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Musikalische Akkulturation und ästhetisches Urteil

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Forschungsberichte

Arlette Zenatti

Musikalische Akkulturation und ästhetisches Urteil

Eine experimentelle Studie mit normalen und pathologischen Fällen

Einleitung

Vom psychologischen Standpunkt aus ist es wichtig, nicht Ge­

schmacksnormen festlegen zu wollen, sondern genau zu wissen, warum ein bestimmtes Individuum ein bestimmtes Urteil abgibt oder eine be­

stimmte Präferenz zeigt. Die ästhetischen Urteile und Präferenzen bil­

den also im Experiment die abhängigen Variablen, durch die sich die Gewichtung der Einflüsse ermitteln läßt, die auf den Geschmack einwir­

ken. Diese Einflußfaktoren sind vielfältig: die physikalischen Eigen­

schaften der Klänge, die Organisation der musikalischen und rhythmi­

schen Strukturen, das sozio-kulturelle Umfeld (Familie und Schule), die Befindlichkeit und die individuelle Persönlichkeit. Der Geschmack er­

scheint als komplexe Funktion, wenn man die Interaktionen zwischen den eben genannten Faktoren einbezieht. Viele Studien zum musikali­

schen Geschmack haben sich auf den einen oder anderen Aspekt der Interaktionen beschränkt (vgl. u. a. Famsworth 1958; Wapnick 1976;

Radocy & Boyle 1969; Shuter-Dyson 1979; Abeles 1980; Haack 1980, Leßlanc 1980; Konecni 1982; Hargreaves 1986; Behne 1987).

Die experimentellen Ergebnisse sind weit davon entfernt, die ganze Komplexität der Musik und des menschlichen Wesens - sei es Kind oder Erwachsener - wiederzugeben. Man kann aufgrund dieser Komplexität nicht vorgeben, das Problem in allen seinen Aspekten klar zu erkennen.

(2)

Demnach scheint es dennoch angebracht, von den bestehenden For­

schungsergebnissen ausgehend, Hypothesen aufzustellen, die es möglich machen, die psychologischen Mechanismen besser zu begreifen, die die Grundlage für die Entstehung und Entwicklung des musikalischen Ge­

schmacks sein könnten. Die affektive Komponente ist offensichtlich und verdeckt die Existenz eines kognitiven Bestandteils. Deshalb muß bei ei­

ner Reflexion über die Natur des musikalischen Geschmacks die interve­

nierende kognitive Komponente einbezogen werden.

Ich habe musikalische Präferenzen mit dem Ziel untersucht, Me­

chanismen der Entstehung und Entwicklung des musikalischen Ge­

schmacks aufzudecken. In der vorliegenden Studie, die 1969 begonnen und bis 1987 fortgesetzt wurde, sind 10 Experimente durchgeführt worden, bei denen die harmonischen, melodischen und rhythmischen Strukturen in bezug auf das, was man gemeinhin als Musikidiom bezeich­

net, variieren. Insgesamt sind 3376 Versuchsprotokolle erhoben worden (Zenatti 1969, 1974, 1976 a, b, c, 1981, 1991, in Druck). In einem Referat in Freiburg 1980, das 1981 in Deutschland erschien, hatte ich die Ergeb­

nisse einiger der Experimente vorgestellt, die sich mit dem Aspekt der Ent­

wicklung zwischen dem vierten und zehnten Lebensjahr beschäftigten so­

wie den Präferenzen der Kinder für konsonante Akkorde, für charakteristi­

sche melodische Strukturen des tonalen Systems und melodische Fragmen­

te, deren Rhythmen sich in ein regelmäßiges metrisches Schema einfügen.

Der Ausdruck dieser Vorliebe dokumentiert sich ab dem fünften Lebens­

jahr mit sehr großer statistischer Signifikanz und verstärkt sich immer mehr bis zum Alter von zehn Jahren. In diesen Altersgruppen bildet sich bei Kin­

dern ein Bewußtsein für das, was sie mögen, was sie »schön« finden. Die­

ses psychologische Verhalten muß sorgfältig vom Hören von Klängen un­

terschieden werden, das auf der Wahrnehmungsebene unter dem Einfluß physikalischer und psychophysiologischer Faktoren angenehm oder unan­

genehm sein kann (möglicher Fall bei der Konsonanz, vgl. u. a. Plomp 1976; Terhardt 1976; Pierce 1984).

Um einige der kognitiven Mechanismen der Entstehung und Entwick­

lung von Präferenzen zu untersuchen, habe ich mich für pathologische Fälle interessiert: einerseits Kinder mit Legasthenie, andererseits Er­

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beschränken. Ich habe drei Hypothesen auf gestellt:

1) Pathologische Störungen sind von Defiziten im Ausdruck von Präferenzen begleitet, die sich auf alltägliche musikalische Strukturen in der Umwelt beziehen;

2) pathologische Störungen können Dissoziationen in der musikali­

schen Informationsverarbeitung in bezug auf die Organisation von Klän­

gen (melodisch, harmonisch, rhythmisch) hervorrufen;

3) pathologische Störungen können Dissoziationen in der musikali­

schen Informationsverarbeitung hervorrufen, je nach Art der Verarbeitung.

Daher habe ich, allerdings nur für die cerebralen Läsionen, die Fähigkeit des ästhetischen Urteils einerseits und die der perzeptiven Diskrimination andererseits untersucht.

Welch ein Problem stellt sich uns mit der Legasthenie? Verschiedene Forschungsergebnisse haben Beziehungen zwischen dem Erwerb des Lesens und den Fähigkeiten der Analyse des gesprochenen Wortes herge­

stellt. Man hat ferner festgestellt, daß beim Lesen auf phonologisches Wissen aus dem Langzeitgedächtnis zurückgegriffen wird. Legastheniker zeigen ein Defizit bei der Analyse des gesprochenen Wortes. Wenn sie trotzdem in der Lage scheinen, auf phonologisches Wissen des gespro­

chenen Wortes zurückzugreifen, um eine visuelle Information zu entzif­

fern, benutzen sie häufig andere Strategien, vor allem semantische, wenn die Aufgabe dies erlaubt (vgl. Morais et al. 1986, Literaturbericht). In diesem Verhalten manifestiert sich die Schwierigkeit der Legastheniker, akustisch abgelegte Informationen zu nutzen. Die Wichtigkeit der Speicherung von Informationen wird dadurch unterstrichen, daß Aufga­

ben mit Tonhöhenerkennung (2.enatti 1981) und der Reproduktion von Klängen auf einem Xylophon (Morais et al. 1984) von normalen Kindern und Kindern mit Legasthenie ohne nennenswerte Unterschiede absolviert werden. In einem Versuch zur Überprüfung ästhetischer Urteile über alltägliche musikalische Strukturen der Umwelt bedarf es der gedächt­

nismäßigen Repräsentation akustischer Informationen. Außerdem gibt es hemmende Faktoren beim Gebrauch der verbalen Sprache, die in einer musikalischen Situation möglicherweise verschwinden.

