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Heinrich Beck, Bamberg:

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(1)

He inr ich Beck , Bamberg:

Der Begr i f f des Fr iedens be i Comen ius ;

se ine on to log ische Begründung und se ine ak tue l le Bedeu tung

D ie Ideen des großen vor- reforma tor ischen chr is t l ichen Theo logen , Ph i losophen und Pädagogen Jan Amos Komensky ( la t . Comen ius) , der im 17 . Jahrhunder t in T schech ien leb te , können heu te Perspek t iven zur Lösung von fundamen ta len Aufgaben verm i t te ln , vor denen d ie Menschhe i t s teh t . Das g i l t insbesondere für d ie Grund legen e ines um fassenden Fr iedens , d ie e ine on to log ische D imens ion haben und e ine une ingeschränk te d ia log ische Of fenhe i t e insch l ießen .

1

So möch te ich im Fo lgenden versuchen , zunächs t in e inem 1 . Schr i t t den Begr if f des Fr iedens be i Comen ius zu e r läu tern , ihn dann – in e inem 2 . Schr i t t - aus se iner on to log ischen Begründung heraus zu vers tehen , um sch l ieß l ich e in ige Aspek te se iner ak tue l len Bedeu tung herauszuarbe i ten - in e inem 3 . Schr i t t t .

1 . Der Fr iedensbegr i f f des Comen ius und se ine Prob lema t is ierung

1

J . A . Comen ius, An t isoz in ian ische Schr if ten . Deu tsche Ers tüberse tzung . In

Zusammenarbe i t m i t Jürgen Beer , Hors t Bu l i t ta , Reg ina Froschauer und O t to

Schönberger kommen t ier t hg . von Erw in Schade l (3 Te i lbände , durchgäng ig pag in ier t ;

Schr if ten zur T r iad ik und On todynam ik , Bd . 25) , Frankfur t /M . u .a . 2008 , 1272 S . . - E ine

ausführ l iche H inführung zu d iesen Schr if ten in : Ders . , W iederho l te Ansprache an Baron

Wo lzogen /I tera tus ad Baronem Wo lzogen ium sermo . Übers . von O t to Schönberger , m i t

e inem Kommen tar und e iner ´E inführung in d ie an t isoz in ian ische Kon troverse des spä ten

Comen ius´ hg . von E . Schade l (Schrr . zur T r iad ik u On todynam ik , Bd . 21) Frankfur t /M .

u .a . , 550 S . .

(2)

1 ,1 Nach Comen ius is t “Fr iede” , der d iesen Namen verd ien t , e twas um fassendes und wahrhaf t be-fr ied igendes Gu tes ; und e r muß e iner

„Verbesserung der mensch l ichen D inge“ d ienen .

2

Dam i t geh t es h ier n ich t nur um e in po l i t isches Phänomen , sondern zu t iefs t um e in Grundverhä l tn is zur W irk l ichke i t , das s ich in der Bez iehung des Menschen zu s ich se lbs t , zum M i tmenschen , zur Na tur und zum Abso lu ten und Gö t t l ichen ausdrück t . Es ver lang t e ine bes t imm te Ges innung , e inen grundsä tz l ichen „Ge is t des Fr iedens“ , der s ich in den versch iedenen Lebensbere ichen ausw irk t und in ihnen den Fr ieden im buchs täb l ichen S inne „hervor -ruf t“ .

In d iese um fassene T iefe der W irk l ichke i t z ie l t Comen ius , wenn er ´Fr ieden´

def in ier t a ls e inen „Zus tand der Ruhe au fgrund von Ordnung , so dass a l les s ich in S icherhe i t be f inde t .“

3

Dam i t führ t er e ine Fr iedensde f in i t ion be i Augus t inus for t , d ie sag t : “Fr iede is t e in Ruhen in der Ordnung” .

4

In d ieser Fr iedensauf fassung des Comen ius s ind dre i E lemen te genann t , d ie für das „Wesen des Fr iedens“ kons t i tu t iv s ind , näm l ich :

1 . „Ordnung“; s ie is t das Grund legende im Begr if f des Fr iedens . Geme in t is t h ier n ich t e ine be l ieb ige „Ordnung“ , d ie de r Mensch nach Gu tdünken ode r nach vordergründ igen Zwecken an d ie D inge heran tragen würde , sondern d ie Ordnung , d ie zu t iefs t in de r

2

Vg l . Comen ius , Umfssende Bera tung über d ie Verbesserung der mensch l ichen Ange legenhe i ten , im Or ig ina l : De rerum humanarum emenda t ione Consu l ta t io Ca tho l ica . Ed i t io pr inceps , moderan te O tocar C lup . T . I /II , Pragae 1966 ( im Fo lgenden = CC) .

3

Vg l . CC II , Sp . 1128 : “Pax (es t) s ta tus rerum ord in is benef ic io tranqu i l lus , u t omn ia in tu to s in t” .

4

Augus t inus, De C iv i ta te De i XIX , 13 ,1 : “Pax omn ium rerum (es t) tranqu i l l i tas

ord in is” .

(3)

Schöpfung ange leg t is t und d ie den gö t t l ichen Schöpfungs in ten t ionen en tspr ich t .

Dam i t tr i t t e in w ich t iger Aspek t zu tage , der me is t n ich t gesehen w ird , näm l ich : Wenn der Mensch d ie D inge , d ie M i tmenschen und s ich se lbs t in der go t tgewo l l ten Ordnung ach te t und anspr ich t , so bedeu te t d ies le tz t l ich auch , dass er an der Krea t iv i tä t des Schöp fers te i ln imm t und s ie for t führ t.

Das he iß t : Der Fr iede , der so en ts teh t , is t se lbs t „krea t iv“ - und so heb t er den Menschen in e ine vo l lkommenere mensch l iche Au then t iz i tä t .

2 . is t gesag t , dass man in d ieser Ordnung inn er l ich „ruhen“ müsse . Das sch l ieß t d ie w ich t ige Aufgabe e iner kon temp la t iven Be trach tung und ge is t igen Ver inner l ichung der vom Schöpfer angez ie l ten un ive rse l len Ordnung und Harmon ie e in , d ie den Menschen se lbs t e insch l ieß t . In d iesem S inne sag t Comen ius : “Un ive rse l le Harmon ie is t zu suchen” .

5

So erwächs t ihm e in „ fr ied-fer t iger“ und “fr iedens-mäch t iger” Hab i tus , aus dem heraus er den Aufgaben des Fr iedens un ter den versch iedens ten Ums tänden begegnen kann .

3 . w ird auf „S icherhe i t“ Wer t ge leg t , d ie aus so lchem ge is t igen „Ruhen in der Ordnung“ hervorgeh t . D ieser Wesensaspek t des Fr iedens , der

5

Comen ius , Prodromus pansoph iae § 59 . – Joze f Ma tu la bemerk t dazu : „Nach

Comen ius s ind innere E inhe i t und innerer Fr iede das Fundamen t , auf dem äußerer Fr iede

und äußere E inhe i t err ich te t werden müssen . .“ - M i t Bezug auf d ie oben genann te

H inordnung des Fr iedens auf e ine dam i t zusammenhängende vo l lkommenre mensch l iche

Au then t iz i tä t fähr t Ma tu la for t : „Comen ius´ Versuche , dauerhaf ten Fr ieden

herbe izuführen , en tspr ingen der Vorausse tzung , dass das Herbe iführen dauerhaf ten

Fr iedens in der ganzen We l t d ie Vo l lendung des Menschen bedeu te t“ , ders . in :

Immanen te Ordnung und un iversa ler Fr iede be i Johann Amos Comen ius , S . 387 ( in : E .

