A 1554 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 28–29|
18. Juli 2011 Die Empfehlungen zur Grippeschutzimpfungvon Kleinkindern und die Standarderhebun- gen, die zu den Empfehlungen führen, gehö- ren auf den Prüfstand, denn man ging bisher bei der Bewertung der Wirksamkeit der Imp- fung im Kindesalter von falschen Vorausset- zungen aus. Zu diesem Ergebnis gelangte ei- ne retrospektive Studie, die auf der 29. Jah- restagung der European Society for Paedia- trics Infectious Diseases (ESPID) in Den Haag vorgestellt worden ist.
Nach Angabe von Prof. Dr. Steven Black (Cincinnati Children’s Hospital Ohio, USA) be- nötigen Kinder im Alter von sechs Monaten bis sechs Jahren einen fast dreimal so hohen Im- munkörper-Titer im Impfserum, um genauso gut geschützt zu sein wie Erwachsene. Das sei dadurch zu erklären, dass ihr Immunsystem noch nicht voll entwickelt sei.
Darüber hinaus zeigten Impfstoffe mit Ad- juvanzien bei Kindern wesentlich größere Wir- kung als Impfstoffe ohne diese Substanzen.
Black zitierte eine klinische Studie, die von Ti- mo Vesikari (Universität Tampere, Finnland) und Markus Knuf (Universität Mainz) durchge- führt worden ist (IDSA latebreaking abstract 23.10.2010, NEJM in press). Die Studie zeigt, dass ein Grippeimpfstoff ohne Adjuvanzien mit einem Titer von über 1 : 40 lediglich bei 65,2 Prozent der geimpften Kinder eine Wirk- samkeit von 45 Prozent hatte – wogegen die Wirksamkeit eines adjuvanten Impfstoffes in 98,7 Prozent aller Fälle bei 89 Prozent lag.
Bei der Aufbereitung der Daten suchte Black nach biologischen Messgrößen als Schutzkorrelate für Kinder. Schlüsselfaktor hierbei ist der durch die Impfstoffe verabreich- te Immunkörperanteil, der in Titern gemessen
wird. „1972 wurde festgelegt, dass ein Titer von 1 : 40 einem Schutzkorrelat von 50 Pro- zent der geimpften Personen entspricht“, so Black in Den Haag. „Dieser Titer wurde als ein Kriterium für die Zulassung des Impfstoffes gewertet, auch wenn damit nur 50 Prozent Schutz geboten waren.“
„Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Standardmessgrößen für die Schutzquote von Grippeimpfungen bei Erwachsenen für kleine Kinder ungeeignet sind, da sich deren Immun- systeme noch in der Entwicklung befinden und sie deshalb mehr Unterstützung bei der Ab- wehr von Infektionen brauchen“, schlussfolgert der US-Pädiater. „Wir müssen umdenken, wenn es um den Schutz vor Infektionen in den ersten Lebensjahren geht und neue, auf die Kinder zugeschnittene Impfempfehlungen auf Basis adäquater Schutzkorrelate geben.“ EB
KINDER BRAUCHEN HÖHER KONZENTRIERTEN GRIPPEIMPFSTOFF
Zum „Jahr der Pflege“ hatte der ehemalige Bundesgesundheitsmi- nister Philipp Rösler (FDP) das Jahr 2011 erklärt. Eckpunkte für eine umfassende Pflegereform sollten bis Mitte des Jahres vorliegen. Die- PFLEGEREFORM
Eckpunkte erst nach der Sommerpause
se Frist ist allerdings vorbei und ein Konzept nicht in Sicht. Kurz vor der parlamentarischen Sommerpause ist klar, dass Röslers Nachfolger Da- niel Bahr (FDP) die Reform – eines der wichtigsten sozialpolitischen Projekte der Koalition – erst nach den großen Ferien angehen wird.
Nach dem Wechsel an die Spitze des Gesundheitsministeriums hatte Bahr zunächst andere Probleme, unter anderem den EHEC-Aus- bruch und die Pleite der Kranken- kasse City BKK. Zudem hat er von Rösler noch andere Projekte geerbt, darunter das Versorgungsstruktur-
Der Frauenanteil unter den Ärzten ist den vergangenen Jahren gestie- gen. „Die Zukunft der Medizin ist weiblich – doch wie ist die Zukunft der Medizinerinnen?“ Diese Frage hat der Deutsche Ärztinnenbund (DÄB) im Projekt „Ärztin 2020 – Perspektiven für die Ärztinnen von morgen“ aufgeworfen. Befragt hat DEUTSCHER ÄRZTINNENBUND
Projekt „Ärztin 2020“ gibt positiven Ausblick
der DÄB Expertinnen aus Klinik und Praxis, Gremien der Selbstver- waltung, Berufsverbänden sowie aus Forschung und Lehre.
In den Statements zeigt sich eine durchaus positive Sicht auf die Me- dizin, das Berufsbild und den Be- rufsalltag von Ärztinnen im Jahr 2020. So gibt sich Carolin Fleisch-
gesetz, das bereits als Referenten- entwurf vorliegt.
Es gibt aber noch weitere Grün- de für die Verzögerung. Zum einen hat die gute Konjunktur den finan- ziellen Druck in den Pflegekassen gemindert. Zum anderen sind sich die Koalitionspartner CDU, CSU und FDP nicht einig, wie die Re- form aussehen soll. Umstritten ist, woher das Geld für zusätzliche Leistungen, etwa für Demenzkran- ke, kommen soll. Unklar ist außer- dem, in welcher Form das derzeiti- ge Umlageverfahren durch eine Ka- pitaldeckung ergänzt wird. dapd/BH Wie wird Pflege
künftig finan- ziert? Darüber herrscht in der Bundesregierung
keine Einigkeit.
Foto: Photothek
mann, Präsidentin der Bundesver- tretung der Medizinstudierenden in Deutschland, optimistisch. Die der- zeitige Generation von Studieren- den beschreibt sie als hochmoti- viert. Und das trotz aller Negativ- schlagzeilen über den Arztberuf.
Weitere Statements unter www.
aerztinnenbund.de. BH