Die Unfähigkeit, musikalische Informationen zu verarbeiten, nennt man Amusie. In der neuropsychologischen Literatur begegnet sie einem

(4)

meistens bei rechtshemisphärischen Läsionen. Sie existiert aber auch bei linkshemisphärischen, mit oder ohne Aphasie. Man hat sich gefragt, ob die Störungen, die charakteristisch für eine Wernicke-Aphasie im Bereich der Rezeption und Produktion von Sprache sind, eine begrenzte kognitive Desorganisation widerspiegeln oder ob sie Bestandteil einer weitergehen­

den kognitiven Störung sind. Eine Antwort auf diese Frage ist häufig mit Hilfe von Identifikationsaufgaben versucht worden, bei denen nonverbale akustische Materialien benutzt wurden, wie Geräusche und Melodien, von denen man annahm, daß sie bekannt waren (u. a. Albert 1972; Denes &

Semenza 1975; Lechevalier, Eustache, Rossa 1985; Shankweiler 1966).

Im Falle eines Scheiterns weiß man indessen nicht, ob die Unfähigkeit zur Identifikation von einem Defizit im Bereich der akustischen Infor­

mationsverarbeitung oder ob sie von einer verbalen bzw. mnemotischen Schwierigkeit herrührt (z. B. Benennen eines Geräusches oder Erinnern des Titels eines Musikstücks, selbst wenn es nur um die Zuordnung zu einer Bildvorlage geht). Ich umgehe dieses Problem, indem ich auf Aufgaben des ästhetischen Urteils rekurriere, die die Dekodierung von harmonischen, melodischen und rhythmischen Strukturen einbeziehen, die in der alltägli­

chen Umwelt vorkommen. Drei wichtige Bedingungen sind damit vereint:

1) Benutzung eines bekannten musikalischen Materials. Diese Vertraut­

heit ist essentiell, wenn man eventuelle Agnosien aufdecken will;

2) Verwendung von Aufgaben, bei denen die Informationsverarbeitung eine rein musikalische sein soll;

3) nur einfache Anweisungen und experimentelle Anordnungen verwen­

den, die sich bei jüngeren Kindern bewährt haben und daher auch bei Kran­

ken Anwendung finden können, soweit diese ein ähnliches Niveau an Ver­

ständnis und Aufmerksamkeit aufbringen.

(5)

I. Zusammensetzung der Aufgaben und experimentelle Anordnungen

1. Drei Aufgaben zum ästhetischen Urteil a) experimentelle Anordnung

Die Durchführung der Aufgaben ist in Einzelsitzungen mit der Methode des Paarvergleichs geschehen. Zwei Aufgabenteile, die sich in ihrer mu­

sikalischen Beschaffenheit unterscheiden, werden der Versuchsperson nacheinander vorgespielt. Da zeitliche Folgen wie »erstes Mal«, »zwei­

tes Mal« von 4-jährigen Kindern und möglicherweise auch von Kranken schwierig zu verstehen sind, ist konkretes Material eingesetzt worden.

Bei den Kindern wurde ein Brettchen benutzt, auf dem zwei Häuser befe­

stigt waren. Jedes der musikalischen Fragmente eines Paares wurde ei­

nem der beiden Häuser zugeordnet. Die Anweisung bestand darin, zu fra­

gen, in welchem der beiden Häuser die schönere Musik erklungen sei. Bei den Erwachsenen wurden die Häuser durch Zahlen ersetzt: 1 (oben), 2 (unten). Der Proband deutet dabei mit dem Finger seine Vorliebe für ei­

nes der beiden musikalischen Fragmente an, indem er auf eines der Häuser oder eine Zahl weist. Wendungen wie »die Musik, die Sie am liebsten mögen«, »die Sie am schönsten finden« oder »die Sie vorziehen« sind ein­

gesetzt worden, um die Aufgabenstellung zu erleichtern.

b) Zusammensetzung der Aufgaben

Jede Aufgabe bestand aus 8 Paaren, die in der Reihenfolge der Darbietung ausbalanciert wurden. Die Musikbeispiele sind vom Klavier gespielt und auf Kassette auf genommen worden (Zenatti 1980). Die Dauer der Stimuli wird durch eine Metronomangabe angezeigt (vgl. Abb. 1).

Harmonieaufgabe: Jedes Element eines Paares besteht aus 6 gleich­

langen Akkorden. In jedem Paar enthält ein Element sehr konsonante Akkorde (Dreiklänge in Dur und Moll), während das andere aus sehr dissonanten besteht. Die melodische Linie, die sich in der Oberstimme befindet, ist bei beiden Elementen identisch.

(6)

Abb. 1: Aufgaben zum ästhetischen Urteil. Musikbeispiele.

H: Harmonieaufgabe, 1. konsonantes Element 2. dissonantes Element.

M: Melodieaufgabe, 3. tonales Element 4. atonales Element.

R: Rhythmusaufgabe, 5. metrisches Element 6. nicht-metrisches Element

Melodieaufgabe: Jedes Element eines Paares besteht aus 13 gleich­

langen Tönen (mit Ausnahme des letzten Tons). Die beiden Elemente un­

terscheiden sich durch das verwendete musikalische Idiom: tonal bei ei­

nem, atonal bei dem anderen. Das tonale Element basiert auf Ausschnit­

ten der Tonleiter und häufig benutzten Akkordbrechungen. Diese melo­

dischen Formeln sind im atonalen Element alteriert, was eine weniger gebräuchliche Organisation der Tonhöhen zur Folge hat. Die melodische Kontur ist bei beiden Elementen invariant.

Rhythmusaufgabe: Die melodischen Fragmente im tonalen Idiom werden in zwei unterschiedlichen Versionen dargeboten, die die Elemen­

te der Rhythmuspaare darstellen. In der einen Version, die einen rhyth­

mischen Puls hat, begrenzt eine regelmäßige Betonung die rhythmischen Einheiten und strukturiert das Stück metrisch. In der anderen Version ist der Puls isochron, sind die Rhythmen unregelmäßig (diese drei Aufga­

benkomplexe stammen aus der o. g. Literatur und sind unter »epreuves de Consonance 1, Tonalite 1, Rythme 1« zu finden). Die Aufgaben sind immer in der Reihenfolge Harmonie, Melodie, Rhythmus gestellt wor­

den. Aufgrund der verschiedenartigen pathologischen Fälle ist auf eine Permutation verzichtet worden.