Schade l , Johann Amos Comen ius - Vordenker e ines krea t iven Fr iedens Deu tsch-

tschech isches Ko l loqu ium an läß l ich des 75 . Gebur ts tags von He inr ich Beck an der

Un ivers i tä t Bamberg 13 . - 16 .Apr i l 2004 , Schrr . zur T r iad ik u . On todynam ik , Bd .24 ,

Frankfur t /M . 2004 , S . 387-399) .

(4)

s ich be i Augus t inus noch n ich t f inde t , is t insofern bedeu tsam , a ls er e inen angs t fre ien Zus tand schaf f t , in dem das Se iende in wechse lse i t iger Kommun ika t ion s ich en tfa l ten und in for t laufend re icheren Formen s ich verw irk l ichen kann .

“Mensch l iche Iden t i tä t” bedeu te t dann im Grunde e ine ”d ia log ische Iden t i tä t“ , d ie une ingeschränk t of fen is t und a l le ku l ture l len Ausprägungen des Menschse ins um faß t . Auf d ieser Bas is rea l is ier t s ich `Fr iede´ le tz t l ich durch e ine krea t ive Begegnung der We l tku l turen , in der s ich d ie Ku l turkon t inen te gegense i t ig herausfordern und ge is t ig befruch ten .

6

1 ,2 A l le in , gegenüber der Fr iedensdef in i t ion des Comen ius l ießen s ich grav ierende Fragen erheben , d ie unsere ob ige Dars te l lung prob lema t is ieren und so e ine ze i tgemäße In terpre ta t ion und fruch tbare Ak tua l is ierung des comen ian ischen Ansa tzes in Gang br ingen könn ten . Näm l ich :

6

Zwar f inden s ich d ie Ausdrücke : „Krea t iver Fr iede“ und „D ia log ische Iden t i tä t“

be i Comen ius se lbs t noch n ich t ; doch en tsprechen s ie genau se inem Ge is te . Vg l . Erw in

Schade l (Hsg .) , Johann Amos Comen ius – Vordenker e ines krea t iven Fr iedens (aaO , vg l .

Fn 5) . H ier is t Bezug genommen auf He inr ich Beck , Krea t iver Fr iede durch Begegnung

der We l tku l turen (Schrr . zur T r iad ik und On todynam ik Bd . 9) , Europä ischer Ver lag der

W issenschaf ten : Pe ter Lang : Frankfur t /M . u .a . 1995 , eng l . De lh i /Ind ien 1996 , span .

Maraca ibo /Venezue la 1996 , ch ines . Pek ing /Vo lksrep . Ch ina 1998 . - Ebenso : He inr ich

Beck, Europa – Afr ika – As ien : Komp lemen tar i tä t der We l tku l turen, in : Erw in Schade l

(Hg .) , Ganzhe i t l iches Denken (Fes tschr . Arnu lf R ieber) , 51 – 82 (Schr . zur T r iad ik u .

On todynam ik , Bd . 10) , ebda . 1996; ferner : He inr ich Beck , Ismae l Qu i les (Hsgg .),

En tw ick lung zur Mensch l ichke i t durch Begegnung wes t l icher und ös t l icher Ku l tur. Ak ten

des IV . In terkon t inen ta len Ko l loqu iums zur ph ilosoph ischen In -s is tenzan thropo log ie an

der Un ivers i tä t Bamberg (Schrr . zur T r iad ik . . , Bd . 1) , P . Lang : Frankfur t /M u .a . , 1988 ;

vg l . auch : Uwe V o i g t (Hg .) , D ie Menschenrech te im in terku l ture l len D ia log .

In terna t iona les w issenschaf t l iches Sympos ium un ter der Sch irmherrschaf t der

Europä ischen Akadem ie der W issenschaf ten und Küns te , in honorem He inr ich Beck

(Schrr . zur T r iad ik . . .Bd . 14) : ebda . , 1998 .

(5)

1.

Wenn Fr iede e in „Ruhen in der Ordnung“ bedeu te t : Z ie l t e r dann n ich t doch mehr auf „Ruhe“ a ls auf „Bewegung“ , auf Bewahrung von vorgegebenen bzw . bere i ts en ts tandenen Ordnungen und S icherungssys temen des Lebens a ls auf d ie Hervorbr ingung von Neuem ; ja müss te e r n ich t gegen Veränderungen und Neuaufbrüche sogar s ter i l se in? Würde ihm so n ich t ehe r e in en tsch ieden konserva t ives a ls e in or ig inär krea t ives V erha l ten en tsprechen? Und sag t demgegenüber n ich t bere i ts Herak l i t

7

, dem dar in spä ter Hege l fo lg t : „Pó lemos pán ton pa tér es t i “ /“Kr ieg is t der Va ter a l le r D inge“ – was d ie Frage aufw ir f t , ob „Krea t iv i tä t“ n ich t eher aus kämpfer ischer Ause inanderse tzung erwächs t? Wäre dann im Ausgang von der comen ian ischen Fr iedensdef in i t ion der Begr if f e ines „krea t iven Fr iedens“ n ich t e in W ide rspruch in s ich se lbs t?

2.

Wenn d ie im „Fr iedensbegr if f“ des Comen ius in tend ier te „Ordnung“

ihre Grund lage im Go t tesbezug ha t und som i t woh l e inen spez if ischen re l ig iösen G lauben vorausse tz t (w ie er z . B . in der chr is t l ichen T rad i t ion ausgedrück t is t) : Kann er dann ohne we i teres Anspruch auf A l lgeme inve rb ind l ichke i t erheben? Und w ird so n ich t se in bere i ts mon ier ter konserva t ive r Charak te r gar noch me taphys isch zu

“zemen t ieren” versuch t?

1 ,3 Nun , zur ers ten Frage : Es is t zuzugeben , daß das Wor t “ruhen” e in

7

DK , Fragm . B 53

.

(6)

passives Verhalten suggerieren könnte und nicht unbedingt den Begriff eines dynamischen und kreativen Friedens nahelegt – wenn das Wort nicht auf dem Hintergrund der Seinsauffassung, also der Ontologie des Comenius verstanden wird.

8

Denn nach ihr bedeutet “sein” ein Tun, ja das grundlegende Tun des Menschen und jedes Seienden. Dies drückt sich auch darin aus, daß das Wort “sein” nicht ins Passiv gesetzt werden kann; nicht einmal ein Atom kann “geseint” werden. Demnach bedeutet das Sein, das Ruhen im Sein und das Ruhen in der Ordnung, eine aktive Haltung.

Dasselbe gilt in bezug auf unsere zweite Frage, die den Bezug der Friedensordnung auf einen göttlichen Schöpferwillen betrifft. Denn der Annahme eines solchen Bezugs ergibt sich bei Comenius nicht aus einem irrationalen religiösen Gauben, sondern aus philosophischer Seinsergründung. Denn “Friede” bedeutet, der im Gewissen erfahrenen unbedingten Forderung gegenseitiger Achtung und Gerechtigkeit zu antworten, die – wenn sie einen adaequaten ontologischen Grund verlangt - in nichts anderem gründen kann als in einem transzendenten unbedingten Seienden, das den Menschen anspricht und “ruft”.

Damit erhebt sich unsere zweite Frage, mit welchem philosophischen Seinsverständnis Comenius seinen Friedensbegriff grundlegt.

