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SCHLAFSTÖRUNGEN BEI PATIENTINNEN MIT GLIOMEN

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Academic year: 2022

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JOHANNES KEPLER UNIVERSITÄT LINZ Altenberger Straße 69 Eingereicht von Vivien Riffert BSc

Angefertigt am Kepler

Universitätsklinikum, Neuromed Campus, Neurologie 1

Beurteiler / Beurteilerin Prim. Priv. Doz. Dr. Tim J.

von Oertzen, FRCP, FEAN

Mitbetreuung

Dr. Thomas Mitterling, PhD

August 2021

SCHLAFSTÖRUNGEN BEI PATIENTINNEN MIT GLIOMEN

EINE PROSPEKTIVE FRAGEBOGENSTUDIE -

Masterarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades

Dr. med. univ.

im Masterstudium

Humanmedizin

(2)

EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG

Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Masterarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Die vorliegende Masterarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch.

Linz, 26.08.2021

Unterschrift:

(3)

Inhalt

1. Zusammenfassung ... 6

2. Abstract ... 7

3. Einleitung ... 8

4. Gliome ... 9

4.1. Allgemeines ... 9

4.2. Epidemiologie ... 9

4.3. Einteilung ... 10

4.3.1. Historisches ... 10

4.3.2. WHO-Graduierung ... 10

4.3.3. WHO-Klassifikation der Tumore des zentralen Nervensystems (2016) ... 11

4.4. Molekulare Marker ... 12

4.4.1. IDH1 und IDH2 ... 13

4.4.2. 1p19q-Ko-Deletion ... 14

4.4.3. hTERT-Mutation ... 15

4.4.4. ATRX-Mutation ... 15

4.4.5. MGMT-Promotor-Methylierung ... 15

4.5. Klinik der Hirntumore ... 17

4.6. Diagnostik bei Hirntumoren ... 18

4.6.1. Computertomographie ... 19

4.6.2. Magnet-Resonanz-Tomographie ... 19

4.6.3. Positronen-Emissions-Tomographie (PET) ... 20

4.6.4. Histopathologie und Molekularbiologie... 20

4.7. Tumorentitäten ... 20

4.7.1. Diffuses Astrozytom WHO Grad II, IDH-mut ... 20

4.7.2. Anaplastisches Astrozytom WHO Grad III, IDH-mut ... 21

4.7.3. Glioblastom WHO Grad IV, IDH-mut/ IDH-wt ... 21

4.7.4. Diffuse und anplastische Oligodendrogliome WHO Grad II/ III, IDH-mut und 1p19q kodeletiert ... 22

4.7.5. Diffuse und anaplastische Astrozytome WHO Grad II/III IDH-wt ... 22

4.8. Therapiemöglichkeiten bei Gliomen ... 22

4.8.1. Allgemeine Therapiemöglichkeiten ... 22

4.8.2. Spezielle Therapieempfehlungen... 24

4.8.3. Monitoring und Follow-up ... 26

4.8.4. Rezidiv-Therapie ... 26

(4)

5. Schlafstörungen ... 27

5.1. Grundlagen und Polysomnographie ... 27

5.2. Einteilung der Schlafstörungen ... 28

5.3. Insomnien ... 29

5.4. Schlafbezogene Atemstörungen ... 30

5.4.1. Obstruktive Schlafapnoe ... 30

5.4.2. Zentrale Schlafapnoesyndrome (CSA)... 31

5.4.3. Schlafbezogene Hypoventilationssyndrome ... 32

5.4.4. Schlafbezogene Hypoxämie ... 32

5.5. Hypersomnien zentral nervösen Ursprungs ... 32

6. Schlafstörungen bei Gliomen-derzeitiger Wissensstand ... 34

7. Studienzahl ... 36

8. Methodik ... 36

8.1. Studiendesign ... 36

8.2. Allgemeine Daten ... 37

8.3. Klinische Daten ... 37

8.4. Schlafanamnese ... 37

8.5. Fragebögen ... 38

8.5.1. Insomnia Severity Index (ISI) ... 38

8.5.2. STOP-Bang-Fragebogen ... 38

8.5.3. Patient Health Questionnaire (PHQ-9) ... 38

8.5.4. Fatigue Severity Scale (FSS) ... 38

8.5.5. Epwort Sleepiness Scale (ESS) ... 38

8.5.6. Pittsburgh Sleep Quality Index (PSQI) ... 39

8.6. Auswertung ... 39

9. Ergebnisse ... 40

9.1. Demographie ... 40

9.1. Krankheitsspezifische Daten ... 40

9.1.1. Tumor ... 41

9.1.2. Nebendiagnosen ... 43

9.1.3. Dauermedikation ... 44

9.2. Bettzeiten und Schlafverhalten ... 45

9.3. Fragebögen ... 50

9.3.1. Pittsburgh Sleep Quality Index ... 50

9.3.2. Insomnia Severity Index ... 52

(5)

9.3.3. Epworth Sleepiness Scale ... 54

9.3.4. STOP-BANG ... 56

9.3.5. Faitgue Severity Scale ... 57

9.3.6. Patient Health Questionnaire-9 ... 59

9.4. Vergleiche der Fragebögen miteinander ... 62

10. Diskussion ... 64

10.1. Bettzeiten und Schlafverhalten ... 64

10.2. Subjektive Schlafstörungen ... 64

10.3. PSQI ... 65

10.4. Insomnie ... 66

10.5. Exzessive Tagesschläfrigkeit ... 66

10.6. Fatigue ... 66

10.7. Depression ... 67

10.8. Schlafbezogene Atemstörungen ... 68

11. Fazit ... 69

12. Anhang ... 70

13. Abkürzungsverzeichnis ... 71

14. Literaturverzeichnis ... 72

(6)

1. Zusammenfassung

Hintergrund: Schlafstörungen sind ein häufiges Problem, dass vor allem bei chronischen und onkologischen Erkrankungen häufig auftritt. Während Schlafstörungen bei vielen

Krebserkrankungen (vor allem Brust- und Lungenkrebs) ein häufiges Thema in Studien sind- nicht zuletzt aufgrund des Einflusses, den sie auf Lebensqualität und Outcome nehmen- ist die Datenlage bei Hirntumoren, aufgrund ihrer relativen Seltenheit, spärlich. Das Ziel dieser Arbeit war es, herauszufinden wie hoch die Prävalenz von Schlafstörungen bei Patienten mit Gliomen, welche den größten Anteil an primären Tumoren des Gehirns ausmachen, ist und ob sich ein Zusammenhang mit gewissen tumorspezifischen Faktoren finden lässt. In erster Linie sollte der Zusammenhang zwischen (gestörtem) Schlaf und Tumorlokalisation analysiert werden, aber auch der WHO-Grad des Tumors wurde, unter anderem, als wichtiger Vergleichsparameter herangezogen.

Methodik: Hierzu wurde eine prospektive Fragebogenstudie an 79 Patienten mit gesichertem Gliom vorgenommen. Sechs validierte und standardisierte Fragebögen sowie zusätzliche allgemeine Fragen zu Schlafgewohnheiten und Verhaltensweisen während des Schlafens, sowie klinische Daten wurden dazu verwendet.

Diskussion: Aufgrund der zum Teil kleinen Gruppengröße für die einzelnen Tumorlokalisationen, lassen sich nur wenig klare Aussagen treffen. Jedoch zeigte sich, dass Tumore im Frontallappen hinsichtlich Insomnie, Fatigue, Depression, sowie allgemein „gestörten Schlafes“ den größten Anteil an pathologischen Werten zeigten. Ähnliche Ergebnisse fanden sich auch in der Gruppe der WHO Grad III-Tumore, welche zusätzlich den größten Anteil an Patienten mit exzessiver Tagesschläfrigkeit aufwies.

Konklusion: Schlafstörungen sind häufig unter Hirntumorpatienten und stehen zusätzlich mit Depression und Fatigue in Zusammenhang. Ihre Erhebung ist daher von großer Bedeutung in Hinblick auf die Lebensqualität der Betroffenen. Hinsichtlich des Einflusses der

Tumorlokalisation zeigen sich zwar Hinweise auf ein erhöhtes Vorkommen der Beschwerden bei frontalen, bilateralen und multifokalen Tumoren jedoch müssten hierzu weitere Studien, sowie objektive Messungen von schlafbezogenen Daten stattfinden.

(7)

2. Abstract

Background: Sleep disturbances are a common problem, which is often seen in patients suffering from chronic diseases or cancer. While these sleep disturbances have often been the topic of research in studies concerning different kinds of cancers (mostly breast and lung cancer)- especially regarding their impact on health-related quality of life and disease outcome- data on brain tumour patients is scarce. The goal of this thesis was for one to examine the prevalence of sleep disorders amongst patients suffering from glioma, which is the most common primary brain tumour and furthermore to find out whether there is a connection

between impaired sleep and other disease related factors. The special point of interest was the location of the tumour within the brain and its impact on sleep disturbances. But also, the WHO- Grade of the tumour was, among other factors, used for comparison.

Methods: For this we did a prospective study on 79 patients with glioma using six standardized, and validated questionnaires as well as additional questions concerning sleep habits and behaviourisms during sleep. Furthermore, clinical data was used.

Discussion: The partially rather small group sizes for the individual tumour locations allowed only for little clear results. However, tumours located within the frontal lobe accounted for the most pathologic results concerning, insomnia, fatigue, depression and generally “impaired sleep”.

Similar answers were found among people with a WHO Grade III-tumour, who also had the highest rates in terms of excessive daytime sleepiness.

Conclusion: Sleep disturbances are a common problem among brain tumour patients and are often associated with depression and fatigue. Therefore, their detection has great impact on the patients’ health-related quality of life. Concerning the location of the tumour, patients with frontal, bilateral or multifocal tumours show more signs of disturbed sleep. To make a clear statement however, more studies, that also include objective sleep related data, must be conducted.

