Versuch Reales Gas
Beschafft aus Studiengeb¨uhren
Vorbereitung: Thermodynamische Zustandsgr¨oßen, einfache Vorstellun- gen der kinetischen Gastheorie, reales Gas, Phasendiagramm, Dampfdruck- kurve, Clausius-Clapeyron-Gleichung, Gasverfl¨ussigung, Van-der-Waals-Kr¨afte.
1 Die Van-Der-Waals-Gleichung
F¨ur ein reales Gas l¨asst sich der Zusammenhang der drei Zustandsgr¨oßen p, T und V gut durch die Van-der-Waals-Gleichung beschreiben:
Ã
p+an2 V2
!
(V −nb) =nRT mit
p messbarer Aussendruck, V Volumen,
R allgemeine Gaskonstante, T absolute Temperatur nGasmenge in Mol
a,bindividuelle Gaskonstanten
Durch die Konstanten a und b wird ber¨ucksichtigt, dass zwischen den Mo- lek¨ulen Kr¨afte wirken und Molek¨ule ein endliches Volumen besitzen.
2 Der Binnendruck an
2/V
2Zwischen den Molek¨ulen eines Gases wirken attraktive, kurzreichweitige Kr¨afte. Diese sogenannten Van-der-Waals-Kr¨afte bewirken den Binnendruck an2/V2, der nicht direkt messbar ist und zu dem messbaren Aussendruck addiert werden muss. Betrachtet man ein Molek¨ul im Inneren des Gases, so ist dieses aufgrund des thermodynamischen Gleichgewichts gleichf¨ormig von seinen Nachbarmolek¨ulen umgeben, d.h. die Summe aller Van-der-Waals- Kr¨afte auf das Molek¨ul ist Null. Anders verh¨alt es sich mit einem Molek¨ul in der N¨ahe der Wand. Ein solches Molek¨ul ist nur einseitig von Gasmo- lek¨ulen umgeben. Die Summe der auf das Molek¨ul wirkenden Kr¨afte ist ungleich Null und nach Innen gerichtet. Dies entspricht einem zus¨atzlichen
¨ausseren Druck.
3 Das Kovolumen b
Befindet sich ein Gas in einem Beh¨alter mit Volumen V, so steht den Mo- lek¨ulen nicht das gesamte Volumen zur Verf¨ugung, denn die Schwerpunkte
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der Molek¨ule k¨onnen sich aufgrund der endlichen Ausdehnung der Molek¨ule nicht beliebig nahe kommen. Um dies zu korrigieren wird das sogenannte Kovolumen b in der Van-der-Waals-Gleichung eingef¨uhrt. Die Gr¨oße b kann man folgendermaßen absch¨atzen:
Betrachtet man die Molek¨ule als Kugeln mit Radius r, so k¨onnen sich die Mittelpunkte dieser Kugeln nur bis auf 2r n¨ahern, d.h. dem einen Mit- telpunkt ist ein Volumen 43π(2r)3 versperrt. Im Vergleich zu punktf¨ormigen Molek¨ulen bedeutet dies f¨ur jedes der beiden Molek¨ule eine Volumenvermin- derung von 1243π(2r)3. F¨ur N Molek¨ule gilt dann:
b= N 2
4
3π(2r)3 = 4N4
3π(r)3 = 4N V0 wobeiV0 das Eigenvolumen eines Molek¨uls ist.
4 Die Van-der-Waals-Kr¨ afte
Der Binnendruck beruht wie bereits erw¨ahnt auf den Van-der-Waals-Kr¨aften (intermolekulare Kr¨afte). Diese Kr¨afte kann man sich klassisch folgenderma- ßen erkl¨aren:
Der Schwerpunkt der positiven Ladung und der negativen Ladung eines Molek¨uls schwingen gegeneinander. Das Molek¨ul ist zwar elektrisch neutral, stellt aber f¨ur gewisse Zeitintervalle einen elektrischen Dipol dar. Das Feld dieses Diplos induziert in den Nachbarmolek¨ulen ein Dipolmoment p. Auf einen Dipol mit Dipolmoment p wirkt in einem inhomogenen elektrischen Feld (z.B. Feld eines Dipols) eine Kraft. Im speziellen Fall einer Dipol-Dipol- Wechselwirkung ist diese proportional zur−7, wobei r der Abstand der Mo- lek¨ule ist. Die Van-der-Waals-Kr¨afte sind also elektromagnetischer Natur.
