• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Susanne Holst, Ärztin und Journalistin: Zur richtigen Zeit am richtigen Ort" (17.11.2006)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Susanne Holst, Ärztin und Journalistin: Zur richtigen Zeit am richtigen Ort" (17.11.2006)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A3086 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 46⏐⏐17. November 2006

T H E M E N D E R Z E I T

A

ls Dr. med. Susanne Holst an diesem sonnigen Herbsttag im Literaturhaus-Café an der Hambur- ger Außenalster eintrifft, kommt sie von einer Premiere: Sie war gerade zum ersten Mal mit ihren Kindern Schuhe kaufen. Seit knapp zwei Wo- chen könnten die beiden laufen, be- richtet sie. „Das hat einiges verän- dert.“ Vorher seien sie etwa 30 Zen- timeter über dem Boden gewesen, jetzt 80. „Und sie sind viel schnel- ler“, lacht die 45-Jährige. 14 Monate alt sind ihre Zwillinge, ein Junge, ein Mädchen – Schuhgröße 21 und 20.

Holst hat eine ansteckend positi- ve Ausstrahlung, nicht nur wenn sie über ihre Kinder redet. Dass sie ein begeisterungsfähiger Mensch ist, merkt man auch, wenn sie von ihrer Arbeit bei der ARD-Tagesschau er- zählt. Seit fünf Jahren moderiert sie die Nachrichten am Nachmittag und ist vertretungsweise bei den Tages-

themen zu sehen. Das Schöne bei ihrer Arbeit sei, dass sie unmittelbar mitbekomme, was auf der Welt pas- siere. „Es gibt so etwas wie Nach- richtenfieber.“ Man sei dann so in- volviert, dass man unbedingt wissen wolle, wie es weitergehe.

Dass sie einen bemerkenswerten Lebensweg hat, würde Holst ver- mutlich niemals behaupten. Dazu ist sie viel zu bescheiden. „Viele Leute sagen, dass das eine richtige Karrie- re ist, aber für mich fühlt sich das nicht so an“, betont sie. Vieles habe sich nach und nach ergeben und sei nicht geplant gewesen. Sicherlich habe sie das Talent mitgebracht, vor der Kamera zu stehen, doch eine Portion Glück sei auch immer dabei gewesen. „Ich war unheimlich oft zum richtigen Zeitpunkt am richti- gen Ort.“

Journalismus war für Holst bei ih- rer Berufswahl zunächst kein The-

DAS PORTRÄT

Susanne Holst, Ärztin und Journalistin

Im „Nachrichten- fieber“:Susanne Holst an ihrem Ar- beitsplatz bei der ARD-Tagesschau

Foto:NDR/Uwe Ernst

ma. Während der Schulzeit interes- sierte sie sich nicht für Politik, son- dern hauptsächlich für Biologie. Sie wollte beruflich etwas machen, mit dem sie anderen Menschen helfen kann. Ihr Vater, ein Verlagsbuch- händler, schlug vor, sie solle doch Zahnärztin werden. Aber die Mund- höhle war ihr als Einsatzgebiet zu klein. So kam die Idee, Medizin zu studieren. 1982 bekam sie einen Stu- dienplatz in Hamburg. Später kam der Wunsch, Gynäkologin zu wer- den. Die Vielseitigkeit dieses Fachs hätte ihr Spaß gemacht, meint Holst.

Doch dann kam alles anders.

Schon während des Studiums entwickelte sich ein Kontakt zum Fernsehen, zunächst mit einem für Medizinstudenten ungewöhnlichen Nebenjob. Holst machte keine Nachtwachen in einer Klinik, wie die meisten ihrer Kommilitonen, sondern arbeitete beim Privatsender Sat.1, zu diesem Zeitpunkt noch in Hamburg ansässig. Ihr damaliger Freund, ein Sportredakteur, hatte ihr den Job als Assistentin des Chefs vom Dienst in der Nachrichtenre- daktion besorgt. Zettel kopieren, Zettel verteilen: Holst war das Mädchen für alles.

Dann suchte der Sender für das neue Frühstücksfernsehen eine Wet- ter-Moderatorin. Sie nahm am Cas- ting teil und wurde genommen.