(8)

3. Einleitung

Schlafstörungen sind weit verbreitet. Sie werden in den Industriestaaten mit Prävalenzen bis 28% angegeben [1]. Gliome stellen mit 30-50% die häufigsten primären Hirntumore im Erwachsenenalter dar und treten jährlich mit einer Inzidenz von etwa 5-8 pro 100.000 Einwohnern auf [2]. Die hohe Inzidenz von Schlafstörungen bei Patienten1 mit

Krebserkrankungen ist in der Literatur häufig beschrieben. Dies liegt vor allem an den Auswirkungen, die diese auf die Lebensqualität der Betroffenen und in weiterer Folge auf Therapie-Adhärenz und Outcome der Erkrankung haben [3].

Aufgrund ihrer relativen Seltenheit werden Hirntumore allerdings in den wenigsten Studien dieser Art behandelt. Aus diesem Grund ist die Datenlage zum Thema Gehirntumore und Schlafstörungen im Vergleich zu anderen Tumorerkrankungen gering. Betrachtet man die Studien der letzten Jahre finden sich Schlafstörungen bei Patienten mit primären Hirntumoren mit einer Prävalenz zwischen 17 und 54%. Eine Aussage hinsichtlich der Prävalenz der

unterschiedlichen Schlafstörungen wie Insomnien oder schlafbedingte Atmungsstörungen, kann jedoch nicht getätigt werden [4].

Aufgrund ihrer einzigartigen Lage im Gehirn, dem Sitz unserer Persönlichkeit und

„Steuerzentrale“ des gesamten Körpers, nehmen Hirntumore, wie Gliome, Einfluss auf die Erkrankten wie keine andere onkologische Erkrankung. Die verschiedenen Regionen des Gehirns sind für unterschiedliche Funktionen und Regulationen zuständig. Eine Neoplasie im Gehirn führt somit auch, je nach Lage, zu teilweise vollkommen unterschiedlichen Symptomen [5].

Ziel der Studie, die im Zentrum dieser Arbeit steht, war es herauszufinden ob unterschiedliche tumorspezifische Faktoren, in erster Linie die Tumorlokalisationen im Gehirn, Auswirkung auf den Schlaf der Patienten haben. Hierbei geht es einerseits um die allgemeine Prävalenz von Schlafstörungen, andererseits auch darum, um welche Schlafstörung es sich handelt. Finden sich beispielsweise Insomnien häufiger bei Frontallappentumoren, oder geht ein Gliom im Parietallappen öfter mit einer schlafbedingten Störung der Atmung einher? Fragen dieser Art sollten mit dieser Studie beantwortet werden.

Objektive Daten wurden der Patientenkartei des Krankenhausinformationssystems entnommen.

Subjektive Daten wurden, gemeinsam mit den Patienten, anhand standardisierter, validierter Fragebögen sowie offenen Fragen erhoben. Aufgrund der Größe des daraus resultierenden Datensatzes, wurde die Studie und ihre Auswertung von mir gemeinsam mit einer weiteren Studentin der Humanmedizin und unserem Betreuer durchgeführt. Bei der Auswertung der Daten teilten meine Kollegin und ich die Fragebögen auf. So umfasst diese Arbeit die Ergebnisse zu den Themen, Insomnie, Fatigue, Tagesschläfrigkeit, schlafbedingte Atemstörungen und Depression.

1 Zur besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit immer nur von der männlichen Form gesprochen, es sind aber stets beide Geschlechter gemeint

(9)

4. Gliome 4.1. Allgemeines

Unter Gliomen versteht man neoplastische Läsionen des zentralen Nervensystems (ZNS), die aus glialen oder neuronalen Zellen, sowie deren Vorläufern hervorgehen. Zu diesen Zellen gehören beispielsweise Astrozyten, Oligodendrozyten und Ependymzellen.

Gliome stellen die häufigsten primären ZNS-Tumore dar und machen insgesamt ca. 30-50% der Gehirntumore in der erwachsenen Bevölkerung aus. In etwa der Hälfte aller Fälle wird die Diagnose eines Glioblastoms gestellt. Dieses stellt nicht nur die häufigste Form dieser Art von Tumoren dar, sondern zugleich auch die Bösartigste [2].

4.2. Epidemiologie

Die jährliche Inzidenz beträgt in der westlichen Bevölkerung in etwa 5-8 pro 100.000 Einwohnern. Ein signifikanter Unterschied zwischen den Geschlechtern besteht nicht. Eine niedrigere Erkrankungsrate scheint in Entwicklungsländern vorzuliegen. Allerdings lässt sich hier keine klare Aussage darüber treffen, ob dies auf ethnische Unterschiede zurückzuführen ist, oder ob es sich hier lediglich um eine niedrigere Detektionsrate handelt. Ein erhöhtes Risiko soll für Kaukasier im Vergleich zu Männern und Frauen asiatischer und afrikanischer Herkunft bestehen [2, 6]

Eindeutige Risikofaktoren für die Entstehung von Gliomen gibt es nur wenige. Als gesichert gilt eine längere Exposition gegenüber ionisierender Strahlung, vor allem wenn diese in hoher Dosis erfolgt. Dies ist zumeist der Fall, bei Patienten, die im Rahmen einer onkologischen Behandlung eine Radio-Therapie erhalten. Studien an Männern und Frauen, welche in ihrer Kindheit bereits eine Krebserkrankung erlitten hatten, konnten zeigen, dass das Risiko im Erwachsenenalter einen ZNS-Tumor zu entwickeln in dieser Gruppe, im Vergleich zur restlichen Bevölkerung um ein Vielfaches höher ist. Bei beinahe jedem von ihnen wurde als Teil der Krebsbehandlung eine Bestrahlung des Kopfes vorgenommen. Dabei fand sich die höchste Inzidenz an ZNS-

Neoplasien bei jenen, die im Alter von weniger als 5 Jahren bereits eine Bestrahlung erhalten hatten. Manche Studien zeigten ebenso eine positive Korrelation zwischen der Strahlendosis und der Wahrscheinlichkeit für einen Folgetumor des zentralen Nervensystems im Laufe des Lebens. Im Allgemeinen ist das Risiko als Folge der Radiotherapie ein Meningeom zu

entwickeln allerdings höher, als es für die Entstehung eines Glioms ist. Die Latenzzeit zwischen der ersten Strahlen-Exposition und dem Auftreten eines Hirntumors ist sehr unterschiedlich und liegt zwischen 5 Jahren und mehreren Dekaden. Möglicherweise hat eine höhere Strahlendosis eine geringere Latenz zur Folge. Doch auch hier sind die Studien nicht eindeutig [7–9].

Als weiterer, gesicherter Risikofaktor gelten angeborene Gendefekte. Etwa 5 % aller neu

diagnostizierten Hirntumore lassen sich auf genetische Syndrome zurückführen. Hierzu gehören zum einen die Erkrankungen Neurofibromatose Typ 1 (NF1) und Typ 2 (NF2), welche neben Neurofibromen auch häufig mit Optikusgliomen oder pilozytischen Astrozytomen einhergehen.

Diese treten zumeist bereits im Kindesalter auf und sind in der Regel als benigne einzustufen.

Allerdings besteht bei Männern und Frauen mit dieser Erkrankung auch ein erhöhtes Risiko diffuse Gliome oder Glioblastome zu entwickeln. Bei Personen, die an einer tuberösen Sklerose

(10)

leiden kann im Laufe des Lebens ein sogenanntes subependymales Riesenzellastrozytom auftreten. Auch hierbei handelt es sich zumeist um ein benignes Gliom.

Das autosomal dominant vererbte Li-Fraumeni-Syndrom, welches zumeist durch eine Mutation im TP53-Gen gekennzeichnet ist, hat bei Erkrankten eine generelle Prädisposition für

Tumorerkrankungen zur Folge. Hierzu zählen neben ZNS-Tumoren in erster Linie auch solche des Weichteilgewebes und der Brust, welche häufig schon in jungen Jahren auftreten.

Auch das Lynch-Syndrom führt zu einem gesteigerten Auftreten von onkologischen

Erkrankungen bei Betroffenen. Neben Neoplasien im Colon und Endometrium, treten bei ihnen auch Gliome öfter auf, als in der restlichen Bevölkerung [6, 10].

Einen protektiven Effekt haben Studien zu Folge Allergien und andere atopische Erkrankungen, wie Asthma bronchiale oder atopische Dermatitis. Personen, die an einer respiratorischen Erkrankung, im Sinne eines Asthmas leiden, haben beispielsweise ein ca. 30% niedrigeres Risiko im Laufe ihres Lebens ein Gliom zu entwickeln. Obwohl zur inversen Assoziation zwischen Atopie und Gliomen bereits eine Vielzahl an Daten gesammelt wurde, konnte bisher kein Mechanismus ermittelt werden, der diese erklärt [11].

4.3. Einteilung

4.3.1. Historisches

Die Klassifikation von glialen und glioneuralen Tumoren, begann vor über 150 Jahren. Der deutsche Pathologe Rudolf Virchow verwendete 1863 den Begriff Astrozytom erstmals in der Literatur. 1914 führte Frank Burr Mallory die Bezeichnung Spongioblastoma multiforme ein, welches heute als Glioblastom bekannt ist. Das erste Klassifizierungskonzept, wurde 1926 kreiert, stammte von Harvey Cushing und Percival Bailey und enthielt die Begriffe: Gliom, Astrozytom, Oligodendrogliom und Glioblastoma multiforme. Als Grundlage für die erste WHO- Klassifikation diente 1957 jene des deutschen Neurologen und Neuropathologen Klaus Joachim Zülch. Diese wurde in Folge immer wieder überarbeitet und neu publiziert. Die aktuellste

Fassung stammt aus dem Jahr 2016 von Louis et al. und beinhaltet neben den

histopathologischen Merkmalen des Tumors und seinem WHO-Grad auch erstmalig molekulare Biomarker für die Diagnose [12]. Biomarker waren zwar bereits länger bekannt, jedoch wurden sie nur unterstützend verwendet, um Prognosen abzugeben. Die Basis war bis dahin jedoch das lichtmikroskopische Bild und die Färbung mit Hämatoxylin und Eosin [13].

