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Archiv "Mehr als zehntausend Berichte über unerwünschte Arzneimittelwirkungen: Verbliebene Fragen" (13.04.1989)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Mehr als zehntausend Berichte über unerwünschte

Arzneimittelwirkungen

Zu dem Beitrag von Dr. med. Beathe Mathias in Heft 48 vom 1. Dezember 1988

Verbliebene Fragen

BI

Wenn laut Titel des Jahresbe- richtes „Mehr als 10 000 Berichte über unerwünschte Arzneimittelwir- kungen" der Arzneimittelkommis- sion binnen eines Jahres zugingen, so erscheint es notwendig anzumerken, daß mehr als 80 Prozent der an die Geschäftsstelle der Arzneimittel- kommission gerichteten Berichte von Unternehmen der pharmazeutischen Industrie stammen und nur etwa 2000 Mitteilungen direkt von Ärzten der Standeseinrichtung übermittelt wurden. Die Zahl der Kollegen, die sich direkt aktiv an der Erfassung von unerwünschten Arzneimittelwir- kungen durch die Arzneimittelkom- mission beteiligen, ist demnach, be- zogen auf die Gesamtzahl ärztlicher Verordner von Arzneimitteln, noch sehr gering, so daß sich aus dieser Datensammlung schwer quantative Aussagen zur tatsächlichen Risiko- häufigkeit ableiten lassen. Der vor- sichtigeren Interpretation bedarf deshalb der Befund, daß die paren- terale Gabe von Diclofenac etwa 100mal häufiger zu schweren ana- phylaktischen Schockreaktionen füh- ren soll als die orale oder rektale Gabe.

Für den Leser des Jahresberich- tes der Arzneimittelkommission wä- re es wichtig zu wissen, wie viele der 1565 Fallberichte im Gefolge der Gyrasehemmeranwendung auf ein bestimmtes Fertigpräparat entfallen.

Muß es nicht im Klartext heißen, daß das Chinolonderivat Ofloxacin (Tari- vid®), gemessen nach Häufigkeit und Schweregrad die meisten UAW-Be- richte in der Bundesrepublik Deutschland nach sich zieht und be- zogen auf 700 000 verordnete Pak- kungen Tarivid® im Jahr 1987 (laut WIDO-Statistik) zukünftig nur noch als Reservemittel einzusetzen ist, da

über 1000 UAW-Berichte offenbar auf Tarivid® entfallen, aber nur 172 UAW-Berichte in Verbindung mit Penizillinen eingingen?

Aus der Tabelle 1 geht auch nicht hervor, welche Risiken als Re- aktionen auf die Verwendung be- stimmter Wirkstoffe dominieren.

Wünschenswert wäre hier eine Auf- schlüsselung der Systemreaktionen, wobei es indes nicht genügt, das be- troffene Organ zu nennen wie in der Abbildung 2 (unerwünschte Wirkun- gen von Captopril und Epalapril im Vergleich). Wenn es in dem Beitrag wohl sinngemäß heißen muß, Kon- versionsenzymhemmer würden doch nicht so wie angenommen der Ver- besserung der Lebensqualität des Hypertonikers dienen, müßte auch klar zu erkennen sein, mit welchen Systemkomplikationen oder Beein- trächtigungen der Lebensqualität tatsächlich zu rechnen ist.

Nicht anhand von Fakten nach- vollziehbare Aussagen macht die Arzneimittelkommission zur Frage der Unverträglichkeiten von Bron- chospasmolytika. Was kann der nie- dergelassene Arzt mit der Aussage anfangen: „Entbehrliche Additions- verbindungen und unnötige Hilfs- stoffe etwa bei Theophyllin-Präpara- ten können schwer erkennbare zu- sätzliche Risiken erzeugen . .?" Das gleiche gilt hinsichtlich des Risi- koprofils nichtionischer Kontrast- mittel: „. . hat dazu geführt, daß sich das Risikoprofil nichtionischer Kontrastmittel schon jetzt deutlicher abzeichnet". Liest man weiter im Be- richt, findet man keine Angaben zum Risikoprofil nichtionischer Kontrast- mittel. Zweifel meldet der Jahresbe- richt der Arzneimittelkommission am Nutzen sogenannter Chondor- protektiva an, ohne daß im weiteren folgt, um welche Präparate es sich handelt.