2. Ontologische Begründung des comenianischen Friedensbegriffs

2,1 Zunächst ist hervorzuheben, dass Comenius sein Vertsändnis des “Sinns

8

Dies zeigt, daß Worte immer in Zusammenhang des Sprach- und

Wirklichkeitsverständnisses der betreffenden Menschen, seiner Zeit und seiner Kultur zu

versehen sind. So ist der Blick auf diese “Verstehbarkeitsgrundlage” unerläßlich.

(7)

von Se in” n ich t aus abs trak ten theore t ischen Präm issen , sondern aus ex is ten t ie l ler Be trof fenhe i t en tw icke l t ha t , näm l ich m i t dem Bes treben , d ie Nega t iv-Erfahrungen zu ve rarbe i ten , d ie er in den Grundbere ichen des Lebens , in Po l i t ik, W issenscha f t und Re l ig ion, machen muß te . Er er leb te d ie Unmensch l ichke i ten des 30-jähr igen Kr ieges und das Versagen von po l i t ischer Mach t ; er l i t t un ter dem pseudo-w issenschaf t l ichen Gelehr tengezänk an den Un ivers i tä ten , das s ich in begr if f l ichen Haarspa l tere ien erschöpf te und jeder rea l i tä tsbezogenen We ishe i t en tbehr te ; und er wurde von den konfess ione l len Zw is t igke i ten in der Ze i t der Gegenreforma t ion be trof fen , wobe i man im Namen der Re l ig ion , d ie e igen t l ich der L iebe zu d ienen hä t te , Haß pred ig te und Grausamke i ten verüb te .

Auf der Suche nach dem e igen t l ichen S inn von Po l i t ik , W issenscha f t und Re l ig ion, deren Ver le tzung d ie e rfahrenen Übe l und Le iden verursach te , fand er „den in a l lem ausges treu ten Ternar“

9

von Mach t , We ishe i t und L iebe, d ie in wechse lse i t iger Bezogenhe i t s tehen .

10

Er erfass te d iesen Ternar a ls Ausdruck e ines “ in tegren Se insvo l lzugs” , der im H ier und Je tz t ver feh l t wurde .

D ies führ te ihn zu der E ins ich t , dass das Nega t ive das Pos i t ive , das es neg ier t , zur Grund lage ha t , bzw . dass der W ider- s inn den S inn vorausse tz t , w ider den er „s inn t“ (und den er sogar in se inem Begr if fe träg t) , und d ie Un- ordnung d ie Ordnung vorausse tz t , auf d ie s ie s ich bez ieh t und d ie s ie en t- s te l l t . Das he iß t : Das Pos i t ive ze ig t s ich a ls das im Se in der D inge Pr imäre -

9

CC I , Sp . 184

10

Vg l . h ierzu den ingen iösen „T r ia log“ zw ischen Po ten t ia , Sap ien t ia und Amor in

CC I , Sp . 364 – 391 .

(8)

und auch a ls d ie Grund lage des Nega t iven .

11

Um d ie Bee in träch t igungen des Se ins zu überw inden und das vo l le Se in herzus te l len , empf ieh l t Comen ius für Po l i t ik , W issenschaf t und Rel ig ion , deren wesenhaf te Zusammengehör igke i t er unermüd l ich be ton t , dre i en tsprechende Grem ien zu e tab l ie ren : näm l ich e in „ (We l t-) Fr iedensger ich t“

12

, e in „Ko l leg ium des L ich tes“

13

, und e in „He i l iges Kons is tor ium“

14

. Ihre lebend ige Zusammenarbe i t , d ie der E inhe i t und Wechse lbezogenhe i t der dre i fundamen ta len Lebensbere iche genügen muss , so l l durch e in permanen tes „Ökumen isches Konz i l“

15

gewähr le is te t werden ,

11

Schwäche besag t „Mange l an Mach t“ , ebenso Torhe i t den „pr iva t iven Gegensa tz zu We ishe i t“ und som i t e ine „nega t ive Bez iehung“ zu d ieser , und Boshe i t bedeu te t d ie „Absage an Gü te und L iebe“ . D ie „Nega t iv-T r iade“ Schwäche , Torhe i t und Boshe i t we is t dam i t ind irek t auf Mach t , We ishe i t und Gü te h in und „bezeug t“ s ie so .

Der on to log ische Zusammenhang , daß das Nega t ive se ine Se insg rund lage im Pos i t iven ha t , bes tä t ig t s ich dar in , daß das Nega t ive s te ts nur im Umkre is von e twas Pos i t ivem wahrgenommen werden kann , dem es „be igem isch t“ is t und in we lchem es se in Unwesen tre ib t . Desha lb g i l t : Wenn man Übe l und En tar tungen er le ide t , so so l l te der B l ick t iefer dr ingen und das jen ige erkennen , was im H ier und Je tz t auf mehr oder wen iger vers te ll te We ise zu tage tr i t t , um von ihm her das Nega t ive zu überw inden . Comen ius sag t : „D ie Ne igungen zur Herrschaf tsausübung (wovon d ie We l t s te ts angefü l l t is t) , d ie We t ts tre i te der Ph i losophen , d ie Bemühungen der Re l ig ionen (durch we lche d ie We l t zerr issen wird) , - was s ind s ie , wenn n ich t e in Nache ifern der g roßen Mach t , We ishe i t und Gü te?“ (An t isoz in ian ische Schr if ten I , hsg . und e inge le i te t von E . Schade l , a .a .O . (s . Fn 1) , S . 36 ; Abkzg . : AS) .

D ies führ t ihn le tz t l ich zu der Erkenn tn is : „1 .Go t tes Mach t u nd mensch l iche Schwäche er tragen d ie We l t .

2 . Go t tes We ishe i t und mensch l iche Torhe i t reg ieren d ie We l t . 3 .Go t tes Gü te und d ie Boshe i t der Menschen führen d ie We l t ihrem endgü l t igen Ausgang en tgegen .“ (CC I , Sp . 1010) .

12 CC

II , Sp . 546 .

13

ebda ., Sp . 539 ,

14

ebda., S

p . 670

15

(9)

das durch Ver tre ter der dre i We l torgan isa t ionen besch ick t w ird . Er bemüh t er s ich so n ich t nur um e ine Herausarbe i tung des Wesens des Gu ten , sondern auch von gese l lschaf t l ichen Bed ingungen se iner Verw irk l ichung .

2 ,2 E in engag ier ter M i tvo l lzug d ieser Gedanken reg t aber nun an , über d ie Fassung des “Fr iedens” und se ine on to log ische Begründung be i Comen ius h inauszugehen , um s ie in e inem noch ursprüng l iche ren Se insdenken zu verankern .

Dann tr i t t an der grund legenden Tä t igke i t, d ie Se in bedeu te t , oder genaue r : an der “W irk-l ich - ke i t” (d ie in concre to a l lerd ings immer nur unvo l lkommen verw irk l ich t und tei lwe ise sogar perver t ier t is t) d ie Vo l lzugsfo lge von Se in – Erkennen – Wo l len hervor ; d iese Ak tfo lge l ieg t den von Comen ius genann ten Tugenden der Mach t, der We ishe i t und der L iebe zugrunde und vo l lende t s ich in ihnen . Dabe i is t d ie Mach t dem Se in , d ie Weishe i t dem Erkennen und d ie L iebe dem Wo l len zugeordne t , in fo lgender We ise :

„Mach t“ erg ib t s ich a ls unm i t te lbare Auss trah lung und Ausw irkung des Se ins in se iner „W irk-l ichke i t“ , noch vor ihrer Ref lex ion im Bewuss tse in und ihrer näheren Z ie lbes t immung im Wo l len . D iese ursprüng l iche „W irk- mach t des Se ins“ kann dann nachfo lgend durch das erkennende Bewuss tse in in den Modus der Ausdrück l ichke i t e rhoben und durch das fre ie Wo l len auf e in bes t imm tes Z ie l ger ich te t werden , wom i t s ie s ich we i ter ak tua l is ier t .