4.3.2. WHO-Graduierung

Die WHO-Graduierung in die 4 Grade (beschriftet mit den römischen Zahlen von I bis IV), dient der Einteilung in verschiedene Malignitätsgrade. So gelten Grad I-Tumore als benigne und Grad II-Tumore als semimalignen. Ab einem WHO-Grad von III werden Hirntumore als maligne bezeichnet. Zur Graduierung werden histopathologische Charakteristika, wie beispielsweise das Vorliegen von Mitosefiguren oder Nekrosen verwendet [12]. Die Graduierung dient zudem einer ungefähren Prognoseabschätzung. Während Patienten mit einem Tumor vom Grad I ein

medianes postoperatives Überleben von 10 Jahren oder mehr haben, oder sogar eine Heilung nach alleiniger Tumorresektion erwarten können, liegt die mittlere Überlebenszeit bei WHO- Grad IV-Tumoren zwischen 6 und 24 Monaten [5].

Das Problem dieses Graduierungssystems ist einerseits, dass der WHO-Grad den natürlichen Verlauf des Tumors ohne Therapie widerspiegelt. Da aber heutzutage jeder Hirntumor mit der bestmöglichen Therapie behandelt wird, stimmen die WHO-Grade nicht immer mit der

(11)

tatsächlichen Prognose überein. Andererseits lassen sich die Tumor-Grade zwischen den verschiedenen Tumorentitäten nur mäßig gut vergleichen. Zudem gibt es nicht jeden Tumorgrad für alle Tumore. Während beispielsweise nur Oligodendrogliome Grad II und III existieren, haben Glioblastome ausschließlich den WHO-Grad IV [12].

4.3.3. WHO-Klassifikation der Tumore des zentralen Nervensystems (2016) Die WHO-Klassifikation der Tumore des zentralen Nervensystems aus dem Jahr 2016, stellt die derzeitige Einteilung der glialen und nicht glialen Hirn- und Rückenmarkstumore dar. Das Ziel dieser Erweiterung der vorangegangenen Version von 2007 lag in der Vereinfachung von klinischen, experimentellen und epidemiologischen Studien, die so insgesamt zu einer Verbesserung in den Leben der Patienten führen sollten [2].

Das generelle Prinzip der Tumoreinteilung nach Louis et al. ist die sogenannte „integrierte Diagnose“, welche sich aus mehreren Schichten, den sogenannten Layern zusammensetzt. Der

„Layer 1“ beschreibt das histologische Bild des Tumors und wird im „Layer 2“ durch den WHO- Grad ergänzt. Die beiden ersten Layer stellen somit die Tumordiagnose bis 2016 dar. Nun wird mit den molekularen Informationen der „Layer 3“ hinzugefügt um so gemeinsam den „Top Layer“

mit der integrierten Diagnose zu bilden. Eine solche kann zum Beispiel: Oligodendrogliom WHO- Grad II, IDH-mutiert und 1p19q-kodeletiert, lauten [12].

Vorteilhaft ist hier unter anderem die Tatsache, dass die Diagnose nun objektiver ist, da die Bestimmung molekularer Marker keiner Untersucherabhängigkeit unterliegt. Dies hat dazu geführt, dass uneindeutige Tumorentitäten wie zum Beispiel das Oligoastrozytom kaum noch diagnostiziert werden. Denn lässt sich das histopathologische Bild wie in diesem Fall nicht klar einem Astrozytom oder Oligodendrogliom zuordnen, gibt die Molekularbiologie im Regelfall darüber Aufschluss. Sind sich Histologie und Molekulargenetik gänzlich uneins, so ist der

Genetik Vorrang zu geben. Eine Diagnosestellung allein anhand des Genotyps wird allerdings in näherer Zukunft nicht erfolgen, da der Phänotyp nach wie vor den Grundstock des WHO-

Graduierungssystems darstellt [13].

Verfügt eine medizinische Einrichtung nicht über die notwendigen Möglichkeiten, die

molekularen Marker eines Tumors zu bestimmen, oder sind diese in den allerseltensten Fällen uneindeutig, wird der Diagnose als „Layer 3“ die Bezeichnung „NOS“ (not otherwise specified) angehängt [12].

Die wichtigsten Änderungen der ZNS-Tumorklassifikation von 2016, vor allem Gliome betreffend, sind:

• Erstellung eines Konzepts für die Strukturierung von ZNS-Neoplasien in Anbetracht des molekularen Zeitalters

• Großräumige Restrukturierung diffus wachsender Gliome unter Miteinbeziehung von genetisch definierten Entitäten

• Hinzufügen neu anerkannter Entitäten, Varianten und Muster

• Glioblastome IDH-mutiert und IDH-Wildtyp

• Diffuses Mittelliniengliom, H3. K27M-mutiert [2, 13]

Einen Überblick über astrozytäre, oligodendrogliale sowie ependymale Tumore gibt Tabelle 1

(12)

Tumor-Klassifikation WHO-Grad Diffuses Astrozytom, IDH-mut II

Diffuses Astrozytom, IDH-wt II

Diffuses Astrozytom, NOS II

Anaplastisches Astrozytom, IDH-mut III Anaplastisches Astrozytom, IDH-wt III Anaplastisches Astrozytom, NOS III Glioblastom, IDH-wt

-Riesenzelliges Glioblastom -Gliosarkom

-Epitheloides Glioblastom

IV

Glioblastom, IDH-mut IV

Glioblastom, NOS IV

Diffuses Mittelliniengliom, H3-K27M-mut IV Oligodendrogliom, IDH-mut, 1p19q-Ko-

Deletion

II

Oligodendrogliom, NOS II

Anaplastisches Oligodendrogliom, IDH-mut, 1p19q-Ko-Deletion

III

Anaplastisches Oligodendrogliom, NOS III

Oligoastrozytom, NOS II

Anaplastisches Oligoastrozytom, NOS III Pilozytisches Astrozytom

-pilomyxoides Astrozytom*

I

Subependymales Riesenzellastrozytom I Pleomorphes Xanthoastrozytom II Anaplastisches pleomorphes

Xanthoastrozytom

III

Subependymom I

Myxopapilläres Ependymom I

Ependymom II

Ependymom, RELA fusion-positiv II oder III

Anaplastisches Ependymom III

Tabelle 1: Astrozytäre, oligodendrogliale und ependymale Tumore laut WHO-Klassifikation 2016 [2, 13]

* kein zugeordneter WHO-Grad für diese Variante vorhanden

4.4. Molekulare Marker

Unter Biomarkern versteht man objektiv messbare biologische Charakteristika, die sowohl auf physiologische als auch krankhafte Prozesse im Körper hinweisen können. So handelt es sich

(13)

beispielsweise auch bei dem Nachweis von Nekrosen oder Gefäßproliferationen in Schnittpräparaten von Tumoren, um histopathologische Biomarker.

Auch Antikörper werden in der Neuropathologie häufig als Biomarker verwendet. Die Problematik bei der Verwendung solcher immun-histochemischer Marker besteht allerdings darin, dass hier kein eindeutiges Ergebnis im Sinne von positiv oder negativ zu erwarten ist, sondern diese in einer Abstufung vorliegen, deren Interpretation zwischen verschiedenen Untersuchern oft unterschiedlich sein kann. Jene Antikörper, bei denen eine klare Aussage bezüglich eines positiven oder negativen Resultats möglich ist, sind daher als Biomarker zu bevorzugen. Hierzu zählen unter anderem solche gegen IDH1-R132H, H3.3-K27M- oder BRAF- V600E-Proteine [12].

Zuletzt zeigen auch Biomarker auf DNA-Ebene zumeist sehr verlässliche Ergebnisse. Hier gilt es allerdings die Qualität des verwendeten Assays zu beachten [12].

Im Nachfolgenden werden die wichtigsten molekularen Marker, für die Diagnostik und Einteilung der Gliome, besprochen. Ebenso sind sie in Tabelle 2 kurz zusammengefasst [12]. Abbildung 1 gibt zusätzlich einen Überblick über die Klassifikation und Prognose der verschiedenen Gliome unter Berücksichtigung der molekularen Biomarker [2].

Abbildung 1: Prognoseabschätzung anhand der aktuellen WHO-Klassifikation mit Fokus auf molekulare Biomarker [2]

4.4.1. IDH1 und IDH2

Isozitrat-Dehydrogenase 1 und 2 sind beide Teil des Zitratzyklus und stellen somit Mitwirkende an der Energiegewinnung der Zelle dar. Eine Mutation dieser Enzyme führt zu Änderung ihres katalytischen Verhaltens. Die Folge daraus ist, dass vermehrt α-Ketoglutarat zu D-2-

Hydroxyglutarat überführt wird. Dieses konkurriert in den Tumorzellen dann mit dem dort nun in geringerer Anzahl vorhandenem α-Ketoglutarat. Die Bindungsstellen werden hier nun vermehrt von D-2-Hydroxyglutarat besetzt. Durch die Bindung dieses Onko-Metaboliten werden die von α- Ketoglutarat abhängigen Dioxygenasen inaktiviert. Zusätzlich kommt es zu einer ausgedehnten

(14)

Hypermethylierung der DNA und Histonen. Zusammenfassend führt eine IDH1- oder IDH2- Mutation zu erheblichen Veränderungen im Epigenom des Tumors [2].

In etwa 93% aller IDH-Mutation liegt eine R132H-Punktmuation vor. Das mutierte Protein lässt sich mittels spezifischem Antikörper eindeutig nachweisen. Zeigt die Immunhistochemie ein negatives Ergebnis, sollte zusätzlich eine genetische Testung erfolgen, da das Vorhandensein einer IDH- Mutation hinsichtlich der Tumor-Prognose einen deutlichen Unterschied macht. Eine solche Testung ist vor allem bei Patienten unter 55 Jahren sinnvoll, da Studien zeigen konnten, dass sich primär in dieser Gruppe atypische Mutationen finden [14, 15].

