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Archiv "Blutungen aus der Lunge: Es können auch die Nieren beteiligt sein" (24.09.1987)

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ZU

DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

FORTBILDUNG

Leitsymptom

Blutungen aus der Lunge:

Es können auch

die Nieren beteiligt sein

Hans-Joachim Baust

B

lutungen aus dem Be- reich der Lunge kön- nen nicht nur bei Kar- zinomen, Tuberkulo- se, Stauung, Abszeß oder Pneumonien auftreten, son- dern auch bei gleichzeitiger Erkran- kung von Lunge und Nieren. Sicher- lich ist jede Hämoptoe beziehungs- weise Hämoptyse zunächst verdäch- tig auf ein Bronchialkarzinom, und man wird nicht eher den Patien- ten beruhigen können, bis dieser Verdacht durch Sputum-Untersu- chungen, Röntgen-Untersuchungen mit Schichtaufnahmen, Thorax-CT, Bronchoskopie , transthorakale Biopsie oder Thorakotomie ausge- schlossen ist. Bei keinem Karzinom ist die Gefahr der Diagnosever- schleppung größer als beim Bron- chial-Karzinom, das mit 25 Prozent das häufigste Karzinom überhaupt ist, im Frühstadium kaum Sympto- me verursacht und in fast zwei Drit- tel aller Fälle bei Aufnahme in die Klinik inoperabel ist (6).

Werden Hinweise auf eine Nie- renschädigung, zum Beispiel Häma- turie, Proteinurie, Funktionsein- schränkungen der Nieren mit Oligu- nie oder akutem Nierenversagen, bei gleichzeitig, etwa im Röntgen-Tho- raxbild nachweisbaren Infiltraten gefunden, so reduziert sich die Dif- ferentialdiagnose auf relativ wenige Krankheitsbilder. Patienten mit die- sen Erkrankungen können mehrere Wochen an einer Mikrohämaturie oder Proteinurie leiden, bevor plotz-

Bei Symptomen einer Lungen- erkrankung mit Hinweisen auf eine Nierenbeteiligung müssen differentialdiagnostisch zahlrei- che Erkrankungen berücksich- tigt werden. Vor allem wichtig dabei ist es, auch an die Mög- lichkeit einer Glomerulonephri- tis mit drohendem Nierenversa- gen zu denken.

lich ein Anstieg des Kreatinins be- merkt wird. Treten dann noch, bei dem inzwischen hospitalisierten Pa- tienten, Hämoptysen auf, wird meist die Verdachtsdiagnose „Goodpastu- re-Syndrom" gestellt, obwohl es nur selten vorkommt, meist bei Män- nern unter 30 Jahren.

Zahlreiche

Erkrankungen sind differentialdiagnostisch zu berücksichtigen

Die in Tabelle 1 aufgezeigten Erkrankungen bei gleichzeitigem Auftreten von Lungenaffektionen mit oder ohne Lungenblutung sowie Hinweisen auf Nierenschädigung, die von der Mikrohämaturie bis zum akuten Nierenversagen reichen kann, müssen differentialdiagno- stisch erwogen werden.

Goodpasture-Syndrom

Das Goodpasture-Syndrom, das als „Prototyp" einer Autoimmuner- krankung angesehen wird, umfaßt unter anderem die eigentliche, be- reits 1919 von Goodpasture be- schriebene Erkrankung, die mit im Serum zirkulierenden Antibasal- membran-Antikörpern einhergeht und bei der immunfluoreszenz-histo- logisch eine Glomerulonephritis mit Anti-GMB-Antikörpern an der glo- merulären Basalmembran nachweis- bar ist. Diese Erkrankung macht un- ter der Gesamtzahl der Glomerulo- nephritiden allerdings nur drei bis fünf Prozent aus.

Die röntgenologischen Lungen- veränderungen können alle Formen leichter oder schwerer Pneumonien imitieren; die protrahiert oder auch plötzlich massiv auftretenden Lun- genblutungen können tödlich enden.