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2. Drei Aufgaben zu perzeptiven Diskrimination a) Experimentelle Anordnung

Es wurde ein Brettchen benutzt, auf dem, übereinander, die Zahl 1 und ein leeres Kästchen zu sehen waren. Der Versuchsleiter ordnet mit dem Finger den ersten Stimulus der Zahl zu, den zweiten dem leeren Kästchen. Der Proband soll nun anzeigen oder sagen, ob die beiden Stimuli gleich oder verschieden sind. Der Antwortmodus wurde flexibel gehandhabt. Die Versuchsanweisung ist vorher zunächst ohne Hörbeispiel geübt worden, dann mit einem vom Versuchsleiter gesungenen Beispiel, das erklärt wur­

de. Diese Vorübung ist vor jeder Aufgabe geschehen, mit Ausnahme der Harmonieaufgabe, da hier Töne gleichzeitig erklingen müssen.

b) Zusammensetzung der Aufgaben

Jeder der drei Aufgabenkomplexe enthält acht Aufgaben, die am Klavier gespielt und aufgenommen wurden (Zenatti 1980). Die zwei Stimuli sind bei vier Items identisch, bei den vier anderen sind sie unterschiedlich.

Das Pausenintervall ist genauso lang wie die Stücke selbst (vgl. Abb.

2).

V L

Abb. 2: Aufgabe zur wahrnehmenden Diskrimination. Musikbeispiele.

Ungleiche Stimuli. 1. Harmonieaufgabe 2. Tonhöhendiskrimination 3.Rhythmusaufgabe.

tU

Die Aufgabe zur harmonischen Diskrimination besteht aus vier­

stimmigen Akkorden, die Aufgabe zur Tonhöhendiskrimination aus Tö­

nen in der Mittellage des Klaviers. Wenn die zwei Töne unterschiedlich sind, bilden sie eines der folgenden melodischen Intervalle: kl. Sekunde, kl. Terz, Quinte, kl. Septime. Die Aufgabe zur rhythmischen Diskri-

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mination enthält rhythmische Figuren von jeweils drei Tönen aus dem mitt­

leren Register des Klaviers. Laut Anweisung wird die Aufmerksamkeit auf die Art der Modifikation gelenkt wie z. B. »Schnelligkeit oder Tempo der Musik«.

II. Die legasthenischen Kinder

Die vorliegende Studie wurde 1978n9 durchgeführt und im Anschluß daran 1980/81 veröffentlicht. Die Ergebnisse sind hier in veränderter Fassung und mit Hilfe anderer statistischer Verfahren dargestellt. Die Tests der Kinder enthalten nur die Übungen zum ästhetischen Urteil.

1. Versuchspersonen

18 legasthenische Kinder (12 Jungen, 6 Mädchen) mit normaler Intelligenz im Alter zwischen 8 und 9 Jahren, die in einer sprachtherapeutischen Be­

handlung sind, nehmen an der Studie teil. Eine Gruppe von normalen Kin­

dern im gleichen Alter fungierte als Kontrollgruppe (N = 71 - 76, je nach Aufgabe).

2. Ergebnisse der Aufgaben zum ästhetischen Urteil

Die Ergebnisse sind nicht normalverteilt. Viele der Kinder haben, von acht Antworten zu je drei Aufgabenkomplexen, bei sieben oder acht ihre Präferenz für Konsonanz, Tonalität bzw. eine metrische Struktur ausge­

drückt. Diese Präferenz der Kinder ist signifikant. Ein Vergleich kann hier mit der Binomialverteilung gezogen werden, d. h. der Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer von zwei Möglichkeiten bei acht Versuchen (z. B. ein Geld­

stück werfen; vgl. Abb. 3).

Wenn man die Ergebnisse der Legastheniker mit denen der normalen Kin­

der im Chi-Quadrat-Test vergleicht, dann differenziert nur die Aufgabe zur Tonqualität signifikant zwischen legasthenischen und normalen Kindern:

(9)

Harmonieaufgabe: Chi2 = 1.07 ns.

Melodieauf gabe : Chi2 = 10.40 p < . 005 Rhythmusaufgabe: Chi2 = 1.36 ns.

'I, 0 1 0 20 30 40 50

L K L K L K

6 0 7 0 8 0 9 0 100

Abb. 3: Verteilung der legasthenischen und normalen Kinder (in Prozent) anhand der stabilen Präferenzen.

H: Hannonie M: Melodie R: Rhythmus L: Legastheniker K: Kontrollgruppe

III. Die Erwachsenen mit cerebralen Läsionen

Diese Studie ist zwischen 1979 und 1987 entstanden. Ich habe sie in der Publikation meiner Testbatterie (Zenatti 1980) bereits angedeutet. Eini­

ge nicht veröffentlichte Ergebnisse sind 1985 auf einer Konferenz in Pa­

ris vorgetragen worden.

Die neurologischen und psychologischen Untersuchungen sind von Ärzteteams des Krankenhauses Sainte-Anne und der Salpetriere gemacht worden. Je nach Aufenthaltsort der Patienten wurden dort auch die lin­

guistischen, psychologischen und orthophonischen Tests vorgenommen.

1. Versuchspersonen

Die wichtigsten Daten zu den Versuchspersonen sind in Tab. 1 zusam­

mengefaßt (Geschlecht, Alter, Bildungsniveau, musikalische Vor­

bildung, Etiologie, Lokalisation, Art der Aphasie, Sprachverständnis, allgemein kognitive Fähigkeiten). Insgesamt 78 Rechtshänder wurden anhand ihrer verbalen Störungen, dem hemisphärischen Sitz der uniorische

(10)