Aufgrund des Eingriffs in den Zitratzyklus der Tumorzellen, geht eine IDH-Mutation zumeist mit einer guten bis intermediären Prognose einher. Sie lässt sich primär bei Astrozytomen Grad II und III sowie Oligodendrogliomen Grad II und III finden. Bei Glioblastomen ist diese

Veränderung in weniger als 10% der Fälle nachweisbar. Sie findet sich vor allem bei jüngeren Patienten und weist zumeist auf ein sekundäres Glioblastom hin, welches aus einer benigneren Vorstufe hervorgegangen ist [2, 12]. Auch hier gilt, dass die IDH-Mutation eine günstigere Prognose verspricht. Andererseits zeigen Oligodendrogliome und Astrozytome ohne IDH- Mutation, auch wenn sie niedrigeren Grades sind, ein biologisches Verhalten und eine Aggressivität ähnlich einem Glioblastom WHO Grad IV und werden daher auch häufig als

„biologisches Glioblastom“ bezeichnet. IDH-Wildtyp-Gliome gehen daher zumeist mit einer schlechten Prognose einher. [2]

4.4.2. 1p19q-Ko-Deletion

Hieruntern versteht man den kompletten Verlust des p-Arms am Chromosom 1 und des q-Arms am Chromosoms 19 (siehe Abbildung 2). Diese Mutation wird häufig auch als 1p/19q-LOH („loss of heterozygosity“) bezeichnet. Zusätzlich liegt bei 60-100% der Oligodendrogliome eine Inaktivierende Mutation des CIC-Gens, welches gemeinsam mit anderen Proteinen gewisse Transkriptionsfaktoren unterdrückt. Das mutierte beziehungsweise fehlende CIC-Gen führt in weiterer Folge zu Effekten, die normalerweise die vorherige Aktivierung von Tyrosinkinase- Signalwegen benötigen würden [12].

Abbildung 2: Hypothese bezüglich Entstehung der 1p/19q-Kodeletion.Es entstehen 2 „derivative“ Chromosome (der(1;19)(p10;q10), von denen das Chromosom, welches den 1p- und den 19q-Arm beinhaltet, anschließend

verloren geht [16].

Die 1p19q-Ko-Deletion dient einerseits als diagnostischer Biomarker zum Nachweis

oligodendroglialer Tumore. Sie hat somit auch prognostische Bedeutung, da Oligodendrogliome

(15)

Grad II und III generell ein besseres Outcome haben als Astrozytome desselben jeweiligen Grads. Wichtig ist hierbei jedoch, dass eine vollständige Kodeletion gemeinsam mit einer IDH- Muation vorliegt. Handelt es sich nur um eine Teilmutation, entspricht die Prognose in etwa der eines IDH-Wildtyp Glioblastoms [2].

Aufgrund des ausschließlichen Vorliegens einer 1p19q-Ko-Deletion bei Oligodendrogliomen, ist es seit der WHO-Klassifikation von 2016 möglich bei unklaren histopathologischen Befunden, mittels Biomarkern eindeutig zwischen Astrozytom und Oligodendrogliom zu unterscheiden. Aus diesem Grund ist das Oligoastrozytoms als eigene Tumorentität fast gänzlich verschwunden.

Die Diagnose darf nur noch bei unklarer Histologie gestellt werden, wenn zusätzlich keine Möglichkeit für eine molekulare Testung besteht (Oligoastrozytom, NOS) [2, 13].

4.4.3. hTERT-Mutation

Eine Mutation am hTERT (Telomerase Reverse Transkriptase) -Promoter führt zu einer

gesteigerten Aktivität der Telomerase in den betroffenen Zellen. Dieses Enzym sorgt dafür, dass die Telomere an den Enden der Chromosome, die sich im Regelfall nach jeder Zellteilung verkürzen, wieder verlängert werden. Die Folge daraus ist eine nahezu unbegrenzte Teilungsmöglichkeit dieser Zellen [2, 12].

hTERT-Mutationen finden sich sehr häufig zum einen bei IDH-Wildtyp Glioblastomen und IDH- Wildtyp Astrozytomen (ca. 77% bzw. 62%) und sogar in 96% aller IDH-mutierten

Oligodendrogliomen. Während diese genetische Veränderung bei den beiden erstgenannten allerdings mit einer deutlich verringerten Überlebenszeit einhergehen, zeigen IDH-mutierte, 1p19q-kodeletierte Oligodendrogliome mit einer hTERT-Mutation („triple-positive“) ein besseres Outcome, als jene ohne diese zusätzliche Mutation [2].

4.4.4. ATRX-Mutation

Das ATRX (Alpha-Thalassemia and Mental Retardation X-Linked) -Protein bildet physiologisch gemeinsam mit zwei weiteren Proteinen einen Proteinkomplex um H3-Histone, welcher die Aufgabe hat die Telomere der DNA zu stabilisieren. Bei mutierten Proteinen disloziert der Komplex von der telomeren DNA. Dies hat schlussendlich deutlich längere fehlerhafte Telomere zur Folge [12].

Im Gegensatz zu den hTERT-Mutationen (s.o.) finden sich ATRX-Mutationen in erster Linie bei Astrozytomen und Glioblastomen die eine IDH-Mutation aufweisen. Nur etwa 4% der IDH- Wildtyp Glioblastome weisen eine solche genetische Veränderung auf. Allerdings scheint diese hier das Outcome zu verbessern, während sie bei den IDH-mutierten Gliomen keine Änderung der Prognose bewirkt [2].

Auch die ATRX-Mutation kann zur molekulardiagnostischen Unterscheidung zwischen Oligodendrogliomen und Astrozytomen herangezogen werden, da es ca. 98% aller Oligodendrogliome ATRX-Wildtyp sind [2, 12].

4.4.5. MGMT-Promotor-Methylierung

MGMT (O6-Methylguanin-DNA-Methyl-Transferase) ist eines von vielen DNA-Reparatur- Enzymen. Die Translation des Enzyms wird über den MGMT-Promotor gesteuert, dessen Aktivität davon abhängt, ob er methyliert ist oder nicht. Ein dauerhaft methylierter MGMT- Promoter führt daher dazu, dass das DNA-Reperatur-Enzym nicht gebildet wird [2].

(16)

Im Gegensatz zu den zuvor beschriebenen molekularen Markern, hat die MGMT-Promotor- Methylierung zwar keine diagnostische Bedeutung allerdings eine wichtige prognostische Bedeutung hinsichtlich des Ansprechens auf eine Chemotherapie. Temozolomid (TMZ), ein häufig verwendetes Chemotherapeutikum in der Gliomtherapie (s.u.), wirkt über eine DNA- Alkylierung, welche eine Replikationsstörung zur Folge hat und so zur Apoptose der

proliferierenden Tumorzelle führt. MGMT würde diese Alkylierung, als DNA-Reparatur-Enzym normalerweise rückgängig machen. Ist der MGMT-Promoter jedoch dauerhaft mehtyliert, wird das Enzym nicht gebildet und es kommt zum gewünschten chemotherapeutischen Effekt [2].

Glioblastom-Patienten weisen in 40-45% eine MGMT-Promotor-Methylierung auf. Diese bringt bei postoperativer Radio-Chemotherapie mit Temozolomid einen signifikanten Überlebensvorteil (OS 23,4 Monate bei MGMT+ vs. 12,6 Monate bei MGMT-) [2].

Molekularer

Marker Beschreibung Nachweismethode Tumorentitäten IDH-mut, IDH-

wt

Heterozygote Mutation der Isozitrat-Dehydrogenase 1 oder 2, die zu

Veränderungen des Epigenoms führt

Immunhistochemie (IDH1-R132H-Mutation), DNA-Sequenzierung

Astrozytome, Oligodendrogliome, Glioblastome

1p19q-Ko- Deletion

Verlust der Heterozygosität der Chromosomen 1p und 19q

Mikrosatelliten-PCR, FISH, MLPA

Oligodendrogliome

ATRX-Mutation Verlust der nuklearen ATRX-Expression mit Telomer-

Stabilisierung/Verlängerung Inaktivierende Mutation

Immunhistochemie, DNA-Sequenzierung

IDH- oder H3F3A- mutierte

Astrozytome

hTERT- Mutation

Gesteigerte Telomerase- Aktivität mit Telome-

Stabilisierung/Verlängerung Aktivierende Mutation

DNA-Sequenzierung IDH-wt Astroztome und Glioblastome IDH-mut und 1p19q-ko-deletierte Oligodendrogliome MGMT-Status Methylierung des MGMT-

Promotors

Methylierungsspezifische PCR, Bisulfit-DNA- Sequenzierung

Glioblastome IDH- wt

Histon H3F3A- K27M-

Mutationen

Epigenetische

Veränderungen durch Mutationen im Histon H3F3A-K27M

Immunhistochemie, DNA-Sequenzierung

Diffuse

Mittelliniengliome im Kindesalter

Histon H3F3A- G34-

Mutationen

Epigenetische

Veränderungen durch Mutationen im Histon H3F3A-G34

Immunhistochemie, DNA-Sequenzierung

Glioblastome (supratentoriell) im Adoleszenzalter

Tabelle 2: Wichtige Molekulare Biomarker bei Gliomen [2]

(FISH = Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung), (MLPA= multiplex ligation-dependent probe amplification)

(17)

4.5. Klinik der Hirntumore

Tumore des zentralen Nervensystems können sowohl mit herdspezifischen, fokalen als auch allgemeinen Symptomen einhergehen. Dabei gibt es wenige Unterschiede zwischen Gliomen, Meningeomen, Lymphomen oder auch Hirnmetastasen. Aus diesem Grund wird in folgendem nicht spezifisch auf gliale Tumore eingegangen, sondern es werden Hirntumore allgemein behandelt [5].

Oftmals äußern sich Tumore des ZNS primär durch psychische Veränderungen. So ist

beispielsweise der Antrieb vermindert und Erkrankte sind weniger spontan. Im weiteren Verlauf finden sich dann häufig Verhaltensänderungen, die mit dem vom Tumor betroffenen Hirnareal korrelieren. So kommt es bei Tumoren im Bereich des Frontallappens vermehrt zu

Antriebslosigkeit und Affektabflachung. Betroffene geben kaum noch spontane Äußerungen von sich und antworten nur mehr lakonisch. Auch haben sie kaum noch Interessen denen sie

nachgehen oder zeigen wenig Eigeninitiative. Im Gegensatz dazu, führen tumoröse Läsionen des Temporallappens eher zu Reizbarkeit. Diese Patienten sind oftmals verstimmt, ängstlich oder depressiv. Aus diesem Grund ist es nicht verwunderlich, dass hier nicht selten primär eine psychiatrische Vorstellung der Erkrankten erfolgt, bevor diese neurologisch abgeklärt werden [5, 17]

Ein sehr häufig beklagtes Symptom sind Kopfschmerzen. Diese treten bei ca. 48% der Patienten auf. Die Schmerzcharakteristik entspricht hierbei in den allermeisten Fällen denen eines

Spannungskopfschmerzes mit bifrontaler Lokalisation. Wobei allerdings ein stärkerer Schmerz ipsilateral zur Läsion beschrieben wird [18].

