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Archiv "Autoimmun polyglanduläre Syndrome: Aspekte zu Pathogenese, Prognose und Therapie" (24.05.2002)

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A1428 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 21½½½½24. Mai 2002

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utoimmune Endokrinopathien sind durch eine immunvermittel- te Zerstörung endokriner Gewe- be gekennzeichnet. Sie treten gehäuft als Autoimmunerkrankungen mehre- rer endokriner Systeme in Kombinati- on mit nichtendokrinen Autoimmun- erkrankungen auf. Von Neufeld wurde 1980 folgende Klassifikation vorge- schlagen (31):

❃ Das autoimmun polyglanduläre Syndrom Typ 1 (APS-1), auch Autoim- munes-Polyendokrinopathie-Kandidia- sis-Ektodermales-Dystrophie-Syndrom (APECED) genannt, ist durch das Vor- liegen von mindestens zwei der drei ty- pischen Krankheitskomponenten Ne- bennierenrindeninsuffizienz, Hypopa- rathryeoidismus und Kandidiasis ge- kennzeichnet. Verschiedene andere Autoimmunerkrankungen sind häufig mit dem APECED-Syndrom assoziiert (Grafik 1).

❃ Das autoimmun polyglanduläre Syndrom Typ 2 (APS-2) ist durch das Auftreten einer Nebennierenrindenin- suffizienz, autoimmuner Schilddrüsener- krankung und/oder Diabetes mellitus

Typ 1 (Schmidt-Syndrom) definiert. Bei den betroffenen Patienten liegen kein Hypoparathryeoidismus und keine Kan- didiasis, aber, ebenso wie bei APECED- Patienten, häufig zusätzlich weitere Au- toimmunerkrankungen vor (Grafik 2).

Klinik

APECED-Syndrom

Das APECED-Syndrom ist eine seltene autosomal rezessive Erkrankung und tritt bei beiden Geschlechtern in ähnli- cher Häufigkeit auf. Das Syndrom findet sich mit einer höheren Prävalenz in drei ethnischen Gruppen: Iranische Juden (1 : 9 000) (51), Finnen (1 : 25 000) (2) und Sardinier (1 : 14 400) (40). In den meisten europäischen Ländern wurden spora- disch Fälle identifiziert. Das APECED- Syndrom ist durch drei Krankheitskom- ponenten charakterisiert: Mukokutane

Kandidiasis, autoimmune Zerstörung, insbesondere der endokrinen Drüsen so- wie ektodermale Dystrophie (3, 37). Gra- fik 1 gibt eine Übersicht über die klini- schen Merkmale und die Häufigkeit von 168 zuvor publizierten APECED- Patienten aus verschiedenen Ländern (3, 6, 29, 49, 51). Die ersten klinischen Mani- festationen finden sich typischerweise bereits in der ersten Lebensdekade (Gra- fik 3). Neue Erkrankungen können sich jedoch bis in die fünfte Lebensdekade hinein manifestieren (3). Die Mehrzahl der APECED-Patienten (69 Prozent) ist von drei bis fünf Krankheitskomponen- ten betroffen (3), wobei Hypopara- thryeoidismus (87 Prozent) und Neben- nierenrindeninsuffizienz (68 Prozent) zu den häufigsten zählen.

Die mukokutane Kandidiasis wird bei finnischen Patienten mindestens vorübergehend bei jedem Betroffenen gefunden, jedoch deutlich seltener bei jüdischen Patienten aus dem Iran (3, 51). Die Kandidiasis manifestiert sich in der Regel vor dem fünftem Lebens- jahr. Als weitere ektodermale Krank- heitskomponenten finden sich bei den