Etiologie Anat.Informationen Zusätzliche Typ der Auditives IQ

s Sex Alter KN MN ! B T F p T 0 D Informationen Aphasie Verständnis 1 2 3

B 1 m 5 1 ? 1 + + 24 W. CVA B

2 m 35 2 1 ++ + + 2 W. OP F + + +

3 m 52 4 2 + + 3 W. CVA B + +

4 m 38 3 1 ++ + + + 2 W. OP B +

5 m 50 3 1 + + + 7 W. CVA Dysar

6 w 1 8 5 2 + + + 6 W. OP B +

7 w 40 4 3 + 1 3 W. CVA Dysar

8 m 53 5 1 + ? B

9 m 44 6 2 + LWieder B++ +

10 m 42 3 2 + + Ln 2 W. CVA B

11 w 29 7 2 + Ic 4 W. CVA TM

12 m 58 3 2 + + 2 W. CVA Dysar +

13 m 57 3 2 + LWieder G + + ++

14 m 38 ? 2 + + + 9 W. OP G + + + ++

15 m 5 5 ? ? + 30 W. CVA G + + + ++

16 w m 62 3 2 + + + Ln 4 T. CVA C++

17 m 5 1 3 1 + + + Cr 1 T. CVA w +

18 w 27 3 2 + + + + 1 W. OP w + + +

19 m 48 3 3 ++ + + 1 0 W. OP W+++ + + +

20 m 53 ? 1 + LWieder W++ + +

2 1 m 69 3 1 ++ + + 10 W. OP w + +

22 w 54 5 2 + + + + LWieder W+++ + +

23 m 60 3 2 ++ + + 2 W. OP W++ + +

24 m 60 3 1 + + + LWieder W++ + + +

25 m 55 3 ? ++ + 8 W. OP W+++ + +

26 m 52 3 1 + + + + LWieder W++ + + +

27 m 57 4 2 + Ec 5 W. OP TS++ +

28 w 43 4 2 + + Nc,Ln 10 T. CVA M +

29 E w 69 3 5 ++ + + 2 W. OP F ++

30 m 44 5 5 + + LWieder F ++

3 1 m 50 5 5 + + + 4 W. OP F +

32 m 52 3 5 + + LWieder B

33 m 75 3 5 + Ic 4 W. CVA TM ++

34 m 52 5 5 + LWieder w + +

35 m 46 7 5 + + + 8 W. CVA W++ + +

36 m 63 3 5 + + + + 30 W. CVA W++ + ++

37 m 66 4 5 + + + + 5 W. OP w + +

38 L m 26 4 2 ++ + + 10 T. OP

39 m 38 7 2 + + +

40 w 19 4 2 ++ + + +

41 m 5 5 4 2 + Ic,Ln 4 W. CVA

42 m 50 4 4 + + Ce +

43 m 30 3 1 ++ + + + ? OP

44 m 32 3 1 ? + +

45 m 66 3 1 ? ?

46 m 36 5 1 ? + +

47 m 19 6 2 + + + 3 W. OP

48 m 53 3 1 + Lesen +++

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Etiologie Anal.Informationen Zusätzliche Typ der Auditives

s Sex Alter KN MN I B T F p T 0 D Informationen Aphasie Verständnis 1 2

49 R w 73 2 1 + + +

50 w 5 1 3 1 + + 2 W. OP

5 1 w 5 1 7 3 ++ + + + 2 W. OP

52 m 1 6 4 3 + + + 4 W. OP

53 m 5 1 3 2 + + Ce

54 m 1 6 3 1 + + + +

55 m 56 7 2 ++ + + 2 W. CVA

56 w 29 4 1 + + 4 W. OP

57 m 48 ? 1 + + 4 W. CVA

58 w 44 3 2 ++ + 6 W. OP

59 m 2 1 3 2 + + +

60 m 62 7 4 + + + +

61 m 59 ? 2 + + + 3 W. OP

62 m 57 3 1 + + + 12 T . CVA

63 m 60 3 1 + Ic,Th 25 W. CVA

Kontrollgruppe

64 w 35 2 1

65 w 29 3 2

66 m 2 1 3 2

67 m 23 3 2

68 w 36 3 1

69 w 27 3 1

70 w 70 3 2

7 1 w 20 4 2 72 m 22 4 2

73 w 22 6 2

74 w 26 6 2

75 m 23 6 2

76 m 30 7 1

77 m 55 7 1 78 m 5 1 7 4

Tabelle 1 (Erläuterungen)

Grundlegende Daten zu den Versuchspersonen:

+ Etiologischer Faktor, anatomische Lokalisation. Präsenz neurologischer Störungen.

++ Fälle mit Blutungen oder großen Tumoren. Schwere neuropsychologische Störungen.

+++ Schwere Aphasien.

? Etiologie , Läsion unklar. Keine Informationen.

Informationen über die Versuchspersonen:

S : Versuchspersonen; m: männlich w: weiblich

3 IQ

++

?

++

+

KN: Kulturelles Niveau ; 2 : kann schreiben, lesen, rechnen 3 : fünf Schuljahre 4: neun Schuljahre 5 : elf Schuljahre 6: Abitur 7 : Universitätsabschluß.

MN: Musikalisches Niveau; 1 : keine Ausbildung, hört selten Musik 2 : hört gern Musik 3 : 3 -4 Jahre Unterricht in Instrumentalspiel oder Gesang 4: Musikfreund ohne intensive Ausbildung 5 : mehr als fünf Jahre Unterricht, Theorieunterricht, kein Abschluß in Musik, Amateur­

musiker.

Anatomische Informationen: F: frontal P: parietal T: temporal 0: occipital D: deep zone Ln : nucleus lenticularis Cn : nucleus caudatis Ic: capsula interna Ec: capsula externa Th: Thalamus Cr: corona radiata Ce: corpus callosum, keine Angaben für die Vpn 7, 8, 9, 1 3 , 1 5 , 20, 34, 48 .

(12)

Zusätzliche Informationen: CVA : cerebral vascular accident OP: Punktion im Falle einer Blutung, operativer Eingriff bei Tumor. Der musikalische Test fand ein paar Tage oder Wochen nach der CVA oder dem chirugischen Eingriff statt. Wenn Angaben fehlen, fand kein Eingriff statt oder die Untersuchung wurde vorher angestellt . LWieder: längere Rehabilitation, 1 8 Monate oder mehr.

Typen von Aphasien F: frontal mit Aphasie B: Broca Dysar: Dysarthria G: global TM: transcorti­

cal motorisch TS : transcortical sensorisch C: Leitungsaphasie W: Wemicke M: gemischt.

Auditives Verständnis 1 : einfache Ordnung 2: semi-komplexe Ordnung 3 : komplexe Ordnung.

IQ + oder ++: intellektuelle Schwächen aufgrund von Resultaten im WAIS, PM47 und in den all­

gemeinen psychologischen Untersuchungen.

Tabelle 2 :

Verteilung d e r Vpn ( N = 7 8 ) anhand ihrer Ergebnisse.

Kombination der Möglichkeiten.

