenn er gebadet hat, bettele er ja nicht ; wenn er gebadet hat, beseitigt er ja das Betteln'. So Stenzler. Hiernach
passt «»n: Wratgr^T^t^T oder fl*< 1^ H^<*>i)d sehr wohl und
kann durch „Er soU (den Wunsch) überwinden Sabhäs und Samäjas
(zu besuchen)", übersetzt werden.
704 BüJiler, Einige weitere Bemerlnngen zn Böhtlingh'' k Artikeln ete.
XV. 19.
Der Coinmentar Krishnapandita's zu diesem Sütra lautet folgender Massen :
^>Ml4*<ljrMj^«riK<ilft<fll<KM<(imi^m Hrtimr-rt: II <ie II
^^T^jii^lM^uji fniTwra'rai^rT: ^f^T<rr ^ ^f^rr »nwT^T-
^^T^Tf<««t*d<<i sRn^wr^w'£i'nziTfl['m^T^<T%Tr^T
HtfimPd: ll drtl«*K*(l^ II
XVI. 21—23.
Böhthngk behauptet jetzt, dass diese Sütren sicher verderbt
seien , dass meine Uebersetzung keinen befriedigenden Sinn gebe
und mit dem Texte nicht stimme. Was den dritten Punct betriift,
so hat er ohne Zweifel Recht. Es ist aber zu beachten , dass icb
nicht nach Führer's Ausgabe übersetzt habe rmd dass ich nicht
danach übersetzeu konnte. Die Ausgabe erschien 1883, während
meine Uebersetzung 1880 gemacht und 1881 gedruckt wurde.
Führer hat in Sütra 22 eine ganz kleine, aber höchst bedeutsame,
Abweichung von der Fassung die ich vor Augeu hatte. Er gibt
nämhch ^ünrfrrrt ^ TTWT ^TR. II , während ich TJ'ffT^^'^
d. h. THTT ^I^TPl. las, wie auch Krishnapandita tbut. Wenu
die Negativ - Partikel hier fehlt , so weiss ich mit der ganzen
Stelle nichts zu machen. Nimmt man aber an, wie uubedenk¬
lich geschehen kanu, dass das anlautende von 'fll?l<tin, mit
dem Auslaute vou "TT^T verschmolzen ist uud fasst mau '^T
iu S. 22 mit Krishnapandita als Adversativ-Partikel (^nJl'tTTf^-
«B'SMq^Vl l4*t,), SO wird man zugeben müssen, dass die Auffassung
der Stelle, welcher ich im Anschluss an Krishnapandita Ausdruck
gegeben habe, manches für sich hat. Dieselbe beruht auf der
Voraussetzung, dass der Autor mit dem Worte <JW spielt uud
sagen will : ,Die Beamten des Königs uud der König selbst sollen
.an Schärfe des Blickes den Geiern gleicheu, aber uicht die Gier
dieser Vögel besitzen. Ein Köuig der von eiuem mit dem Scharf¬
blick der Geier begabten Gefolge umgeheu ist, steht höher als
BrahmauWer sich aber mit Dieueru umringt, die heisshuugrig
wie Geier nach dem Hab imd Gut der Unterthan eu trachten , uud
selbst so deukt, der ist ^(^^nt, , ein schlechter Fürst. Eiu solcher
11 \\-io sehr viele Stellen bei alten un.l neuern Dichtern beweisen . er¬
laubt .l.T In.ler sielt h;iutiy Künii^e. Minister u s. iv über .lie G.itter zu stellen.
Bühler, Einige weitere Bemerhmgen zu Böhtlingk'n Artikeln etc. 705
Vergleich liegt einem Inder sehr nahe, da er das Treihen der
„gierigen und fernblickenden" Geier täglich bei seinem Dorfe sieht.
Der indische Commentator hat denselben natürlich sofort verstanden.
Ich zweifle auch nicht daran, dass der Autor das obige hat sageu
wollen, obschon ich das vier Mal wiederholte ^WTf^^T( gramma¬
tisch nicht zu erklären vermag. Wenn ich keiue Aenderung vor¬
schlage , so ist mein Hauptgrund der , dass ich dem Sanskrit des
Verfassers des Väsishtha Dharmasästra nicht traue. Ich glaube
nicht, dass er mehr gekonnt hat, als die meisten andern Kalpasütra-,
Grihyasütra- und Smritikäras. Diese Männer waren sämmtlich
Yäjnikas, deren wissenschaftliche Ausbilduug uach Päraskara, Gri.