„Mach t“ geh t a lso grund legend vom Se in aus – und ers t kra f t des Se ins auch vom Bewuss tse in und vom Wo l len .

D ie zwe i te Tugend , d ie „We ishe i t“, ha t in de r (Se ins -)Mach t ihre

ebd., Sp. 658. 1 5

ebda . , Sp .

(10)

energetische Grundlage, und sie vollendet sich in der Liebe – so dass sie erst in ihr ihre eigentliche Fülle erlangt.

Und schließlich: Die „Liebe“ lebt aus der Kraft und „Wirk-lichkeit“ des Seins, und sie empfängt ihre wesensgemäße Ordnung aus der Weisheit. Das Sein (bzw. die Macht) und die Weisheit kommen so in der Liebe erst in ihre volle Identität und in ihr Ziel.

Damit stellt sich das Sein in noch “gefüllterer” Weise als der grundlegende Akt des Seienden dar: Das Seiende (in aufsteigender Linie der leblose Körper, der Organismus, das sinnlich bewusste Tier und der geistig seiner selbst bewusste Mensch) „tut“ sein. Dieser „Akt des Seins“ umfasst auch die Akte des Erkennens und Wollens (bzw. Liebens); das gilt anfänglich bereits bei den niedrigeren Seienden, im vollen Sinne erst beim Menschen. Der Mensch „tut“ sein: umso mehr, je mehr er erkennt und liebt; er tut erkennend und liebend nichts anderes als – sein.

Dieser Zusammenhang zeigt eine innere Struktur, nämlich: Der Gehalt des Seins ist grundlegend in sich selbst; im Akt des Erkennens tritt er dann hervor und drückt er sich aus; und im Akt der Liebe kommt er in seine Fülle und geht so voll-kommener in sich hinein. So stellt sich der „Seinsakt“ als eine „kreisende Bewegung“ dar, an der sich drei Strukturmomente unterscheiden lassen: „Sein“ bedeutet 1. ein anfängliches In-sich-Sein, 2. ein In-sich-selbst-Hervorgehen und In-sich-selbst-sich-Ausdrücken, und 3. ein In-sich-selbst-Hineingehen. Damit ist eine klare Ordnungsfolge der wesentlichen Aspekte des Seins markiert, die sich aus seinem Akt-Charakter ergibt.

16

16

(11)

Insowe i t s ie zum Zuge komm t , präg t s ich Fr iede aus : a ls „Ruhe in de r Ordnung , so dass a l les s ich in S icherhe i t bef inde t“ . So lcher Fr iede bedeu te t vo l les Se in aus der W irksamke i t von Mach t , We ishe i t und L iebe.

Er erg ib t s ich aus e inem beha rr l ichen und durch läss igen Inne- S tehen im lebend igen Que l lgrund des Se ins . D ieses w irk t s ich ordnend , he i lend und neuschaf fend aus in den Bez iehungen des Menschen zu s ich se lbs t , zum M i t-Menschen und auch zur Na tur .

2 ,3 So sch l ieß t d ie theore t ische Begründung des Begr if fs des Fr iedens im S inne von Comen ius noch e inen we i te ren me thod ischen Schr i t t e in . Denn der oben darge leg te Wesensverha l t , dass das Nega t ive das Pos i t ive vorausse tz t und in ihm se ine Grund lage ha t , is t in der begrenz ten und m i t v ie len Übe ln behaf te ten We l t nur unzu läng l ich verw irk l ich t und führ t desha lb über s ie h inaus . Desha lb is t d ie We l t a ls e ine begrenz te (und b is zu e inem gew issen Grade en ts te l l te ) Te i lhabe an e iner gö t t l ichen Vo l lges ta l t des Se ins zu begre ifen , in der s ich der beschr iebene Ak t-Charak ter des Se ins in une ingeschränk ter Pos i t iv i tä t verkörper t . Demnach wäre in dem e inen und unbegrenz ten gö t t l ichen Se in e in dre ifacher S ta tus des Se ins anzunehmen : näm l ich der S ta tus e ines ursprüng l ichen In-s ich-Se ins , de r S ta tus e ines In- s ich-ausgedrück t-Se ins und der S ta tus e ines In- s ich-h ine ingegangen-Se ins . Dam i t öf fne t s ich be i Comen ius vom ph i losoph ischen Ansa tz her e in Zugang

D iese Ordnungsfo lge is t un ter versch iedenen Aspek ten e ingehend ref lek t ier t

und beg ründe t in den Arbe i ten des Ver fassers: Der Ak t-Charak ter des Se ins . E ine

speku la t ive We i terführung der Se ins lehre Thomas v . Aqu ins aus e iner Anregung durch

das d ia lek t ische Pr inz ip Hege ls . 2 . ergänz te Auf lage m i t Ergänzungen zur Me taphys ik des

ma ter ie l len Se ins (Schrr . zur T r iad ik . . . ,Bd . 19) : P . Lang , Frankfur t /M . u .a . 2001 ; ferner :

D imens ionen der W irk l ichke i t . Argumen te zur On to log ie und Me taphys ik (Schrr . zur

T r iad ik . . . ,Bd . 23) , ebda . 2004 ; und : Ek-in -s is tenz ; Pos i t ionen und T ransforma t ionen der

Ex is tenzph i losoph ie (Sch rr . zur T r iad ik . . . ,Bd . 2) , ebda . 1989 .

(12)

zum chr is t l ichen G laubensgehe imn is des dre i-e inen Go t tes . In ihm w ird Go t t a ls e ine innere Lebensbewegung aufgefass t : Er s te l l t se in Wesen in s ich se lbs t aus s ich heraus und s ich gegenüber , indem er s ich in e inem inneren

„Wor t“ , dem „Logos“ , ausspr ich t und „ge is t ig auszeug t“ . So kons t i tu ier t s ich in dem e inen und se lben Go t t e in versch iedener persona le r S ta tus und e in pe rsona ler „Begegnungsraum“ zw ischen s ich a ls ge is t ig Zeugendem und s ich a ls ge is t ig Gezeug tem , zw ischen Go t t-Va ter und Go t t-Sohn . D ieser Begegnungsraum w ird erfü l l t durch d ie „Hauchung“ des L iebesge is tes , der dr i t ten Person in der in te rpe rsona len E inhe i t Go t tes : Er is t d ie „Erfü l lung der Ich-Du-Bez iehung“ der be iden ers ten Personen , d ie Vo l lendung ihrer E inhe i t . Comen ius formu l ier t : „ (Das gö t t l iche Wesen is t) im Va ter w ie in der Que l le, im Sohn w ie im Aus f l ießen und im H l . Ge is t w ie im Zurück f l ießen.