5 Das Phasendiagramm (pV-Diagramm)
Im pV-Diagramm liefert die Van-der-Waals-Gleichung drei verschieden Ar- ten von Isothermen (T = const); vergleiche Abb. 1):
i) F¨urT > Tc (Tc: kritische Temperatur) n¨ahern sich die Isothermen mit wachsendem T Hyperbeln an (Ideales Gas). In diesem Bereich kann das Gas auch bei beliebig hohen Dr¨ucken nicht mehr verfl¨ussigt werden.
ii) es gibt eine Isotherme, die einen Wendepunkt mit waagerechter Tan- gente besitzt ( T = Tc). Dieser Wendepunkt wird kritischer Punkt genannt, der dazugeh¨orige Druck bzw. das entsprechende Volumen werden als kritischer Druckpc und kritisches Volumen Vc bezeichnet.
F¨ur die Van-der-Waals-Koeffizienten a und b gilt:
a= 27 64
1 pc
R2Tc2 2
b= 1 8RTc
pc Vc = 3nb
Zeigen Sie dies in der Vorbereitung durch Rechnung ausge- hend von der Van-der-Waals-Gleichung!
iii) F¨ur T < Tc tritt ein Bereich auf, in dem die Gas-Phase neben der fl¨ussigen Phase existiert. Die Van-der-Waals-Gleichung liefert in die- sem Bereich Isothermen mit einem Maximum und einem Minimum.
Abbildung 1: Isothermen im pV-Diagramm nach der Van-der-Waals- Gleichung
In den beiden ersten F¨allen und im gasf¨ormigen bzw. im fl¨ussigen Zustand des dritten Falles stimmen Experiment und die Beschreibung durch die Van- der-Waals-Gleichung gut ¨uberein. Im Bereich gasf¨ormig-fl¨ussig muss der Maximum-Minimum-Bereich durch eine Waagerechte ersetzt werden, und zwar so, dass die Fl¨achen zwischen Waagerechter und Kurve oberhalb und unterhalb gleich groß sind (Maxwellsche Regel).
6 Dampfdruckkurve, Clausius-Clapeyron-Gleichung
Im Kondensationsgebiet (Koexistenzgebiet zwischen gasf¨ormiger und fl¨ussiger Phase) geh¨ort zu jeder Temperatur T < Tc genau ein Druck p, unabh¨angig
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vom Volumen (Waagerechte im pV-Diagramm). Zeichnet man diese Werte p=p(T) in ein pT-Diagramm, so erh¨alt man die sogenannte Dampfdruck- kurve. Sie gibt an, f¨ur welche pT-Wertepaare sich die fl¨ussige und gasf¨ormige Phase im Gleichgewicht befinden. Mit Hilfe der Dampfdruckkurve und der Isothermen f¨urT0 im Kondensationsgebiet kann man die W¨armemengeQV
berechnen, die notwendig ist, um eine bestimmte Fl¨ussigkeitsmenge bei der TemperaturT0 zu verdampfen. Es gilt die Clausius-Clapeyron-Gleichung
QV(T0) =T0(Vg−Vf) ∂p
∂T
wobeiVgundVf die Volumina am Rande des Kondensationsgebietes sind und
∂p
∂T die Steigung der Dampfdruckkurve im Punkt p(T0) ist.
7 Versuchsdurchf¨ uhrung
Messungen:
Messen Sie die Isothermen von SchwefelhexafluoridSF6 f¨ur die Temperatu- renT = 30oC,T = 35oC,T = 40oC,T = 45oC,T = 47.5oC,T = 50oCund T = 55oC. Messen Sie dazu Volumen V und Druck p in ∆V=0.5 ml Schrit- ten. Warten Sie dabei jeweils bis sich das Gleichgewicht eingestellt hat und sich der Druck nicht mehr ¨andert. Messen Sie in den ¨Ubergangsbereichen einphasig ↔zweiphasig in feineren Schritten.
Aufgaben:
1. Zeichnen Sie die Isothermen in ein pV-Diagramm und ermitteln Sie die Lage des kritischen Punktes (pc, Vc, Tc). Machen Sie sinnvolle Annahmen ¨uber den Fehler!
2. Berechnen Sie die Van-der-Waalskoeffizienten a und b von SF6 und vergleichen Sie mit Literaturwerten. Fehlerrechnung!
3. Berechnen Sie die im Messzylinder befindliche MengeSF6. Fehlerrech- nung!
4. Zeichnen Sie die Dampfdruckkurve vonSF6.
5. Berechnen Sie QV f¨ur die im Messzylinder befindliche Gasmenge f¨ur T0 = 30oC mit Hilfe der Clausius-Clapeyron-Gleichung.
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