Die Verschlüsselung von Pento- xifyllin-Nebenwirkungen gibt dem Leser Rätsel auf, denn es heißt in dem Bericht „Für Pentoxifyllin ist aufgrund einschlägiger Berichte be- sondere Aufmerksamkeit auf Über- empfindlichkeitsreaktionen, Herzlei- stung und -rhythmik sowie Koronar- durchblutung und diabetische Stoff- wechsellage am Platze".

Im Grunde zeigt der Bericht der Arzneimittelkommission aber auf, daß die Mehrzahl der Ärzte immer noch unerwünschte Wirkungen pri- mär an den pharmazeutischen Her- steller und nicht an die Standesorga- nisation berichten. Sollte das ein Hinweis auf Vertrauensmangel sein?

Im Gegensatz zu anderen Ländern erhält der anfragende Arzt von der Arzneimittelkommission keine Aus- kunft über Zahl und Häufigkeit der erfaßten unerwünschten Wirkungen, auch wenn diese Auskunft für die Beurteilung des Risikos für den be- handelnden Arzt von Wichtigkeit wäre. Noch unverständlicher er- scheint die Auskunftsverweigerung in Fällen wissenschaftlicher Aufar- beitung des Kenntnisstandes für Pu- blikationen, wie sie sich im Fall einer Veröffentlichung in einem engli- schen Fachblatt (Lancet) zum Risiko von Terconazol (Tercospor) ereignet hat. Zu Bedenken geben auch die Zeitverzögerungen bei den Warnun- gen der Arzneimittelkommission vor Risiken Anlaß.

Die durch Marktüberfülle be- dingten Risiken des deutschen Arz- neimittelmarktes lassen sich nur durch gemeinsame Anstrengungen aller an Problemen der Arzneimittel- sicherheit Beteiligten lösen. Dazu ist freier und vorbehaltloser Austausch des Informationsstandes zwischen den Beteiligten Voraussetzung. So- lange die Kölner Kommission ver- sucht, durch Auskunftsverweigerung Dt. Ärztebl. 86, Heft 15, 13. April 1989 (69) A-1053

(2)

Informationen zu monopolisieren, darf es nicht verwundern, daß Di- rektmeldungen der Ärzte nicht die Regel, sondern der seltenere Fall sind, denn Information ist Kommu- nikation und gegenseitiger Aus- tausch beziehungsweise gegenseiti- ges Fragen. Hier scheint die Effekti- vität der Arzneimittelkommission im Sinne der Dienstleistung für die sie finanzierenden Ärzte verbesserungs- würdig.

Dr. med. U. M. Moebius Institut für

Arzneimittelinformation Petzower Straße 7 1000 Berlin 39

Schlußwort

Wie in unserer Publikation dar- gelegt, erreichten die über 10 000 Fallberichte die Arzneimittelkom- mission der deutschen Ärzteschaft auf unterschiedlichen Wegen. Ein beträchtlicher Anteil der berichten- den Ärzte informierte zunächst den betroffenen Hersteller, vermutlich in den meisten Fällen über den Phar- mareferenten.

Es ist wohl weniger fehlendes Vertrauen in die Arzneimittelkom- mission infolge mangelnder Gegen- seitigkeit in der Information, das die Ärzte häufiger an den Arzneimittel- hersteller berichten läßt, sondern es sind der etwas einfachere Weg der teilweise nur mündlichen Informa- tion des Pharmareferenten und der naheliegende Wunsch, sich gleich an den „Schuldigen" zu wenden.

Bei den direkt an die Arzneimit- telkommission berichteten Beobach- tungen ist durch zusätzliche Infor- mationen in der Regel eine intensi- vere Auswertung möglich, was be- sonders bei neu beobachteten Reak- tionen von .. Bedeutung ist. Der 91.

Deutsche Ärztetag 1988 hat daher beschlossen, daß alle Ärzte nach der Berufsordnung verpflichtet sind, un- erwünschte Arzneimittelwirkungen der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft mitzuteilen, wodurch die frühere Empfehlung in der Berufsordnung verschärft wird.

Alle eingegangenen Berichte über unerwünschte Arzneimittelwir- kungen, unabhängig davon, ob sie

uns direkt vom Arzt oder indirekt über den Hersteller zugehen, werden mit Hilfe unserer Fachmitglieder aus allen Bereichen der Medizin ausge- wertet. Die wichtigsten Beobachtun- gen und die sich hieraus ergebenden Arzneimittelsicherheitsprobleme werden einem regelmäßig tagenden Sachverständigengremium, dessen Zusammensetzung jeweils themen- bezogenen ist, zur Bewertung vorge- legt. Dabei werden Empfehlungen für weitere Maßnahmen erarbeitet.