Xsthetisches Urteil ( 1 . Ziffer): Präferenz für Konsonanz, Tonalität, metrischen Rhythmus;

(2 . Ziffer): Präferenz für Dissonanz, Atonalität, nicht-metrischen Rhythmus.

Diskrimination ( 1 . Ziffer): richtige Antworten;

(2 . Ziffer): falsche Antworte!!

8-0 5-3

;1 8-0 5-3

18-0 5- 3 7-1 6 - 2 4 -4 2 -6 7 - 1 6 - 2 4-4 2-6 7-1 6 - 2 4 -4 3 -5 3- 5 3 - 5

ästhetisches Urteil

2-6 8-0 7-1 5-3 6-2 4-4

3-5 ;

18-0 5-3

2 - 6 7-1 6-2

ti

Diskrimination

2-6

;I

°-7-1 0 6-2 4 -4 5-3 3- 5

Gruppe Harmonie Melodie Rhythmus Harmonie Melodie Rhythmus

Broca 14 0 l 0 11 3 l 0 8 4 2 l 11 3 l 0 12 2 l 0 12 2 l

Wernicke 7 2 4 0 5 2 6 0 4 5 4 0 5 3 4 l 7 3 . 2 l 8 l 4

E 9 0 0 0 8 l 0 0 7 l l 0 8 0 l 0 9 0 0 0 8 l 0

Linke 10 l

Läsion 0 0 6 3 2 0 6 2 3 0 9 l l 0 10 0 l 0 9 2 0

Rechte 5 l

Läsion 8 l 6 2 7 0 3 4 8 0 10 0 5 0 & 2 5 0 10 l 4

K 14 0 l 0 10 2 3 0 10 3 2 0 14 0 l 0 14 0 l 0 14 l 0

% 76 5 19 l 59 1 7 24 0 4 9 2 4 2 6 l 7 3 9 17 l 7 7 9 1 3 l 78 10 12

Binomial Verteilung

2-6

0 0 0 0 0 0 0

% 3 . 51 71 . 10 1 3 . 51 7 1 . 10 1 3 . 51 7 1 . 10 1 3 . 51 7 1 . 10 I 3 . 51 7 1 . 10 1 3 . 51 71 . 10 10 . 94 10 . 94 10. 94 10 . 9 4 10 . 94 10. 94 10 . 94 10 . 94 10 . 94 10 . 94 10. 94

lateralen Läsionen und der musikalischen Vorbildung in Gruppen einge­

teilt.

Gruppe B (N=15): Broca-Aphasie und andere überwiegend motorische

1 0 . 94

(13)

rische Aphasien, die sich in der Störung des Gebrauchs von Worten und Phonemen äußern;

Gruppe E (N=9): Aphasiker, die eine intensive, aber nicht-berufliche, musikalische Ausbildung genossen haben;

Gruppe L (N=l 1): Nicht-Aphasiker mit linkshemisphärischen Läsionen;

Gruppe R (N= 15): Kranke mit rechtsseitigen Läsionen;

Gruppe K (N=15): Kontrollgruppe ohne jegliche neurologischen Be­

funde.

2. Ergebnisse

a) Verteilung der Antworten (siehe Tab. 2)

Genau wie bei den legasthenischen Kindern ist es auch hier interessant, die stabilen Antwortmuster zu untersuchen, d. h. wo sieben oder acht

H

M

R

u,__�1 0 _ __..2 0 __ 3�0 __ •�0-�so __ s�o _ __.,o __ a�10 _��0-�1qo

B ----�

w--R---

K--- B ... , ,, ... , . . . .-r . ... __, . . . ... ...-... . . ... . . . ... . . .. . . . ... . �,-.-rm·•

w---

R- - - - --·---·-·- ----

K--- B .... . .. . ... . ... . ... . ... �--

W--- R----­

K---

Abb. 4: Verteilung der Vpn mit celebralen Läsionen (in Prozent) anhand der stabi­

len Präferenzen.

H: Harmonie M: Melodie R: Rhythmus B: motorische Aphasien W: sensorische Aphasien R: rechte Läsionen K: Kontrollgruppe

(14)

(von acht möglichen) Antworten Vorlieben für Konsonanz, Tonalität und metrische Rhythmik anzeigen. Ich betone, daß es keine stabilen Ant­

wortmuster für dissonante, atonale und nicht-metrische Stimuli gab. Abb.

4 zeigt in Prozenten für alle Aufgabenbereiche die stabilen Präferenzen der drei Gruppen mit cerebralen Läsionen (B, W, R) im Vergleich zur Kontrollgruppe.

b) Vergleich der Ergebnisse nach Gruppen der Versuchspersonen Der Vergleich ist mit dem nonparametrischen Test von Fisher ange­

stellt worden, der bei Zellhäufigkeiten < 5 anstelle eines Chi-Quadrat­

Tests eingesetzt wird. Da im vorliegenden Fall die Anzahl der Versuchspersonen unter 15 bleibt und keine Normalverteilung vorliegt, eignet sich dieser Test gut. Die Testresultate sind dichotomisiert wor­

den, indem Probanden mit bzw. ohne stabile Antwortmuster zusam­

mengefaßt wurden. Im Vergleich zu den anderen Gruppen konnte ein (sehr) signifikant schlechteres Ergebnis der Gruppen W (sensorische Aphasie) und R (rechtsseitige Läsion) bei einigen Aufgaben nachgewie­

sen werden (vgl. Tab. 2). Bei der Kontrastierung der Ergebnisse mit de­

nen der Kontrollgruppe ergibt sich folgendes Bild:

- für die Gruppe W: weniger stabile Urteile bei der Aufgabe zur Konsonanz und weniger Erfolge bei der harmonischen Diskrimination und der Tonhöhe;

- für die Gruppe R: weniger stabile Urteile bei den Aufgaben zur Konsonanz und zum Rhythmus und weniger Erfolg bei der Diskrimination der Tonhöhe.

Tab. 3 zeigt die wenigen signifikanten Korrelationen zwischen den Gruppen.

c) Korrelationen zwischen den Aufgaben bei den Gruppen W und R Da signifikant schlechtere Ergebnisse in den beiden Gruppen (W und R) festgestellt wurden, ist es wichtig, die Korrelationen zwischen den Ein­

zelergebnissen zu betrachten. Eine signifikante Dissoziation zwischen

(15)

Tabelle 3 :

Ergebnisse der Vpn mit sensorischen Aphasien (W) und rechten Läsionen (R) im Gruppenvergleich. Signifikanzwerte im Fischer Test .