Da Kopfschmerzen in der Bevölkerung weit verbreitet sind, handelt es sich hier um ein sehr unspezifisches Symptom. Zumeist finden sich primäre Kopfschmerzen, ohne klar

auszumachende Ursache, die von den sogenannten sekundären Kopfschmerzen unterschieden werden. Je nach Untersuchung haben sekundäre Kopfschmerzen einen Anteil von etwa 12,9- 18%. Dabei liegt dem größten Teil ein Medikamenten-induzierter-Kopfschmerz zugrunde. Auf alle anderen Ursachen, wie beispielsweise einen möglichen intrazerebralen Tumor entfallen dabei ≤1,5%.

Aus diesem Grund ist es wichtig zu wissen, wann bei Patienten, die über Kopfschmerzen

klagen, eine weitere Abklärung erfolgen soll. Einen guten Ansatz hierfür bieten die sogenannten

„Red Flags“ die in der SNNOOP10-Liste von Do et al. behandelt werden [19]. Jene, die für die Differentialdiagnose Hirntumor relevant sind, sollen an dieser Stelle genannt werden:

• Neoplasien in der Vorgeschichte

• Neurologische Defizite

• Höheres Lebensalter

• Veränderung einer bekannten Kopfschmerzsymptomatik oder erstmals aufgetretener Kopfschmerz

• positionsabhängiger Kopfschmerz (stärker wenn vornübergebeugt)

• Kopfschmerz ausgelöst durch Niesen, Husten oder bsp. Valsalva-Manöver

• Stauungspapille

Die letztgenannten drei resultieren aus einem erhöhten intrakraniellen Druck, welcher sich nicht

(18)

können, sind Übelkeit, Erbrechen, Vigilanz-, und Antriebsminderung, sowie inadäquat auf Licht reagierende Pupillen. Während schnellwachsende, hochmaligne Tumore bereits sehr früh im Krankheitsverlauf zu einer Hirndruck-Symptomatik führen können, tritt sie bei Varianten mit einem niedrigeren WHO-Grad erst spät im Verlauf auf [5, 19]

Ein weiteres typisches Symptom intrakranieller Neoplasien sind epileptische Anfälle, welche in etwa einem Drittel aller Patienten auftreten. In 30-50% handelt es sich hierbei um das

Initialsymptom. Die Epilepsie-Wahrscheinlichkeit hängt dabei von der Tumorentität ab. Während beispielsweise das Risiko einen epileptischen Anfall zu erleiden bei einem Glioblastom bei etwa 30-50% liegt, tritt eine solche bei etwa 75% aller niedriggradigen Astrozytome auf. Auch das Vorliegen einer IDH-Mutation erhöht diese Wahrscheinlichkeit. Generell sind Hirntumore

ursächlich für etwa 4% aller Epilepsien. Verdächtig sind vor allem Anfälle, die erstmals zwischen dem 25. und dem 65. Lebensjahr auftreten [5, 20].

Die Anfallssymptomatik ist stark von der Tumorlokalisation abhängig. Liegt die Läsion im Frontalhirn, können fokal tonisch-klonische Anfälle nur einer Extremität auftreten, aber auch generalisierte Krampfanfälle mit Status epilepticus kommen vor. Motorische Jackson-Anfälle, bei denen ein fokales Geschehen mit Ausbreitung auf die Nachbarregion stattfindet, deuten auf einen Tumor im Bereich der Zentralregion hin. Sensible Jackson-Anfälle wiederum treten zumeist bei einem Parietallappen-Tumor auf. Häufig schwer zu erkennen sind temporale Epilepsien. Diese können sich mit einer epigastrischen oder gustatorisch-olfaktorischen Aura äußern, oder zu psychomotorischen Anfällen führen. Eine optische Aura ist das Hauptsymptom bei okzipitaler Tumor-Lokalisation [5, 20].

Je nach betroffener Region kommt es zudem zu verschiedenen neurologischen Ausfällen. So führen Frontallappen-Tumore neben den oben beschriebenen Wesensänderungen auch zu leichten kontralateralen Paresen oder einer frontalen Gangstörung. Der Gang ist hierbei zögerlich und sehr unsicher. Die Füße scheinen am Boden zu kleben. Liegt die Läsion fronto- basal, kann es zu Anosmie oder Visusverlust durch eine Atrophie des Nervus opticus kommen.

Typisch für eine parietale Lokalisation sind ein kontralateraler Neglect, eine senso(-motorische) Hemiparese sowie eine Hemianopsie oder untere Quadrantenanopsie. Ebenso treten, bei einem Betroffensein der dominanten Hemisphäre, zum Teil amnestische Aphasie, Dyslexie sowie eine Apraxie beider Hände auf, während die nicht dominante Hemisphäre eher Störungen der räumlichen Orientierung sowie eine konstruktive Apraxie verursacht [5].

Temporale Läsionen können zu homonymen oberen Quadrantenanopsien oder Hemianopsien führen. Bei dorsaler Lage, kann zudem eine armbetonte Hemiparese auftreten. Handelt es sich bei der betroffenen Seite um die dominante Hemisphäre kann zudem ebenfalls eine Wernicke oder amnestische Aphasie auftreten. Bei okzipitalen Sitz des Tumors kommt es vor allem zu homonymen hemianoptischen Gesichtsfelddefekten [5].

4.6. Diagnostik bei Hirntumoren

Die neuroradiologische Bildgebung stellt in der Diagnostik von intrakraniellen Prozessen das wichtigste Mittel dar. Eine endgültige Diagnose kann jedoch erst, durch eine neuropathologische Untersuchung der intraoperativ, oder durch eine Biopsie gewonnenen Histologie gestellt werden [5].

(19)

4.6.1. Computertomographie

Die CT-Untersuchung ist in Akutsituationen, aufgrund ihrer kurzen Untersuchungsdauer und der einfacheren Verfügbarkeit, oft die erste Wahl, wenn es um die Abklärung neu aufgetretener neurologischer Defizite geht. Um eine bessere Aussage hinsichtlich einer möglichen Neoplasie zu erhalten, sollte zusätzlich eine Kontrastmittelgabe erfolgen. Da diese Art von Untersuchung einer Kernspintomographie allerdings dennoch in ihrer Aussagekraft unterlegen ist, soll sie als weiterführende Diagnostik nur bei jenen Patienten angewandt werden, bei denen

Kontraindikationen für eine MRT bestehen [5, 12].

4.6.2. Magnet-Resonanz-Tomographie

Die MRT ist die Methode der Wahl, nicht nur für die Diagnostik, sondern auch für die Planung eines möglichen neurochirurgischen Eingriffs, die postoperative Kontrolle sowie für das weitere Therapiemonitoring. Sie erlaubt die Unterscheidung zwischen verschiedenen Gewebe- und Tumoreigenschaften. Dabei gilt, dass tumorinfiltriertes Gewebe einen höheren Wassergehalt, also eine höhere Dichte an Wasserstoff-Protonen aufweist und zudem eine längere T1- und T2- Relaxationszeit hat. Aus diesem Grund zeigt es sich in der T2- sowie in der

protonengewichteten Sequenz hyperintens, während sich Tumorgewebe in der T1-Wichtung hypointens darstellt. Wichtig ist dabei zu beachten, dass die Grenze zwischen gesundem und infiltriertem Gewebe oft nicht ganz klar ersichtlich ist. Vor allem niedriggradige Tumore, mit fehlendem oder nur gering ausgeprägtem Ödem, erschweren eine eindeutige Differenzierung.

Allerdings ist es sehr gut möglich die infiltrativ wachsenden Tumore, die zumeist zu einem Verschwimmen der Rinden-Mark-Grenze führen, von Hirnmetastasen zu unterscheiden [5, 12].

Weitere Erkenntnisse können durch den Einsatz von Kontrastmittel gewonnen werden. Reichert das Tumorgewebe das Gadolinium-haltige Mittel an, spricht dies für eine Störung der Blut-Hirn- Schranke. Dies ist ein häufiges, allerdings nicht eindeutiges, Zeichen von Malignität. Mittels SWI (Susceptability Weighted Imaging)-Sequenz, lassen sich Tumorgefäß-assoziierte

Mikroblutungen detektieren, welche typisch für Glioblastome sind [12].

Perfusionsgewichtete MRT-Sequenzen (PWI) können die Aussagekraft zusätzlich erhöhen.

Tumore weisen einerseits zumeist eine veränderte Durchblutung (Perfusion) und andererseits eine andere Permeabilität, durch die gestörte Blut-Hirn-Schranke, auf. Die DSC-Perfsuion (Dynamic Susceptability Contrast) wird sowohl zum semiquantitativen Tumorgrading als auch zum Therapiemonitoring von Glioblastomen verwendet werden [12].

Abbildung 3: MRT Glioblastom WHO Grad IV (d) KM-Anreicherung in den soliden Tumoranteilen als Zeichen für Gefäßneubildung [12]

Abbildung 4: Oligodendrogliom WHO Grad II im 18F-FET-PET (b) [12]

(20)

4.6.3. Positronen-Emissions-Tomographie (PET)

Eine PET-Untersuchung kann zum einen als Ergänzung bei alleiniger CT-Diagnostik

durchgeführt werden, wenn bei dem Patienten Kontraindikationen für eine MRT-Untersuchung bestehen [12].

Für die PET stehen mehrere verschiedene radiopharmazeutische Tracer zur Verfügung. 18F- Fluodeoxyglucose (18F-FDG) ist dabei jener, der im Allgemeinen am häufigsten verwendet wird.

