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Archiv "Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft: „Aus der UAW-Datenbank“ – Cerebrale venöse Thrombosen im Zusammenhang mit kombinierten oralen Kontrazeptiva" (13.12.2013)

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A 2446 Deutsches Ärzteblatt

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13. Dezember 2013 B U N D E S Ä R Z T E K A M M E R

Mitteilungen

ARZNEIMITTELKOMMISSION DER DEUTSCHEN ÄRZTESCHAFT

„Aus der UAW-Datenbank“

Cerebrale venöse Thrombosen im Zusammenhang mit kombinierten oralen Kontrazeptiva

Der AkdÄ wurden in den vergangenen Jahren mehrere Fälle von cerebralen venösen Thrombosen (CVT) im Zusammenhang mit der Einnahme von kombinierten oralen Kontrazeptiva berichtet.

CVT sind insgesamt selten und können einer frühzeitigen Dia - gnosestellung entgehen.

Hintergrundinformationen zu cerebralen venösen Thrombosen

Cerebrale venöse Thrombosen (CVT) manifestieren sich in den cerebralen Venen und Sinus, die das Blut vorwiegend in die inne- ren Jugularvenen drainieren. CVT sind seltener als tiefe Beinve- nenthrombosen oder Lungenembolien. Die Häufigkeit wird auf drei bis vier Fälle pro Million Erwachsener pro Jahr geschätzt (2). Frauen sind häufiger betroffen, da die Einnahme von oralen Kontrazeptiva mit einer etwa sechsfachen Risikoerhöhung für eine CVT einhergeht und Schwangerschaft und Wochenbett ebenfalls Risikofaktoren darstellen (3). Hereditäre Thrombophi- lien wie die Faktor-V-Leiden-Mutation und die Prothrom- bin(Faktor II)-G20210A-Mutation erhöhen das Risiko einer CVT um den Faktor drei bis sechs (4). Die Symptomatik entwickelt sich meist subakut über Tage und Wochen. Häufig berichtet wer- den Kopfschmerzen, Krampfanfälle, fokale neurologische Aus- fälle und Bewusstseinsstörungen (5). Die Prognose der CVT ist in 80 % der Fälle gut. Ein Review aus dem Jahr 2006 hat eine Mortalität von 5,6 % in den ersten vier Wochen angegeben, die in den einzelnen Studien jedoch stark variierte (0 bis 15,2 %) (6).

Risiko thromboembolischer Ereignisse unter verschiedenen kombinierten oralen Kontrazeptiva

Die Gabe von Kombinationspräparaten aus Ethinylestradiol und einem Gestagen (= kombinierte orale Kontrazeptiva, KOK) geht mit einem erhöhten Risiko für venöse thromboembolische Ereig- nisse einher. Das Risiko ist zwar insgesamt klein, aber von Rele- vanz aufgrund der Schwere der Erkrankung im Einzelfall wie auch aufgrund der großen Zahl gesunder Frauen, die KOK ein- nehmen. Bei venösen Thromboembolien werden in erster Linie tiefe Beinvenenthrombosen und Lungenembolien in Betracht ge- zogen, jedoch kann durch KOK auch das Risiko von seltenen Thrombosen an anderer Lokalisation wie der CVT erhöht wer- den (4). Im deutschen Spontanmeldesystem sind seit dem Beginn der 90-er Jahre insgesamt etwa 80 Fälle von CVT im Zusammen- hang mit der Einnahme von KOK erfasst worden. Im dargestell- ten Fallbeispiel (siehe Kasten) liegen durch die Thrombophilie und die Einnahme des KOK zwei Risikofaktoren vor, die syner- gistisch wirken können (7, 8).