Ä sthetisches Urteil Diskrimination

Harmonie Melodie Rhythmus Harmonie Tonhöhe

Gruppe w R w R w R w w R

B • 02 5 . 00 5

E . 0 2 5 . 005 . 0 2 5 . 02 5 , 05 . 01 . 02 5 . 02 5 . 02 5

L , 00 5 . O S . O S

. 02 5 . 005 , 02 5 . oo s . 02 5 . 0 2 5

Tabelle 4 :

Korrelationen zwischen den Tests b e i sensorischen Aphasien und bei rechten Läsionen.

Korrelationen: Pearson Korrelation r.

HÄ - ästhetisches Urteil Harmonie MÄ - ästhetisches Urteil Melodie RÄ - ästhetisches Urteil Rhythmus HD - Harrnoniediskrimination TD - Tonhöhendiskrimination RD - Rhythmusdiskrimination

w

Tests

1

. 58 7

+

- . 0511

:- . 1 1 3

HD - . 3 3 . oo - . 11

TD - . so - . 684++ - . 24 RD - . 502 - . 12 - . 2 0

Korrelationen

R

HD TD

, .81 5++

. 74 1++ . 783+ +1

. 3 3 • 3 2 . 3 1

1 . 5 3+

, 7 7++1

. 1 5 . 16 3 - . 02

. 51+ . 4 84 + . 4 5 • 3 6

Rhythmus

HD TD

1 - 6

9

++

• 53+ • 59+1

Korrelation. Eine Nullkorrelation kann, je nach Proband, eine Dis­

soziation bedeuten. Die Verteilung erlaubt in diesem Fall den Einsatz des Bravais Pearson Tests (vgl. Tab. 4).

Um die Übersicht zu erleichtern, sind die Korrelationen für jeweils gleiche experimentelle Anordnungen, also ästhetische Urteile bzw.

Diskriminationsaufgaben, eingerahmt. Man kann sehen, daß im Falle der rechten Läsionen die Resultate der zwei Aufgabenkomplexe hoch­

signifikant miteinander korrelieren. Aufgrund der fehlenden negativen Korrelationen gibt es also keine Dissoziation zwischen den zwei Auf­

gabentypen. Die Resultate der Gruppe W unterscheiden sich von denen der vorangegangenen Gruppe in zwei bedeutsamen Punkten: 1) bei den ästhetischen Urteilen ist der Rhythmus von den melodischen und har­

monischen dissoziiert, sichtbar an den negativen Korrelationen. Hier do-

(16)

kumentiert sich die Spezifität des rhythmischen Bereiches. 2) Es exi­

stiert eine deutliche Dissoziation (sehr sign. bei einer Korrelation) zwi­

schen den Ergebnissen beim ästhetischen Urteil einerseits und denen der Diskrimination andererseits. Die Spezifität der musikalischen Verarbei­

tungsstrategien, die in den Experimenten gefordert war, tritt hier klar hervor.

d) Kontrolle der Aufgaben

Eine wichtige Frage stellt sich im Zusammenhang mit der Gruppe W, die durch Verständnisschwierigkeiten gekennzeichnet ist. Sind die Defi­

zite im Bereich des ästhetischen Urteilens und der Diskrimination etwa auf das mangelnde Verständnis der Aufgabenstellung zurückzuführen, das zum Scheitern beim Lösen der Aufgabe führt? Für drei Testteile wurde jeweils beim ästhetischen Urteilen und beim Diskriminieren die gleiche Aufgabenstellung gegeben. Die Aufgabenstellung wird als ver­

standen angenommen, wenn mindestens in einer der drei Aufgaben sieben oder acht richtige Antworten gegeben wurden, also ein stabiles Antwortmuster i. S. der o. g. Definition vorliegt. Die Ergebnisse sind im einzelnen daraufhin überprüft worden. Von den 13 Probanden der Gruppe W zeigen 9 mindestens ein stabiles Präferenzmuster (nicht so die Vpn Nr. 18, 21, 22 und 27); 9 haben eine Schwelle von sieben oder acht gleichartigen Antworten in wenigstens einer der Diskriminations­

auf gaben erreicht (nicht so die Vpn 1, 8, 20, 24 und 25). Die allgemein kognitiven Verständnisschwierigkeiten schlagen sich also nicht signifi­ kant (Binomial Test) nieder.

Unsere Kenntnisse von musikalischen Agnosien, die durch linksseitige Läsionen verursacht werden, erweitern sich durch die von Psychologen und Neuropsychologen gesammelten Beobachtungen. Es sollen nun kurz zwei Fälle (Vpn 16 und 27) berichtet werden, die sehr charakteristisch sind und die von uns gemachten Aussagen anschaulich illustrieren.

Anatomisch gesehen sind auf Abb. 5 die Verletzungen nach einer Dar­

stellung des Scanners in verschiedenen Schnitten zu sehen: Läsion in Fol­

(17)

lf

••

+ �o ... ,..

-t-11 "'"'

Abb. 5: Abbildungen nach Scannerbildern der Vpn Nr. 16 und 27

(18)

unteren Parietallappens) zurückzuführen ist (Vp Nr. 16) und eine Läsion durch Blutung im Bereich der Capsula extema (Projek­

tionsbahnen) (Vp Nr. 27). Vp Nr. 16 stellt in bezug auf die Sprache eine schwere Leitungsaphasie dar, wobei die Schwierigkeiten sowohl im mündlichen (phonemische Paraphasie) als auch im schriftlichen Bereich liegen; das Verständnis ist jedoch normal. Die Äußerungen von Vp Nr.

27 sind unverständlich, da zahlreiche Wortverwechslungen stattfinden.

Hingegen kann diese Person Worte, die man ihr vorspricht, ohne Fehler wiedergeben und ebenso fehlerfrei lesen. Ihr Verständnis ist bei einfa­

chen und halbkomplexen Sachverhalten zufriedenstellend, nicht jedoch bei komplexen. Im musikalischen Bereich erbringen die Vpn vergleich­

bare Leistungen. Bei den Präferenzen werden keine Unterschiede zwi­

schen konsonanten und dissonanten Akkorden gemacht, ebensowenig wie zwischen tonalen und atonalen Melodien, wohingegen die Vorlieben für rhythmisch metrische Strukturen signifikant (7/8, Vp Nr. 16) oder zumindest relativ (6/8, Vp Nr. 27) stabil sind. Der Geschmack ist also nicht global betroffen. Die drei Diskriminationsauf gaben werden be­

wältigt, wobei die Ergebnisse für 24 ltems bei 21/24 (Vp Nr. 16) bzw.

