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Keynote "Funkt es?"

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1 Tag der Lehre der Fachhochschule Potsdam Keynote von Prof. Dr. Marian Dörk

30.11.2016

Liebe Studierende, liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich freue mich, dass ich heute hier zu früher, noch einstelliger Stunde sprechen darf und somit die Gelegenheit habe, einige Impulse für den Tag der Lehre beizutragen.

Für diejenigen, die mich noch nicht kennen: ich habe eine Forschungsprofessur für Informationsvisualisierung am Institut für angewandte Forschung Urbane Zukunft und vertrete mein Lehrgebiet in den Fachbereichen Design & Informationswissenschaften und neuerdings auch im Master Urbane Zukunft. Außerdem leite ich zusammen mit Boris Müller das Urban Complexity Lab, eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe, die zur Visualisierung kultureller und urbaner Daten forscht. Dabei involvieren wir regelmäßig Studierende in laufende Forschungsprojekte, was bereits in einige spannende

Prototypen, Studien und Publikationen gemündet ist.

Dieser Tag heute steht unter der Fragestellung „Funkt es?“, was vielleicht die ein oder andere Person an den vorherigen Vizepräsidenten für Forschung, Rainer Funke,

erinnern mag... Ich finde diese Assoziation zur Forschung eigentlich ganz passend, weil ich davon überzeugt bin, dass gute Lehre an aktuelle Forschung anknüpft. Aber

abgesehen davon ist diese knackige Frage eine klasse Steilvorlage für eine Reihe von Analogien, die uns beim Austausch zur Zukunft von Studium und Lehre an der FHP behilflich sein können. Sie ist auch eine gute Gelegenheit für schlechte Wortwitze, die vielleicht ein paar Augenverdreher provozieren werden...

Also, ich werde im Folgenden in freier Assoziation mit der Frage „Funkt es?“ meine Perspektive auf wichtige Aspekte guter Lehre und guten Studierens umreißen.

Zuerst möchte ich auf Experimentierfreude eingehen:

Apropos Funken - Funken haben eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung der Telekommunikation gespielt, also der Übermittlung von Informationen über große Distanzen. Heinrich Hertz - ein wichtiger deutscher Physiker des 19. Jahrhunderts - hat als erster elektromagnetische Wellen entdeckt und nachgewiesen. Und zwar hat Hertz mittels einer Funkenentladung bei einer unterbrochenen Spule bei einer anderen Spule, die zufälligerweise auch auf der Werkbank lag, Entladungen ausgelöst, ohne dass eine Verbindung zwischen den beiden Spulen bestand. Das heißt, Hertz hat die Funkenübertragung quasi zufällig erfunden bzw. entdeckt, also ohne dass er das in seiner Versuchsanordnung überhaupt eingeplant hatte. Also: eine wichtige Grundlage für die kabellose Funkkommunikation wurde zufällig nachgewiesen! Kurze Zeit später wurden dann erfolgreiche Experimente der Funk-Telegrafie mithilfe jener

Funkenentladung durchgeführt, welche kabellose Funkübertragungen über bislang unvorstellbare Distanzen ermöglicht hat, erst über den Ärmelkanal und kurze Zeit später über den Atlantik.

Heinrich Hertz erging es übrigens ganz ähnlich wie dem Schotten Alexander Fleming, der die antibiotische Wirkung von Penicillin mehr oder wenig zufällig durch eine verschmutzte Petrischale entdeckt hatte. Natürlich waren diese Entdeckungen nicht gänzlich zufällig, sie geschahen in entsprechend ausgestatteten Experimentierräumen, in denen die gut vorbereiteten Wissenschaftler bereits im Entdeckungsmodus waren

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insofern, als dass sie diese Entdeckungen als solche erkennen und weiter verfolgen konnten.

Aber was ich hier gern als kleine Randnotiz anbringen möchte, ist: wir haben diesen nicht ganz vorhersehbaren Funken einiges an Erkenntnis zu verdanken. Wie können wir - und hiermit schließe ich bewusst sowohl die Studierenden als auch die

Forschenden an der Hochschule mit ein - wie können wir das Studium so gestalten, dass es solche zufälligen, glücklichen Entdeckungen begünstigt?

