• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Leitlinien: Aktive Implementierung zeigt Wirkung" (26.03.2010)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Leitlinien: Aktive Implementierung zeigt Wirkung" (26.03.2010)"

Copied!
3
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 107

|

Heft 12

|

26. März 2010 A 541 LEITLINIEN

Aktive Implementierung zeigt Wirkung

Auf die Krankenhausliegedauer und die Mortalität bei ambulant erworbener Pneumonie hatte die Art der Intervention keinen Einfluss.

D

ie ambulant erworbene Pneumonie (engl. com - munity-acquired pneumonia = CAP) ist eine Erkrankung von großer medizinischer und öko - nomischer Bedeutung (1, 2).

Die jährliche Inzidenz in Deutschland wird auf sechs bis acht Fälle pro 1 000 Ein- wohner geschätzt (3). Bei der Behandlung der CAP wurden in Deutschland erhebliche re- gionale Unterschiede nachge- wiesen (4). Um sowohl den ambulant als auch den statio- när tätigen Ärzten eine ratio- nale und evidenzbasierte Handlungsanweisung zu ge- ben und damit eine ausrei- chende, angemessene und wirtschaftliche Diagnostik und Therapie zu sichern, wurde im Jahr 2005 die S3-Leitlinie „Infektionen der unteren Atemwege“ publiziert, ge- meinsam auf den Weg gebracht von der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie, der Deutschen Ge- sellschaft für Pneumologie, der Deutschen Gesellschaft für Infek- tiologie sowie dem Kompetenz- Netzwerk CAPNETZ, in Verbin- dung mit der Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlicher Medizinischer Fachgesellschaften (AWMF) und Vertretern weiterer wissenschaftli- cher Fachgesellschaften (5). Diese Leitlinie beinhaltet das Wichtigste zur klinischen, radiologischen und mikrobiologischen Diagnostik, die Stadieneinteilung und Risikostrati- fizierung sowie die risikoadaptierte antimikrobielle Therapie.

Daten aus dem Jahr 2005 zeigten allerdings selbst im Kompetenznetz CAPNETZ (6), in dem bei den teil- nehmenden Netzwerkpartnern eine überdurchschnittliche Aufmerksam- keit für das Krankheitsbild zu er - warten gewesen wäre, keine zufrie-

denstellende Leitlinienadhärenz. So wurden beispielsweise 38 Prozent der Patienten, die aufgrund ihres niedrigen Mortalitätsrisikos ambu- lant hätten behandelt werden kön- nen, stationär behandelt. Hinsicht- lich der Antibiotikabehandlung ließ sich eine übermäßige Behandlung mit Breitspektrumantibiotika im ambulanten Bereich, aber auch eine Untertherapie im stationären Be- reich durch Verabreichung von Anti- biotika mit schmaleren Wirkungs- spektren feststellen. Infolge dieser Fehlbehandlung sind langfristig an- dere negative Implikationen, wie ho- he Kosten (bei Übertherapie), Resis- tenzentwicklungen oder aber auch eine erhöhte Mortalität (bei Unter- therapie) zu befürchten.

Mit Unterstützung der Förderini- tiative zur Versorgungsforschung der Bundesärztekammer und in Ko- operation mit dem Kompetenznetz CAPNETZ wurden daher zunächst Strategien entwickelt, die eine Im-

plementierung der S3-Leitlinie erleichtern sollten. Diese Stra- tegien umfassten Schulungen der niedergelassenen und der Krankenhausärzte sowie die Distribution einer Kittelta- schenversion. Den Ärzten wur- den zusätzlich Poster und eine elektronischen Version (CD) der Leitlinie zur Verfügung ge- stellt, die die wichtigsten Algo- rithmen der Leitlinie wiederga- ben. In regelmäßigen Abstän- den sollten den teilnehmenden Ärzten Rückmeldungen über die aktuelle Versorgungsquali- tät gegeben werden.

In einem zweiten Schritt wurde in einer prospektiven randomisierten kontrollierten Studie die Implementierung der Leitlinie anhand geeigne- ter Indikatoren evaluiert. Die- se Indikatoren umfassten die stadiengerechte Behandlung (am- bulant/stationär, initiale Antibiotika - therapie und deren Dauer) sowie die Dauer der Hospitalisation, die Gesamtmortalität und die CAP- bedingte Letalität. Zur Überprüfung der Effektivität der Implementie- rungsstrategien wurden in vier von acht Studienzentren von CAP- NETZ die Implementierungsstrate- gien umgesetzt.

Die Auswahl der Studienzentren erfolgte randomisiert. In den vier Kontrollzentren erfolgte keine akti- ve Implementierung der Leitlinie.