Zusammenfassung

Autoimmune Endokrinopathien sind durch eine immunvermittelte Zerstörung endokriner Ge- webe gekennzeichnet. Unterscheidet wird das autoimmun polyglanduläre Syndrom Typ 1, (Autoimmunes-Polyendokrinopathie-Kandidia- sis-Ektodermales-Dystrophie-Syndrom [APECED]) und das autoimmun polyglanduläre Syndrom Typ 2 (APS-2). Beim APECED-Syndrom liegen mindestens zwei der drei typischen Krank- heitskomponenten Nebennierenrindeninsuffi- zienz, Hypoparathryeoidismus und Kandidiasis vor. APS-2 ist durch das gemeinsame Auftreten verschiedener Autoimmunerkrankungen ge- kennzeichnet. Häufig besteht ein Diabetes mel- litus, eine Nebenniereninsuffizienz und/oder ei- ne Immunthyreopathie, es können aber sowohl beim APS-2 als auch beim APECED-Syndrom verschiedene andere Autoimmunerkrankungen vorliegen. Im Gegensatz zum polygenetischen

Hintergrund des APS-2 ist das APECED-Syndrom mit Mutationen im autoimmunen Regulator- gen (AIRE) assoziiert. Bei endokrinem Funkti- onsausfall wird eine Hormonsubstitution ange- strebt. Immunsuppressive Strategien könnten bei APECED-Patienten erfolgversprechend sein.

Schlüsselwörter: Autoimmunerkrankung, APECED- Syndrom, Pathogenese, Genmutation, Therapie- konzept

Summary

Autoimmune Polyglandular Syndromes Autoimmune polyglandular syndromes are characterized by an immune-mediated destruc- tion of endocrine tissues. Two syndromes are distinguished, autoimmune polyglandular syn- drome type 1 (autoimmune polyendocrinopathy candiasis ectodermal dystrophy [APECED]) and

autoimmune polyglandular syndrome type 2 (APS-2). The presentation of APECED typically includes candidiasis, hypoparathroidsm and adrenocortical failure. The diagnosis is establish- ed when an individual exhibits at least two of these major features. APS-2 is characterized by the presence of autoimmune diseases of the endocrine system such as diabetes mellitus, adrenocortical failure and autoimmune thyroid disease. However, APS-2 and APECED may include several additional autoimmune disease components. In contrast to APS-2, APECED is associated with mutations of the autoimmune regulator (AIRE) gene. In case of hormonal in- sufficiency a hormone replacement therapy is required. In APECED patients immunosuppressive strategies may be successful.

Key words: autoimme disease, APECED syn- drome, pathogenesis, gene mutation, therapeutic concept

Abteilung für Gastroenterologie, Hepatologie und Endo- krinologie (Direktor: Prof. Dr. med. Michael P. Manns) der Medizinischen Hochschule Hannover

Autoimmun

polyglanduläre Syndrome

Aspekte zu Pathogenese, Prognose und Therapie Arndt Vogel

Christian P. Strassburg

Georg Brabant

Michael P. Manns

(2)

APECED-Patienten häufig Dystrophi- en der Nägel, Zahnfleischhypoplasien, Alopezie und Keratopathien (3).

Die Inzidenz des Hypoparathryeoi- dismus ist bei sehr jungen Kindern ge- ring, steigt aber stark zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr an. In der Folge tritt eine Nebennierenrinden- insuffizienz meist bis zum 15. Lebens- jahr, aber auch noch in der fünften Le- bensdekade, auf (6).

Bis zu 24 Prozent der APECED-Pa- tienten leiden an einer intestinalen Dys- funktion (Steatorrhö, wässerige Diar- rhö, Konstipation), deren Genese nicht vollständig geklärt ist (3). Als Ursachen wurden neben bakterieller Fehlbesied- lung, Lymphektasien, Cholezystokinin- mangel auch eine autoimmune Entero- pathie diskutiert (5, 23, 33, 41). 10 bis 20 Prozent der APECED-Patienten ent- wickeln eine autoimmune Hepatitis, welche asymptomatisch und selbstlimi- tierend, aber auch fulminant verlaufen kann (6, 28). Obwohl diese Krankheits- komponente relativ selten ist, sind 25 Prozent der Todesfälle der APECED- Patienten in Finnland auf eine fulmi- nante Hepatitis zurückzuführen (3).