17

Dabe i werden dem Va ter besonders d ie Mach t , dem Sohn d ie We ishe i t und dem H l . Ge is t d ie L iebe und Gü te zugeordne t , d ie von Go t t her auf d ie Schöpfung übe rs trömen : „Go t t is t jene Mach t, d ie a l les begründe t und emporhä l t , d ie We ishe i t, d ie a l les lenk t , und d ie Gü te, d ie a l les zu he i lsamen Endzwecken h inge le i te t . Der Mensch aber is t e in Abb i ld Go t tes , das m i t

17

AS

S . 468 . – A lso : Von der ph i losoph ischen Erkenn tn is her , dass im gö t t l ichen Se in

e in dre ifacher S ta tus anzunehmen is t , öf fne t s ich der Zugang zum G laubensgehe imn is e iner

in terpersona len d ia log ischen E inhe i t Go t tes . So s te l l t d ieses n ich ts abso lu t I rra t iona les d ar .

Sondern der G laube rech tfer t ig t s ich v ie lmehr vor der Vernunf t , indem er t iefer in das

h ine inführ t , was d ie Vernunf t erahn t . D ies gesch ieh t vor a l lem durch d ie Ersch l ießung des

persona len Charak ters des Gö t t l ichen . – Vg l . dazu vom V e r f .: D ia log ik – Analog ie – T r in i tä t

(Schrr . zur T r iad ik u . On todynam ik , .Bd . 28 , F rankfur t /M . u .a . 2009) , dor t Kap . 19 (S . 457 –

477) : D imens ionen e iner ganzhe i t l ichen En tsprechung von ph i losoph ischer Vernunf t und

chr is t l ichem G laube

(13)

e iner ähn l ichen Mach t , m i t Vernunf t und m i t W i l len ausges ta t te t is t .“

18

„Durch Go t t (erkennen w ir) a l les , was s ich von se iner se i t Ew igke i t verborgenen Mach t, We ishe i t und Gü te b isher in Wor ten und Werken m i tge te i l t ha t . Wer d iese dre i kenn t , kenn t a l les ; denn aus d iese r dre ifachen Ga t tung bes teh t d ie Gesam the i t de r D inge .“

19

So erg ib t s ich a ls Le tz tbegründung des Fr iedens : „Wenn w ir in Go t t s tehen , und uns in Gedäch tn is, Vernun f t und W i l len zu ihm ha l ten , haben w ir Fr ieden und S icherhe i t .“

20

Dar in is t e in Zwe ifaches ausgedrück t : 1 . F r iede und S icherhe i t s ind n ich t e in Machwerk des Menschen , sondern haben in Go t t (d . h . in se ine r Mach t , We ishe i t und Gü te) ihre Que l le . Und 2 . : Deren E ins trömen , das Geschenk Go t tes , is t an e ine Bed ingung geknüpf t : Der Mensch muss „ in ihm s tehen“

und s ich „zu ihm ha l ten“ - in der To ta l i tä t se iner Fäh igke i ten , durch d ie er e in „Abb i ld des dre ifa l t igen Go t tes“ is t , „ in Gedäch tn is , Vernunf t und W i l len“ .

Dabe i is t das „Gedäch tn is“ der Lebensgrund von Vers tand und W i l len und en tspr ich t so der in Go t t gründenden „Mach t des Se ins“ . Der Vers tand so l l der We ishe i t des Schöpfers zugewand t se in , d ie ihn „ insp ir ier t“ , und der vo l lbr ingende W i l le kann aus der gö t t l ichen Gü te schöpfen . So hande l t de r Mensch , wenn er Fr ieden s t if te t , aus der gö t t l ichen T iefe der W irk-l ichke i t heraus , das he iß t aus der „das mensch l iche Se in po tenz ierenden Mach t und Vo l lmach t“ Go t tes , aus se iner „den mensch l ichen Vers tand e r leuch tenden

18 1 8CC II, Sp. 154

19

Prodromus pansoph iae § 64 (DJAK 15 II , S . 36 .40-43 ; DJAK = Abkzg von D i lo Jena Amose Komenského) .

20

Cen trum secur i ta t is , c . 2 (DJAK 3 , S . 487 .15 f .) .

(14)

We ishe i t“ und in se iner „den W i l len ausr ich tenden L iebe und Gü te“ .

Dam i t gew inn t das comen ian ische „Pr inz ip des Fr iedens“ von se inen ex is ten t ie l len Grund lagen her e in spez if isches Prof i l . W ie is t es nun ak tue l l zu konkre t is ieren , w ie läss t es s ich im H inb l ick auf die heu t igen Herausforde rungen we i terdenken?

21

3 . D ie ak tue l le Bedeu tung des comen ian ischen Fr iedensbegr i f fs

Nun : D ie für den comen ian ischen Fr iedensbegr if f grund legende Ordnung , d ie zu ach ten und zu verw irk l ichen is t , be tr if f t wesen t l ich auch das Ve r h äl tn is zur Na tur und zu den M i tmenschen .

3 ,1 In ers terer H ins ich t komm t es darauf an , d ie Ha l tung e iner re inen Un terwerfung und Ausbeu tung der Na tur zu überw inden und d ie Na tur n ich t nur a ls Nu tzwer t für den Menschen , sondern in ers ter L in ie a ls go t t- bezogenen S innwer t in s ich zu be trach ten .

22

21

Im Fo lgenden werden Ges ich tspunk te vergegenwär t ig t und for tgeführ t , d ie ich bere i ts an anderen Ste l len näher darge leg t habe . Vg l . : He inr ich Beck , Der 11 . Sep tember 2001 a ls Chance - Comen ius ak tue l l . Sch lussvor trag auf dem deu tsch-tschech ischen Ko l loq ium in Bamberg 2004 , in : Vordenker (aaO , Fn 5) , S . 533 – 547 , dor t besonders ab S . 536 ; ferner : He inrich Beck . Zur Bedeu tung des Ere ign isses vom 11 . Sep tember 2001 . E ine re l ig ions- und ku l turph i losoph ische Be trach tung im Ge is te des Comen ius , in : Werner Kor thaase , S igurd Hau f f , Andreas Fr i tsch (Hssg .) , Comen ius und der We l tfr iede , Ber l in 2005 , S . 61 – 68 .

22

Dazu paß t me ine Erfahrung nach e iner Vo r lesung über d ie un iverse l le Bedeu tung

von “Ach tung und L iebe” an der Un ivers i tä t von Jodhpu r /Ind ien . Ich wurde zu e inem

Exper imen t m i t Pf lanzen geführ t , d ie n ich t für den Menschen , sondern in Dankbarke i t für

(15)

In ihrem angelegten Sinngehalt umfaßt die Natur auch den Menschen, der in sie eingebettet und von ihr abhängig ist; er befindet sich in einer notwendigen Entsprechung zu ihr. Dies dürfte die Grundlage sein, um dem rasant sich beschleunigenden Klimawandel verantwortungsvoll zu begegnen, der durch den ungehemmten und rücksichtslosen Ausstoß von CO 2 und anderen Schadstoffen mitbedingt ist und dessen katastrophale Folgen für die Menschheit sich bereits ankündigen. So wird der Friede mit der Natur im comenianischen Sinne zur Daseinsbedingung für die Menschheit.

3,2 In letzterer Hinsicht, die das Verhältnis zu den Mitmenschen und die gesellschaftliche Lage der Menschheit betrifft, ist eines der bedrängendsten Ereignisse, dem wir uns nun eingehender zu widmen haben, der Konflikt von europäisch-amerikanischer und asiatisch-islamischer Welt; hinter ihm steht letztlich der traditionelle Gegensatz von „morgenländischer“ und

„abendländischer“ Kultur.

3.2,1 Betrachten wir zunächst unsere “westliche” Hemisphäre, das heißt die europäische und die weitgehend von ihr abgeleitete amerikanische Kultur.