Ein Jahr nach der aktiven Imple- mentierung der Leitlinie konnte ein leichter Anstieg des Anteils an Pa- tienten, die leitliniengerecht behan- delt werden, verzeichnet werden.

So stieg der Anteil der stationären Patienten, die mit der empfohlenen Therapie behandelt wurden. Zu- sätzlich stieg der Anteil der Patien- ten, die die Therapie über die emp- fohlene Dauer erhielten. In der Wie nachhaltig

wirken Leitlinien bei der Therapie der ambulant erworbe- nen Pneumonie?

Foto: American College of Physicians

T H E M E N D E R Z E I T

(2)

Kontrollgruppe, in der keine akti- ve Implementierung durchgeführt worden war, sank der Anteil der leitliniengerecht behandelten Pa- tienten hinsichtlich dieser Indikato- ren. Auf die Krankenhausliegedau- er, die Gesamtmortalität und die CAP-bedingte Mortalität hatte die Intervention dagegen keinen Ein- fluss (7).

Dass kein größerer Effekt beob- achtet werden konnte, ist auf ver- schiedene Faktoren zurückzufüh- ren. Eine Befragung der teil - nehmenden Ärzte ergab, dass die Einstellung der Ärzte gegenüber Leitlinien grundsätzlich positiv war. Allerdings lasse die häusliche Situation es häufig nicht zu, den Patienten ambulant statt stationär zu behandeln. Andere Hürden, die zu Abweichungen von der Leitlinie führen, können möglicherweise auf einen Zwang zum schnellen Therapieerfolg oder regionale Ein- flüsse der Industrie zurückzufüh- ren sein oder einfach auch nur auf die Gewohnheit der Ärzte. Inten - sivere Maßnahmen zur Leitlinien - implementierung, wie Audits und/

oder Qualitätszirkel, könnten einen größeren Effekt auf Verhaltens- änderungen von Ärzten bei der Behandlung von CAP-Patienten haben (8). Intensivere Maßnahmen sind allerdings auch mit höheren Kosten verbunden. Die begrenzten Mittel, die für die Durchführung der vorliegenden Studie zur Verfü- gung standen, ließen die Durch- führung und Evaluation solcher Maßnahmen nicht zu. Festzuhalten bleibt jedoch, dass durch eine flächendeckende Implementierung der S3-Leitlinie „Infektionen der unteren Atemwege“ die Hetero - genität in der Behandlung von CAP-Patienten reduziert und damit langfristig Kosten eingespart wer-

den könnten. ■

Dr. rer. hum. biol. Maike Schnoor, Philipps-Universität Marburg, Klinik für Innere

Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie Dr. med. Tobias Schäfer MPH, Ratekau

Prof. Dr. med. Tobias Welte, Medizinische Hochschule Hannover, Abteilung Pneumologie

@

Literatur im Internet:

www.aerzteblatt.de/lit1210

A 542 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 107

|

Heft 12

|

26. März 2010

T H E M E N D E R Z E I T

A

rzneimittelausgaben, Ärzteho- norare, Krankenhausbudgets:

Die Diskussion über Ausgaben und Vergütungen beherrscht wieder ein- mal das deutsche Gesundheitswe- sen. Im Vergleich zu den anderen Ausgabenblöcken der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ent- wickeln sich die Ausgaben für Arz- neimittel mit überdurchschnittli- cher Dynamik. Besonders die in Deutschland von den Anbietern frei bestimmbaren Preise für neue, pa- tentgeschützte Arzneimittel steigen und dominieren zunehmend die Arzneimittelausgaben.

Das Gesundheitswesen bietet keinen idealen Markt

Ein wesentlicher Grund dafür ist die fehlende Selbstregulation des Marktes im Gesundheitswesen. Zen- trales Merkmal der Marktwirtschaft ist die freie Preisbildung. Der Preis

einer Ware oder Dienstleistung wird von Nachfrage und Angebot be- stimmt und hat eine Gleichge- wichtsfunktion auf dem Markt. Zu- sammen mit einem freien Marktzu- gang für Anbieter und Nachfrager sowie einer allseitigen Transparenz der Preise entsteht in einem idealen Markt ein selbststeuernder Mecha- nismus mit hoher Effizienz.

Für Arzneimittel und das Ge- sundheitswesen sind zahlreiche die- ser Voraussetzungen nicht gegeben.

Auf notwendige Medikamente und medizinische Interventionen kann ein Patient in einer existenziell be- drohlichen Situation nicht verzich- ten. Er hat nicht die Freiheit, bei ei- nem zu hohen Preis seine Nachfra- ge einzuschränken. Doch gera- de diese Möglichkeit ist für die Preisbildung in ei- ner Marktwirtschaft es- senziell.