23/24 (Vp Nr. 27) liegen. Vp Nr. 16 ist in der Lage, ein bekanntes Kinderlied, allerdings ohne Worte, korrekt zu singen. Die andere Vp (Nr. 27), deren musikalische Leistung für die Zeit vor dem Unfall unbe­

kannt ist, schafft dies nicht.

e) Gruppe der rechtshemisphärischen Läsionen

Bei den rechtsseitigen Läsionen kann man sich nicht auf einen negativen Einfluß der Verständnisschwierigkeit auf die Ergebnisse berufen. Im Ge­

genteil muß man sich hier fragen, ob es bei manchen Versuchspersonen eventuell eine Störung beim Ausdruck von ästhetischen Urteilen oder bei der Durchführung einer Diskriminationsaufgabe gibt. Von den 15 Vpn der Gruppe R haben sechs stabile Präferenzmuster in wenigstens einem Aufgabenbereich gezeigt (nicht Vpn Nr. 49, 51 - 57, 63). 12 von ihnen haben sieben bis acht richtige Antworten in mindestens einer Diskriminationsaufgabe erreicht ( nicht Vpn Nr. 52, 53, 57). Diese

(19)

IV. Diskussion

Nach den Ergebnissen bei den gesunden Vpn (Kinder und Erwachsene) zu urteilen, beeinflußt die Vertrautheit mit bestimmten musikalischen Strukturen das ästhetische Urteil. Um die verschiedenen Tendenzen mu­

sikalischen Geschmacks gleichermaßen in Betracht ziehen zu können, ha­

ben wir als Kriterium die Stabilität des ästhetischen Urteils angenom­

men, d. h. wenn sieben oder acht gleiche Urteile von acht möglichen abgegeben werden. In dieser Studie mit pathologischen Fällen ist eine starke Tendenz zu positiven Antworten gegenüber Konsonanz, Tonalität und metrischen Strukturen zu verzeichnen.

Es hat keine stabilen Präferenzen für Dissonanz, atonale Melodien oder nicht-metrische rhythmische Strukturen gegeben. Bei intensiverer musikalischer Bildung ist dies wahrscheinlich trotzdem möglich.

Unsere erste Hypothese war (s. o.), daß legasthenische Kinder und Erwachsene mit cerebralen Läsionen Defizite im Ausdruck stabiler Präferenzen im Hinblick auf alltägliche musikalische Strukturen in ih­

rer Umwelt haben. Diese Hypothese muß, nach statistischer Überprü­

fung mit sehr signifikanten Ergebnissen im Vergleich zur Kontrollgruppe mit gesunden Vpn, angenommen werden.

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie mit 78 cerebral geschädigten Erwachsenen haben ergeben, daß diese Personengruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe Defizite im stabilen Ausdruck musikalischer Präferenzen aufweist, namentlich die Gruppe der sensorischen Aphasiker und die mit rechtsseitigen Läsionen. Dieses Defizit ließ sich nicht für drei andere Grup­

pen nachweisen, und zwar die der motorischen Aphasiker, die der musika­

lisch stark vorgebildeten Aphasiker und die der Nicht-Aphasiker mit linken Läsionen. Wie diese Studie zeigt, können cerebrale Läsionen durchaus von einer Form musikalischer Agnosie begleitet sein, die vertraute Strukturen betrifft, die schon während der Kindheit enkodiert worden sind. Frühere Forschungsberichte können für die rechten Läsionen bestätigt werden. Bei sensorischen Aphasien dokumentiert sich eine defizitäre Informations­

verarbeitung bei rein musikalischem Material, was auf eine wirkliche kognitive Störung hinweist, die nicht nur auf den sprachlichen Bereich be­

schränkt ist. Eine Überprüfung der Aufgaben (vgl. III d) ergab, daß die

(20)

Versuchsanleitungen von den meisten Versuchspersonen mit allgemein kognitiven Schwierigkeiten verstanden worden waren. Die Aufgaben sind auch für nicht musikalisch Vorgebildete verständlich.

In dieser Studie habe ich eine weite Palette von Versuchspersonen unter­

suchen und keine Fallstudien von interessanten Fällen ausbreiten wollen, was zu einer bestimmten Heterogenität der untersuchten Population ge­

führt hat. Die Krankengeschichten, die bei den rechten Läsionen meistens einen Tumor aufweisen, bei den linken Läsionen hingegen meistens Gefäßprobleme, verbieten jeglichen Vergleich. In einem ersten Ansatz habe ich statistisch versucht, Unterschiede zwischen den Gruppen festzustellen, wobei den individuellen musikalischen Fähigkeiten Rechnung getragen wurde. Bemerkenswert ist, daß eine sensorische Aphasie nicht unbedingt von einer Einschränkung des ästhetischen Urteils begleitet ist. Um Erklä­

rungen für auftretende bzw. nichtauftretende Defizite zu suchen, ist es not­

wendig, weitere Untersuchungen anzustellen, die die Lokalisation der Läsion berücksichtigen.

Meine zweite Hypothese lautete dahingehend, daß die pathologischen Störungen vön solchen der musikalischen Informationsverarbeitung bei melodischen, harmonischen und rhythmischen Strukturen begleitet werden.

Die Auswertung des Versuchs mit 18 legasthenischen Kindern haben ergeben, daß im Vergleich zu gesunden Kindern beim ästhetischen Urteil Defizite im Bereich der Verarbeitung melodischer tonaler Strukturen vorliegen. Dahingegen zeigen die beiden Gruppen bei den Präferenzen keine Unterschiede sowohl in Harmonie- als auch Rhythmusaufgaben.

Die Legasthenie kann also auch außerhalb des Sprachfeldes zu Störungen führen wie bei der melodischen Organisation von Klängen. Dennoch läßt sich die genaue Natur der beobachteten Störung nicht bestimmen. Es

könnten vorliegen: "'

- ein Enkodierungsproblem des tonalen Systems, das zu einer verspä­

teten Entwicklung des Geschmacks führt;

- ein Enkodierungsproblem, das zur Folge hat, daß zwei, in ihrer Kontur identische, in ihrer Tonalität aber verschiedene Melodien, nicht differenziert werden können;

(21)

Langzeitgedächtnis abgelegte Struktur abzurufen.

Diese Ergebnisse werden durch weitere abgesichert werden müssen. Da immerhin 39 % der Legastheniker stabile Präferenzen gezeigt haben, ist es notwendig, der Frage nachzugehen, warum nur bei einigen und nicht bei allen ein Defizit in der Verarbeitung tonaler melodischer Strukturen vor­

liegt.