Herr Binas hat letzte Woche in seinem Vortrag zum 25. Jubiläum der FHP die

Hochschule bereits als einen besonderen Experimentierraum herausgestellt, und ich möchte heute Morgen diesen Aspekt noch einmal ganz besonders unterstreichen.

Dabei geht es gar nicht primär um technologische oder naturwissenschaftliche Experimente, es geht um experimentelle Formen des Lehrens, Studierens und

Zusammenarbeitens. Was heißt also experimentelle Lehre? Kann ein Seminarraum ein experimenteller Möglichkeitsraum sein, in dem Entdeckungen und Durchbrüche auch ungeplant geschehen können?

Die zweite Komponente von guter Lehre ist für mich Leidenschaft.

Die Frage „Funkt es?“ könnte auch so verstanden werden, ob der Funke der

Leidenschaft von den Lehrenden auf die Studierenden überspringt. Diese Vorstellung geht aber fälschlicherweise davon aus, dass die Studierenden erst einmal noch

angesteckt werden müssen. Aber jeder und jede von uns brennt meiner Meinung nach bereits für bestimmte Themen, und ich denke, es ist die besondere Rolle erfolgreichen Studierens, persönliche Interessen mit gesellschaftlichen Herausforderungen zu verknüpfen.

Ich bin jetzt über drei Jahre an der FHP und nehme es immer noch als eine ganz besondere Chance wahr, meinem leidenschaftlichen Interesse an

Informationsvisualisierung in Lehre und Forschung nachgehen zu können. Neben einer Einführungsveranstaltung biete ich regelmäßig Reading Groups und Projektkurse an, in denen nicht nur die Fragen der Visualisierungsforschung eine zentrale Rolle

einnehmen, sondern die Studierenden auch ihre eigenen persönlichen Interessen in der Auswahl von Texten und Themen einbringen dürfen und müssen. Es ist dabei für mich kaum notwendig, besonders darauf hinzuweisen, warum bestimmte

Forschungsthemen jetzt gerade besonders interessant sind. Die gesellschaftliche Relevanz von Daten und ihrer Visualisierung ist für die meisten Studierenden

offenkundig und bedarf daher kaum Marketing oder Cheerleading. Vielmehr sehe ich da meine Rolle als Wegweiser, Impulsgeber und Berater in den spezifischen Lern- und Forschungsprozessen der Studierenden.

Hier zeigt sich dann auch, wie vielfältig die Zugänge zu einem - auf den ersten Blick vielleicht eher speziellen - Thema wie der Informationsvisualisierung sind. Was Studierende übrigens manchmal in den Kursen überrascht, ist, wie aktiv Angehörige und Ehemalige der FHP in der internationalen Visualisierungs-Community involviert und bekannt sind. Was die Potsdamer in dieser Fachcommunity eint, ist, dass sie leidenschaftlich, aber auch systematisch bei der Sache sind. Und zwar sowohl als Akademiker als auch als Praktiker!

Im neu gegründeten Masterstudiengang Urbane Zukunft haben wir diesen Forschungs- und Gestaltungsanspruch ganz dezidiert angelegt mit der

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Grundannahme, dass Wissen über die Welt eng mit ihrer Transformation verknüpft sein muss.

Daraus ergibt sich für mich folgende Frage für heute: Wie können wir mit unseren Lehrformaten die gegebene Leidenschaft und Motivation mit aktuellen Fragen aus Forschung und Gesellschaft in Verbindung bringen? Neben der persönlichen Leidenschaft am Thema kann die praktische Relevanz dafür sorgen, dass der heute vielleicht etwas oft bemühte Funke überspringt (und damit meine ich nicht den Kollegen).

Das bringt mich zum dritten Punkt: Praxisbezug.

Als „university of applied sciences“ trägt die FHP die Anwendung von Wissenschaft zumindest im englischen Namen. Aber auch abgesehen von dem, was drauf steht, steckt hier viel Praxisbezug drin. Das empfinde ich insbesondere für meinen Bereich der Visualisierung als äußerst gewinnbringend. Denn der Praxisbezug erlaubt uns zu untersuchen, ob eine kühne Idee aus der Forschung auch in der Praxis standhält, also

‚funk’-tioniert.

Ein konkretes Beispiel ist das Forschungsthema „Visualisierung kultureller Sammlungen“.

