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Archiv "CKW in kindlichem Fettgewebe" (23.05.1991)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

CKW in kindlichem Fettgewebe

Chlorierte Kohlenwasserstoffe (CKW) sind äußerst beständige, schwer metabolisierbare Substanzen, die sich in der Nahrungskette anrei- chern und in hohen Konzentrationen im Fettgewebe des Menschen ge- speichert werden. Ihre wichtigsten Vertreter sind die als Pestizide ver- wendeten Substanzen Dichlordiphe- nyltrichloräthan (DDT), Hexachlor- benzol (HCB), Hexachlorcyclohexan (HCH), Dieldrin und Heptachlor so- wie die meist im technischen Bereich eingesetzten polychlorierten Biphe- nyle (PCB). Trotz gesetzlicher Be- stimmungen erreichen die CKW den Menschen hierzulande immer noch über Restbestände aus den Böden, über Industrieabfälle und durch im- portierte Nahrungs- und Futtermittel.

Um die Rückstandssituation der Kinder in der Bundesrepublik Deutschland zu erfassen und eventu- ell vorhandene Zusammenhänge zwischen der CKW-Belastung und der Entstehung kindlicher Tumoren oder angeborener Fehlbildungen aufzudecken, wurde von 1985 bis 1989 Fettgewebe von insgesamt 262 Kindern untersucht. Die Proben (100-200 mg), die mit dem Einver- ständnis der Eltern bei einer ohnehin notwendigen Operation entnommen wurden, stammten aus Bremen (n = 23), Frankfurt (n = 34), Mann- heim (n = 151) und Tübingen (n = 54).

Nach Soxhlet-Extraktion und Vorrei- nigung der Proben mittels Hoch- druck-Flüssigkeits-Chromatographie (HPLC) erfolgte die Analyse auf zwei getrennten Kapillarsäulen (GC).

Es wurden drei Gruppen gebil- det. In die Gruppe I („gesund") wur- den 183 Kinder aufgenommen, die in der Mehrzahl an einer Leistenhernie beziehungsweise einem Leistenho- den operiert werden mußten. Eine besondere Untergruppe bildeten hierbei 12 Neugeborene, bei denen Fettgewebe vor der ersten Mahlzeit entnommen werden konnte. Zur Gruppe II gehörten 46 Patienten mit malignen Tumoren (überwiegend Neuroblastome und Wilmstumoren) und zur Gruppe III 33 Kinder mit angeborenen Fehlbildungen oder gutartigen Tumoren.

Die höchsten Konzentrationen wurden für die Gesamt-PCB (1,61 ppm) gemessen, gefolgt von der DDT-Gruppe (0,56 ppm), HCB (0,11 ppm), den HCH-Isomeren (0,09 ppm) und den Cyclodienen (0,03 ppm). Die PCB-Belastung wur- de nahezu ausschließlich von den to- xikologisch bedenklichen hochchlo- rierten Einzelkomponenten Nr. 138 (0,26 ppm), 153 (0,29 ppm) und 180 (0,26 ppm) bestimmt. Dagegen tru- gen die niedrigchlorierten Einzel- komponenten kaum zur PCB-Bela- stung bei. Während p,p'-DDE (0,44 ppm) und zum kleineren Teil auch p,p'-DDT (0,09 ppm) für die DDT- Kontamination verantwortlich wa- ren, spielten die übrigen DDT-Meta- bolite keine nennenswerte Rolle.

Ein internationaler Vergleich, der infolge weniger gleichartiger Stu- dien nur eingeschränkt möglich ist, zeigt, daß die PCB-Konzentrationen im Fettgewebe unserer Kinder auf- fallend hoch sind. Dagegen liegen die DDT-Werte im mittleren Be- reich. Gegenüber unseren Untersu- chungen von 1982/83 hat die PCB- Belastung inzwischen signifikant zu- und die DDT-Kontamination ein- deutig abgenommen Die CKW-Ge- samtbelastung ist dadurch unverän- dert hoch geblieben. Die untersuch- ten 12 Neugeborenen, die noch kei- ne Nahrung erhalten hatten, wiesen erstaunlich hohe CKW-Konzentra- tionen auf (2,56 ppm). Da diese Kin- der noch keinen längeren Kontakt zur Außenwelt hatten, ist anzuneh- men, daß die CKW diaplazentar von der Mutter auf das Kind übertragen worden waren. In den ersten 6 Lebensmonaten kam es zu einem signifikanten Konzentrationsabfall (p >0,05), obwohl Kinder in dieser Altersphase mit der Muttermilch die am stärksten kontaminierte Nahrung aufnehmen. Da eine wesentliche Eli- mination der CKW nicht möglich ist, werden diese Substanzen vermutlich auf das in dieser Altersphase rasch zunehmende Fettgewebe verteilt. Im zweiten Lebensjahr hatten aber wie- der sämtliche CKW ihre Ausgangs- werte erreicht. Im weiteren Verlauf der Kindheit schwankten die Kon-

zentrationen der einzelnen Substan- zen nur wenig. Dies bedeutet, daß der Gesamtbestand an CKW von un- gefähr 1 mg bei Geburt auf 14-15 mg im Alter von 14 Jahren ansteigt. Ge- schlechtsspezifische Unterschiede konnten nicht gefunden werden.

Die meisten der untersuchten CKW wiesen im Norden und Süden der Bundesrepublik Deutschland na- hezu gleich hohe Konzentrationen auf, und auch zwischen stark und ge- ring industrialisierten Gebieten be- standen keine großen Unterschiede.

Über dem Durchschnitt lagen ledig- lich die Beta-HCH-Konzentrationen in Bremen (p <0,05), die Alpha- und Gamma-HCH-Werte in Mannheim (p <0,01 beziehungsweise <0,05) und die HCB-Gehalte in Tübingen (p <0,05).

Die CKW-Konzentrationen im Fettgewebe von Kindern mit malig- nen Tumoren (Gruppe II) bezie- hungsweise angeborenen Fehlbil- dungen oder gutartigen Tumoren (Gruppe III) unterschieden sich nicht signifikant von denjenigen der gesunden Kinder (Gruppe I).

Eine exakte Risikoabschätzung im Hinblick auf die Entstehung von kindlichen Tumoren und angebore- nen Fehlbildungen durch die aktuel- le CKW-Belastung ist derzeit noch nicht möglich. Zum einen fehlen im- mer noch genügende Daten, ande- rerseits können die Ergebnisse aus Tierversuchen nicht direkt auf den kindlichen Organismus übertragen werden. Inwieweit die derzeitigen Konzentrationen der CKW beim Kind Enzymsysteme induzieren be- ziehungsweise schädigen, bedarf ebenso der Klärung wie die Frage, ob unter der Einwirkung von Orga- nohalogenen die Umwandlungsrate einiger Substanzen in Kanzerogene gesteigert wird. nes

Teufel, M., Niessen, K. H. et al.: Chlori- nated hydrocarbons in fat tissue: analyses of residues in healthy children, tumor pa- tients, and malformed children. Arch. En- viron. Contam. Tox. 19 (1990) 646-652.

Die Untersuchung wurde mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Forschung und Technologie durchgeführt.

Prof. Dr. med. Karl-Heinz Niessen und Privatdozent Dr. med. Manfred Teufel, Universitäts-Kinderklinik, Theodor-Kut- zer-Ufer, W-6800 Mannheim 1.

Dt. Ärztebl. 88, Heft 21, 23. Mai 1991 (85) A-1901

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