Karte der poten- ziellen Sturm- gefährdung für einen 3 km brei- ten Transekt im Forstamt Hes- sisch-Lichtenau, wobei einheit- lich 70-jährige Bestände und eine stark abs- trahierte Baum- arten-Zusam- mensetzung im Anhalt an die A) aktuelle Be- stockung und B) eine mögliche klimastabile An- passungsvarian- te unterstellt werden.
Strukturelle Änderungen an der NW-FVA
Sachgebiet „Wachstums- und Risikomodellierung“
Im Rahmen der strukturellen Änderun- gen an der NW-FVA (Dialog 2/2020) wurde u . a . das Sachgebiet „Wachs- tums- und Risikomodellierung“ inner- halb der Abteilung Waldwachstum eta- bliert . Hintergrund ist eine Stärkung der Klimafolgenforschung an der NW- FVA .
Der sich immer stärker abzeichnen- de Klimawandel hat in den letzten Jah- ren auch in den hessischen Wäldern bei den meisten Baumarten zu deut- lich erhöhten Absterberaten und – ins- besondere bei der Fichte – zu teilweise dramatischen Vorrats- und Flächenver- lusten geführt . Ursache sind Verände- rungen der forstlichen Standorte in bis- her nicht bekanntem Ausmaß, die das Anpassungsvermögen vieler Baumar- ten übersteigen . Klimaprojektionen lassen bis zum Ende des 21 . Jahrhun- derts einen noch sehr viel deutliche- ren Temperaturanstieg bei gleichzei- tig abnehmenden Niederschlägen in der Vegetationsperiode erwarten . Auf- grund der sehr dynamischen und lang- fristigen Standortveränderungen kann dabei zunehmend weniger auf forstli- ches Erfahrungswissen zurückgegrif- fen werden, wenn es um aktive Anpas- sungsmaßnahmen zum Erhalt stabiler, leistungsfähiger und artenreicher Wäl- der geht .
Neben der klassischen Waldwachs- tumsforschung mit der Analyse und Modellierung des Einzelbaum- und Be- standeswachstums in Rein- und Misch- beständen sowie der Stärkeklassen-, Biomassen- und Holzqualitätsschät- zung wird daher die Forschung zur Vor- hersage wichtiger biotischer und abio- tischer Risiken intensiviert . Ebenso wird die standort- bzw . klimasensitive Wachstums- und Verjüngungsmodel- lierung ein Schwerpunkt des Sachge- bietes sein . Ein Beispiel für Modellan- sätze ist das Modell zur Projektion der Sturmschadensgefährdung (s . Abb .) . Zu- sätzlich liegt ein Modell für die Gefähr- dungseinschätzung der Fichte durch den Buchdrucker vor . Zur Quantifizie- rung eines Gesamtrisikos dienen Über-
lebenszeitanalysen auf der Grundlage der Waldzustandserhebung .
Mit Hilfe dieser „Werkzeuge“ las- sen sich Risiken für aktuelle Bestockun- gen einschätzen, Risiko-Hotspots, aber auch besonders risikoarme Standorte identifizieren und die Effekte waldbau- licher Maßnahmen bewerten . Wichtigs- te Anpassungsmaßnahme ist dabei die Wahl der Baumarten bzw . Waldent- wicklungsziele (WEZ) . Die verschiede- nen Modellentwicklungen werden in enger Abstimmung mit den fachlich zuständigen Sachgebieten – insbeson- dere der Abteilungen Waldwachstum, Umweltkontrolle und Waldschutz – er- arbeitet und in Zusammenarbeit mit dem Sachgebiet Waldinventur/Infor- matik/Biometrie in Entscheidungs- unterstützungssysteme überführt .
Ein zentrales Produkt dieser Klima- folgenforschung sind hochaufgelös- te web-basierte Karten zur Abschät- zung des aktuellen und zukünftigen
Zuwachspotenzials sowie der wichtigs- ten biotischen und abiotischen Risiken . Diese Karten sind dann die Basis für die Ableitung von klimastabilen Wald- entwicklungszielen, die in Zusammen- arbeit mit den Landesforstbetrieben und Vertretern des Privatwaldes der Trägerländer erarbeitet werden .
Als Querschnittsaufgabe werden im Sachgebiet die erhobenen Daten des langfristigen ertragskundlichen Versuchswesens der Abteilung Wald- wachstum verwaltet . Diese wichtige Aufgabe umfasst die Digitalisierung, Prüfung und deskriptive Auswertung, die datenbanktechnische Sicherung und Organisation der Daten sowie die Kommunikation mit den beteiligten Forstbetrieben .
Dr. Matthias Schmidt, Sachgebiets- leiter „Wachstums- und Risikomodel- lierung“, NW-FVA
ImDialog 03/2020 | Forschung und Wissenschaft | 7