Ein Diabetes mellitus tritt bei etwa 18 Prozent der APECED-Patienten auf.

Verfrühtes Gonadenversagen findet sich bei 60 Prozent der weiblichen und bei 14 Prozent der männlichen APECED-Pati- enten (3). Die Ursache für den Unter- schied zwischen den beiden Geschlech- tern ist unklar.

Zu den weiteren Erkrankungen mit einer niedrigeren Prävalenz gehören bei den APECED-Patienten autoimmune Schilddrüsenerkrankungen, lymphozy- täre Hypophysitis, atrophische Gastritis, perniziöse Anämie und immunologi- sche Defekte (zellulär und humoral) (6).

Autoimmun polyglanduläre Syndrom Typ 2

Unter den Patienten mit polyglandulä- rer Autoimmunität ist das APS-2 we- sentlich häufiger vertreten. Die Prä- valenz des APS-2 wird mit 15 bis 45 Erkrankungen pro Million Einwohner angegeben. 1926 wurde von Schmidt erstmals das gemeinsame Auftreten ei- ner Nebenniereninsuffizienz mit einer Immunthyreopathie beschrieben. In ei- ner Übersichtsarbeit 1980 definierten

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 21½½½½24. Mai 2002 AA1429

Grafik 1

Häufigkeit der einzelnen Krankheitskomponenten bei APECED-Patienten (3, 6, 29, 49, 51)

Grafik 2

Häufigkeit der einzelnen Krankheitskomponenten bei APS-2-Patienten (15, 31)

(3)

Neufeld et al. das APS-2 durch das Vor- liegen einer Nebenniereninsuffizienz in Kombination mit einer Immunthyreo- pathie und/oder einem Diabetes melli- tus (31). Nach neuerem Verständnis ist das APS-2 nicht allein durch einen M.

Addison definiert, sondern durch das gemeinsame Auftreten verschiedener Autoimmunerkrankungen gekennzeich- net. Beim APS-2 liegen insbesondere ein Diabetes mellitus, eine Neben- niereninsuffizienz oder eine Immunthy- reopathie vor, aber es können auch an- dere endokrine Autoimmunerkrankun-

gen wie primärer Hypogonadismus, au- toimmun bedingte Hypophysenvorder- lappeninsuffizienz, Diabetes insipidus und nichtendokrine Erkrankungen wie perniziöse Anämie, Vitiligo und Alope- zie auftreten. Diese Organmanifestatio- nen können in verschiedener Kombina- tion und Anzahl auftreten. Grafik 2 zeigt die Häufigkeiten der verschiede- nen Autoimmunopathien im Rahmen des polyglandulären Syndroms Typ 2.

Gemäß der zugrunde liegenden Defini- tion waren bei Neufeld et al. alle Patien- ten von einer Nebenniereninsuffizienz

betroffen, während bei Förster et al.

keine Immunopathie als conditio sine qua non angesehen wurden (15, 31).

Hieraus wird deutlich, dass infolge der neueren Definition mehr Patienten mit Erkrankungen der Schilddrüse und ei- nem Diabetes mellitus erfasst werden, wobei diese Patienten offensichtlich seltener eine Nebenniereninsuffizienz entwickeln. Förster et al. fanden bei 32,5 Prozent der Patienten die Kombi- nation Diabetes mellitus und Im- munthyreopathie, bei 14,6 Prozent die Kombination Nebenniereninsuffizienz und Immunthyreopathie und bei nur 3,3 Prozent der Patienten die Kombina- tion Diabetes mellitus und Neben- niereninsuffizienz.

Im Gegensatz zum APS-1 sind beim APS-2 Frauen 1,6- bis 3mal häufiger be- troffen als Männer (15, 31). Die assozi- ierten Autoimmunopathien manifestie- ren sich zumeist mit Beginn des zweiten oder dritten Lebensjahrzehnts, können sich aber mit deutlich abfallender Ten- denz bis ins sechste Lebensjahrzehnt ausbilden (Grafik 3) (15, 31).