Er dient als Indikator für Aufnahme und Metabolisierung von Glukose. In der

Hirntumordiagnostik kann er dazu verwendet werden „low grade“ von „high grade“ Tumoren zu unterscheiden, da höhergradige Neoplasien für gewöhnlich einen erhöhten Glukoseverbrauch und somit eine verstärkte Tracer-Anreicherung aufweisen. Ebenso kann so die Stelle lokalisiert werden, an der die höchste Speicherung erfolgt und welche somit am besten für eine Biopsie geeignet wäre. Problematisch bei der Verwendung dieses Tracers ist allerdings die Tatsache, dass auch Entzündungen zu einer vermehrten Anreicherung führen können. Ein weiteres Problem ist der physiologisch hohe Glukose-Metabolismus des Hirngewebes. Eine klare Unterscheidung zwischen gesundem und krankem Gewebe kann nicht getroffen werden, weswegen 18F-FDG nicht als Tracer zur Planung der Resektion oder einer Bestrahlung angewandt wird.

Geeigneter hierfür sind Aminosäure-Tracer wie beispielsweise 18F-Fluoro-Ethyl-Tyrosin (18F- FET) oder 11C-Methionin (11C-MET). Die physiologische Anreicherung ist nur gering und kanzerös verändertes Gewebe lässt sich gut abgrenzen. Zudem führen Entzündungsreaktionen auch nicht zu einer Mehrspeicherung. Auch eine Einschätzung des Tumorgrades kann mittels Aminosäure-Tracern getätigt werden [12, 21]

4.6.4. Histopathologie und Molekularbiologie

Die endgültige Diagnose wird durch die Neuropathologie gestellt, die die resezierte, oder mittels Biopsie gewonnene Gewebeprobe untersucht. Diese ist entscheidend für die weitere

Therapieplanung und Prognose. Abschließend muss, um eine integrierte Diagnose

entsprechend der aktuellen WHO-Klassifikation stellen zu können, eine Untersuchung der molekularen Biomarker (s.o.) durchgeführt werden. Ist dies an dem respektiven Institut nicht möglich erfolgt die Diagnose nur durch die Pathologie mit dem Zusatz: NOS (not otherwise specified) [2, 5].

4.7. Tumorentitäten

Im nachfolgenden wird auf die häufigsten und somit wichtigsten Gliome, gemäß der derzeitigen WHO-Klassifikation eingegangen.

4.7.1. Diffuses Astrozytom WHO Grad II, IDH-mut

Sie treten für gewöhnlich im frühen bis mittleren Erwachsenenalter auf und sind zumeist in den Großhirnhemisphären (primär frontal aber auch parietal oder temporal) angesiedelt.

Gelegentlich treten sie auch im Thalamus, dem Mittelhirn oder der Brücke auf. Sie wachsen langsam, jedoch kontinuierlich infiltrierend, teilweise bis hin zu den Basalganglien. Aufgrund des langsamen Wachstums kommt es nur selten zu einer raumfordernden Wirkung und somit kaum zur Symptomatik eines erhöhten Hirndrucks. Epileptische Anfälle oder neuropsychische

Veränderungen sind oft das erste Symptom [5, 17].

(21)

Aufgrund des langsam infiltrativen Wachstums und des zumeist fehlenden perifokalen Ödems, findet man in der neuroradiologischen Bildgebung kaum Kontrastmittel-Anreicherungen. Der Tumor stellt sich in den T1-gewichteten Sequenzen leicht hypointens und in den T2-gewichteten Sequenzen deutlich hyperintens und homogen dar [5].

Das therapeutische Vorgehen schließt nach der Tumorresektion zumeist eine weitere Behandlung mittels Radio-(Chemo-)Therapie ein (s.u.) [2].

4.7.2. Anaplastisches Astrozytom WHO Grad III, IDH-mut

Aufgrund des infiltrativen, raschen Wachstums, gelten anaplastische Astrozytome bereits als eindeutig maligne. Sie unterscheiden sich in ihrer Lokalisation kaum von den Grad II

Astrozytomen, treten aber tendenziell etwas später im Leben auf. Dies hängt auch damit zusammen, dass diffuse Astrozytome, nach erfolgter Behandlung, zum Teil als anaplastische Astrozytome wiederkehren können. Zudem ist ein multilokuläres Auftreten möglich [5, 17].

Das schnellere Wachstum führt häufig zu einem Begleitödem mit konsekutiv erhöhtem intrakraniellem Druck und der damit verbundenen Symptomatik (s.o.). Aufgrund des

Gefäßreichtums dieser Tumore kommt es häufig zu Einblutungen. Diese sind, ebenso wie das Ödem und die nicht selten auftretenden zystischen Anteile, in der Bildgebung zu erkennen. In der MRT verhält es sich ansonsten ebenso wie das diffuse Astrozytom, mit dem Unterschied, dass eine Kontrastmittel-Aufnahme für diesen aggressiveren Tumor typisch ist [5, 17].

Hier muss im Gegensatz zu den Grad II Astrozytomen nach erfolgter Resektion immer eine weitere Therapie erfolgen (s.u.)[2, 17].

4.7.3. Glioblastom WHO Grad IV, IDH-mut/ IDH-wt

Glioblastome machen 25% aller hirneigenen Tumore aus und stellen die häufigsten Gliome dar [5]. Der Altersgipfel liegt zwischen 55 und 65 Jahren. Zumeist wachsen sie subkortikal,

infiltrierend in den Großhirnhemisphären. Gelegentlich ist auch eine Beteiligung der Rinde möglich. Während der Tumor zumeist in einem der Hirnlappen angesiedelt ist, ist auch ein Wachstum im Bereich des Balkens, des Fornix, des Thalamus und in seltenen Fällen des Hirnstamms möglich [5, 17].

Glioblastome wachsen sehr rasch und führen zu einem ausgeprägten Ödem. Gelegentlich kommt es auch zum Anschwellen einer ganzen Hemisphäre. Aus diesem Grund sind starke, neuartige Kopfschmerzen sowie andere Anzeichen eines erhöhten Hirndrucks oft das erste Symptom [5].

Typisch sind pathologische, elongierte und funktionseingeschränkte Gefäße sowie arterio- venöse Fisteln. Somit kommt es zwar zu einem Gefäßreichtum allerdings auch zu

Perfusionsstörungen. Die Folge daraus sind häufige Blutungen, Thrombosen und Nekrosen, welche das typisch inhomogene Bild der Glioblastome ergeben. In der MRT ist das Bild typisch im Sinne von Kontrastmittel-anreichernden Randzonen (Girlandenformation), den nekrotischen, eingebluteten und zystischen Anteilen sowie dem großflächigen, fingerförmigen, umgebenden Ödem [5, 12].

Trotz entsprechender Therapie (s.u.) ist die Prognose schlecht [5].

(22)

4.7.4. Diffuse und anplastische Oligodendrogliome WHO Grad II/ III, IDH-mut und 1p19q kodeletiert

Der größte Teil der oligodendroglialen Tumore wächst supratentoriell und zu etwa 50% im Frontallappen, in 20% auch bifrontal. Ebenso ist eine Infiltration des Marklagers, der

Basalganglien sowie des Corpus Callosum möglich. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei ca.

40 Jahren. Aufgrund des langsam infiltrierenden Wachstums kommt es klinisch zumeist zu epileptischen Anfällen und nur selten zu Hirndrucksymptomatik [5].

Oligodendrogliome weisen in bis zu 90% Verkalkungen innerhalb des Tumors auf, weswegen sie auch in der CT besser erkennbar sind als astrozytäre Tumore. In der MRT stellen sie sich in der T1-Wichtung iso- bis hypointens dar und in der T2-Wichtung hyperintens. Das Bild ist uneinheitlich mit zystischen, soliden und verkalkten Arealen. Eine Kontrastmittel-Anreicherung findet sich selten und deutet dann zumeist auf eine höhere Malignität hin [5, 17].

Aufgrund ihrer Strahlen- und Chemosensitivität sprechen Oligodendrogliome besser auf die postoperative Therapie an als Astrozytome und gehen generell mit einer besseren Prognose einher [17].

Laut der aktuellen WHO-Klassifikation ist für die Diagnose eines Oligodendroglioms der Nachweis einer 1p19q Kodeletion notwendig. Aus diesem Grund werden die nicht eindeutig definierten Oligoastrozytome nur noch in Ausnahmefällen beschrieben (s.o.) [13].

4.7.5. Diffuse und anaplastische Astrozytome WHO Grad II/III IDH-wt

Astrozytome mit fehlender IDH-Mutation sind selten, daher sollte gerade bei jungen Patienten eine genaue Analyse erfolgen (s.o.). Da IDH-Wildtyp Astrozytome sowohl in ihrer Genetik als auch in ihrem biologischen Verhalten einem Glioblastom WHO Grad IV zu einem großen Teil gleichen, sollen sie wie solche behandelt und therapiert werden (s.u.). Ihre Prognose ist ebenso schlecht [2, 13].

4.8. Therapiemöglichkeiten bei Gliomen

4.8.1. Allgemeine Therapiemöglichkeiten

Der erste Schritt der Therapie liegt bei jedem Gliom in der maximalen operativen Entfernung des Tumorgewebes. Die Resektion soll so großzügig durchgeführt werden, wie es die Lokalisation des Tumors, sowie der klinische Allgemeinzustand des Patienten es erlauben. Der limitierende Faktor hierbei ist primär ein potenzielles neurologisches Defizit durch einen chirurgischen Eingriff im Bereich eloquenter Areale; vor allem bei Operationen in der dominanten Hemisphäre [5].

Um eine größtmögliche Sicherheit bei gleichzeitiger größtmöglicher Tumorrektion zu

gewährleisten, können bei den mikrochirurgisch durchgeführten Eingriffen zusätzliche Hilfsmittel zum Einsatz kommen. Hierzu zählen präoperativ angefertigte funktionelle MRT-Bilder,

intraoperative MRT, intraoperatives funktionelles Monitoring oder ein besseres Sichtbarmachen des kanzerös veränderten Gewebes mittels präoperativer Verabreichung von 5-ALA (5-

Aminolevulansäure). Eine postoperative, bildgebende Kontrolle des Resektionsausmaßes mittels MRT, oder gegebenenfalls Computertomographie, sollte erstere kontraindiziert sein, erfolgt im Regelfall nach 24-72 Stunden [22].

