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Wohlfahrtsverbände in West- und Ostdeutschland : Untersuchung der Umsetzung ihrer Funktionen zur Sozialarbeit ; Literaturanalyse und Fallstudien

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Academic year: 2022

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Fachbereich Geschichte und Soziologie

Magisterarbeit

Zur Erlangung des akademischen Grades eines Magister Artium (M.A.)

Wohlfahrtsverbände in West- und Ostdeutschland

Untersuchung der Umsetzung ihrer Funktionen zur Sozialarbeit

- Literaturanalyse und Fallstudien -

Verfasser:

Tarkan Hâkan Kudu Matrikelnummer: 01/495753

Erstgutachter: Prof. Dr. Drs. h.c. Erhard Roy Wiehn Zweitgutachter: Prof. Dr. Werner Georg

Konstanz, November 2006

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Kinder, die nicht geliebt werden, lieben nicht.

Pearl Sydenstriker Buck

Sevilmeyen Çocuklar, sevmezler.

Pearl Sydenstriker Buck

Für die Kinder der Welt und insbesondere für meine kleine Nichte Melda Samira Erden.

Dünyada bulunan bütün Çocuklar ve özellikle

küçük Yeĝenim Melda Samira Erden için.

(3)

Inhaltsverzeichnis

Vorwort/Önsöz ...V

1 Einleitung ... 1

1.1. Problemstellung... 1

1.2. Zielsetzung ... 2

1.3. Aufbau der Untersuchung und Vorgehensweise ... 3

2 Verbände in der Bundesrepublik Deutschland ... 6

2.1. Begriffliche Klärungen... 6

2.1.1. Institutionen ... 6

2.1.2. Organisationen... 7

2.1.3. Der Dritter Sektor ... 7

2.1.4. Interessengruppen... 8

2.1.5. Verbände und Vereine... 8

2.1.6. Freie Wohlfahrtsverbände ... 9

2.2. Historischer Rückblick ... 11

2.2.1. Ancien Régime und frühes 19. Jahrhundert ... 11

2.2.2. Kaiserreich und Erster Weltkrieg ... 12

2.2.3. Weimarer Republik ... 14

2.2.4. Nationalsozialismus... 14

2.2.5. Die Entwicklung der Verbände nach 1945... 15

2.3. Systeme der Interessenvermittlung ... 18

2.3.1. Korporatismus versus Pluralismus ... 18

2.3.2. Neo-Korporatismus versus Neo-Pluralismus ... 19

2.3.3. System der Interessenvermittlung in der Bundesrepublik Deutschland... 21

2.4. Verbändelandschaft in der Bundesrepublik Deutschland ... 23

2.5. Wohlfahrtsverbände in der Bundesrepublik Deutschland... 27

2.5.1. Die Rolle der Wohlfahrtsverbände... 27

2.5.2. Die Struktur der Wohlfahrtsverbände ... 29

2.6. Zusammenfassung ... 31

3 Einflussfaktoren auf die Umsetzung von Funktionen... 32

3.1. Einflussfaktoren... 32

(4)

