Aus Bund und Ländern
Gerda Hasselfeldt:
Eigenständige Gesundheitspolitik
DÜSSELDORF. Im Hin- blick auf den europäischen Binnenmarkt (ab 1. Januar 1993) hat sich Bundesgesund- heitsministerin Gerda Hassel- feldt (CSU) für eine mög- lichst eigenständige nationa- le Gesundheitspolitik ausge- sprochen. Vor dem 16. Hos- pital-Congress (Deutscher Krankenhaustag) nannte Frau Hasselfeldt fünf Essen- tials, von denen sich die Bun- desregierung künftig leiten lassen wolle:
1. Die vorrangige Verant- wortung der EG-Mitglieds- staaten für ihre Gesundheits- politik müsse auch in einem vereinten Europa und ei- nem EG-Binnenmarkt erhal- ten bleiben.
2. Die Leistungen der so- zialen Sicherheit, insbesonde- re die Leistungsgewährung innerhalb der Gesundheits- versorgungssysteme, dürften durch die Gemeinschaftszu- ständigkeit nicht berührt wer- den.
3. Die Belange der Ge- sundheitsförderung und des Gesundheitsschutzes müßten in allen Politikbereichen der Gemeinschaft angemessen berücksichtigt werden.
4. Zur gemeinsamen Be- kämpfung weit verbreiteter schwerer Krankheiten sei- en Maßnahmen auf Gemein- schaftsebene erforderlich.
Hier sei die bisherige erfolg- reiche Zusammenarbeit der europäischen Staaten, die sich zum Beispiel bei der Nie- rentransplantation bewährt habe, dauerhaft unter Beweis zu stellen.
5. Trotz der Bemühun- gen, eine eigenständige Ge- sundheitspolitik zu formu- lieren und zu verfolgen, müßten auch die Rahmen- bedingungen und EG-glei- chen Grundvoraussetzungen bei der grenzüberschreiten- den Dienstleistungserbrin- gung und der Freizügigkeit
bei der Berufswahl beachtet werden. Dies habe Folgen auch für die Wahl des Ortes der Inanspruchnahme von Sozialleistungen und der so- zialen wie gesundheitlichen Infrastrukturen innerhalb der EG. Zweifellos wachse der Leistungsdruck sowohl im ambulanten als auch im sta- tionären Sektor der gesund- heitlichen Versorgung, insbe- sondere bei der Inanspruch- nahme personeller, organisa- torischer und finanzieller Ressourcen, betonte Frau Hasselfeldt beim Deutschen Krankenhaustag 1991. HC
Galactosämie-Gruppe
NEUSS. Eltern, deren Kind an Galactosämie leidet, können sich an eine Selbsthil- fegruppe wenden: Kontakt- adresse: Gemeinnützige El- terninitiative Galactosämie e. V., Annegret Hertel, Cla- renbachstraße 35, W-4040 Neuss. WZ
Investitionskosten:
Internisten vorn
DÜSSELDORF/KÖLN.
Die Investitionskosten bei der Neugründung einer interni- stischen Praxis belaufen sich zur Zeit auf durchschnittlich 536 000 DM, bei Neugrün- dung einer Praxis eines Or- thopäden auf 497 000 DM und bei der eines niedergelas- senen Zahnarztes auf durch- schnittlich 446 000 DM. Am unteren Ende der Skala der aufzuwendenden Investiti- onskosten und der entspre- chenden Kreditfinanzierung liegen Allgemeinärzte mit 220 000 DM, Kinderärzte mit 211 000 DM und Nervenärzte mit 190 000 DM.
Dies geht aus einer aktuel- len Analyse des Investitions- verhaltens von Zahnärzten bei der Niederlassung im Vergleich zu anderen Grup- pen von Ärzten hervor, die das Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) zusammen mit der Deutschen Apothe- ker- und Ärztebank eG kürz- lich vorgelegt hat. HC
Ausland
Berliner helfen den kurdischen Flüchtlingen
BERLIN. Auf Initiative der dortigen Ärztekammer wird in Berlin seit Mitte April eine Aktion „Berliner helfen Kurden" organisiert. Sie hat das Ziel, Ärzte und Kranken- schwestern in die kurdischen Flüchtlingslager zu entsenden sowie Medikamente und an- dere medizinische Güter zur Verfügung zu stellen.
Für die Aktion, die maß- geblich vom Verein „Behand- lungszentrum für Folterop- fer" getragen und vom Sender Freies Berlin, der Berliner Morgenpost, der Berliner Sparkasse und dem Senat von Berlin unterstützt wird, hat die Bevölkerung innerhalb von zehn Tagen rund 400 000 DM gespendet. Weitere 100 000 DM hat der Senat von Berlin zur Verfügung ge- stellt.
Ende April ist das erste Berliner Ärzte- und Schwe- sternteam in Simak (Türkei), etwa 40 Kilometer nördlich der irakischen Grenze, einge- troffen. Die Gruppe von vier Ärzten und zwei Kranken- schwestern wird dort im Rah- men eines Lazaretts tätig, das mit Hilfe des Deutschen Ro- ten Kreuzes errichtet worden ist. Sie soll um einen erfah- renen Arzt eines Zentrums
Kurdische Kinder mit einer Es- sensration bei Schuschani im
Iran Foto: dpa
für Brandverletzungen erwei- tert werden und etwa drei bis vier Wochen am Einsatzort bleiben.
Zum Zeitpunkt der Ent- sendung des ersten Teams war die Organisation eines zweiten, das ebenfalls nach Sirnak entsandt werden soll- te, in Vorbereitung. Ein drit- tes Team war für den Iran vorgesehen.
Von den Spendengeldern werden medizinische Güter mitgenommen, die den Teams bei ihrer Arbeit zur Verfügung stehen. Darüber hinaus können diese Güter am Einsatzort auch an Orga- nisationen übergeben wer- den, die eine sinnvolle Ver- teilung garantieren.
Der Senat von Berlin hat außerdem 200 000 DM für die Aufnahme verletzter oder erkrankter Kurden in Berli- ner Krankenhäusern zur Ver- fügung gestellt. JK
Genscher ruft Ärzte zur Hilfe für Kurden und Schiften auf
BACHDARAN. Bundes- außenminister Hans-Dietrich Genscher hat an die deut- schen Ärzte appelliert, sich freiwillig zur Flüchtlingshilfe in Iran zu melden, und zu- gleich mehr internationale Hilfe für die Kurden und Schiiten aus dem Irak gefor- dert. Die Engpässe in der Versorgung seien noch immer sehr groß, sagte Genscher am Ende eines dreitägigen Iran- Besuchs im Basislager der Bundeswehr in Bachdaran nahe der Grenze zum Irak.
Auch reiche die Betreuung angesichts der großen Zahl von Menschen nicht aus. Es fehle vor allem an Wasser, Babynahrung und medizini- scher Betreuung. Nachdrück- lich würdigte Genscher die Arbeit der Bundeswehrsolda- ten und deutschen Hilfsorga- nisationen vor Ort. Mehr als 400 Gräber zählt der größte der drei Friedhöfe im Lager Isikveren. Und das Sterben der Kurden nimmt kein Ende. afp A-1960 (20) Dt. Ärztebl. 88, Heft 22, 30. Mai 1991