(23)

Kann keine vollständige Resektion des Tumors durchgeführt werden, so ist dennoch die maximal mögliche Entfernung indiziert. Oftmals ist eine solche „Massenreduktion“ auch bei Patienten und Patientinnen mit klinischen Beschwerden eines erhöhten intrakraniellen Drucks sinnvoll. In jenen Fällen, bei denen weder eine maximale Tumorentfernung noch eine

Teilresektion durchführbar oder sinnvoll sind, sollte eine stereotaktische Biopsie des Tumorgewebes erfolgen. Dies geschieht zur histologischen und molekularbiologischen Diagnostik des Tumors und somit zur weiteren Therapieplanung [5].

Selbst eine vollständige Entfernung des Tumors ist in den meisten Fällen nur bei Gliomen mit dem WHO Grad I kurativ [12]. Alle anderen benötigen entweder direkt im Anschluss an die Operation, oder im späteren Therapieverlauf, eine weitere Behandlung. Hierbei handelt es sich zumeist um eine kombinierte Radio- Chemotherapie oder gegebenenfalls nur um eines der beiden Verfahren [2, 5].

Die Radiotherapie dient dem Funktionserhalt und erhöht das Überleben [22]. Wie auch bei der Tumorresektion wird die Art der Bestrahlung, die Dosierung und der Verabreichungszeitraum individuell festgelegt. Die bestimmenden Faktoren hierbei sind die genaue, histologisch gesicherte Diagnose, das Ausmaß der vorangegangenen Resektion sowie das Alter und der Karnofsky Performance Status (KPS). In den meisten Fällen erfolgt eine externe (perkutane) Bestrahlung mit einer Gesamtdosis von 50-60 Gy in 1,8-2 Gy-Fraktionen. Bei älteren Patienten und schlechterer Prognose kann auch eine Hypofraktionierung sinnvoll sein. [5, 22].

In Einzelfällen kann die Behandlung auch als stereotaktische Einzelbestrahlung oder mittels Implantation radioaktiver „Seeds“ erfolgen. Diese Verfahren kommen primär bei Kindern zum Einsatz oder auch bei Erwachsenen die an Klaustrophobie leiden oder aus anderen Gründen die, für die Bestrahlung notwendige, Maske nicht tolerieren [5].

Die Planung der Radiotherapie erfolgt dreidimensional unter Verwendung von Bilddateien aus MRT sowie PET. Durch die modernen Planungs- und Bestrahlungsverfahren entsteht ein optimaler Schutz vor Strahlenschäden der benachbarten und gerade im Gehirn oftmals sehr empfindlichen Risikostrukturen [5].

Eine Chemotherapie ist in den meisten Fällen „Standard of Care“ [22]. Sie kann postoperativ vor Beginn der Radiotherapie, gemeinsam als Radio- Chemotherapie oder auch zur Rezidiv-

Therapie eingesetzt werden. Ihre Wirksamkeit ist limitiert durch die Menge an

Chemotherapeutikum das tatsächlich den Tumor erreicht und die Empfindlichkeit des Tumors gegenüber dem verwendeten Medikament. Der erste Faktor wird bestimmt durch die

Ausprägung der Blut-Hirn-Schranken-Störung im Bereich des Tumors und der allgemeinen Liquorgängigkeit des verabreichten Stoffes [5]. Die Chemosensitivität unterscheidet sich zwischen den Einzelnen Tumorentitäten stark. Generell sprechen Oligodendrogliome um ein Vielfaches besser auf eine Chemotherapie an als astrozytäre Tumore [17].

Vor allem die häufig angewandte, intravenöse PCV-Therapie (Procarbazin, CCNU [Lomustin]

und Vincristin), zeigt bei Astrozytomen weniger Wirksamkeit. In vielen, vor allem

deutschsprachigen, neuroonkologischen Zentren wird beim PCV-Schema auf die Gabe von Vincristin zunehmend verzichtet. Zum einen ist der Stoff nur schlecht liquorgängig. Zum anderen ist seine Wirksamkeit bei Gliomen nicht gesichert und es kommt häufig zu (neurotoxischen) Nebenwirkungen, die mit einer Reduktion der Lebensqualität einhergehen (PC[V]-Schema) [2].

(24)

Neben PC(V) ist Temezolomid (TMZ) das am häufigsten verwendete Chemotherapeutikum in der Neuroonkologie. Hierbei handelt es sich um ein DNA-Alkylans, welches die Blut-Hirn- Schranke gut durchdringen kann. Die Verabreichung erfolgt oral und das

Nebenwirkungsspektrum ist vergleichsweise günstig, wobei Myelosuppression und

Thrombozytopenie, die beiden häufigsten, dosislimitierenden Nebenwirkungen sind. Wird eine Chemotherapie verabreicht, so ist es wichtig regelmäßig Blutbild, Leber- und

Nierenfunktionsparameter zu kontrollieren. Ebenso ist eine Behandlung bei schwerwiegenden Erkrankungen des kardiovaskulären Systems oder der Lunge kontraindiziert [22].

Neben der Therapie der onkologischen Grunderkrankung selbst, erfolgt auch eine Behandlung der damit einhergehenden Symptome. In erster Linie ist ein erhöhter intrakranieller Druck und die damit verbundenen klinische Symptomatik ein häufiges Problem. Mittel der Wahl sind hier Corticosteroide. Initial erfolgt eine hochdosierte intravenöse Therapie mit 20-100mg. Diese wird dann auf eine orale Therapie mit 6-8mg reduziert und langsam ausgeschlichen [5]. Bei der Verabreichung ist die lange Halbwertszeit von Dexamethason, welches zumeist eingesetzt wird, zu beachten, welche bei bis zu 36 Stunden liegt [23]. Bei der Therapie mit Corticosteroiden gilt der Grundsatz „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“. Je länger die Therapie andauert, desto schwerwiegender sind die Folgen auf Knochen, Gewebe, Hormonhaushalt und Immunsystem [5]. Sind epileptische Anfälle das primäre Symptom, ist eine antiepileptische Therapie unbedingt erforderlich [17].

Bei ausgeschöpften kausalen Therapiemöglichkeiten, steht die Symptomkontrolle mittels Antikonvulsiva, Analgetika (zumeist Opiate), Antiemetika und die Behandlung eines möglichen Hirnödems im Vordergrund [17].

4.8.2. Spezielle Therapieempfehlungen

Die individuellen Behandlungsempfehlungen richten sich zum einen nach der Tumorentität und zum anderen nach den, den Patienten betreffenden Prognosefaktoren. So lässt sich jeder Tumor nochmals zusätzlich in „low risk“ und „high risk“ einteilen. Patienten gelten als „high risk“, sobald einer von 3 Faktoren zutrifft. Dies sind ein Alter von mindestens 40 Jahren, eine

inkomplette Tumorresektion und eine mit Medikamenten schwer behandelbare Epilepsie beziehungsweise neurologische Symptome aufgrund des Tumors (inkludiert ist auch die Neurokognition) [2].

Bei „low risk“ Patienten und Patientinnen mit einem Gliom WHO Grad II und vorhandener IDH- Mutation kann generell, nach der Operation, eine „Wait-and-see“-Strategie erfolgen. Hierzu wird eine MRT des Gehirns in Intervallen von 3-6 Monaten empfohlen.

In allen anderen Fällen gilt es ehest möglich eine Folgetherapie zu beginnen [2].

4.8.2.1. Diffuses Astrozytom WHO Grad II IDH-mut

Nach maximal möglicher Resektion gilt hier, dass „low risk“ Patienten vorerst keine weitere Therapie benötigen, sondern eine Zeit lang regelmäßig nachkontrolliert werden können (s.o.).

Liegt einer der Faktoren vor, die den Patienten als „high risk“ einstufen, so empfehlen die aktuellen Leitlinien eine kombinierte Radio-Chemotherapie gefolgt von einer adjuvanten Chemotherapie mit Temezolomid [2, 22].

(25)

4.8.2.2. Anaplastisches Astrozytom WHO Grad III IDH-mut Bei anaplastischen Astrozytomen wird immer eine weitere Therapie, nach zuvor erfolgter maximaler Resektion, empfohlen. Zum „Standard of care“ gehört in erster Linie eine

Radiotherapie mit einer Gesamtdosis von 60 Gy fraktioniert in jeweils 1,8-2 Gy. Eine Studie konnte in einer Zwischenanalyse zeigen, dass 12 Zyklen TZM-Therapie adjuvant einen Vorteil im „overall survival“ (OS) bieten. Eine Aussage zu der Wirksamkeit einer konkomitanten TMZ- Gabe konnte bis zuletzt noch nicht getroffen werden [22].

4.8.2.3. Diffuses Oligodendrogliom WHO Grad II IDH-mut 1p/19q- kodeletiert

Analog zu den IDH-mutierten WHO Grad II Astrozytomen, können „low risk“ Patienten nach der Resektion vorerst mittels „Wait-and-see“-Strategie nachbeobachtet werden. Bei hohem Risiko empfiehlt sich wiederum eine kombinierte Radio-Chemotherapie. Hierbei erfolgt die Bestrahlung mit einer Gesamtdosis von 59,4 Gy aufgeteilt in 33x 1,8 Gy Fraktionen. Diese wird ergänzt durch 6 Zyklen adjuvanter Chemotherapie mit PC(V) [2, 22].

4.8.2.4. Anaplastisches Oligodendrogliom WHO Grad III IDH-mut 1p/19q-kodeletiert

Die Therapie des anaplastischen Oligodendroglioms gleicht der des diffusen Oligodendroglioms, mit der Ausnahme, dass ein anaplastisches Gliom WHO Grad III immer postoperativ

nachbehandelt werden muss [2].

4.8.2.5. Glioblastom WHO Grad IV IDH-wt/ IDH-mut

Die Therapieempfehlung für Glioblastome ist seit 2005 unverändert. Wieder gilt, dass der erste Behandlungsschritt in der maximal möglichen Tumorresektion liegt. Im Anschluss erfolgt eine Radiotherapie mit einer Gesamtdosis von 60 Gy in 30 mal 2 Gy Fraktionen. Eine Chemotherapie mit TZM wird zudem konkomitant für 6 Wochen gegeben und im Anschluss, nach einer 4-

wöchigen Pause, erneut 6 Zyklen adjuvante TZM-Therapie. Durch die kombinierte Radio- Chemotherapie erhöht sich das mediane Überleben (im Vergleich zu einer alleinigen Bestrahlung) von 12,1 auf 14,6 Monate. Die OS-Raten (Overall Survival) liegen, laut

Studienlage, nach 2 Jahren bei 27,2% im Vergleich zu 10,9% und nach 5 Jahren bei 9,8% im Vergleich zu 1,9%.

