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Archiv "Streben nach Genauigkeit" (14.07.2008)

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Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 28–2914. Juli 2008 A1547

T H E M E N D E R Z E I T

E

s gibt Momente, in denen sich Eberhard Thoma unter keinen Umständen ablenken lässt. Selbst wenn die Mitarbeiter einer Praxis, in der eine Visitation stattfindet, hin und wieder eine lustige Anekdote zum Besten geben – der Facharzt für Chirurgie bleibt ernst. Dabei man- gelt es Eberhard Thoma keinesfalls an Humor. Doch wenn der 49-Jähri- ge als Visitor an einer Praxisbege- hung teilnimmt, sind all seine Sinne hoch konzentriert. Denn Thoma verfolgt in seiner Funktion als Visi- tor ein Ziel: diejenigen Schwach- stellen einer Praxis aufzuspüren, die hervorragende Qualität behindern.

Wenn ein Zertifizierungsunter- nehmen Thoma als Visitor anfordert, bedeutet dies in erster Linie Arbeit für den in einer Bremer Gemein- schaftspraxis niedergelassenen Chir- urgen. Er muss sich mit dem Hand- buch auseinandersetzen, das die je-

weilige Praxis als Teil ihres Qua- litätsmanagements (QM) vorbereitet hat, die Begehung kostet ihn Zeit, auch die Nachbereitung nimmt meh- rere Stunden in Anspruch. Finanziell lohnt es sich kaum. Aber die Über- zeugung, dass „Qualitätsmanage- ment in den Händen von Ärzten und Psychotherapeuten bleiben soll“, treibt Thoma an. Außerdem, glaubt der gebürtige Darmstädter, entspre- che QM dem, was Krankenkassen, Patienten und die Regierung heut- zutage von Arztpraxen erwarten: er- gebnisorientiert zu arbeiten.

Perfektionismus muss nichts Negatives sein

Was Thoma mit ergebnisorientiert meint, kristallisiert sich im Laufe ei- ner Begehung einer Berliner HNO- Praxis schnell heraus. „Wie gewähr- leisten Sie den Datenschutz bei der Anmeldung?“ „Sind die Spritzen in

dem Fach dort drüben noch haltbar?“

„Ist Ihr Notfallkoffer vollständig?“

„Wo lagern Sie Ihre Medikamente?“

So lauten einige seiner zahlreichen Fragen. Dabei zieht der Chirurg ver- schiedene Praxisschubladen heraus, nimmt Petrischalen in die Hand und überprüft Medikamente auf ihre Haltbarkeit. Zwischendurch fordert Thoma den HNO-Arzt und seine me- dizinisch-technischen Angestellten immer wieder auf, bestimmte Tätig- keiten zu demonstrieren. So über- prüft Thoma, ob die Praxismitarbei- terinnen die hygienische Händedes- infektion korrekt ausführen, er will wissen, ob die Notfalllinstrumente richtig gehandhabt werden oder In- fusionen korrekt vorbereitet werden.

Während der Visitor Fragen stellt, schaut er sich gleichzeitig mit be- stimmtem Blick um, zwischendurch macht Thoma sich immer wieder Notizen. „Man muss genau vorge- hen können“, sagt er mit einem Schmunzeln, und erstmals lassen die Lachfalten um seine Augen auf sein wahres Alter schließen. Aber glück- licherweise seien Genauigkeit und Perfektionismus Wesenszüge vieler Ärzte. Thoma hat kein Problem da- mit, zu fragen und sich einzumi- schen. Schließlich, fügt er erklärend hinzu, sei dies eine Form der Wert- schätzung der Praxen: „Ich sage dem Praxisteam auch geradeheraus, wenn es an der ein oder anderen Stelle noch hapert.“

Thoma ist ein offener Mensch, Verschlossenheit ist nicht sein Fall.

Wenn er von etwas überzeugt ist, lebt er es. Dabei ist er ebenso bereit, neue Wege einzuschlagen. „Ich bin ein vielseitig interessierter Mensch“, sagt er über sich selbst. Medizin als Studienfach zu wählen, sei rück-

DAS PORTRÄT

Dr. med. Eberhard Thoma MPH, Chirurg

Streben nach Genauigkeit

Eigentlich ist Eberhard Thoma Chirurg. Doch von Zeit zu Zeit schlüpft er in eine andere Rolle – in die des Visitors.

Foto:Georg J.Lopata

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A1548 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 28–2914. Juli 2008

T H E M E N D E R Z E I T

blickend eine Option von vielen ge- wesen. Seinem Interesse an Neuem ist es auch geschuldet, dass Thoma heute nebenbei als Visitor arbeitet.

Zwei Jahre nach seiner Facharztan- erkennung als Chirurg entschloss er sich, noch einen Master of Public Health draufzusetzen. Zwei Jahre pendelte er neben seiner Tätigkeit als Assistenzarzt in der Unfallchirurgie des Zentralkrankenhauses Bremen- Nord nach Hannover und entdeckte während dieser Zeit seine Vorliebe für QM. Dem Studium an der Medizini- schen Hochschule Hannover (MHH) schloss sich eine Phase an, die Thoma rückblickend wie eine Art „Erzie- hungsurlaub“ empfindet: Er wech- selte von der Versorgung in die QM- Beratung. „Ich wusste aber immer, dass ich in die Versorgung zurück- kehren würde“, sagt Thoma heute.

Ein interessantes Angebot der KBV

Hätte er diesen Weg nicht eingeschla- gen, wäre er womöglich Dr. med.