Diagnose

Alle Patienten und Familienangehörige mit Verdacht auf ein autoimmun poly- glanduläres Syndrom (APECED) soll- ten prospektiv überwacht werden, um die verschiedenen Krankheitskompo- nenten der Syndrome rechtzeitig zu er- kennen und zu behandeln. Anamnese und Klinik müssen durch laborchemi- sche Untersuchungen und Funktions- tests ergänzt werden. Während ein Hy- poparathyreoidismus durch die typische Klinik mit Kribbelparästhesien bis hin zu Krämpfen der Muskulatur und in der kli- nischen Untersuchung durch das Chvo- stek- und Trousseausche Zeichen wahr- scheinlich werden, lässt sich die Diagnose durch die typische Konstellation von deutlich erniedrigtem bis nicht nachweis- barem Parathormon bei Hypokalzämie und niedriger Calciumausscheidung im Urin sichern. Die Verdachtsdiagnose ei- ner primären Nebenniereninsuffizienz wird klinisch durch die Hyperpigmenta- tion mit Fieber, abdominalen Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen sowie Gelenkbe- schwerden gestellt. Die typische Labor- konstellation aus erniedrigten Cortisol- A

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Grafik 3

Alter der Patienten bei Erstdiagnose der klassischen Krankheitskomponenten beim APECED- Syndrom und bei APS-2 (6, 15).

´ Tabelle C´

Autoantikörper bei APECED-Patienten und assoziierte Erkrankungen

Autoantikörper Assoziierte Erkrankungen

anti-AADC APECED-Syndrom (evtl. Diabetes, Vitiligo und Hepatitis) anti-Tryptophan-Dehydroxylase intestinale Dysfunktion

anti-CYPscc gonadale Insuffizienz, Nebennierenrindeninsuffizienz anti-CYPc17 gonadale Insuffizienz, Nebennierenrindeninsuffizienz

anti-CYPc21 Nebennierenrindeninsuffizienz

anti-Tyrosin-Hydroxylase Alopezie

anti-CYP1A2 Hepatitis

anti-ICA, anti-GAD, anti-IA2 Diabetes mellitus anti-TPO, anti-TRAK Autoimmunthyreopathien

(4)

spiegel (< 5µg/dl morgens), niedriger Cortisolausscheidung im Urin (< 20 µg/24 h) bei typischerweise hohen zirku- lierenden Spiegeln von adrenokortiko- tropem Hormon (ACTH) wird durch ei- nen fehlenden Cortisolanstieg im Synac- thentest (250 µg ACTH) nach 30 und 60 Minuten sowie durch den Nachweis von Antikörpern gegen 21-Hydroxylase er- härtet. Eine Beteiligung der Gonaden wird klinisch durch Zyklusstörungen bei der Frau, Libido- und Potenzstörungen beim Mann gestellt. Zusätzliche Unter- suchungen der Gonadotropine sowie der Zielhormone Östradiol oder Testosteron (Gesamt- oder freies Hormon) erlaubt eine sichere Einordnung.

Eine Beteiligung der Schilddrüse im Rahmen eines APS-2-Syndroms kann sich sowohl als Hyper- als auch als Hypo- thyreose manifestieren. Klinische Zei- chen einer Hypothyreose wären insbe- sondere ein körperlicher und geistiger Leistungsabfall, Antriebsarmut, trocke- ne, schuppende Haut und Obstipation.