3.1.1. Verbandskulturelle Einflussfaktoren ... 33

3.1.1.1. Mitgliederstärke ... 33

3.1.1.2. Funktionsapparat ... 34

3.1.1.3. Normen und Werte... 34

3.1.1.4. Verbandsinterne Initiativen ... 35

3.1.1.5. Zusammenschlüsse ... 35

3.1.2. Gesellschaftliche Einflussfaktoren ... 36

3.1.2.1. Konkurrenzorganisationen ... 36

3.1.2.2. Partner- und Stammorganisationen ... 37

3.1.2.3. Imagepflege ... 37

3.1.3. Politische Einflussfaktoren... 38

3.1.3.1. Stellung im Verbändesystem... 38

3.1.3.2. Der Staat... 38

3.1.3.3. Der Bund ... 39

3.1.3.4. Die Länder... 39

3.1.3.5. Die Kommunen ... 40

3.1.3.6. Parteikonstellationen... 40

3.1.4. Ökonomische Einflussfaktoren ... 41

3.1.4.1. Ehrenamtliche Mitarbeiter ... 41

3.1.4.2. Spenden ... 42

3.1.4.3. Sammlungen ... 42

3.1.4.4. Schenkungen, Vermächtnisse und Stiftungen ... 43

3.1.4.5. Lotterien ... 43

3.1.4.6. Sonderbriefmarken ... 43

3.1.5. Rechtliche Einflüsse ... 44

3.2. Gesamtüberblick zu den Einflussfaktoren... 45

3.3. Formulierung der zentralen Hypothese ... 47

3.4. Kritik am Forschungsstand... 48

3.5. Zusammenfassung ... 48

4 Untersuchungsmethode... 50

4.1. Untersuchungsgegenstand ... 50

4.1.1. Ziele deutscher Wohlfahrtsverbände... 50

4.1.2. Aufgaben deutscher Verbände ... 51

4.1.2.1. Funktionen der Verbände in der pluralistischen Demokratie... 51

4.1.2.2. Öffentliche Funktionen von Verbänden... 53

4.1.2.3. Funktionen von Wohlfahrtsverbänden im sozialen Bereich... 56

4.1.2.4. Übersicht zu den gesamten Funktionen... 57

4.2. Untersuchungsmodell ... 59

4.2.1. Vorbemerkungen ... 59

(5)

4.2.2. Konzipierung eines Modells... 60

4.3. Zusammenfassung ... 62

5 Annäherung an das empirische Feld ... 63

5.1. Auswahl von Wohlfahrtsverbänden in West- und Ostdeutschland... 63

5.1.1. Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege ... 63

5.1.2. Stichprobenauswahl... 64

5.1.2.1. Verfahren und Begründung der Stichprobenauswahl ... 64

5.1.2.2. Das nationale Deutsche Rote Kreuz... 68

5.1.2.3. Darstellung der ausgewählten Bundesländer ... 72

5.1.2.4. Das Deutsche Rote Kreuz - Landesverband Schleswig-Holstein ... 76

5.1.2.5. Das Deutsche Rote Kreuz - Landesverband Thüringen ... 78

5.2. Dokumentenanalyse ... 81

5.2.1 Beschaffung von Informationen ... 81

5.2.2 Methodische Erläuterungen... 81

5.3. Zusammenfassung ... 82

6 Empirische Befunde ... 84

6.1. Das Deutsche Rote Kreuz - Landesverband Schleswig-Holstein ... 84

6.1.1. Aufgaben des Landesverbandes in Schleswig-Holstein... 84

6.1.2. Angebote und Aktivitäten des Landesverbandes in Schleswig-Holstein ... 85

6.1.2.1. Gesundheitshilfe ... 86

6.1.2.2. Altenhilfe ... 88

6.1.2.3. Behindertenhilfe ... 90

6.1.2.4. Familienhilfe ... 91

6.1.2.5. Kinder- und Jugendhilfe ... 93

6.1.2.6. Fremdenhilfe ... 94

6.1.2.7. Arbeitslosenhilfe ... 95

6.1.2.8. Aus-, Fort- und Weiterbildung ... 95

6.1.2.9. Sonstige soziale Hilfen ... 96

6.2. Das Deutsche Rotez Kreuz - Landesverband Thüringen ... 98

6.2.1. Aufgaben des Landesverbandes in Thüringen ... 98

6.2.2. Angebote und Aktivitäten des Landesverbandes in Thüringen... 98

6.2.2.1. Gesundheitshilfe ... 99

6.2.2.2. Altenhilfe ... 101

6.2.2.3. Behindertenhilfe ... 102

6.2.2.4. Familienhilfe ... 103

6.2.2.5. Kinder- und Jugendhilfe ... 104

6.2.2.6. Fremden- und Arbeitslosenhilfe ... 105

6.2.2.7. Aus-, Fort- und Weiterbildung ... 105

6.2.2.8. Sonstige soziale Hilfen ... 106

(6)

6.3. Allgemeines... 107

6.4. Zusammenfassnug ... 108

7 Analyse ... 110

7.1. Anwendung des Modells auf die empirischen Befunde ... 110

7.1.1. Erste Interpretationen ... 111

7.1.1.1. Ergebnisse zum Landesverband in Schleswig-Holstein ... 111

7.1.1.2. Ergebnisse zum Landesverband in Thüringen ... 116

7.2. Ergebnisanalyse... 120

7.2.1. Beantwortung der Forschungsfragen... 120

7.2.2. Beantwortung der zentralen Fragestellung... 125

7.2.3. Überprüfung der zentralen Hypothese ... 126

7.3. Bemerkungen... 126

7.4. Zusammenfassung ... 127

8 Zusammenfassung und abschließende Betrachtung ... 128

8.1. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse ... 128

8.2. Schlussbemerkungen mit Ausblick ... 132 Erklärung ... VI Abkürzungsverzeichnis ... VII Abbildungsverzeichnis ...X Tabellenverzeichnis ... XI Quellenverzeichnis ... XII Anhang A: Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Erstes Kapitel ...XX Anhang B: Satzungen ...XXII B. 1 Deutsches Rotes Kreuz - Landesverband Schleswig-Holstein... XXII B. 2 LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Thüringen ... XXXVII Anhang C: Organigramme ... XLI C. 1 Deutsches Rotes Kreuz - Landesverband Schleswig-Holstein...XLI C. 2 Deutsches Rotes Kreuz - Landesverband Thüringen ... XLII

(7)

Vorwort/Önsöz

Träume! Träume und verfolge deine Träume! Eine Lebensphilosophie, von der man des Öfteren zu hören bekommt. Mit der Zusammenstellung dieser wissenschaftlichen Arbeit ist auch gleichzeitig ein persönlicher Traum von mir in Erfüllung gegangen, dem ich seit 1993 unentwegt eifrig gefolgt bin.

