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Archiv "Unvoreingenommene Herangehensweise notwendig" (21.10.2011)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 42

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21. Oktober 2011 723

M E D I Z I N

Matching vor Studienbeginn

Linder et al. kritisieren die Evaluierung von DMPs in Deutschland und präsentieren eine eigene Studie (1). Die- se Studie weist methodische Mängel auf, die die Validität der Ergebnisse in Frage stellen. Zunächst sei hier auf die nicht nachvollziehbare Gruppenbildung hingewiesen: Ein Matching muss vor Beginn einer Intervention stattfinden.

Hier wurden jedoch Patienten, die bereits vor 2007 einge- schrieben waren nicht ausgeschlossen und in 2006 ge- paart, womit bereits ein Teil des Interventions-Effekts be- seitigt wird. Auch ist unklar, warum nicht jeder DMP- Teilnehmer mit einer Kontrolle aus dem genügend großen Pool gepaart wurde. Patienten, die an mehr als einem DMP teilgenommen haben, werden zudem ausgeschlos- sen. Damit werden schwerer Erkrankte ausgeschlossen, die ganz besonders von einer verbesserten Versorgungs- struktur profitieren würden. Zudem wurden Patienten mit sehr kurzer Einschreibedauer eingeschlossen, bei denen sich ein Effekt nicht manifestieren kann. Weiterhin ist nicht nachvollziehbar, wie nach der Variablen „Ausbil- dung“ gepaart werden konnte, wenn bei nahezu 70 % der identifizierten Diabetiker die Angaben dazu fehlen. Es ist unzulässig „fehlend“ als gültige Ausprägung einer Paa- rungs-Variablen zu verwenden. Die Autoren haben dem- nach das selbstgesetzte Ziel, die Selektionseffekte bei der Evaluation der DMPs besser zu berücksichtigen, verfehlt.

Die im Dezember 2010 veröffentlichte Studie, die ei- ne positive Entwicklung der Versorgungsqualität und -effizienz bei Teilnehmern des DMP Diabetes im Ver- gleich zu einer Gruppe nicht eingeschriebener Diabeti- ker gezeigt hat, wird nicht diskutiert (2). Dies ist erstaun- lich, da es die erste deutsche Studie ist, die das Diabeti- ker DMP mittels Propensity Score Matching evaluiert.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0723a

LITERATUR

1. Linder R, Ahrens S, Köppel D, Heilmann T, Verheyen F: The benefit and efficiency of the disease management program for type 2 diabe- tes. Dtsch Arztebl Int 2011; 108(10): 155–62.

2. Stock S, Drabik A, Büscher G, et al.: German diabetes management programs improve quality of care and curb costs. Health Aff (Millwood);

2010; 29: 2197–205.

Dipl. Math. Anna Drabik PD Dr. rer. pol. Markus Lüngen PD Dr. med. Stephanie Stock

Institut für Gesundheitsökonomie und klinische Epidemiologie der Universität zu Köln

Dr. rer. soc. Christian Graf

BARMER GEK, Wuppertal, christian.graf@barmer-gek.de

Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Unvoreingenommene Herangehensweise notwendig

Linder et al. nehmen für sich in Anspruch „mit einem intelligenten Kontrollgruppendesign“ Selektionseffekte weitgehend auszuschließen. Dafür muss man allerdings fair und unvoreingenommen an den Untersuchungsge-

genstand herangehen, denn sonst bergen auch Verfahren wie das beschriebene „propensity score interval mat- ching“ die Gefahr, dass ungeeignete oder unvollständige Kriterien zur Auswahl von Patienten, die in das Modell einfließen, das Ergebnis bestimmen. Vor diesem Hinter- grund stellt sich dem Leser die Frage, warum relevante Komorbiditäten wie die Koronare Herzerkrankung und der arterielle Hypertonus nicht berücksichtigt wurden, oder im Bezug auf den Myokardinfarkt nur der ICD I21 eingeflossen ist, nicht aber andere relevante Diagnosen.

Zu hinterfragen ist auch, ob man Patienten in eine derarti- ge Analyse mit einschließen sollte, die nur eines oder we- nige Quartale in das DMP eingeschrieben waren. Wel- chen Effekt will man dann erwarten? Völlig falsch ist die Behauptung, die von unserer Arbeitsgruppe durchgeführ- te ELSID-Studie habe ein „mangelhaftes Kontrollgrup- pendesign“ und genüge „nicht den Anforderungen an eine wissenschaftlich fundierte Evaluation“. Das ist schon eine starke Behauptung gegenüber einem Projekt, das in seiner Evaluation im Gegensatz zu Linder et al. die Gesamtmor- bidität im Matching wesentlich umfassender berücksich- tigt und auf eine genügend lange Einschreibedauer achtet, bevor es Schlüsse auf die Wirksamkeit zieht. Trotz eini- gem Weiterentwicklungsbedarf der DMP (zum Beispiel zur Fokussierung auf Patienten mit hohen Risiken) und einer zur fordernden noch besseren Implementierung, gibt es schon jetzt viele Studienergebnisse, die für eine Ver- besserung der Versorgung (1) und eine stärkere Aktivie- rung der Patienten (2) sprechen. Davon scheinen beson- ders ältere und multimorbide Diabetiker zu profitieren, al- so genau diejenigen Patientinnen und Patienten, die das Gros der Betroffenen ausmachen. Ganz zu schweigen von dem wichtigen Impuls, den die DMPs geben, Praxisteams (insbesondere medizinische Fachangestellte) für den Um- gang mit chronisch Kranken weiter zu professionalisieren und praxisinterne Strukturen weiterzuentwickeln (3).

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0723b

LITERATUR

1. Miksch A, Laux G, Ose D, Joos S, Campbell S, Riens B, Szecsenyi J:

Is there a survival benefit for patients with type 2 diabetes enrolled in the German primary care-based Disease Management Program? Am J Manag Care 2010; 16: 49–54.

2. Szecsenyi J, Rosemann T, Joos S, Peters-Klimm F, Miksch A: German diabetes disease management programs are appropriate to re- structure care according to the Chronic Care Model – An evaluation with the patient assessment of chronic illness care (PACIC-5A) in- strument. Diabetes Care 2008; 31: 1150–4.

3. Miksch A, Trieschmann J, Ose D, Rölz A, Szecsenyi J: DMP und Pra- xis: Stellungnahme von Hausärzten und Veränderung von Praxisab- läufen zur Umsetzung des DMP Diabetes mellitus Typ 2. ZEFQ 2011 [in press, Epub ahead of print] doi:10.1016/j.zefq.2010.06.026.

4. Linder R, Ahrens S, Köppel D, Heilmann T, Verheyen F: The benefit and efficiency of the disease management program for type 2 diabe- tes. Dtsch Arztebl Int 2011; 108(10): 155–62.

Prof. Dr. med. Joachim Szecsenyi, Dipl. Soz.

Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung Universitätsklinikum Heidelberg

Joachim.Szecsenyi@med.uni-heidelberg.de

Interessenkonflikt

Der Autor erhielt Erstattung für Kongressteilnahmen- und Reisekostenunter- stützung durch den AOK-Bundesverband.

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