S. II. 6. 8, im Alterthum ebenso unvollkommen zu sein pflegte,
wie in der spätereu Zeit. AUe diejenigen unter ihnen, deren Werke
uns erhalten sind , gehören Zeiten an, wo Prakrit Dialecte im täg¬
lichen Verkehre und als Staatssprachen durch ganz Indien gebraucht
wurden. Es ist desshalb nichts wunderbares , dass ihre Werke,
wie auch ein älterer indischer Gelehrter') vor mehr als zwölf hundert
Jahren ausdrückUch bemerkt hat , viele apasabdas d. h. nach den
Regeln der Väiyäkaranas nicht erlaubte Wörter, Formen und Construc¬
tionen enthalten. Derselbe Grund, zu dem andere zum Theil früher
erwähnte treten, hindert mich Väs. Dh. S. XIII. 47 ^TTTTr ^ ^
Hnfd zu 5^ oder , was ich vorziehen würde , zu 'J^ nfn ^^flffl
zu ändem, sowie XVI. 16 irfTH^ und XVI. 18 «IIM'y'H 2) zu
coiTigiren. Derselbe veranlasst mich auch in aUen Puncten, wo es
blos auf einen grösseren oder geringeren Grad der Correctheit der
Sprache ankommt, conservativ zu bleiben und mich streng an die
Ueberlieferung zu halten. Deun, wenu der Verfasser kein correctes
Sanskrit schreiben konnte , so können die grammatischen Abnormi-
tilten trotz der Verderbtbeit der MSS., sebr wohl demselbeu zur
Last faUen.
1) Tantrav&rttik.i p. 199 (Ben. S. S.): gSgET^Pf^fTTO^^'T^Ttfrr^-
^TfrW: I ftl^T f¥T: ITO^T^T -«IMSJs^HiiiäftSi: II 1^1' weide den
Vers und ähnliclie Aeusserungen anderer Autoren au anderer Stello ausfuhrlich hesprochen.
2) Böhtlingks Bemerkung, dass «TTSfVfft nicht, wie ich gesagt haho, im „nächsten Verse" , sondern ,,genauer im übernächsten" stehe , entbält einen kleinen Irrthum. Ich habe vom ,,Verse" gesprochen, er denkt an das ,,Sütra".
Da XVI. 17 in Prosa geschrieben ist, .so ist XVI. 18 obsebon das „übernächste"
Sütra, doch der ,.nächste Vers".
706
Zur Transskription der indoiranischen Zischlaute.
Von Chr. Bartholomae.
Die Zahl der ungereimten Behauptungen, welche durch die ver¬
schwommene Transskription der indischen und iranischen Zischlaute
veranlasst wurden, hat sich erst neuerlich wieder um ein Paar ver¬
mehrt. In Kuhn's Zeitschrift XXVIII, S. 173 lesen wir: „Ich scheide so 1. WZ. kie V , skr. cyu .. . uud (2.) wz. sk e v .. ., skr. ^cyu ...
Ob auch die erste Wurzel einst mit s anlautete , ist nicht sicher,
abaktr. skyaothna = skr. cyautna fordert es nicht unbedingt,
da ... die eine Wurzel die andere sinnverwandte beeinflussen konnte.'
Der Schreiber zerlegt also das Justi'sche sk in skyaothna offen¬
bar in s (= skr. s) + k. In der That aber ist jenes sk nur eine
auf Missverständniss beruhende Wiedergabe eines einzigen Zeichens,
welches einen s-Laut darstellt, der vor y (i) auftritt und in unserm
Fall genau das altind. c wiedergibt. — — Ebenda lesen wir auf
S. 233: „Der Genetiv (des Dual) muss auf -aus angesetzt werden
wegen asl. rabu... Der Gen. des altbaktr. -äo, -äo9c a kann nur
aus *aos rait Anlehnung an deu Nora. *ä, *äo erklärt werden."
Wenn ich den Inhalt dieser Zeilen richtig verstehe '), so denkt
sich ihr Verfasser die Entstehung vou tayäo in folgender Weise:
Dem altind. tayos entspricht ira Avest. zunächst tay aos. Nun
wurde der Diphthong ao in Anlehnung an den Ausgang des Nom.
täo*) in ä 0 umgewandelt. Die Folge war , dass das auslautende
s schwinden musste, wie z. B. av. v i s p ä 0 gegenüber ai. v i 9 v ä s
beweist. Wie aber neben vicväs vi9vä9ca steht, so auch neben
tayäo tayä09ca. — Offenbar hat sich der Verfasser verleiten
lassen , das Just i'sche s = ai. und 9 = ai. II zu setzen ; daher
die Gleichung täyo9ca = av. tayäo9ca. Es wäre aber doch zu
bedenken gewesen, dass das altindische tayos uud t ä y 0 9 c a (nacb
1) Sollte ich mich hierin irren, so hitte ich den Verf. . die Schuld daran jedenfalls nicht mir allein beizumessen.
2) Der iibrijiens reclit unsicher ist lud ausl. Su ist auch av. fiu, cf Verf, Bezzeiiberger's Beitrüge IX. S Üin Ii"