In der Endphase meines Studiums gilt mein größter Dank meinen Eltern. Sie waren es, die mir erst das Studium durch permanente finanzielle Unterstützung ermöglicht haben. Dass sie mir dabei uneingeschränkte Handlungsfreiheit zugestanden haben, ist mir nicht entgangen. Ebenfalls zu danken habe ich Prof. Dr. Drs. h. c. Erhard Roy Wiehn für seine virtuose Betreuung. Nach jedem Gespräch mit ihm konnte er mir meine Befürchtungen und Sorgen nehmen. Besonders seiner freundlichen Art und Haltung, die mir große Erleichterung gebracht haben, gilt mein Dank. Nicht minder geht mein herzlicher Dank an Mesdemoiselles Isabela Jarosz (Ils appellent) und Cassandra Steen, mit denen ich eine eskapistische Verhaltenweise annehmen konnte.

Hayâl et! Hayâl et ve hayâlini gerçekleştirmeye çaliştir! Sikça duyulan bir yaşam filosofisi.

Tezimin bitimiyle beraber 1993´den itibaren büyük bir hararetle takip ettiğim şahsi bir hayâlim gerçekleşmiş oldu.

Üniversite yaşamimin son safhasinda en büyük teşekkürlerimi anneme ve babama sunuyorum. Annem ve babam mütemadiyen maddi destkeleriyle okumami sağladilar. Ayni zamanda beni her konuda özgür biraktiklarini ayrica beliritmek isterim. Keza Prof. Dr. Drs.

h. c. Erhard Roy Wiehn’e başariyla gerçekleştirdiği idaresi için teşekkürlerimi arz ederim.

Her konuşmanizda korkularimi ve endişelerimi yenmeye yardimci oldu. Özellikle lûtufkârli ve nezâketli tavrindan dolayi bana sağladiği kolayliklara teşekkür ederim. Kesinlikle ayni derecede yürekten teşekkürlerimi beni gündemimden alip başka bir dünyaya getirebildikleri için madmosell Isabela Jarosz (Ils appellent) ve Cassandra Steen’de sunarim.

(8)

1 Einleitung

1.1. Problemstellung

Hilfebedürftige Menschen, die unterhalb der Armutsgrenze1 leben, gibt es in fast allen 194 Staaten auf dieser Welt. Um die Armut in Grenzen zu halten, verfügen gut ausgebaute, de- mokratische, wohlhabende und soziale Staaten in aller Regel über ein effektives und effi- zientes soziales System.

Wie in manchen dieser Länder hat sich auch in der Bundesrepublik Deutschland innerhalb der letzten 100 Jahre ein gegliedertes System der sozialen Sicherung herausgebildet. Das soziale Netz in der Bundesrepublik Deutschland beinhaltet neben dem Sozialversicherungs- system mit seinen fünf Zweigen (Arbeitslosenversicherung, Krankenversicherung, Pflege- versicherung, Rentenversicherung und Unfallversicherung) ein Versorgungssystem (Kriegsversorgung, Kriegsopferfürsorge, die Versorgung der Soldaten und Zivildienstleis- tenden, Kriegsfolgelasten, Beamtenversorgung, Entschädigungen für Opfer der nationalso- zialistischen Verfolgung) und die Fürsorge (Sozialhilfe).2 Somit besteht das soziale System der Bundesrepublik aus dem Trias Versicherung, Versorgung und Fürsorge. Mit diesem System sollen allen Dingen voran benachteiligte Personen in der Gesellschaft, deren Exis- tenzbedingungen unter der Armutsgrenze liegen, zielbewusst gefördert werden (vgl. Stefan Pabst, 1996, S. 3 f.).