Bei den cerebralen Läsionen gibt es sehr signifikante Korrelationen zwi­

schen Melodie und Harmonie im Aufgabenkomplex zum ästhetischen Ur­

teil. Hier findet man die gleichen Ergebnisse wie bei gesunden Kindern.

Wie im Falle der linken Läsionen an den negativen Korrelationen ersicht­

lich, ist die rhythmische Aufgabe von der harmonischen und melodischen dissoziiert. Hier zeigt sich die Spezifität der Informationsverarbeitung bei rhythmisch metrischen Strukturen.

Die ästhetischen Urteile zur Konsonanz sind bei sensorischen Aphasien und rechtsseitigen Läsionen instabil; beim Rhythmus besteht dieses Defizit nur bei rechten Läsionen. Es konnte im melodischen Bereich eine einge­

schränkte Verarbeitung des tonalen Musikidioms festgestellt werden. Die­

ser Befund muß im Vergleich zu den Ergebnissen der gesunden Kontrollgruppe gesehen werden, deren Ergebnisse schlechter als die der 9- bis 10-jährigen Kinder waren. Die Kontrollgruppe hat in der Übung zur Tonalität instabiler geurteilt als in den anderen beiden Übungen. In einer Befragung hat sich erwiesen, daß weniger gebildete Vpn tonale und atonale Melodien schlechter unterscheiden können. Bei den musikalisch Gebildeten war es z. T. so, daß sie tonale Beispiele in unsystematischer Weise ablehnten ober bevorzugten. Der Einsatz dieser Übung bei den cerebral Geschädigten ist trotzdem gerechtfertigt, da dort im individuel­

len Fall stabile Ergebnisse im Gegensatz zu den anderen Übungen erzielt wurden.

Meine letzte Hypothese besagte, daß pathologische Störungen eine Dissoziation in der Informationsverarbeitung musikalischen Materials in Abhängigkeit von der Art der Verarbeitung erzeugen können. Diese Hy­

pothese, die nur für den Fall der cerebralen Läsionen überprüft worden ist, hat sich als richtig erwiesen. Zwei Arten der Verarbeitung haben unterschieden werden können, zum einen die der ästhetischen Bewertung alltäglicher, musikalisch organisierter Strukturen, zum anderen die der

(22)

Perzeption isolierter Elemente oder kurzer Fragmente. Die Kor­

relationsanalyse zeigt eine Dissoziation zwischen beiden Aufgabentypen bei den Aphasikem mit linksseitigen Läsionen und bei den Nicht­

Aphasikern.

Die hier untersuchten pathologischen Fälle haben im Hinblick auf das ästhetische Urteilen einige kognitive Aspekte deutlich werden las­

sen, die die En- bzw. Dekodierung von alltäglichen musikalischen Strukturen unserer Umwelt beeinflussen. Wenn es richtig ist, daß das Gefühl ausschlaggebend für eine Präferenzentscheidung hinsichtlich ei­

nes Komponisten oder eines bestimmten Werkes ist, dann ist es ebenso richtig, daß der musikalische Geschmack die im Gedächtnis gespeicher­

ten musikalischen Informationen benutzt, um sie in Beziehung zu den wahrgenommenen zu setzen. Die Wechselbeziehung, die zwischen die­

sen kognitiven Mechanismen und der affektiven Reaktion besteht, bleibt weiterhin zu untersuchen.

Zusammenfassung

Diese Studie versucht, verschiedene kognitive Mechanismen zu untersu­

chen, die, speziell bei der Kodierung und Enkodierung alltäglicher musi­

kalischer Strukturen, die Entstehung und Entwicklung des musikali­

schen Geschmacks beeinflussen. Die Präferenzen von 18 legasthenischen Kindern und 63 cerebral geschädigten Erwachsenen sind mittels Paarvergleich untersucht worden. Der Einfluß der musikalischen Ge­

staltung ist durch drei unterschiedliche Aufgabenkomplexe repräsen­

tiert worden: 1) konsonante und dissonante Akkorde; 2) tonale und atonale Melodien; 3) metrische und nicht-metrische Rhythmen. Im Ver­

gleich zur Kontrollgruppe haben signifikante Defizite im stabilen Aus­

druck von Präferenzen bei legasthenischen Kindern einerseits und den links- bzw. rechtsseitigen Läsionen mit sensorischen Aphasien anderer­

seits festgestellt werden können. Dissoziationen der Einzelbereiche er­

gaben sich 1) zwischen den drei Aufgabenbereichen zum ästhetischen

(23)

Urteils und denen der wahrnehmenden Diskrimination, die durch drei ande­

re Aufgaben überprüft worden ist. Hierbei wurden zwei unterschiedliche Ebenen der musikalischen Verarbeitung sichtbar.

Aus dem Französischen von Andreas C. Lehmann

Danksagungen

Mein Dank gilt Prof. F. Lhermitte für die freundliche Aufnahme in seiner Neuropsychologie und im Sprachenzentrum der »Groupe Hospitalier Pitie-Salpetriere« in Paris. Ich bedanke mich bei den Ärzten, Psycholo­

gen, Sprachheiltherapeuten und dem Krankenhauspersonal der beiden Zentren, die diese Arbeit ermöglicht haben. Insbesondere danke ich Dr.

S. Bakchine, dem Klinikchef, der die Abbildungen nach Scannerbildem, im Text Abb. 5, gemacht hat Ebenso bedanke ich mich bei den Psycho­

logen L. Nemet, M.-C. Masure, B. Pillon, J. Ruel. Ich danke dem Sprachheiltherapeuten M. Dubost für seine Zusammenarbeit bei meiner Studie über die legasthenischen Fälle.

Summary

Tue underlying study tries to investigate different cognitive mechanisms that influence the development of musical preference at the stage of encoding and decoding of everyday musical structures. Tue preferences of 18 dyslexic children und 63 adults with cerebral injuries have been tested using paired comparisons. Tue influence of the musical structure was accounted for by using three different scopes of tasks: 1) consonant vs. dissonant chords, 2) tonal vs. atonal melodies, 3) metric vs.

nonmetric rhythms.

Compared to the control group, dyslexic children and left and right lateral lesions with sensory aphasia showed significant deficits in the stable expression of preferences. Dissociations of the single scopes of tasks appeared 1) between the three tasks conceming the aesthetic judgement, which is due to the varying musical structures, 2) between the ability of

(24)

aesthetic judgement and the perceptual discrimination, which was tested by three other tasks. The results give evidence to two separate levels of musical information processing.

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Referenzen

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