In einem Jahresüberblick auf be- grenzten Raum kann selbstverständ- lich nur auf Schwerpunkte hingewie- sen werden; eingehende Analysen, wie sie Herr Moebius fordert, sind darin kaum möglich. Die erfreulich große Resonanz auf den letzten Jah- resbericht bestärkt uns aber, nach Beendigung des personellen Engpas- ses in der Geschäftsstelle in Köln häufiger als bisher in Einzelpublika- tionen auf verschiedene Arzneimit- telprobleme einzugehen.

Besonders betonen möchten wir, daß unsere Aufgabe in erster Linie darin besteht, die Ärzte in Praxis und Klinik zu beraten. Daher teilen wir dem berichtenden Arzt in einem

„Beratungsbrief" mit, ob uns ähn- liche Beobachtungen bekannt sind (bis hin zu EDV-Ausdrucken) bezie- hungsweise ob diese Beobachtungen in der Literatur beschrieben sind.

Zur Zusammenhangsfrage wird Stel- lung genommen Wir hoffen, daß wir darüber hinaus in Zukunft auch zu- nehmend Wünschen zu detaillierten Informationen über unerwünschte Arzneimittelwirkungen für wissen- schaftliche Publikationen nachkom- men können.

Zur Beratungstätigkeit gehören auch zahlreiche telefonische Anfra- gen aus Kliniken und Praxen zu ver- muteten unerwünschten Reaktio- nen. Leider „vergessen" manche Kollegen nach der umgehenden tele- fonischen Auskunft, einen Berichts- bogen auszufüllen.

Dr. med. Beate Mathias Referat Arzneimittelsicherheit Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft Herbert-Lewin-Straße 5 5000 Köln 41

KONGRESSNOTIZ

Medikamentöse

Ulkus-Rezidivprophylaxe

Viele Faktoren tragen zum Ul- kusrezidiv bei: Größe und Form des Ulkus, Rauchgewohnheiten, medika- mentöse Therapie und genetische Faktoren. Einen genetischen Faktor, der beim Ulcus duodeni offensicht- lich eine größere Rolle spielt, stellt der Pepsinogen-I-Gehalt im Serum dar. Die Autoren führten bei 195 Pa- tienten eine einjährige Verlaufsbe- obachtung durch. Dabei wurden drei Gruppen gebildet: Gruppe 1 erhielt eine H2-Blocker-Langzeitmedikation in halber Dosis, Gruppe 2 nahm H2-

Blocker nur bei erneut auftretenden Symptomen, und Gruppe 3 erhielt keine Medikation. Bei allen Patien- ten wurde das Serum-Pepsinogen-I bestimmt.

Die Autoren vom 1st Depart- ment of Internal Medicine, Hiroshi- ma University, Hiroshima, Japan, fanden, daß bei Patienten mit einem Serum-Pepsinogen von unter 68 ng/

ml die Rezidivrate niedrig lag, wäh- rend bei Patienten mit einem Pepsi- nogen-I-Spiegel von über 141 ng/ml eine hohe Rezidivrate gefunden wur- de. Sie schlagen deshalb vor, vor Durchführung einer Erhaltungs- therapie die S erum-Pepsinogen- Spiegel zu bestimmen: liegen sie niedrig, ist eine Dauermedikation nicht indiziert, bei Patienten mit ei- nem Serum-Pepsinogen-I von 64 bis 141 ng/ml sollte eine Erhaltungs- therapie mit halber Dosis eines H2-

Blockers durchgeführt werden, bei Patienten mit einem Pepsinogen-I über 141 ng/ml muß wahrscheinlich eine Dauermedikation mit Volldosis durchgeführt werden, um Ulkusrezi- dive zu verhindern.

K. Sumii, A. Inbe, N. Uemura, M. Kimura, et al.: Recurrence of duodenal ulcer during maintenance therapy and Serum-Pepsino- gen I.

(Digestive Disease Week, New Orleans, 1988)

A-1054 (70) Dt. Ärztebl. 86, Heft 15, 13. April 1989

Referenzen

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