Franziska Diel nie begegnet. Auch Diel hatte an der MHH ihren Master of Public Health abgelegt, auf einem Ehemaligentreffen der Universität lernten beide sich kennen. Die heuti- ge Leiterin der Abteilung Qualitäts- management bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) fragte Thoma, ob er Lust habe, an der Ent- wicklung eines QM für niedergelas- sene Praxen mitzuarbeiten. Thoma hatte Lust. Als Mitglied einer KBV- Arbeitsgruppe verglich er deutsche und internationale QM-Systeme und half mit, ein eigenes QM-System zu entwerfen. Qualität und Entwicklung in Praxen, so die Bezeichnung, fand 2005 in Thomas eigener Praxis An- wendung. Denn sie gehörte zu den bundesweit 60 Pilotpraxen, die das neue QM testeten.

So sehr der Arbeitsalltag von Thoma vom Thema Qualitäts- management geprägt zu sein scheint – dies ist nur eine Facette. „Ich bin und bleibe mit Leib und Seele Chirurg“, betont er. Als müsse er sich erklären, schiebt Thoma noch einmal nach: „Qualitätsmanagement und Chirurgie sind sich ähnlich. In beiden Disziplinen wird nach klaren Strukturen vorgegangen.“ I Martina Merten

D

ie Vorbehalte vieler Ärzte ge- genüber dem Einsatz von In- formationstechnologie in der Medi- zin allgemein und gegenüber der elektronischen Patientenakte (ePA) im Besonderen sind groß – nicht nur bei uns, wie sich einer im „New Eng- land Journal of Medicine“ kürzlich veröffentlichten Umfrage aus den USA entnehmen lässt (2008; 359:

50–60). Auch in den USA geht die Verbreitung der elektronischen Pati- entenakte bei den niedergelassenen Ärzten nur sehr schleppend voran, und nur ein verschwindend geringer Teil arbeitet bislang mit entspre- chenden Systemen. Diejenigen aber, die eine ePA in ihrer Praxis einset- zen, sind damit sehr zufrieden und meinen, dass sich dadurch die Qua- lität der Versorgung verbessert habe.

In der Studie von Catherine M.

DesRoches vom Massachusetts Ge- neral Hospital in Boston wurden von September 2007 bis März 2008 2 758 niedergelassene Ärzte be- fragt. Lediglich vier Prozent der Be- fragten setzen eine ePA mit vollem Leistungsumfang ein und nutzen die technischen Möglichkeiten voll aus.

Dazu zählen laut Untersuchung die Dokumentation der klinischen Da- ten, das Labordatenmanagement, das computergestützte Management von Leistungen wie Labortests (Order Entry) einschließlich elektro- nischer Verordnung sowie die com- puterunterstützte Therapieentschei- dung (einschließlich Arzneimittel- therapiesicherheit). 13 Prozent der Befragten setzen immerhin eine ePA mit Basisfunktionen ein. Darunter fasst die Studie Systeme ohne kli- nische Entscheidungsunterstützung und Order-Entry-Funktionalität.

Als Hinderungsgründe für die An- schaffung einer ePA wurden vor al- lem wirtschaftliche und organisato- rische Gründe genannt, so die An-

schaffungskosten (66 Prozent), die Schwierigkeit, das richtige System zu finden (54 Prozent), der unsichere Return on Investment (50 Prozent) sowie Bedenken wegen des Produk- tivitätsverlusts bei der Einführung (41 Prozent). Auch der Aufwand, den die Auswahl und Einführung eines solchen Systems bedeuten, stellt eine Einstiegsbarriere dar. Als weniger wichtig wurden dagegen Daten- schutzgründe eingeschätzt, wie etwa die Manipulationsmöglichkeit von Patientendaten oder der unbefugte Zugriff auf Patienteninformationen.

Von den Ärzten, die mit einem ePA-System arbeiten, sind diejeni- gen, die ein voll ausgerüstetes Sys- tem einsetzen, insgesamt zufriede- ner als diejenigen, die mit einer ePA-Basisversion arbeiten (93 Pro- zent versus 88 Prozent). Auch halten mehr Ärzte der ersten Gruppe ihr System für bedienerfreundlich (88 Prozent gegenüber 81 Prozent) und zuverlässig (90 Prozent gegenüber 79 Prozent) als die Ärzte mit der ePA-Minimalversion.

Befragt nach dem Nutzen einer ePA rangieren für die Anwender der Vollversion der zeitnahe Zugriff auf medizinische Daten (97 Prozent), das Ausstellen von Wiederholungs- rezepten (95 Prozent), die Qualitäts- verbesserung der Kommunikation mit anderen Leistungserbringern (92 Prozent) und das Vermeiden von Me- dikationsfehlern oben (86 Prozent).

82 Prozent der Ärzte sind überzeugt davon, dass sich die Qualität ihrer klinischen Entscheidungen verbes- sert hat. Generell bewerteten die An- wender der ePA-Vollversionen den Nutzen der Systeme höher als die Anwender einer ePA-Basisversion.I Heike E. Krüger-Brand

STUDIE: ELEKTRONISCHE PATIENTENAKTE

Überzeugte Anwender

Zwar arbeiten bislang nur wenige niedergelassene Ärzte in den USA mit elektronischen Krankenakten, doch ihre Erfahrungen damit sind überaus positiv.

Abstract der Studie im Internet:

www.aerzteblatt.de/plus2808

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