Worin wäre das in ihr besonders ausgeprägte „grundlegende Menschlich- Positive“ zu sehen?

ihre Schönheit um ihrer selbst willen gepflegt wurden, wobei die Studenten jeden Morgen in einer Meditation sich um eine “geistig-dialogische Begegnung mit den Pflanzen und ihren Werdewünschen” bemühen mußten. Es stellte sich heraus, daß diese Pflanzen weit mehr Nutzen für den Menschen ergaben als jene, die als reine “Nutzwerte” betrachtet wurden. Vgl.

meine Autobiographie: Episoden und das Ganze (Schrr. zur Triadik u. Ontodynamik Bd. 30,

Frankf./M. 2012), 59.

(16)

Die westliche Welt läßt sich kennzeichnen durch eine hohe Wertschätzung von Verschiedenheit und Mannigfaltigkeit. Das Recht auf freie Meinungsäußerung, eingeschlossen die Pressefreiheit, gilt als einer der höchsten Werte. Dabei soll der Mensch in seiner Vielfalt zur Geltung kommen und die Toleranz gegenüber Andersdenkenden gilt als Verpflichtung.

Diese Betonung des Einzelnen in seiner Vielfalt betrifft auch die weltanschaulichen Positionen und fördert eine weitgehende Autonomie der einzelnen Kulturbereiche. Nicht der Monismus einer Religion oder Ideologie, sondern die Tendenz eines Pluralismus ist charakteristisch für die westliche Welt. Entsprechend ist die Ethik generell auf individuelle Selbstbestimmung und Freiheit bezogen; sie zeigt in diesem Sinne eine dezidiert humanistische Orientierung.

Als eine eindeutig negative Erscheinung und menschliche Fehlentwicklung im europäischen und amerikanischen Kulturraum wäre die teilweise Übersteigerung des Aspektes der Verschiedenheit und Pluralität zu betrachten, unter Hintanstellung der Einheit. Dies führt zu gegenseitiger Ferne und menschlicher Beziehungslosigkeit der Partner bzw. zu einem

„Kampf aller gegen alle“, wie einem brutalen wirtschaftlichen Unterwerfungs- und Ausbeutungsverhalten und rücksichtslosen individualistischen Machtkapitalismus, der mit einer legitimen Verteidigung der individuellen Freiheitsrechte nichts mehr zu tun hat. Ebenso wird weithin ein Recht auf schrankenlose Meinungs- und Pressefreiheit vertreten, das auch dort keine Grenzen hat, wo das Recht anderer Menschen auf Respekt verletzt wird und das auch erlaubt, Angehörige anderer (z. B.

religiöser) Überzeugungen mit Spott und Hohn zu bewerfen, wie es z. B. in

den Mohammed-Karikaturen vor Jahren durch einen dänischen Journalisten

(17)

und in jüngster Zeit durch das Pariser Journal “Charlie Hebdo” geschah. Ein weiteres Beispiel wäre die Forderung eines uneingeschränkten Rechts auf Vertrieb auch pornographischer Blätter, wobei ein Recht der Jugend auf Schutz mißachtet wird.

3.2,2 Weitgehend entgegengesetzt verhält es sich mit den Wertvorstellungen auf Seiten der islamisch-arabischen Kultur. Zunächst: Worin kann man das bei ihr besonders ausgeprägte “grundlegende Menschlich-Positive” sehen?

Es ist zweifellos der Einheitsgedanke! Er betont die Zusamengehörigkeit aller Menschen und die Mitverantwortung jedes Einzelnen für das Ganze.

Denn die Welt ist nach islamischer Auffassung von ihrem göttlichen Grund her eine Einheit. Die Einheit des göttlichen Grundes geht auch auf seine Schöpfung über und begründet eine all-umfassende Sinn-Einheit der Welt, der Menschheit und ihrer Kultur. So sind die einzelnen Kulturbereiche, wie Politik, Wirtschaft und Kunst nach Maßgabe des Korans im Sinne einer theozentrischen Ethik zu gestalten.

Als negativ erscheint aber eine einseitige Übersteigerung des

Einheitsaspekts, unter Herabspielung oder gar Ausschluß von

Verschiedenheit und Vielheit. So entstand und entsteht bei gewissen

fundamentalistischen Richtungen eine leidenschaftliche Intoleranz

gegenüber dem Einzelnen und Anderen. Diese Gesinnung stellt den

Nährboden für einen Terrorismus dar, der die gewaltsame Vernichtung des

Anderen sucht und dabei auch das eigen Leben nicht achtet. Ein aktuelles

Beispiel für die Überbetonung der umgreifenden Einheit der Gesellschaft

oder des Staates, wobei die einzelnen Bürger nur als ausführende Glieder

oder Organe betrachtet werden, ist die Reaktion auf die erwähnten

Mohammed-Karrikaturen. Islamische Länder verlangten, daß der betreffende

(18)

Staat, das ist im erstgenannten Beispiel Dänemark, sich entschuldigen möge – was dieser zrückwies, da er für das individuelle Handeln seiner Büger nicht verantwortlich sei. Die Antwort waren (bzw. sind) terroristische Attacken, die sich nicht nur auf die einzelnen Akteure, sondern auf die betreffende “Gesellschaft” richten, die das Verhalten des Einzelnen ermöglicht und trägt und somit letztlich für es “zuständig” sei.

3.2,3 Was ist nun der Weg, diesem Konflikt der Welten, der eine menschheitliche Herausforderung darstellt, zu begegnen? Er ist nach Comenius nichts Anderes als ein Dialog, - der nicht nur als “taktisches Manöver” verstanden wird, die Anderen den eigenen Vorstellungen anzupassen, wobei keiner der Partner bereit zu sein braucht, sich grundlegend zu ändern, sondern der vielmehr bedeutet, daß jeder bemüht ist, sich in den Andern gedanklich und emotional hineinzuversetzen und sich selbst mit dessen Augen zu sehen.

Versuche, miteinander ins Gespräch zu kommen, sind bisher immer wieder daran gescheitert, daß jede der beiden Kultursphären sich verabsolutiert und ihre eigenen Maßstäbe auch an die andere anlegt, woraus sich eine einseitige und lieblose Aggressionshaltung ergibt. Es ist nach Comenius aber unweise, den Dialog mit der Kritik eines vermeintlichen weltanschaulichen Irrtums und entsprechenden praktischen Fehlverhaltens des Partners beginnen zu wollen: „Unmöglich ist es, Eingewurzeltes leichterdings herauszureißen;

und weil die eigene Überzeugung für wahr gehalten wird, gilt der“ (nicht nur

als persönlicher Gegner, sondern) „als Feind der Wahrheit, der mit

kämpferischer Absicht auftritt; man fängt sofort an, ihn zu fürchten und zu

hassen. Dies verhindert die Aufmerksamkeit wie auch die Zustimmung, auch

dann, wenn reine Wahrheit dargeboten wird. Man muss vielmehr bei ihren

(19)

jewe i l igen Vorausse tzungen anfangen und d iese auf größ tmög l iche We ise bes tä t igen ; ers t dann kann man anderes anführen , was d ie Wahrhe i t ergänz t und Irr tümer bese i t ig t .“ „D ies is t der e inz ige Weg , d ie ganze Wahrhe i t ins Zen trum der Harmon ie zu führen und Me inungsversch iedenhe i ten aus der We l t zu schaf fen .“