Häufig entwickelt sich ein akutes Nierenversagen. Besteht der Ver- dacht auf diese Erkrankung, sollte man — ohne das Ergebnis einer Nie- ren- oder Lungenbiopsie abzuwar- ten — mit der Plasmaphrese-Thera- pie beginnen, besonders dann, wenn die in 90 Prozent der Fälle nachweis- baren Antibasalmembran-Antikör- per gefunden werden (9).

Nephrologische Abteilung (Chefarzt:

Dr. med. Hans-Joachim Baust), Kranken- haus Porz am Rhein, Köln

A-2550 (58) Dt. Ärztebl. 84, Heft 39, 24. September 1987

(2)

Tabelle 1: Erkrankungen mit gleichzeitiger Lun- gen- und Nierenaffektion

I Goodpasture-Syndrom:

1. Anti-GBM-Erkrankung (eigentliches Good- pasture-Syndrom) 2. Immunkomplexnephritis 3. idiopathische

Lungenhämosiderose II Systemische Vaskulitiden:

1. Periarteriitis nodosa 2. Schönlein-Henoch-

Erkrankung

3. anaphylaktische Purpura III Granulomatosen mit Angiitiden:

1. Wegener-Granulomatose 2. Churg-Strauss-Syndrom 3. lymphomatoide

Granulomatose

4. benigne lymphozytische Angiitis

5. nekrotisierende „sarkoide"

Granulomatose IV Kollagenosen:

1. systemischer Lupus erythematodes

2. „mixed" Kryoglobulinämie 3. Sjögren-Syndrom

V Verschiedene Erkrankungen:

Infekte, Embolie, Herz- versagen, Urämie

Idiopathische

Lungenhämosiderose

Die idiopathische Lungenhämo- siderose, die mit miliaren Lungen- veränderungen einhergehen kann und oft von Lymphomen und Hepa- tosplenomegalie begleitet ist, weist selten Zeichen einer Nierenerkran- kung auf.

Periarteriitis nodosa

Aus der Gruppe der syste- mischen Vaskulitiden ist besonders die Periarteriitis nodosa erwähnens- wert, die auch den Kollagenosen zu- gerechnet werden kann und eine abakterielle, nekrotisierende Ent- zündung aller Schichten der Arte- rien darstellt. Die Nieren sind in et- wa 80 Prozent befallen und verursa- chen dann eine Hämaturie oder Pro- teinurie. Multiple, oft kleinfleckige Lungenverschattungen können Hä- moptysen verursachen.

Morbus

Schönlein-Henoch

Der Morbus Schönlein-Henoch, auch als Immunkomplex-Purpura bezeichnet, ist eine aseptische Vas- kulitis der Koriumgefäße auf dem Boden einer Hypersensitivitätsreak- tion. Es handelt sich um eine Vasku- litis der kleinen Arterien und Ve- nen, die schubweise verläuft und mit ausgedehnten Infiltrationen von Eosinophilen einhergeht und unter Fieber, abdominellen Schmerzen, Lungen- und Nierenbeteiligung ein schweres Krankheitsbild ergeben kann (3).

Wegener- Granulomatose

Aus der Gruppe der Granulo- matosen mit Angiitiden ist beson- ders die Wegener-Granulomatose erwähnenswert. An diese Erkran- kung muß gedacht werden, wenn nekrotisierende, granulomatöse Veränderungen im Bereich der obe- ren Atemwege mit Lungenverände- rungen vorliegen. Bei Befall der Nieren stehen fokale oder segmenta-

le Veränderungen an den Glomeruli histologisch im Vordergrund. Hä- maturie, Proteinurie und zunehmen- des Nierenversagen sind sehr häufig.

Bei Verdacht auf diese Erkrankung sollte eine Biopsie aus der Nasen- schleimhaut beziehungsweise dem Sinus ethmoideus durchgeführt wer- den.

Churg-Strauss-Syndrom

Die allergische Granulomatose von Churg und Strauss geht einher mit einer Eosinophilie, eosinophilen Infiltraten in Lungen und Nieren so- wie perivaskulären Granulomen.

Die lymphomatoide Granulomatose ist durch eine erhebliche lymphoreti- kuläre Proliferation gekennzeichnet und kann Lunge, Nieren, Haut und das zentrale Nervensystem (ZNS) befallen.