Im Gegensatz dazu sind klassische Zei- chen einer Hyperthyreose psychomoto- rische Unruhe mit Tremor der Hände und Nervosität, Sinustachykardie, Ge- wichtsverlust, feuchte, warme Haut und eine gesteigerte Stuhlfrequenz. Durch die Bestimmung von thyreoidstimulie- rendem Hormon (TSH) und gegebenen- falls der von Schilddrüsenautoantikör- pern (gegen Thyreoperoxidase [TPO], TSH-Rezeptor) kann die Beteiligung im Rahmen einer Thyreopathie weiter ein- gegrenzt werden. Klinische Zeichen ei- nes Diabetes mellitus sind unspezifische Symptome wie Müdigkeit und Lei- stungsminderung sowie Symptome in- folge der Hyperglykämie mit Polyurie und -dipsie sowie Störungen des Elek- trolythaushaltes mit Wadenkrämpfen und Sehstörungen. Laborchemische Zu- satzuntersuchungen beinhalten Gluco- sebestimmungen im Plasma und Urin und gegebenenfalls Nachweis von Auto- antikörpern (ICA, GAD, IA2).

Autoantikörper

Die Pathogenese der polyglandulären Syndrome ist bislang nicht geklärt. Ein Verlust der Immuntoleranz ist vermut- lich die pathophysiologische Grundla- ge der meisten Krankheitskomponen- ten. Ein Hinweis dafür sind zirkulie-

rende Autoantikörper, die die meisten APS-Patienten aufweisen und sich ge- gen verschiedene Gewebe wie Neben- nieren, Gonaden und Leber richten.

Autoantikörper lassen sich in zwei Gruppen gliedern: Einerseits wirken Enzyme des Zytochrom-P450-Systems als Antigene, welche bei einer Reihe von Autoimmunerkrankungen und vi- ralen Erkrankungen gefunden werden (Grafik 4). Ferner wurden Enzyme der Neurotransmittersynthese identifi- ziert. Zu den Ersteren zählen 17a-Hy- droxylase (CYPc17), 21-Hydroxylase

(CYPc21) und side chain cleavage en- zyme (CYPscc) und Zytochrom P450 1A2 (CYP1A2), während aromatische L-Aminosäure-Decarboxylase (AA- DC), Tryptophan-Hydroxylase (TPH), Tyrosin-Hydroxylase (TH) und Gluta- minsäure-Decarboxylase (GAD) zur zweiten Gruppe gehören (8–10, 25, 38, 39, 43, 45, 48).

Antikörper gegen den TSH-Rezep- tor (TRAK) und gegen TPO finden sich insbesondere bei Patienten mit Autoimmunthyreopathien (15). Das Risiko einen Diabetes mellitus zu ent- A

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Grafik 4

Komponenten des Zytochrom-P450-Systems als Antigene für verschiedene Erkrankungen

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Grafik 5

Position des AIRE-Gens auf Chromosom 21, Darstellung der bekannten Mutationen.

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wickeln wurde mit hohen Titern von Anti-ICA-, Anti-GAD-, Anti-IA2- und Anti-Insulin-Antikörpern assozi- iert (35). Bei APECED-Patienten kön- nen diese jedoch viele Jahre ohne Ent- wicklung eines Diabetes vorhanden sein (44). Im Gegensatz dazu waren bei APS-2-Patienten mit einem Diabetes mellitus diese spezifischen Antikörper teilweise nicht nachweisbar. Mögli- cherweise sind diese Patienten infolge des langjährigen Verlaufes Antikörper- negativ geworden (15). Antikörper ge- gen TPH finden sich gehäuft bei intesti- naler Dysfunktion (14), Anti-CYPscc- und Anti-CYPc17- bei gonadaler Insuf- fizienz, Anti-CYPc21-, Anti-CYPscc- und Anti-CYPc17- bei Nebennierenrin- deninsuffizienz (45), Anti-TH- bei Alo- pezie (19) und Anti-CYP1A2- und An- ti-CYP2A6-Antikörpern bei Hepatitis (9, 10) im Rahmen des APECED-Syn- droms (Tabelle 1).

Genetik

APECED-Syndrom

Mittels Kopplungsanalysen konnte der Gendefekt des APECED-Syndroms auf Chromosom 21 lokalisiert werden.

