A-2464
S P E K T R U M AKUT
(4) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 40, 8. Oktober 1999
Welt-Alzheimertag
Auf dem Weg zur Ära der Demenz
D
erzeit leiden in Deutschland etwa 1,3 Millio- nen Menschen an chronisch degenerativen Hirnerkrankungen, die mit Demenz verbun- den sein können. Bedingt durch die Veränderung der Bevölkerungsstruktur wird diese Zahl in den näch- sten Jahren rapide ansteigen. Eine Studie des Insti- tuts für Gesundheits-System-Forschung in Kiel pro- gnostiziert bis zum Jahr 2030 einen Anstieg der Pati- entenzahl um rund 60 Prozent. Dann werde es in Deutschland zwischen 1,8 und 2,5 Millionen Perso- nen in der Altersgruppe über 65 Jahre mit einer De- menzerkrankung geben, sagte Prof. Dr. Fritz Beske (Kiel) anläßlich des Welt-Alzheimer-Tages 1999 in Berlin. Das nächste Jahrtausend könnte somit zum Zeitalter der Demenz werden.E
ine Zunahme der Zahl von Demenzkranken verursacht neben den psychischen und physi- schen Belastungen für die Patienten, An- gehörigen und Betreuungspersonen auch erhebliche volkswirtschaftliche Kosten. Durch ein verspätetes Einsetzen der Demenz beziehungsweise durch ein Abmildern der Progression der Krankheit können beispielsweise monatlich zirka 5 000 DM an Pflege- geld je Patient gespart werden, rechnete Dr. Thomas Kunczik vom Arbeitskreis Gesundheit im Alter vor.Um so unverständlicher sei die Empfehlung im „Ak- tionsprogramm zur Einhaltung der Arzneimittel- und Heilbudgets 1999“, weniger Antidementiva zu verschreiben. De facto gebe es somit keine Medika- mente für Demenzkranke mehr, kritisierte Kunczik.
Während die bisherigen Präparate nur das Voran- schreiten der Demenzbeschwerden verlangsamen können, arbeiten Wissenschaftler bereits an der nächsten Medikamenten-Generation.
S
o untersucht man in San Francisco beispiels- weise, ob eine „Impfung“ mit dem Protein Be- ta-Amyloid die Neubildung der Alzheimer- Plaques im Gehirn nicht nur verhindern, sondern be- stehende sogar abbauen kann. Außerdem prüft man in Heidelberg, ob bestimmte Cholesterinsenker (Sta- tine) die Ablagerung von Alzheimer-Plaques verhin- dern können. Untersuchungen an Zellkulturen und erste Tierversuche waren vielversprechend. „Bayer Alzheimer Research Network“ heißt ein neu gegrün- detes Forschungsnetzwerk mit internationalen Fach- leuten, für das der Bayer Geschäftsbereich Pharma rund acht Millionen DM bereit stellt. Aufgabe der dreijährigen Zusammenarbeit ist es, therapeutische Angriffspunkte zu charakterisieren und zu identifi-zieren. Jens Flintrop