Die MGMT-Promoter-Methylierung gilt hierbei als der stärkste Prädiktor für das Ansprechen auf die Behandlung mit Temezolomid (s.o.). Bei Vorhandensein dieser Mutation, ergab eine Studie, eine beinahe Verdopplung des medianen Überlebens von 12,6 auf 23,4 Monate bei kombinierter Radio-Chemotherapie [2].

Es ist möglich, zusätzlich zum Standard-Therapie-Protokoll, eine lokale Behandlung mit alternierenden, elektromagnetischen Wechselfeldern durchzuführen, sogenannten Tumor- treating fields (TTFields). Eine Studie zeigte bei zusätzlicher Anwendung der TTFields zur TMZ- Erhaltungstherapie einen Überlebensvorteil bei Glioblastom-Patienten und Patientinnen

(Medianes Überleben 20,5 gegenüber 15,6 Monaten und OS-Rate nach 2 Jahren von 43%

gegenüber 29%). Aufgrund mehrerer Faktoren wird diese Studie jedoch kritisch betrachtet und es gibt keine generelle Behandlungsempfehlung für die TTFields [2].

Da sowohl die Bestrahlung als auch die Chemotherapie eine Vielzahl negativer Effekte auf den menschlichen Körper haben, gilt es bei der Therapieplanung die individuellen Prognosefaktoren

(26)

Bezüglich der Therapie von Glioblastomen gilt das zuvor genannte Therapieschema für alle Personen unter 65 Jahren mit einem KPS von über 60%. Beim Alter muss allerdings wiederum sowohl das chronologische als auch das „biologische Alter“ in Betracht gezogen werden. Somit fallen auch Patienten bis 70 mit „gutem biologischem Alter“ in diese Kategorie. Für jene

zwischen 65 und 70 mit „schlechtem biologischem Alter“ sowie jene über 70 deren „biologisches Alter“ als „gut“ eingestuft wird, liegt die Empfehlung ebenfalls bei einer kombinierten Radio- Chemotherapie. Die Gesamtstrahlendosis liegt hier allerdings nur bei 40 Gy und wird hypofraktioniert in jeweils 2,67 Gy über 3 Wochen verabreicht. Patienten über 70, deren

„biologisches“ Alter als „schlecht“ eingestuft wird sollen entsprechend ihres MGMT-Status eingeteilt werden. Bei jenen, die die Mutation aufweisen, sollen eine alleinige TMZ-Therapie erhalten, während bei Fehlen dieser, die alleinige Radiotherapie mit entweder 60 Gy

Gesamtdosis über 6 Wochen oder 40 Gy Gesamtdosis über 3 Wochen empfohlen ist [2].

Astrozytome WHO Grad II und III ohne IDH-Mutationen haben hinsichtlich ihrer Aggressivität mehr Ähnlichkeiten mit einem Glioblastom WHO Grad IV, als mit „low grade“ Gliomen. Aus diesem Grund erfolgt ihre Behandlung auch entsprechend der eines Glioblastoms [2].

4.8.3. Monitoring und Follow-up

Nach Beenden der Therapie soll eine regelmäßige Kontrolle mittels cerebraler MRT und

neurologischer Untersuchung erfolgen. Initial empfehlen sich hier Intervalle von 3 Monaten. Bei

„stable disease“ können diese Intervalle verlängert werden. Umgekehrt sind bei klinischer Verschlechterung sowie den Verdacht auf einen Progress oder ein Tumorrezidiv kürzere Abstände zu empfehlen [2]

4.8.4. Rezidiv-Therapie

Bei Rezidiven oder Tumorprogress gibt es keine Therapiestandards. Die Behandlungsstrategie richtet sich in erster Linie nach der vorangegangen Tumortherapie und den individuellen Prognosefaktoren. Generell ist eine zweite Resektion, eine Re-Bestrahlung, eine neuerliche Chemotherapie oder eine zielgerichtete Therapie möglich. Zu letzterem zählt beispielsweise Bevacizumab, ein Antikörper gegen den vascular endothelial growth factor (VEGF), der allerdings nicht für die initiale Glioblastom-Therapie geeignet ist [2, 24].

(27)

5. Schlafstörungen

5.1. Grundlagen und Polysomnographie

Schlaf beschreibt einen Zustand verminderter motorischer Aktivität und Reaktivität. Die

Unterscheidung zu ähnlichen Zuständen wie Koma oder Narkose, liegt in der schnell möglichen Rückkehr in den Wachzustand und der Selbstregulation des Schlafs. Obwohl der Mensch beinahe ein Drittel seines Lebens schlafend verbringt, und wir wissen, dass Schlafdeprivation schwerwiegende körperliche und psychische Konsequenzen nach sich zieht, ist die Ursache für dieses biologische Phänomen nach wie vor nur unzureichend geklärt. [25]

Anhand der, durch die Polysomnographie (PSG) aufgezeichneten Parameter, lassen sich verschiedene Schlafstadien unterschieden. Grob wird zum einen der REM-Schlaf (Rapid Eye Movement) vom Non-REM-Schlaf abgegrenzt. Ersterer wurde erstmals 1953 beschrieben und ist zum einen durch die namensgebenden schnellen Augenbewegungen gekennzeichnet, welche sich in der EOG (Elektrookulographie) zeigen. Zudem findet sich in der EEG

(Elektroenzephalographie) ein gemischt frequentes Bild mit Theta-Wellen, Alpha-Wellen und typischen Sägezahnwellen. Zudem zeigt die EMG (Elektromyographie) einen Tonusverlust der Muskulatur, in der sich jedoch immer wieder kurze Aktivitätszeichen im Sinne eines „Zuckens“

der Gliedmaßen finden. Der REM-Schlaf wird umgangssprachlich auch häufig als „Traumschlaf“

bezeichnet. Das liegt daran, dass sich Menschen, die in dieser Phase des Schlafs geweckt werden, am häufigsten und intensivsten an Trauminhalte erinnern. Zudem sind sie in dieser Schlafphase am leichtesten zu wecken [26].

Der Non-REM-Schlaf selbst wird nochmals in drei Stadien (N1-N3) untergliedert. Diese

entsprechen dem leichten Schlaf nach dem Einschlafen (N1), welcher schließlich zum Tiefschlaf (N3) wird. Im EEG zeigt sich zunächst der Verlust der Alpha-Wellen, welche typisch sind für den Wachzustand, und das Entstehen des sogenannten Theta-Musters. Im Stadium N2 folgen das Auftreten von Spindeln und K-Komplexen, während sich die Tiefschlafphase durch langsame Wellen (Delta-Wellen) mit hoher Amplitude auszeichnet [26].

Das Durchlaufen der verschiedenen Schlafstadien von der Wachphase über die drei NREM- Stadien bis hin zum REM-Schlaf wird als Schlafzyklus bezeichnet. Wie oft der Schlafzyklus pro Nacht durchlaufen wird, ist neben der Dauer des Schlafs auch von der schlafenden Person abhängig. Durchschnittlich erfolgt dies 4- bis 7-Mal pro Nacht. Auch der Prozentanteil, den die einzelnen Phasen innerhalb eines Schlafzyklus einnehmen ist altersabhängig und variiert interindividuell. Bei Erwachsenen Menschen nimmt der REM-Schlaf 20-25% der Schlafzeit ein, der Tiefschlaf zwischen 15 und 25%. Das Stadium N3 ist zu Beginn des Schlafens tendenziell länger, während die REM-Schlaf-Phase mit jedem Schlafzyklus etwas länger wird. Aus diesem Grund finden sich REM-Schlaf-Störungen häufiger in der zweiten Hälfte der Nacht. [25, 26]

(28)

Abbildung 5: Schlafstadien nach elektrophysiologischen Kriterien.

Der rote Kasten links oben zeigt die typischen Alpha-Wellen im EEG des Wachstadiums. Rechts oben ist das N2- Stadium mit K-Komplexen (roter Pfeil) und Spindeln (roter Kasten), im EEG, dargestellt. Der roten Kasten rechts unten zeigt die namensgebenden schnellen Augenbewegungen des REM-Schlafs, während der dortige rote Pfeil auf

ein Muskelzucken der Beinmuskulatur deutet [26].

5.2. Einteilung der Schlafstörungen

Ein gestörter Schlaf ist ein häufiges Problem mit einer Prävalenz von bis zu 28% in

Industriestaaten [27]. Die Charakterisierung, Definition und Unterscheidung von Schlafstörungen erfolgt zum einen durch die subjektive Beschreibung der Symptomatik durch den Patienten. Zum anderen geschieht sie durch objektive Messungen verschiedener Biosignale während der

Schlaf- und der Wachphase, allen voran die Polysomnographie (s.o.)

Schlafstörungen können einerseits, ebenso wie alle anderen Erkrankungen mittels der ICD-10 (International Classification of Diseases) klassifiziert werden. Zusätzlich ist allerdings auch eine Einteilung anhand der International Classification of Sleep Disorders (ICSD) möglich. Die aktuell dritte Fassung dieser Liste stammt aus dem Jahr 2014 und ist somit der ICD-10 welche inhaltlich dem wissenschaftlichen Stand der 1990er Jahre entspricht überlegen, was die Aktualität von Fakten betrifft. Vor allem, da in der Schlafmedizin in den letzten 3 Jahrzehnten viele Fortschritte gemacht werden konnten. In der ICSD-3 werden sieben Kategorien von Schlafstörungen

voneinander unterschieden [25, 26].

1. Insomnien

2. Schlafbezogene Atemstörungen

3. Hypersomnien zentralnervösen Ursprungs 4. Zirkadiane Rhythmusschlafwachstörungen 5. Parasomnien

6. Schlafbezogene Bewegungsstörungen

Referenzen

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