Kollagenosen

Aus der Gruppe der Kollageno- sen stellt der systemische Lupus Erythematodes die wichtigste Er- krankung dar. Sie ist gekennzeich- net durch das Vorhandensein von Antikörpern gegen DNS. Durch an- tinukleäre Faktoren werden Immun- komplexe gebildet, die zunächst im Blut zirkulieren und nach Einlage- rung in die Gefäßwand durch Bin- dung und Aktivierung von Komple- ment zu einer Vaskulitis führen (7).

Diese meist febrile Autoimmuner- krankung weist neben Arthralgien und Hauterscheinungen in ca. 50 Prozent der Fälle eine Immunkom- plexnephritis auf.

Leukopenie, der Nachweis zir- kulierender Immunkomplexe im Se- rum, ein positiver LE-Zelltest und die Komplementerniedrigung im Se- rum sind weitere Befunde, wobei der Nachweis von antinukleären An- tikörpern (ANA) bei fast 95 Prozent der Patienten pathognomonisch ist.

In 50 bis 70 Prozent der Fälle sind die Lungen in Form von diffusen oder feinnodulären Infiltrationen besonders der basalen Lungenab- schnitte betroffen. Jedoch kommen auch Rundherde vor, wenn Granu- lombildungen im Vordergrund ste- hen.

Selten ist die Kryoglobulinämie, bei der sich Immunglobulinkomple- xe im Serum mit einem IgG als Anti- gen und einem IgM als Antikörper nachweisen lassen, die bei niedrigen Temperaturen präzipitieren (2). Kli- nisch können Arthralgien, Purpura, Hypertonie, Proteinurie und Häma- turie als Folge einer membrano-pro- liferativen Glomerulonephritis auf- treten.

A-2552 (60) Dt. Ärztebl. 84, Heft 39, 24. September 1987

(3)

Klinische Probleme

Die Problematik bei gleichzeiti- gem Vorkommen von Nieren- und Lungenerkrankungen besteht darin, daß jeweils die Lungen- beziehungs- weise Nierensymptome ganz im Vordergrund stehen können. Auch bei Nachweis einer renalen Schädi- gung in Form einer Hämaturie, Pro- teinurie, zunehmender Funktions- einschränkung der Nieren mit An- stieg des Serum-Kreatinins und Oli- gurie, wird bei Überwiegen der ex- trarenalen Manifestationen der in der Tabelle aufgeführten Erkran- kungen zu wenig an eine Glomerulo- nephritis mit drohendem Nierenver- sagen gedacht. Auch der „Reflex", Lungenverschattung bedeute infek- tiös bedingte Pneumonie, zwingt oft zum Abwarten auf das Ergebnis des bakteriologischen Untersuchungsbe- fundes.

Nicht selten führen die oben er- wähnten Erkrankungen zum akuten Nierenversagen (ANV), das auch heute noch, trotz Nierenersatz- Therapie, in bis zu 70 Prozent den Tod des Patienten verursachen kann (8). Deshalb ist die Früherkennung besonders wichtig. Erschwerend in der Diagnostik dieser Erkrankungen kommt hinzu, daß zum Beispiel die Granulome bei der Wegener-Granu- lomatose kaum im Röntgenbild, je- doch gut im Computertomogramm erkannt werden können (1), daß Lungenblutungen nicht zu spezifi- schen röntgenologischen Verände- rungen führen, daß Biopsien der Nieren und Lungen, dem Gefähr- dungsgrad des Patienten entspre- chend, nicht immer sofort durchge- führt werden können und das im- munhistologische Ergebnis nicht im- mer sofort zur Hand ist.

Es ist bedeutsam, die Sympto- matik einer Nierenschädigung früh- zeitig zu erkennen. Nach Depper- mann und Brass müssen die in Ta- belle 2 aufgeführten Symptome be- achtet werden (4).

