DEUTSCHES ÄRZTE BLATT
Heft 30 vom 28. Juli 1977
Leserdienst
Hinweise •Anregungen
Der Golf der einsamen Strände
Bei Pythagoras am Jonischen Meer
Seitenportal der Kathedrale von Matera, einer der schönsten Bau- ten im romanisch-apulischen Stil
Manche mögen's voll. Wer sich in- des im Gewimmel ä la Adria nicht wohl fühlt, der findet in Italien auch einsame Strände genug. Freilich muß er ein paar hundert Kilometer zusätzlichen Weg in Kauf nehmen, was aber nach dem Ausbau der Au- tobahnen zum Süden weder beson- ders anstrengend noch sonderlich zeitraubend ist. Flüstertip für Leute, die ein ganzes Meer für sich haben möchten: Golf von Tarent.
Sofern man nicht die Eisenbahn oder das Flugzeug benutzt (Tarent, italienisch Taranto, hat einen Flug- hafen), bieten sich drei Routen an:
auf der Autostrada del Sole bis Nea- pel, von dort auf der neuen Auto- bahn (A 11) durch den Apennin über Foggia nach Bari und dann auf der gut ausgebauten Staatsstraße Nr.
100 über Gioia del Colle — mit einer sehenswerten Hohenstaufenburg — nach Tarent; oder man fährt hinter Neapel weiter auf der Sonnenauto- bahn (A 3) bis Ausfahrt Frascineto, dann am Hang des über 2000 Meter hohen Dolcedorme entlang auf der Provinzialstraße Nr. 105 nach Sibari am Südende des Golfs. Der dritte Weg führt von Bologna auf der Adria-Autobahn (A 14) ebenfalls nach Bari und Tarent.
Was den, der diesen weiten Weg auf sich nimmt, erwartet, das ist im Zei- chen des allgegenwärtigen Touris- mus fast unglaubwürdig. Die Küste des Golfs ostwärts von Tarent bis zum Kap Leuca, wo Jonisches und Adriatisches Meer zusammenfließen und „die Welt zu Ende ist" — so der lateinische Name des Kirchleins auf dem Kap —, ist nahezu menschen- leer: 150 Kilometer schwingende Sandbuchten, Dünen, ab und zu von
einer Felsnase unterbrochen, sind noch von keinem Reiseunterneh- men entdeckt.
Am Kap Leuca gibt es ein kleines Seebad, Hotels und ein Feriendorf siedeln in und dicht bei Gallipoli, einer reizvollen alten Inselstadt.
Ähnlich ist es in und um Tarent (Punta Rondinella) bestellt. Im übri- gen ist man, so man will, mit einem klaren, im Sommerhalbjahr fast im- mer ruhigen Meer, das noch im Sep- tember 26 und im Oktober 20 Grad Wärme hat, allein.
Wer nicht nur Sonne sucht, findet im landschaftlich nicht sonderlich at- traktiven Hinterland manches Se- henswerte: Höhlen, steinzeitliche Gräber, Reste uralter Siedlungen (Manduria), ein ganzes Städtchen voll Töpferei (Grottaglie) und alles, was an Kunst und Kunsthandwerk der alten Griechenkolonien am Golf übrigblieb, im Nationalmuseum von Tarent.
Hat man das Meer auf der südlichen Route durch die kalabrischen Berge angesteuert, trifft man in der Ebene von Sibari an der Mündung des Flusses Crati sogleich auf eine der interessantesten Ausgrabungsstät- ten Süditaliens. Hier wird das antike Sybaris, das im Jahre 510 v. Chr. von Griechen aus Kroton zerstört wor- den war, freigelegt. Acht Meter Schwemmsand liegen auf den Rui- nen. Dann zieht sich die Küstenstra- ße (Nr. 106) zwischen Hügeln und Meer nach Norden. Auch hier wieder fährt man an endlosen Stränden ent- lang, nur ab und an trifft man auf bescheidene Seebäder (häufig ohne Unterkunft). Alle größeren Orte lie- gen — Folge der Malaria und der Sa-
1929
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Leserdienst
Hinweise ·Anregungen Am Jonischen Meer
razenenüberfälle vergangener Jahr- hunderte - ein paar Kilometer land- einwärts. Wer den täglichen Weg zum Wasser nicht scheut, auf Kom- fort verzichtet oder ihn im Wohnwa- gen mitbringt, darf sich auch hier als Herr des Meeres fühlen.
Der schönste Strand der Gegend liegt noch ein Stückehen weiter nördlich, in der breiten Küstenebene von Metaponto, die heute ein einzi- ger Gemüse- und Obstgarten ist.
Metaponto Lido ist eine moderne kleine Gartenstadt mit sternförmig angelegten Straßen, schicken Bun- galows, guten Hotels, komfortablen Apartmenthäusern und einem hübsch in der Pineta gelegenen Campingplatz. Zwischen den Fluß- mündungen des Bradano und des Basento findet man fünf Kilometer feinsten Sand, und selbst im Juli und August, der Reisezeit der Italiener, ist man, wenn man einen kleinen Strandspaziergang auf sich nimmt, sehr schnell mit dem Golf allein.
Doch nicht genug damit, Metaponto ist, wie die ganze jonische Küste, uraltes Kulturland. Hier siedelten Griechen vor mehr als zweieinhalb Jahrtausenden, hier verbrachte der Philosoph Pythagoras seine letzten Lebensjahre. Die antike Stadt Meta- panturn liegt im Rücken des Bade- orts, begraben unter meterdicker Erde, die dreimal im Jahr Frucht
trägt. Ein Apollo-Tempel, ein kleiner Zeus-Tempel und ein Theaterehen wurden, zum Teil mit deutscher Hilfe, freigelegt; vom Ceres-Tempel, den die einfachen Leute "Tempio di Pitagora" nennen, stehen noch 15 Säulen aus einem Gestein unbe- kannter Herkunft. Würde die ganze Stadt ausgegraben- sie ist mit elek- tronischen Geräten genau geortet- sie wäre das größte Ruinenfeld Süd- italiens.
Als weitere Attraktion bietet sich hier ein reizvolles Hinterland an. Die na- hen Bergnester Montescaglioso - mit barocker Abtei -, Miglionico - mit einem wuchtigen, an Geschichte reichen Kastell - und Pisticci über dem Basentotal, wo die Frauen noch alte Trachten tragen, sind einen Ab- stecher wert. Vor allem aber gilt das für die Provinzhauptstadt Matera, berühmt durch ihre "Sassi" - Fel- sen. Hier sind in die steilen Wände der Gravinaschlucht zwei ganze Stadtviertel aus Höhlenwohnungen hineingetrieben, Felslöcher mit vor- gemauerter Fassade, skurril über- einandergeschachtelt Der Dom über der Schlucht zählt zu den schönsten Bauten des romanisch- apulischen Stils. Aus dieser Enge ans Meer zurückgekehrt, wird der Gast aus dem Norden die Weite der Küstenlandschaft, die ihm fast allein gehört, doppelt genießen.
A. W. Guenther
Abendstimmung am Strand des Jonischen Meeres bei Taranto Fotos (2): Stuhler
1930 Heft 30 vom 28. Juli 1977 DEUTSCHES ARZTEBLATT