Rückblickend meint Holst, sie habe davon profitiert, dass das Privat- fernsehen damals noch ganz am An- fang stand: „Das würde heute gar nicht mehr gehen. Wenn man heute jemanden sucht, dann wird eine rie- sige Aktion gemacht.“ Außerdem sei das damals ein unbeliebter Job

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Eigentlich wollte Dr. med. Susanne Holst Frauenärztin werden. Doch dann kam alles

ganz anders: Heute moderiert sie die ARD-Tagesschau am Nachmittag.

(2)

A3088 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 46⏐⏐17. November 2006

T H E M E N D E R Z E I T

gewesen, denn man habe um vier Uhr morgens aufstehen müssen.

Dass sie beim Fernsehen bleiben würde, habe sie nicht gedacht. „Was war das für eine Alternative: Wetter- frosch oder Ärztin, natürlich wollte ich in die Klinik.“ Doch es war schwierig, eine Stelle zu bekom- men: Mit der „Ärzteschwemme“

und der AiP-Einführung für den Jahrgang nach Holst wurde der Stel- lenmarkt für Assistenzärzte ein hart umkämpftes Pflaster. Ein Jahr arbei- tete sie in einer Praxis für Allge- meinmedizin, moderierte das Sat.1- Wetter nebenher.

1990 zog Sat.1 von Hamburg nach Berlin. Der Hauptmoderator des Frühstücksfernsehens wollte nicht mit, Holst bekam das Angebot.

Sie habe gedacht, das sei kein Pro- blem: drei Stunden jeden Morgen.

Thematisch sollte es ursprünglich in erster Linie um Garten, Haus und Mode gehen. Doch dann marschier- ten irakische Truppen in Kuwait ein, und der Golfkrieg begann. „Es wur- de ruck, zuck eine politische Sen- dung von eben auf jetzt. Das war ein knüppelharter Job“, erinnert sich Holst. Sat.1 war damals der einzige Sender mit einem Frühstückspro- gramm und hatte viele Zuschauer.

1991 bekam Holst für ihre Arbeit die Goldene Kamera. Später mode- rierte sie unter anderem die NDR- Sendungen „DAS! tut gut“, „Visite“

und „Visite persönlich“.

Holst sagt über sich, sie sei ein eher skeptischer und vorsichtiger Mensch. „Doch ich habe wohl auch eine waghalsige Seite“, räumt sie ein. Als sie ihren Mann, einen Psy- chotherapeuten, heiratete, kannte sie ihn gerade einmal sechs Wo- chen. „Das war sofort klar: Der ist es.“ Zwölf Jahre ist das jetzt her. Be- ruf und Familie zu verbinden gehe im Moment ganz gut, findet Holst.

Bei der Tageschau arbeitet sie im- mer zwei Wochen am Stück von acht bis 18 Uhr. In dieser Zeit küm- mert sich eine Kinderfrau um die Zwillinge. Den Rest des Monats und die Wochenenden hat sie frei. „Das Leben hat sich dramatisch für mich verändert“, sagt sie. Doch die Kin- der seien das Beste, was ihr je pas-

siert sei. I

Dr. med. Birgit Hibbeler

Arztsocken: In jedem guten deutschen Kaufhaus gibt es diese privilegierte Be- rufskleidung zu erwerben, natürlich nur unter Vorlage einer gültigen Approbati- on. Arzt ist man eben ganz oder gar nicht, vom Scheitel bis zur Socke. Und gerade in Notfällen muss sich ein Arzt zu 100 Prozent auf seine Socken verlassen können. Doch in England ist die bewähr- te Arzt-Socke-Beziehung ins Wanken geraten.

In der Grafschaft Lancashire ver- hängten die Gesundheitsbehörden vor Kurzem einen „Sockenerlass“, der es

Ärzten verbietet, im Dienst Socken mit Cartoons zu tragen. Die Simpsons, Superman und andere Comic-Helden haben ab sofort in Kliniken Hausverbot.

Die vom Nachtdienst gezeichneten Halb- götter in Weiß sollen nicht durch andere gezeichnete Helden an Seriosität verlie- ren. Ganz offiziell lautet die Begründung der britischen Behörden: Mit dem Erlass soll sichergestellt werden, dass die Be- legschaft jederzeit ein professionelles Auftreten hat.