Während das akute nephritische Syndrom mit einer Hämaturie (Mi- kro- oder Makrohämaturie), mit Erythrozytenzylindern im Harn, Proteinurie, Hypertonie und Oligu- nie , mit noch teilweise erhaltener Konzentrationsfähigkeit der Nieren

Tabelle 2: Symptomatik des Nierenschadens

() Akutes nephritisches Syndrom

C) nephrotisches Syndrom Latenzstadium mit persi- stierenden Urinanomalien

® chronische Niereninsuffi- zienz

® akutes Nierenversagen

bei hoher Harn-Osmolalität einher- geht, ist das nephrotische Syndrom durch eine Proteinurie von 3,5 Gramm pro 24 Stunden und mehr,

Schlußfolgerungen

1. Bei gleichzeitigem Vor- liegen von Lungen- und Nierener- krankungen sollten die in Tabel- le 1 aufgeführten Krankheiten unbedingt differentialdiagno- stisch berücksichtigt werden.

2.

Intensivmedizinische Überwachung dieser Patienten mit täglichen Laborkontrollen (Kreatinin, Harnstoff, Kalium, Blutgasanalyse, Gewichtskontrol- len auf Bettenwaage, Harnstatus

Literatur

1. Bachor, R.; Maier, W.: Lungenerkrankun- gen in der Röntgenaufnahme, im Computer- Tomogramm, in der Makroskopie und Hi- stologie. Med. Klinik 81 (1986) 301 2. Bauer, W., Streuli, R.: Hämorrhagische

Diathesen. In: Differentialdiagnosen innerer Krankheiten. Georg Thieme Verlag, Stutt- gart, hrsg. von Siegenthaler, W. (1984) 5.17 3. Bohle, A.; Gärtner, H. V.; Laberke, H. G.;

Krück, F, in: Die Niere, Struktur und Funk- tion. Glomerulonephritis bei Systemerkran- kung. Schattauer Verlag, Stuttgart (1984) 224

4. Deppermann, D.; Brass, H.: Klinik der aku- ten und chronischen Glomerulonephritis, in:

Dialyse-Journal 3 (1983) 25-30

5. Eiseman, B.; Beart, R.; Norton, L.: Multi- ple organ failure. Surg. Gynec. Obstet. 144 (1977) 323

6. Herold, G.: Innere Medizin, eine vorle- sungsorientierte Darstellung. (1984) 168, aku-Fotodruck, Köln

durch eine Hypoproteinämie mit Ödemen und Hyperlipoproteinämie charakterisiert.

Das akute Nierenversagen ist gekennzeichnet durch einen plötz- lichen Funktionsausfall der Nieren mit Oligo-Anurie und Anstieg der stickstoffhaltigen Substanzen im Se- rum, Störungen im Elektrolyt- und Wasser- sowie Säuren-Basenhaus- halt. Es kann als ein Multiorganver- sagen (Eisemann und andere) ange- sehen werden (5). Interessant ist, daß sich die Ursache des ANV in den letzten zehn Jahren gewandelt hat: Während früher die sogenannte Schockniere nach Operationen, Traumen, Blutungen usw. im Vor- dergrund stand, tritt heute immer mehr die Sepsis als auslösender Fak- tor in den Vordergrund (8).

usw.), frühzeitige nephrologische spezielle Untersuchungsmetho- den, zum Beispiel Phasenkon- trastmikroskopie des Harns, SDS-Eiweißelektrophorese des Harns, Albuminbestimmung im Harn usw. sind ratsam.

3.

Bei Verschlechterung des klinischen Zustandes des Patien- ten ist die sofortige Einweisung des Patienten in eine nephrologi- sche Abteilung mit der Möglich- keit der Nierenersatz-Therapie zu veranlassen.

7. Lüthy, R.; Siegenthaler, W.: Status febrilis, in: Differentialdiagnose innerer Krank- heiten. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, hrsg. von Siegenthaler, W. (1984) 6.54 8. Schuster, H. P.: Akutes Nierenversagen der

80er Jahre. Wandel eines Krankheitsbildes.

Med. Klinik 81 (1986) 261-263

9. Sieberth, H. G.; Glöckner, W. M.: Plasma- pherese-Therapie bei Nierenerkrankungen.

Internist 24 (1983) 27-33

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Hans-Joachim Baust Chefarzt der

Nephrologischen Abteilung Krankenhaus Porz am Rhein Urbacher Weg 19

5000 Köln 90

Dt. Ärztebl. 84, Heft 39, 24. September 1987 (61) A-2553

Referenzen

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