Bewertung des thromboembolischen Risikos verschiedener kombinierter oraler Kontrazeptiva durch den Ausschuss für Risikobewertung in der Pharmakovigilanz (PRAC)

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hat sich vor dem Hintergrund jeweils aktueller Untersuchungen in der Vergangen- heit mehrfach mit der Frage beschäftigt, inwieweit der unter- schiedliche Gestagenanteil in KOK das thromboembolische Risi- ko beeinflusst. Hierzu hat die AkdÄ berichtet (9). Die Ergebnisse einer aktuellen Bewertung durch den PRAC sind in der Tabelle dargestellt (10). Bei nicht schwangeren Frauen, die kein Kontra- zeptivum einnehmen, geht der PRAC von einem allgemeinen Ri- siko von etwa zwei venösen Thromboembolien pro 10 000 Frauen pro Jahr aus.

Das thromboembolische Risiko im Zusammenhang mit nicht oralen Darreichungsformen kombinierter Kontrazeptiva war nicht Gegenstand des aktuellen Verfahrens bei der EMA. Einige Studien weisen auf ein erhöhtes Risiko im Vergleich zur oralen Anwendung hin (11, 12). Der PRAC hat sich kürzlich zum Risi- ko im Zusammenhang mit Cyproteronacetat-Ethinylestradiol- haltigen Kombinationspräparaten (Diane®-35 und Generika) ge-

T1 T2

Abbildung: Magnetresonanztomographie (MRT) mit hämorrhagischem Stauungs- infarkt im rechten Thalamus bei innerer Hirnvenenthrombose.

Fallbeispiel aus dem Spontanmeldesystem

Berichtet wird über eine 17-jährige junge Frau (normalgewichtig, Nichtraucherin), die beruflich einer Bürotätigkeit nachgeht. Relevan- te Vorerkrankungen werden nicht angegeben, als einziges Arznei- mittel nahm sie seit etwa vier Jahren ein orales Kontrazeptivum ein (Ethinylestradiol/Drospirenon) (1). In den vorangegangen sechs Mo- naten traten intermittierend Kopfschmerzen auf. Einmalig kam es zu einem Verwirrtheitszustand. Nachdem eine klinisch-neurologische Untersuchung zweimal einen unauffälligen Befund ergeben hatte, wurde zur weiteren Abklärung eine MRT des Kopfes durchgeführt.

Diese zeigte eine fragliche Raumforderung, die sich bei einer ergän- zenden MR-Angiographie als konsekutiver hämorrhagischer Infarkt im rechten Thalamus bei Thrombose der korrespondierenden Vena interna cerebri darstellte (siehe Abbildung). In einer Verlaufskontrolle wenige Tage später war zusätzlich der Sinus transversus links ver- schlossen. Eine ergänzende kardiologische Diagnostik ergab unauf- fällige Befunde, eine zusätzliche tiefe Beinvenenthrombose wurde nicht festgestellt. Die Gerinnungsdiagnostik zeigte eine heterozy - gote Faktor-V-Leiden-Mutation als prothrombotischen Risikofaktor.

Therapeutisch wurde zunächst eine PTT-wirksame intravenöse He- paringabe begonnen und später auf subkutan verabreichtes nieder- molekulares Heparin für etwa sechs Monate umgestellt.

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13. Dezember 2013 A 2447 äußert, die zur Behandlung bestimmter Formen der Akne indi-

ziert sind, jedoch off-label auch zur Kontrazeption angewendet werden (13). Es wurde darauf hingewiesen, dass die Inzidenz von venösen Thromboembolien bei Anwenderinnen von Cypro- teronacetat/Ethinylestradiol 1,5- bis 2-mal höher ist als bei Frauen, die Levonorgestrel-haltige KOK einnehmen. Die Anwendung wurde beschränkt auf Frauen im gebärfähigen Alter zur Behand- lung der mittelschweren bis schweren androgenempfindlichen Akne und/oder Hirsutismus, wenn eine topische Therapie oder eine systemische Antibiotikabehandlung versagt haben.