23

E ine Ana lyse ak tue l ler Erfahrungsgegebenhe i ten bes tä t ig t d ie Angemessenhe i t und Ef fek t iv i tä t des comen ian ischen F r iedenbegr if fs , wonach s te ts zuers t das Pos i t ive zu suchen und anzusprechen – und da r in de r Mensch a ls Mensch zu ach ten – is t ; d ies a l le in en tspr ich t de r im Se ienden ange leg ten Ordnung . Ers t auf d ieser Grund lage läss t s ich dann in e inem zwe i ten – aber g le ichfa l ls no twend igen – Schr i t t das a ls nega t iv oder def iz ien t Ersche inende benennen und geme insam aufarbe i ten . D ie erfo lgversprechende Form e ines D ia logs l ieg t demnach n ich t in der Kon fron ta t ion der Ku l turen – un ter Be tonung der be iderse i t igen nega t iven Aspek te , sondern v ie lmehr in der Koopera t ion de r Ku l turen – m i t B l ick pr imär auf d ie pos i t iven Grund lagen und d ie mensch l ichen Wer te sowoh l auf der Gegense i te a ls auch in der e igenen T rad i t ion . Dabe i müssen be ide Se i ten a l les daranse tzen , s ich e inander zu öf fnen und s ich in ihrer po lar en tgegengese tz ten Be tonung mensch l iche r Wer te zu vers tehen. So könn te d ie Bere i tschaf t gegense i t iger Ach tung und Anerkennung en ts tehen , we lche d ie Grund lage für e ine gede ih l iche Koex is tenz der Ku l turen und für e inen krea t iven Fr ieden schaf f t , der Zukunf t eröf fne t .

23

Zum ers tgenann ten Z i ta t : CC I I , Sp . 557 f . , zum le tz teren : Prodromus pansoph iae

§ 103 (DK 15 , S . 45 .40 f .)

3

(20)

Das bedeu te t s icher auch „Kampf“ – a ls ge is t ige Ause inanderse tzung . Nur wenn man d ie e ingangs erwähn te These von Herak l i t (und Hege l) : „Kr ieg is t der Va ter a l ler D inge“ in d iesem S inne vers teh t , is t s ie zu be jahen . De r wesen t l iche Un tersch ied gegenüber e inem phys ischen Kr ieg bes teh t dar in , dass be i ge is t iger Ause inanderse tzung der Kampf auf der Bas is gegense i t ige r Ach tung s ta t tf inde t , be i kr ieger ische r Gewa l tanwendung abe r dem Anderen le tz t l ich d ie Ex is tenzberech t igung abges tr i t ten w ird . W iederho l te Erfahrung bes tä t ig t : Ge is t ige Ause inanderse tzung kann in dem Maße fruch tbar se in , a ls d ie Par tner von e iner e inse i t igen F ix ierung nega t iver Aspek te auf der jewe i l igen Gegense i te ab lassen und zu e iner En tdeckung und Anerkennung von zugrunde l iegenden pos i t iven Wer ten for tschre i ten .

24

3 ,3 D ies führ t nun zur t iefs ten D imens ion e ines auf d ie gegenwä r t ige we l tgesch ich t l iche S i tua t ion h in we i te rgedach ten comen ian ischen Fr iedensvers tändn isses .

24 Die „Kreativität“ einer so in Gang kommenden Kulturbegegnung könnte sich in zwei legitimen Formen (bzw. „Stufen“) ereignen:

1.Indem die Partnerin gegenseitigem Respektsicheinanderaussetzten, würdensiesichauch wechselseitig beeinflussen und so gewissermaßen einander „an-ähnlichen“. Zum Beispiel können in asiatischen Kulturen (in denen der Einheitsgedanke vergleichsweise stärker ausgeprägt ist als in europäischen) durch Aufnahme europäischer Einflüsse Fähigkeiten derrationalen Differenzierung und technischen Dominierung angesprochen werden, die dortim Verhältnis zwar weniger ausgeprägt, aber gleichfalls angelegt sind. So würdenjene Länder „im Durchgang durch europäische Mentalität“ihre eigene kulturelle Identität nicht nur bewahren, sonderntiefer entdecken und weiterentwickeln. Entsprechendes gilt vice versa auch für den „europäischen“ Habitus.

2. Durchsolche gegenseitige Annäherung können auch„kreative Sprünge kultureller Evolution“

vorbereitet undausgelöst werden,indemsich neue kulturelleIdentitäten konstituieren, diesich nichtals bloße Veränderung bzw. „Weiterentwicklung“ der bisherigen verstehen lassen: ähnlich wie ein Kind nicht lediglich eine Fortsetzung oder „neue Kombination“ des Seins seiner Eltern, sondern eine neue und einmalige Ich-Identität darstellt. So finden beispielsweisein Indien, Japan und Indo-Amerika nicht allein Vermischungen, sondern immer wieder echte Synthesen asiatischer und europäischer Geistigkeitstatt, die phänomenologischeineirreduzible Ganzheit verkörpern. - Vgl. dazu vom Verf.:„Kreativer Friede durch Begegnung der Weltkulturen“(aaO,siehe unsere Fn 6,z. B. S. 60f.) und:„Europa – Afrika –Asien: Komplementarität der Weltkulturen“ (aaO., s. unsere Fn. 6), sowie: „Wasist Europa? Versuch einer kulturphilosophischen Definition“, in: Heinrich Beck, Dialogik – Anaogie -Trinität (aaO, s. unsere Fn 17), dort Kap. 26).

(21)

Zunächst kommt in den Blick, dass „morgenländische“ und

„abendländische“ Kultur in einer geistigen Spannung stehen, sofern die erstere in ihrer Wirklichkeitsauffassung mehr den Aspekt der Einheit, letztere den der Differenz und der Vielheit betont. Die aktive Verbindung beider Aspekte zu einer „Viel-Einheit“ begründet aber gerade lebendige

„Ordnung“. Um diese zu ermöglichen, scheint eine kooperative Wechselbeziehung beider Kultursphären unabdingbar: die „östliche“ könnte in der Verschiedenheit und Vielheit des Seienden die Einheit des gemeinsamen Seins zum Aufleuchten bringen, die „westliche“ aber in der Einheit des Zusammenhangs die Unterschiede herausheben.

Es zeigt sich: Friede als „Ruhe in der Ordnung, so dass alles sich in Sicherheit befindet“ ist nicht als ein Zustand der Starre zu denken, sondern bedeutet eine kreative Aufgabe, die einen geistigen Wandel verlangt. Die traditionellen Kulturen sind aufgefordert, in der mitmenschlichen Begegnung sich geistig aus sich in ihrem bisherigen Zustand heraus- und in die Andern hineinzubewegen, – um dann, bereichert durch die Erfahrung des Andern, verändert und tiefer in sich hineinzugelangen und eine neue menschliche Identität zu gewinnen.

Ganz sicher wäre der Mensch überfordert, wenn er das allein aus eigener Kraft leisten wollte. So kommt die Grundthese von Comenius nahe, dass der Friede kein menschliches Konstrukt, sondern ein göttliches Geschenk ist – für das der Mensch allerdings die Voraussetzungen zu schaffen hat.

Für eine „Öffnung zu Gott“ kann besonders der „christliche Blick“ hilfreich

sein, der das Eine göttliche Sein als eine interpersonale Gemeinschaft

auffasst: Denn hier erscheinen die beiden Zielaspekte des Hinstrebens nach

Ordnung und Frieden „vor-bildlich“ vereinigt: Einheit des Seins in der

(22)

Versch iedenhe i t der Personen. Deren „Ak t -Charak ter“ bes teh t , w ie er läu ter t , in der Bewegung e ines „Aus -s ich-heraus- und-in -s ich-h ine in-Gehens“ . D iese Lebensbewegung s te l l t e ine Aufgabe dar , d ie heu te von den Menschen w ie von den Ku l turen ex is ten t ie l l ge forder t is t , in der s ie s ich aber vom gö t t l ichen Grund her ge tragen w issen dürfen .