Meine Erfahrung als Stipendiat der Deutschen Studienstiftung in London:

Uns deutsche Mediziner erkannte jeder schon aus der Ferne an den Birkenstock- Sandalen. Alle Engländer tragen im Krankenhaus geschlossene Schuhe. In Deutschland liefert also das Schuhwerk schon das Bekenntnis, in England ist seit den Tagen von Robin Hood die Exposition des eigenen Charakters eine Frage der Strümpfe. In der Schweiz hätte niemand sich gewundert, wären national Käse- socken verboten worden. Aber ausge- rechnet Comicsocken im Mutterland des Humors untersagen?

Die englischen Gesundheitsbürokra- ten unterschätzen offensichtlich den klinischen Wert komischer Socken: Statt mithilfe der mühsamen Hamilton-Skala dokumentiert man Depressivität eigent-

lich doch viel einfacher in Grad der Mundwinkelveränderung nach Socken- exposition, oder? Die Differenzialdia- gnose bei fehlender Reaktion: Seh- störung. Und vor Leuten, die sich von Socken unter der Gürtellinie wirklich schockieren lassen, lupft man die Hose erst kurz vor dem Röntgenthorax. Sie atmen tief ein und halten die Luft an.

Was will man mehr?

Augenkontakt ist nicht bei jeder Untersuchung, gerade bei der rektalen, durchgängig möglich. Aber die entspre- chend gestalteten Socken vermitteln

auch dem tief vornübergebeugten Pati- enten noch ein mitmenschliches Augen- zwinkern. Und das zählt! Sicher ist die Wirksamkeit der „Droge Arzt“ an den Glauben des Patienten gebunden. Aber ist dieser durch Socken zu erschüttern, liegt der Bruch ganz woanders.

Humor hilft heilen, so viel ist sicher.

Deshalb habe ich „Rote Nasen Deutsch- land“ mitgegründet, ein Projekt nach dem amerikanischen Vorbild von Patch Adams. Speziell ausgebildete Clowns besuchen kranke Menschen in Kliniken, in erster Linie Kinder, um ihnen Trost, Zu- versicht und Lebensmut zu schenken.

Ihr Kennzeichen ist die rote Nase. Dass mehr professioneller Humor in Kranken- häuser kommt, ist wichtig, denn Lachen ist bekanntlich ansteckend. Deswegen träume ich davon, dass Lachen bald zu einer „nosokomialen“ Infektion durch Clowns, Ärzte und Pflegekräfte gleicher- maßen wird.

Humor kann man nicht anziehen, aber ausstrahlen; nicht als Tablette ein- nehmen, nur als Haltung. Die Verfasser des Socken-Erlasses darf man an ihren großen Landsmann George Bernhard Shaw erinnern: „Das Leben hört nicht auf, komisch zu sein, wenn Menschen sterben – ebenso wenig wie es aufhört, ernst zu sein, wenn man lacht!“ I ÄRZTE IN ENGLAND

Von den Socken

GLOSSE

Eckart von Hirschhausen, Arzt und Kabarettist

Foto:Markus Hauschild

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Im Gespräch: Barbara Reutlinger, Leiterin der Pflege im KSA, und Beat Müller, Chefarzt Innere Medizin, diskutieren über das Projekt "Optima." Quelle: GA Im Kantonsspital

1 Informiere dich im Video M1 „Lucy und die Olympischen Spiele“ über Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den antiken und den heutigen olympischen Spielen.. Trage deine

Diese Unterrichtseinheit gibt einen Überblick über die Geschichte der Migration von den Hu- genotten über die Arbeitskräftewanderung in der Nachkriegszeit bis zur

„So sind die im Bereitschaftsdienst behandelten Patienten im Durch- schnitt deutlich älter und haben mehrere meist chronische Krank- heiten.“ Auch die dokumentierten

Auch die von Peters (13) bereits publizierte Studie zum Einsatz einer Hochdosis-Chemotherapie beim me- tastasierten Mammakarzinom, ent- weder direkt folgend auf eine kom-

breitung hypnotischer Versuche unter Laien, die nicht nur gesundheitlich schädliche Folgen haben können, sondern auch eine grosse Versuchung zu verbrecherischer

Wer die Propheten zu sich sprechen lässt, kann selbst zu einem Menschen werden, der nicht mehr wegsehen kann ….. Viele von uns zur Vorbereitung dieses

In Frau Gasslers Volkswirtschaftsdepartement ist das Amt für Militär und Bevölkerungsschutz angesiedelt bei Peter Gomm das Gesundheitswesen, und Regierungsrat Klaus Fischer führt