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ut zehn Jahre nach der Einführung der maxi- malen Androgenblok- kade in die Therapie des fortgeschrittenen Prosta- takarzinoms ist die Datenla- ge eher ernüchternd. Da die zusätzliche Hemmung der adrenalen Androgensynthe- se nicht zu einer verlänger- ten Zeit bis zur Progression und nicht zu einer signifi- kant höheren Überlebens- zeit geführt hat, setzen Ex- perten die Hoffnungen jetzt auf die intermittierende Therapie mit nichtsteroida- len Antiandrogenen.Unstrittig ist die Tatsache, daß der Androgenentzug -–
egal wie stark – palliativ wirkt, da hierdurch das Wachstum testosteronabhän- giger Karzinomzellen ge- hemmt wird. Die Patienten versterben jedoch nicht auf- grund der hormonsensitiven,
sondern infolge der hormon- refraktären Metastasen, wie Professor Ulf Tunn (Offen- bach) bei einem Symposium der Wöwag Pharma in Wies- baden betonte.
Die Bemühungen der Urologen zielen deshalb in- zwischen darauf ab, die An- drogenresistenz möglichst lange hinauszuschieben, etwa über eine intermittierende Androgenblockade. Wenn bei kontinuierlicher Antian- drogengabe dem Wachstum hormonrefraktärer Zellen Vorschub geleistet wird, müßten bei zeitweiligem Ent-
zug des Antiandrogens mehr hormonsensitive Karzinom- zellen heranwachsen, die dann wiederum einer Thera- pie zugänglich sind. Entspre- chende Studien sind seit eini- ger Zeit angelaufen, aussage- kräftige Ergebnisse liegen laut Tunn jedoch noch nicht vor.
Einigkeit besteht offen- sichtlich auch darin, daß die medikamentöse Orchiekto- mie initial mit einer anti- androgenen Therapie kom- biniert werden muß, um den vorübergehenden An- stieg des PSA-Wertes zu verhindern, der zu Beginn der GnRH-Analoga-Therapie auftritt (Flare-up-Effekt).
Bei der Soforttherapie mit kontinuierlicher Gabe ist die zentrale Frage, ob die zehn Prozent adrenaler An- drogene überhaupt einen Ef- fekt auf das Überleben ha- ben. Nach den jüngsten Er- gebnissen der NCI-Study- Group mit fast 1 400 orchiektomierten Patienten verbessert sich unter maxi- maler Androgenblockade – verglichen mit Plazebo – we- der die Überlebenszeit (30 beziehungsweise 31 Monate) noch die Zeit bis zur Pro- gression (21 beziehungswei- se 18 Monate).
In der Untergruppe derje- nigen Patienten mit weniger als sechs Metastasen wurde unter Flutamid zwar eine um 13 Monate längere Zeit bis zur Progression ermittelt, al- lerdings war der Unterschied statistisch nicht signifikant.
Da das Fortschreiten des malignen Prozesses in der Regel mit Beschwerden ein- hergeht, würde eine verlän- gerte Progressionszeit für den betroffenen Patienten eine gleich lange Überlebenszeit bei besserer Lebensqualität bedeuten, gab ein Teilneh- mer beim Einführungssym-
posium zu Flutamid Dorsch zu bedenken. Diesem Argu- ment wollte sich Tunn nicht völlig verschließen und gab ein klares Votum für eine in- dividuelle Therapie anhand der Symptomatik ab – die Studienergebnisse sollten ei- ne Leitlinie vorgeben. Bei Pa- tienten, die bereits jahrelang einer maximalen Androgen- blockade unterworfen sind, sollte das Antiandrogen in je- dem Fall dann abgesetzt wer- den, wenn sich eine Gynäko- mastie oder ausgeprägte ga- strointestinale Probleme ein- stellen, außerdem beim An- stieg des PSA.
Zur Frage der sofortigen oder verzögerten Androgen- blockade zeichnet sich laut Tunn bei der bisherigen, we- nig validen Datenlage für die Untergruppe der radikal pro- statektomierten Patienten mit guten Ausgangsvoraus- setzungen (positiver Lymph- knotenstatus, keine Metasta- sierung) ein gewisser Vorteil für die sofortige Hormonthe- rapie ab: Die Zeit bis zur Me- tastasierung betrug hier 5,8 Jahre, bei verzögerter Thera- pie nur 1,8 Jahre. Ob dies hinsichtlich der Überlebens- zeit eine Rolle spielt, muß laut Tunn abgewartet wer- den. Dr. Renate Leinmüller
Kurz informiert
Erratum – Der Bericht über die Einführung des In- tra-Uterin-Systems Mirena® zur Langzeitkontrazeption (DÄ 44 vom 31. 10. 1997) ent- hält einen kleinen Fehler.
Der Applikator für Mirena® (Schering AG) hat einen Durchmesser von 4,8 Milli- metern und nicht – wie irr- tümlich berichtet – von 4,8
Zentimetern. DÄ
Tavor® – Das Unterneh- men Wyeth-Pharma gibt be- kannt, daß in der Rote Liste 1997 die Dosierung für die oralen Darreichungen von Tavor® für Kinder fälschlich zu hoch angegeben worden ist. Statt ED max. 0,5 mg/kg KG muß es richtig heißen:
ED max. 0,05 mg/kg KG.DÄ A-3286 (74) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 48, 28. November 1997
V A R I A AUS UNTERNEHMEN