N ich t zu le tz t könn te s ich in d iese r Pe rspek t ive auch das Chr is ten tum

„ak tua l is ieren“ , indem es von se inen G laubensgrund lagen her , näm l ich de r Überzeugung von der dre ipersona len E inhe i t Go t tes und de r Menschwerdung des Wor tes , se ine Iden t i tä t a ls „krea t iven D ia log“ neu begre if t und rea l is ier t .

D ies bedeu te te zunächs t d ie En tw ick lung e iner spez if ischen d ia log ischen S truk tur des Chr is ten tums in s ich se lbs t , indem z . B . d ie ka tho l ische , d ie pro tes tan t ische und d ie os tk irch l iche Form im S inne e iner “Ana log ia T r in i ta t is” s ich wechse lse i t ig aufe inander bez iehen .

Auf d ieser Grund lage wäre es für das Chr is ten tum e in we i terer Schr i t t , se ine Iden t i tä t , ohne s ich zu re la t iv ieren , auch a ls „d ia log isch zum Is lam“ zu vers tehen . So könn ten s ich be ide Se i ten im Go t tesvers tändn is gegense i t ig sowoh l im Geme insamen bes tä t igen a ls auch im Un tersche idenden heraus fordern – und dadurch ge ist ig be fruch ten . D ies bedeu te te e ine we i tere D imens ion im “Vo l lbegr if f” e ines dynam ischen und krea t iven Fr iedens .

25

25

Zur Forderung e ines innerchr is tl ichen D ia logs w ie auch e ines wesenhaf ten D ia logs

des Chr is ten tums m i t dem Is lam vg l . He inr ich Beck , D ia log ik – Ana log ie – T r in i tä t (aaO , s .

unsere Fn 17 , dor t Kap . 22 : Chr is t l iche Iden t i tä t a ls krea t iver D ia log ) . - Comen ius se lbs t ha t

zwar den D ia log m i t dem Is lam im In teresse des F r iedens bere i ts geforder t , aber noch ke ine

Ideen dazu vorge tragen , w ie er konk re t zu s truk tur ieren wäre . Vg l . se ine Aussagen : „W ir s ind

angeha l ten , den F r ieden . . .m i t a l len aufzusuchen .“ . . .“Unberücks ich t ig t b le ibe dabe i , ob

(23)

Da es angesichts der globalen Entwicklung wohl ohne umfassenden Frieden keine Zukunftsperspektive gibt, erscheint die Hoffnung begründet, dass die Menschheit sich besinnt und Anstrengungen zu einem geistigen Wandel unternimmt - und damit die Voraussetzungen schafft, unter denen Friede sich einstellen kann.

4. Zusammenfassung

Ziel dieser Exposition war es, wie es der Titel ausdrückt, den Begriff des Friedens bei Comenius in seiner unmittelbaren Aussage präzise zu erfassen, aus seiner ontologischen Begründung heraus tiefer zu verstehen und in seiner aktuellen Bedeutung herauszustellen. Dementsprechend gliederte sich der Beitrag in drei Abschnitte.

Im ersten Abschnitt wurde zunächst klargestellt, dass Comenius mit

„Frieden“ nicht primär ein politisches Phänomen, sondern ein Grundverhältnis zur Wirklichkeit meint, das sich in der Beziehung des Menschen zur Natur, zu sich selbst, zum Mitmenschen und zum Göttlichen

jemand Christ oder Mohammedaner, Jude oder Heide ist...Sie alle sollen zugelassen und in dem gehört werden, was sie an guten Dingen darbieten.“ (Das erstgenannte Zitat in: J. A.

Comenius, Der Weg des Lichtes. Via lucis 7,4.- z. B. in der Ausgabe der Philosophischen Bibliothek bei Felix Meiner, Hamburg 1997, eingeleitet, übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Uwe Voigt das zweite Zitat in: J. A. Comenius, Vorspiele. Prodromus Pansophiae. Vorläufer der Pansophie. - Hsg., übersetzt, erläutert und mit einem Nachwort versehen von Herbert Hornstein, Düsseldorf 1963, dort § 54.)

(24)

ausdrückt. Dieses Grundverhältnis definiert Comenius als ein „Ruhen in der Ordnung, so dass alles sich in Sicherheit befindet“. Es wurde dann weiter interpretiert: „Ordnung“ bedeutet hier nicht einen menschlichen, sondern einen originär göttlichen Entwurf, an dem der Mensch aber erkennend und mit-schaffend teilhat. Die Weise dieser Teilhabe bezeichnet Comenius als ein

„In-der-Ordnung-Ruhen“. Daraus erwächst „Sicherheit“ als ein angstfreier Zustand, in dem sich das Seiende in wechselseitiger Kommunikation entfalten kann. Nach dieser präzisierenden Interpretation wurde der comenianische Friedensbegriff einer kritischen Prüfung unterworfen - durch die Fragen, ob er nicht eher ein „konservatives“ als ein „kreatives“ Verhalten begünstige, und ob er aufgrund seines ausdrücklichen Gottesbezugs überhaupt „Allgemeinverbindlichkeit“ beanspruchen könne.

Damit stellte sich die Frage nach der „ontologischen Begründung“ dieses Friedensbegriffs, die der zweite Abschnitt in Angriff nahm. Dazu wurde zunächst darauf hingewiesen, dass Comenius sein Verständnis von Frieden in der Auseinandersetzung mit persönlichen „Negativ-Erfahrungen“

erarbeitet hat: nämlich des Missbrauchs politischer Macht, des törichten Verhaltens der Gelehrten seiner Zeit, und von Hass-Orgien in den Religionskriegen. So gewann er die Einsicht, dass Friede sich nur aus der

„Drei-Einheit“ von Macht, Weisheit und Liebe ergeben kann. Diese Drei-

Einheit beschreibt eine positive Sinn-Ordnung des Seins, die das Maß und

Kriterium der konkreten Verhältnisse darstellt. Da diese ihr aber immer nur

begrenzt entsprechen - und teilweise sogar widersprechen, wie die

schmerzliche Erfahrung zeigt - , so ist der Blick über die Welt hinaus und in

eine „urbildliche Dimension“ verwiesen, in der das christliche

Glaubensgeheimnis des „dreifaltigen Gottes“ aufleuchtet.

(25)

Der dritte Abschnitt zeigte die „aktuelle Bedeutung“ des comenianischen

Friedensbegriffs, der hier im Hinblick auf die heutige weltgeschichtliche

Herausforderung philosophisch weitergedacht wird. Deren Schwerpunkt

liegt in der geistigen Spannung zwischen der ursprünglich vom Christentum

geprägten okzidentalen Kultur, welche die Unterschiede und die Vielfalt des

Seienden (über-)betont, und der vom Islam dominierten orientalischen

Kultursphäre, welche demgegenüber die Zusammengehörigkeit und Einheit

des Seins hervorkehrt (und dabei die Unterschiede und die Vielfalt

geringachtet). Im Ausgang von den Prinzipien des Comenius wurden die

Voraussetzungen eines für beide Seiten „kreativen Dialogs“ aufgezeigt, der

eine Perspektive in die Zukunft öffnen kann.

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