Anschließend wurde das Gen von zwei unabhängigen Arbeitsgruppen kloniert und als Autoimmun-Regulator (AIRE) bezeichnet (11, 30). Das AIRE-Gen liegt auf Chromosom 21q22.3, ist unge- fähr 13 kb lang und besteht aus 14 Exons, welche ein Protein mit 545 Ami- nosäuren kodieren. Sequenzvergleiche haben verschiedene Sequenzabschnitte identifiziert, die eine Funktion als Transkriptionsfaktor nahe legen (11, 30). AIRE wird nicht in dem Zielgewe- be der immunologischen Zerstörung exprimiert, sondern insbesondere in verschiedenen Zellen des Thymus, in Lymphknoten, der Milz und der fetalen Leber (20). Dieses Expressionsmuster unterstützt die Hypothese, dass AIRE insbesondere eine Rolle in der Indukti- on und Erhaltung der Immuntoleranz spielt.

Bis heute sind 48 verschiedene Muta- tionen im AIRE-Gen identifiziert wor- den, welche über die gesamte kodieren- de Region verteilt sind. In fünf Exons (Exon 2, 3, 6, 8, 10) sind überdurch-

schnittlich viele Mutationen beschrie- ben worden (7, 11, 20, 22, 27, 30, 36, 40, 42, 49) (Grafik 5). Bei 6 Prozent der Patienten mit klinisch gesichertem APECED-Syndrom lassen sich im AIRE-Gen jedoch keine Mutationen nachweisen, und bei 9 Prozent der Pa- tienten konnte nur ein defektes Allel de- tektiert werden.Dies lässt vermuten,dass möglicherweise in der Promotorregion oder an anderen noch nicht identifizier- ten Loci weitere Mutationen vorliegen.

Verschiedene AIRE-Mutationen füh- ren zur Transkription und Translation eines trunkierten (verkürzten) Pro- teins, welches wahrscheinlich nicht funktionsfähig ist. Zellbiologische Stu- dien mit drei häufigen AIRE-Mutatio- nen (R275X, 1085-1097del, C311T) konnten eine deutlich veränderte zel- luläre Verteilung des Proteins sowie ei- ne verminderte oder abwesende trans- kriptionale Aktivität nachweisen (7).

Eine schlüssige Genotyp-Phänotyp- Korrelation zwischen den einzelnen Mutationen und der klinischen Ausprä- gung des Syndroms konnte an über 160 APECED-Patienten nicht nachgewie- sen werden (1, 21, 49). Das unterschied- liche klinische Erscheinungsbild von finnischen Patienten mit der R257X- Mutation zeigt ebenfalls, dass weitere genetische und/oder Umweltfaktoren notwendig sind, um das individuelle klinische Bild zu prägen. Diese Vermu- tung wird durch das unterschiedliche Krankheitsmuster bei verschiedenen ethnischen Gruppen unterstützt, wel- ches besonders deutlich in Form des milderen Phänotyps bei iranischen Ju- den hervortritt. Ob dieses Folge der Mutation ist, die in dieser Population nahezu ausschließlich gefunden wird, oder anderer Kofaktoren hierfür ver- antwortlich sind, ist noch nicht ab- schließend geklärt (7).

Die vielfältigen Autoimmunerkran- kungen, die sich bei APECED-Patien- ten finden, lassen vermuten, dass Muta- tionen im AIRE-Gen auch zur Patho- genese von anderen, sporadischen Im- munerkrankungen beitragen könnten.

Verschiedene Arbeitsgruppen konnten jedoch zeigen, dass häufige Mutationen im AIRE-Gen in den sporadischen Au- toimmunerkrankungen wie autoimmu- nen Schilddrüsenerkrankungen, Diabe- tes mellitus Typ 1, Nebennierenrinden-

insuffizienz und autoimmunen Leber- erkrankungen selten gefunden werden und daher ein krankheitsspezifisches Merkmal des APECED-Syndroms sind (32, 46, 47).