Das ist einerseits ein laufendes BMBF-Projekt, an dem zwei Wissenschaftlerinnen im Urban Complexity Lab forschen, und andererseits betreuen wir dazu Abschlussarbeiten und bieten Projektkurse an. So nähern sich Studierende verschiedener

Studienrichtungen der Frage, wie unser digitalisiertes Kulturgut verfügbar gemacht werden kann, damit die Interfaces der Signifikanz der Kulturobjekte gerecht werden.

Das ist überhaupt keine einfache Frage und das ist auch genau der Punkt. Die

Projektkurse widmen sich schwierigen Herausforderungen aus Forschung und Praxis.

Wir binden in dem Projektkurs immer wieder verschiedene Kooperationspartner aus dem Kultursektor ein, die über digitalisierte Sammlungen verfügen und dabei helfen, die Problemstellungen aus der Welt jenseits des Seminarraums in unsere Lehre zu bringen. Die Partner haben nicht nur Probleme, sie haben auch Daten und ein Interesse, mit Studierendenteams zusammenzuarbeiten. Sie sind daher wichtige Partner bei der Generierung neuer Konzepte, Methoden und Erkenntnisse.

Das Format solcher forschungsorientierteren Projektkurse bietet eine ganz besondere Gelegenheit, Forschung und Praxis zu verhandeln, was über das Potenzial

herkömmlicher angewandter Forschung hinausgeht. Mit der Einbettung des beidseitigen Austauschs zwischen Forschung und Praxis in die Lehre wird ein

dreifacher Transfer möglich. Die Projektkurse erlauben der nächsten Generation von Gestaltern, Entwicklern und Forschern nicht nur, ihre Kompetenzen auszubauen, sondern auch ihre eigenen Visionen in Anbetracht akademischer und praktischer Problemstellungen zu entwickeln. Idealerweise gehen unsere Absolventinnen und Absolventen dann nicht nur spezialisiert, sondern auch hochmotiviert und ambitioniert in den Arbeitsmarkt - einen Arbeitsmarkt, der auch die akademische Welt mit

einschließt.

Statt die eigenen Studierenden und Absolventen jetzt hier zu sehr lobzupreisen, kann ich Euch und Ihnen in der Pause gern ein paar Anekdoten von Praktika,

Preisverleihungen und Promotionen erzählen, die eng mit unserer forschungsorientierten Lehre verknüpft sind.

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Zusammengefasst sehe ich drei wesentliche Komponenten guter Lehre:

Experimentierfreude, Leidenschaft und Praxisbezug. Dieser Dreiklang kann uns heute dabei helfen, Fragen zu unseren Lehrmethoden zu stellen, zum Beispiel:

- Wie lassen sich glückliche Zufälle in der experimentellen Lehre begünstigen?

- Wie können wir persönliche Leidenschaft mit gesellschaftlicher Relevanz verknüpfen?

- Wie verhandeln wir den Praxisbezug mit Ausbildungs- und Forschungsanspruch?

Sicherlich werden die unterschiedlichen Fachkulturen in den verschiedenen Disziplinen ihre eigenen Antworten finden müssen, um mit ihren spezifischen Anforderungen in der Lehre umzugehen. Aber über die Grenzen der Disziplinen hinaus bin ich überzeugt, dass für ein erfolgreiches Studium die Lehre experimentell, leidenschaftlich und angewandt sein muss.

Über all dem steht - und es ist wichtig, das zu betonen - die Freiheit der Lehre. Diese Freiheit sollte übrigens nicht nur den Lehrenden zugestanden werden. Auch für die Studierenden an der FHP ist es möglich und, wie ich finde, auch notwendig, eigene Wünsche und Visionen für ihr Studium zu formulieren und auszuprobieren. Das geschieht nicht zuletzt an Tagen wie dem heutigen, an denen wir uns gemeinsam zu Fragen über Studium und Lehre auseinandersetzen. Daher bin ich auch sehr froh, einige Studierende hier heute zu sehen.

Ich wünsche uns hiermit einen sehr anregenden Tag der Lehre, dass er auch ein Tag des gegenseitigen und gemeinsamen Lernens wird! Lasst uns darüber streiten und

spekulieren, was gute Lehre sein kann! Mögen dabei auch ein paar Funken fliegen!

Vielen Dank!

Referenzen

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