ARZNEIMITTELPREISE

Am Aufwand und Nutzen orientieren

Evidenzbasierter Nutzen, betriebswirtschaftliche Aufwandsberechnung und ein Marktpreisniveau sollten Erstattungsbasis für Arzneimittel sein.

Thomas Müller, Anja Schwalm

Fotos: Fo tolia

Müller, Abteilung Arzneimittel, Gemein- samer Bundesaus- schuss, Berlin Schwalm, Abteilung Fach beratung Medizin, Gemeinsamer Bundes- ausschuss, Berlin

(3)

A 1 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 107

|

Heft 12

|

26. März 2010

T H E M E N D E R Z E I T

LEITLINIEN

Aktive Implementierung zeigt Wirkung

Auf die Krankenhausliegedauer und die Mortalität bei ambulant erworbener Pneumonie hatte die Art der Intervention keinen Einfluss.

LITERATUR

1. Fine MJ, Smith MA, Carson CA, Mutha SS, Sankey SS, Weissfeld LA, et al. Prognosis and outcomes of patients with communi- ty-acquired pneumonia. A metaanalysis.

JAMA 1996;275:134–41.

2. Fine MJ, Stone RA, Singer DE, Coley CM, Marrie TJ, Lave JR, et al. Processes and outcomes of care for patients with com- munity-acquired pneumonia: results from the Pneumonia Patients Outcome Re- search Team (PORT) cohort study. Arch In- tern Med 1999;158:970–80.

3. Schnoor M, Hedicke J, Dahlhoff K, Raspe H, Schäfer T, and the CAPNETZ study group. Approaches to estimate the popu- lation-based incidence of community acquired pneumonia. J Infect 2007;55:233–9.

4. Kohlhammer Y, Raspe H, Marre R, Suttorp N, Welte T, Schäfer T. Antibiotic treatment of community-acquired pneumonia varies widely across Germany. J Infect 2007;54:446–53.

5. Höffken G, Lorenz J, Kern W, et al.

S3-Leitlinien zu Epidemiologie, Diagnostik, antimikrobieller Therapie und Manage- ment von erwachsenen Patienten mit am- bulant erworbenen tiefen Atemwegsinfek- tionen. Pneumologie 2005;59:612–64.

6. Welte T, Suttorp N, Marre R. CAPNETZ- community-acquired pneumonia compe- tence network. Infection 2004;32:234–8.

7. Schnoor M, ;Meyer T, Suttorp N, Raspe H, Welte T, Schäfer T. Developement and evaluation of an implementation strategy for the German guideline on community- acquired pneumonia. Qual Saf Health Ca- re (in press).

8. Yealy DM, Auble TE, Stone RA, Lave JR, Meehan TP, Graff LG, et al. Effect of in- creasing the intensity of implementing pneumonia guidelines: a randomized, con- trolled trail. Ann Intern Md 2005;

143:881–94

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Die altersstandardisierten Sterbera- ten der Frauen wurden als abhängige Variable eingesetzt, von den Frauen deshalb, weil in westlichen Nationen Frauen das Gesundheitssystem

Ein Blick zurück in den Bildungsbericht 2010 zeigt, dass diese Zahlen für die Schweiz über die Jahre hinweg relativ konstant bleiben.. Betrachtet man jedoch die Entwicklung

Wir müssen für einen fairen Wett- bewerb zwischen ambulant tätigen und statio- när tätigen Fachärzten sorgen, gerade beim Thema ambulante spezialisierte Versorgung und wir müssen

Gleichwohl ist die psychotherapeutische Versorgung aber selbst für schwer psychisch erkrankte Flüchtlinge und Asylsuchende in Deutschland nicht sichergestellt.. Die Hauptgründe

Ihrer Auffassung, dass eine Zweiteilung der Ärzteschaft in die praktisch orientierten, am Patienten tätigen Ärzte ohne Einblick in die oft zwei- felhafte Evidenzbasis

§§ 13, 14 BMG aufgehoben (siehe auch das Rund- schreiben “Gesetz zur Stärkung der Sicherheit im Pass-, Ausweis- und ausländer-rechtlichen Doku- mentenwesen - Übermittlungsbefugnis

„Ein echte erreicht w gert wird“, Verlagerun und nicht z Bei der Suc im Inntal w wenn dies Die bereits strecke Mü und an die Um vor alle len Alpenra

Die gesetzliche Unfallversiche- rung verfügt seit langem über ein eigenständiges System für die medizinische Versorgung nach einem Unfall oder bei einer Berufskrankheit..