APS-2

APS-2 tritt familiär gehäuft auf, und es wird eine mulitfaktorielle genetische Grundlage angenommen. Verschiedene Studien wiesen einen ähnlichen geneti- schen Hintergrund für die endokrinen Krankheitskomponenten des APS-2 nach (4, 24). Eine starke Assoziation fand sich zu verschiedenen MHC-Klas- se-2- und -3-Genen und hier insbeson- dere zu HLA B8, DRB1*0301 (DR3) und DQA1*0501-DQB1*0201 (DQ2) (12, 13, 26, 36). MHC-Klasse-3-Gene wie TNF-a, Komplementfaktor C4 und CYP21OH sind wahrscheinlich über MHC-Klasse-2-Gene (Linkage Dis- equilibrium) mit APS-2 assoziiert (34).

Neben den klassischen MHC-Klasse-1- und -2-Genen, wurden mit den MIC-A- Genen weitere Anfälligkeitsgene des APS-2 identifiziert, welche auf Chro- mosom 6 im Bereich der MHC-Klas- se-3-Region zwischen den TNF-a-und den HLA-B-Genen lokalisiert sind (16, 17).

Therapie

Die Behandlung bei den endokrinen Krankheitsbildern der polyglandulären Syndrome besteht in erster Linie im Hormonersatz der ausgefallenen endo- krinen Achsen beziehungsweise in der Gabe von Enzym und Vitamin D bei Hypoparathyreoidismus. Neben dieser symptomatischen Therapie gibt es Hin- weise für eine erfolgreiche Anwendung immunsuppressiver Therapiestrategien bei Patienten mit APECED (18, 33, 50).

Gastrointestinale Dysfunktion, Alope- zie und Keratokonjunktivitis verbes- sern sich zum Teil dramatisch während einer Therapie mit Ciclosporin A (50).

Ein schweres Malabsorptionssyndrom konnte erfolgreich mit einer hochdo- sierten intravenösen Methylpredniso- lontherapie und oraler Methotrexatthe- rapie behandelt werden (33). Der Pro- gress der Hepatitis konnte durch eine orale Therapie mit Ciclosporin A teil-

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 21½½½½24. Mai 2002 AA1433

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weise aufgehalten werden, obwohl bei einigen Patienten trotzdem eine Leber- transplantation notwendig wurde (18).

Diese Berichte deuten darauf hin, dass wie bei anderen Autoimmunerkrankun- gen, beim APECED-Syndrom ebenso, eine immunsuppressive Strategie indi- ziert erscheint.

Ausblick

Das APECED-Syndrom ist eine selte- ne, monogene Autoimmunerkrankung.

Zu dieser Erkrankung sind aus europäi- schen (nicht skandinavischen) Ländern bislang überwiegend Einzelfallberichte veröffentlicht worden, und Studien, die mehr als 20 Patienten analysieren, sind insgesamt selten. Aufgrund dieser Da- tenlage möchten die Autoren bundes- weit Daten von APECED-Patienten sammeln und dieses modellhaft für die menschliche Autoimmunität stehende Krankheitsbild untersuchen (Kontakt:

Dr. med. A. Vogel und Prof. Dr. med. M.

P. Manns). Ziel ist es, ein aussagekräfti- ges Kollektiv zu identifizieren, um den natürlichen Verlauf der Erkrankung in Deutschland zu beschreiben. Dies könnte erlauben, Therapiestudien zu planen und Voraussetzungen für eine die Organfunktion erhaltende Therapie zu schaffen.

Manuskript eingereicht: 29. 10. 2001, revidierte Fassung angenommen: 30. 1. 2002

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2002; 99: A 1428–1434 [Heft 21]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Michael P. Manns Abteilung für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie

Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1

30625 Hannover

E-Mail: Manns.Michael@mh-hannover.de

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E

ntzündungen gehen mit einer ver- mehrten Aktivität von Zyklooxygen- ase (COX) und einer vermehrter Freisetzung von Prostanoiden einher.