Fazit und Empfehlung der AkdÄ

Die Einnahme von kombinierten oralen Kontrazeptiva erhöht das Risiko für venöse Thromboembolien, dabei variiert das Risiko mit dem jeweiligen Gestagenanteil (siehe Tabelle). Neben tiefen Beinvenenthrombosen und Lungenembolien können sehr selten auch Thrombosen von cerebralen Venen und Sinus (CVT) auftre- ten, vor allem wenn gleichzeitig weitere Risikofaktoren wie z. B.

eine bislang nicht diagnostizierte hereditäre Thrombophilie vor- liegen. Bei Patientinnen, die ein kombiniertes orales Kontrazep- tivum einnehmen und die sich mit Kopfschmerzen und neurolo- gischen Symptomen vorstellen, sollte eine CVT in die Differen- zialdiagnose einbezogen werden.

Patientinnen sollten vor der Gabe eines KOK über das Risiko einer Thromboembolie und mögliche Warnsymptome aufgeklärt werden. Bei der Verordnung sollte das individuelle Risikoprofil

@

Literatur im Internet:

www.aerzteblatt.de/lit5013 Bewertung des Risikos von venösen Thromboembolien in Abhängig-

keit vom jeweiligen Gestagen in kombinierten oralen Kontrazeptiva durch den Ausschuss für Risikobewertung in der Pharmakovigilanz (PRAC) bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA)

TABELLE

Einnahme von KOK mit

Levonorgestrel, Norgestimat, Norethisteron Etonogestrel, Norelgestromin

Gestoden, Desogestrel, Drospirenon Chlormadinon, Dienogest, Nomegestrol Allgemeines Risiko für nicht schwangere Frauen ohne orale Kontrazeptiva

Jährliche Rate von venö- sen Thromboembolien pro 10 000 Frauen

5 bis 7 6 bis 12 9 bis 12

Daten bislang unzurei- chend für Risikovergleich 2

der Frauen für ein thromboembolisches Ereignis bedacht werden (z. B. Nikotinkonsum, Übergewicht, höheres Lebensalter, ana - mnestische Migräne, Familienanamnese venöser Thromboembo- lien). Ebenfalls in die Verordnungsentscheidung einfließen soll- ten aber auch die Unterschiede der einzelnen Präparate hinsicht- lich der Risikoerhöhung für ein thromboembolisches Ereignis bzw. die noch nicht ausreichenden Daten für einige Präparate.

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Herbert- Lewin-Platz 1, 10623 Berlin, Postfach 12 08 64, 10598 Berlin, Telefon: 030 400456-500, Fax: 030 400456-555, E-Mail: info

@akdae.de, Internet: www.akdae.de

Arzneimittelgruppe (Leitsubstanzquote)

KV Baden-Württemberg Bayern

Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen Mecklenburg- Vorpommern Niedersachsen Nordrhein Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen Westfalen-Lippe Zielwert 2014

Bisphosphonate zur A05 Behandlung der

Osteoporose (Alendronsäure und

Risedronsäure) Alt 83,3 % 84,3 % 78,5 % 83,3 % 85,3 % 84,1 % 85,3 % 89,1 %

84,6 % 88,0 % 86,5 % 83,8 % 78,0 % 84,5 % 85,4 % 78,7 % 91,6 % 85,0 %

Bisphosphonate zur A05 Behandlung der

Osteoporose Alendronsäure und

Risedronsäure) Neu 77,4 % 80,6 % 74,5 % 77,6 % 83,2 % 82,0 % 81,7 % 82,3 %

80,8 % 83,9 % 81,1 % 80,0 % 72,4 % 76,8 % 83,6 % 72,8 % 89,6 % 80,0 %

Erratum

Rahmenvorgaben nach § 84 Abs. 7 SGB V – Arzneimittel – für das Jahr 2014

K A S S E N Ä R Z T L I C H E B U N D E S V E R E I N I G U N G

Bekanntmachungen

Termin: Samstag, 11. Januar 2014, 9.00 bis 12.30 Uhr Eine Veranstaltung der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) innerhalb des Interdisziplinären Forums der Bundesärztekammer

Veranstaltungsort: Hotel Aquino/Tagungszentrum Katholische Akademie, Hannoversche Straße 5 b, 10115 Berlin-Mitte

Auskunft: Karoline Luzar, E-Mail: karoline.luzar@akdae.de; Telefon:

030 400456 518; Fax: -555; weitere Details unter www.akdae.de □

Aktuelle Fragen der rationalen Antibiotikatherapie – Neue Arzneimittel

Die Werte der Arzneimittelgruppe A05 Bisphosphonate zur Behandlung der Osteoporose in Anlage 3 wurden von den Bundesvertragspartnern (Kassenärztliche Bundesvereinigung und GKV-Spitzenverband) wie folgt korrigiert:

B E K A N N T G A B E N D E R H E R A U S G E B E R

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LITERATURVERZEICHNIS HEFT 50/2013, ZU:

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„Aus der UAW-Datenbank“

Cerebrale venöse Thrombosen im Zusammenhang mit kombinierten oralen Kontrazeptiva

LITERATUR

1. Toni I, Neubert A, Botzenhardt S, Gratzki N, Rascher W: Venous thromboembo- lism in adolescents associated with drospirenone-containing oral contraceptives – two case reports. Klin Padiatr 2013; 225: 266–7.

2. Stam J: Thrombosis of the cerebral veins and sinuses. N Engl J Med 2005;

352: 1791–8.

3. Bousser MG, Crassard I: Cerebral venous thrombosis, pregnancy and oral con- traceptives. Thromb Res 2012; 130(Suppl 1): S19–S22.

4. Dentali F, Crowther M, Ageno W: Thrombophilic abnormalities, oral contracepti- ves, and risk of cerebral vein thrombosis: a meta-analysis. Blood 2006; 107:

2766–73.

5. Martinelli I: Cerebral vein thrombosis. Thromb Res 2013; 131(Suppl 1):

S51–S54.

6. Dentali F, Gianni M, Crowther MA, Ageno W: Natural history of cerebral vein thrombosis: a systematic review. Blood 2006; 108: 1129–34.

7. Martinelli I, Battaglioli T, Pedotti P, Cattaneo M, Mannucci PM: Hyperhomocystei- nemia in cerebral vein thrombosis. Blood 2003; 102: 1363–6.

8. de Bruijn SF, Stam J, Koopman MM, Vandenbroucke JP: Case-control study of risk of cerebral sinus thrombosis in oral contraceptive users and in [correction of who are] carriers of hereditary prothrombotic conditions. The Cerebral Venous Sinus Thrombosis Study Group. BMJ 1998; 316: 589–92.

9. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Risiko von venösen Throm- boembolien bei Einnahme von Drospirenon-haltigen kombinierten oralen Kon- trazeptiva (Yasmin®/Yasminelle®, Aida®, Yaz®, Petibelle®). Dtsch Arztebl 2011;

108: A 2442.

10. EMA: PRAC confirms that benefits of all combined hormonal contraceptives (CHCs) continue to outweigh risks: http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/do cument_library/Press_release/2013/10/WC500151960.pdf. Press Release, Doc.-No. EMA/607314/2013, 11 October 2013. Zuletzt geprüft: 5. November 2013.

11. Lidegaard O, Nielsen LH, Skovlund CW, Lokkegaard E: Venous thrombosis in users of non-oral hormonal contraception: follow-up study, Denmark 2001–10.

BMJ 2012; 344: e2990.

12. Dore DD, Norman H, Loughlin J, Seeger JD: Extended case-control study results on thromboembolic outcomes among transdermal contraceptive users. Contra- ception 2010; 81: 408–13.

13. EMA: Benefits of Diane 35 and its generics outweigh risks in certain patient groups - PRAC recommendation endorsed by CMDh: http://www.ema.europa.

eu/docs/en_GB/document_library/Press_release/2013/05/WC500143774.pdf.

Press Release, Doc.-No. EMA/318380/2013, 30 May 2013. Zuletzt geprüft: 19.

November 2013.

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