Zyklooxygenase existiert in den Isofor- men COX-1 und COX-2, die eine Schlüs- selrolle bei der Synthese der Prostanoide einnehmen. COX-1 wird konstitutiv ex- primiert und beeinflusst die Aggregation der Blutplättchen und wirkt protektiv auf die Magenschleimhaut. Die Expressi- on der COX-2 wird durch Entzündungs- mediatoren wie Interleukin-(IL-)1 oder Tumornekrosefaktor-(TNF-)ainduziert.

Die von COX-2 freigesetzten Prosta- noide führen zu Entzündungsreak- tionen, Schmerz und Fieber. S. Josef Smolen, Wien, berichtete auf dem ersten Fachkongress der neu gegründeten Rheumaforschungsinitiative in Tübingen (RFiT) von standardisierten Ganzblut- analysen (whole blood assay). Diese er- möglichen einen Vergleich der Wirkung von klassischen nichtsteroidalen Anti- phlogistika (NSAID) wie Ibuprofen, Na- proxen, Diclofenac mit moderneren Sub- stanzen, die spezifisch COX-2 inhibieren.

Die NSAID hemmen beide Isoformen, wogegen die selektiven COX-2-Hemmer wie Rofecoxib und Celecoxib die COX-1 kaum hemmen. COX-2 wird von den klassischen und den selektiven Inhibito- ren zu 80 bis 90 Prozent gehemmt. Die neuen selektiven COX-2-Inhibitoren zeigen also keinen neuen Effekt, sondern eine höhere Spezifität (Tabelle). Daher weisen COX-2-Inhibitoren weniger un- erwünschte Nebenwirkung, beispielswei- se auf die Magenschleimhaut, auf. Das wesentliche Problem der Behandlung mit NSAID sind gastrointestinale Ulze- ra, die in etwa 15 bis 30 Prozent der Fälle

auftreten und bei einem Prozent zu schweren Komplikationen und Todesfäl- len führen.

Patienten, die bei früherer NSAID- Behandlung ein Ulkus bekamen, entwik- keln bei erneuter Gabe drei- bis viermal häufiger Ulkusbeschwerden als Patien- ten, die NSAID gut tolerieren. Im Ver- gleich zu Unbehandelten erhöht sich das Ulkusrisiko bei niedriger NSAID-Dosie- rung um das Dreifache. Darüber hinaus steigt bei Hochdosisbehandlung dieses Risiko weiter um den Faktor 3 bis 4.

Ebenso ist ein höheres Lebensalter ein Risikofaktor, da das Ulkusrisiko bei 70- bis 80-jährigen viermal höher ist als bei 50- bis 60-jährigen Patienten. In verschie- denen Studien wurden hierbei im We- sentlichen keine Unterschiede zwischen COX-2-Hemmern und Stoffen wie Ibu- profen gefunden. Die COX-2-Inhibito- ren zeigten im Vergleich zu unbehandel- ten Kontrollen keine statistisch signifi- kante Steigerung der Ulkusrate.

Um die Ulkusrisiken der NSAID ge- genüber den COX-2-Inhibitoren direkt abschätzen zu können, sind Studien mit hohen Patientenzahlen erforderlich. Von 8 000 untersuchten Rheumapatienten entwickelten drei Prozent (pro 100 Pati- entenjahre) bei Gabe von NSAID Kom- plikationen des oberen und unteren Ga- strointestinaltraktes im Gegensatz zu 1,4 Prozent bei COX-2-Inhibitoren. Die Ri- sikoreduktion betrug etwa 60 Prozent.

Eine weitere Wirkung der NSAID ist die Hemmung der Plättchenaggregation, die bei 100 mg Acetylsalicylsäure pro Tag etwa 80 Prozent beträgt, bei COX-2- Hemmern aber nicht auftritt. Deshalb steigt die Blutungszeit bei COX-2-Inhibi- toren nicht signifikant an. Die Morta-

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