Unabhängig von den staatlichen Dienstleistungsverwaltungen binnen des sozialen Sys- tems ist eine Reihe von Wohlfahrtsverbänden in West- und Ostdeutschland direkt oder indi- rekt in das System involviert, die bemüht sind, bestimmte Leistungen an hilfebedürftige Personen zu erbringen und damit einen bescheidenen Beitrag zur Bekämpfung von Armut in der Bundesrepublik Deutschland zu leisten. Sie gliedern sich in unterschiedliche Ebenen

1 „Armut [...] bezeichnet den Mangel an Chancen, ein Leben zu führen, das gewissen Minimalstandards ent- spricht. Die Maßstäbe für diese Standards und die Vorstellungen über die Ursachen von Armut sind örtlich und zeitlich sehr verschieden. Die WHO definiert Armut beispielsweise anhand des Verhältnisses des indivi- duellen Einkommens zum Durchschnittseinkommen im Heimatland einer Person. Danach sei arm, wer monat- lich weniger als die Hälfte des durchschnittlichen Einkommens (Median) seines Landes zur Verfügung hätte.

In Deutschland lag nach der abweichenden Definition der Europäischen Union (60 % des mittleren Einkom- mens) die Armutsgrenze im Jahr 2003 bei einem monatlichen Einkommen von 938 Euro. Neben dem Ein- kommen können auch andere Merkmale der Armut herangezogen werden, zum Beispiel, ob der Haushalt genügend Geld für Heizung, regelmäßige Mahlzeiten, ausreichende Kleidung und andere lebensnotwendige Dinge hat.“ http://de.wikipedia.org/wiki/Armutsgrenze - 20.08.2006.

² Vgl. dazu auch Frank Bahr et al., 1994, S. 190.

(9)

(Bundes-, Landes- und Kreisebene)3 und versuchen, weitestgehend eigenständig ihre Ziele zu verfolgen (vgl. Wolfgang Klug, 1997, S. 30).

Seit der Wiedervereinigung wurden in der Wissenschaft keine aufschlussreichen Studien über die Umsetzung der seelsorgerischen Funktionen von Wohlfahrtsverbänden in West- und Ostdeutschland erbracht. Mit der vorliegenden Forschungsarbeit soll dieser wissen- schaftliche Standpunkt verändert werden. Daher wird in dieser Arbeit der zentralen Frage- stellung nachgegangen, ob Unterschiede in west- und ostdeutschen Wohlfahrtsverbänden in Hinblick auf die Umsetzung ihrer Aufgaben zur Sozialarbeit vorhanden sind.

1.2. Zielsetzung

Die wirksame Umsetzung von Aufgaben in Wohlfahrtsverbänden ist notwendig, damit sie ihre Existenz im System der Verbände sichern und sich gegenüber anderen Interessengrup- pen behaupten können. Anders ausgedrückt sind die Wohlfahrtsleistungen der Verbände an hilfebedürftige Personengruppen unverzichtbar, wenn es darum geht, sich einen beständi- gen Platz im System der Verbände zu sichern. So gesehen kommt der Umsetzung von Funktionen in Wohlfahrtsverbänden eine zweifache Bedeutung zu. Mit Hilfe einer detail- lierten Untersuchung der Angebote und durchgeführten Aktivitäten in ausgewählten Wohl- fahrtsverbänden aus West- und Ostdeutschland soll die zentrale Fragestellung dieser Unter- suchung beantwortet werden.

Um das Vorhaben der Untersuchung nicht aus den Augen zu verlieren, werden in dieser Arbeit acht weitere Forschungsfragen formuliert und gegen Ende dieser Arbeit separat be- antwortet. Aus den Antworten zu den Forschungsfragen wird sich die Antwort der zentralen Fragestellung herauskristallisieren. Die acht Forschungsfragen lauten:

- Welche Ziele werden vorrangig umgesetzt? Gibt es diesbezüglich Unterschiede in den Wohlfahrtsverbänden West- und Ostdeutschlands?

- Sind hervorragende Unterschiede bezüglich ihrer schriftlich formulierten Aufgaben er- kennbar?

- Bestehen quantitative Unterschiede in Bezug auf die Sozialleistungen in west- und ost- deutschen Wohlfahrtsverbänden?

- Wie werden die Aufgaben in west- und ostdeutschen Wohlfahrtsverbänden umgesetzt?

3 Auf die innere Struktur von Wohlfahrtsverbänden wird im Teilkapitel 2.5. näher eingegangen.

(10)

- Stehen bestimmte Arbeitsgebiete in Wohlfahrtsverbänden aus West- und Ostdeutsch- land schwerpunktmäßig im Vordergrund? Wenn ja, welche Arbeitsgebiete fallen darun- ter?

- Welche Angebote stehen in west- und ostdeutschen Wohlfahrtsverbänden im Vorder- grund?

- Welche Aktivitäten stehen in west- und ostdeutschen Wohlfahrtsverbänden im Vorder- grund?

- Sind Unterschiede in Hinblick auf die erbrachten Leistungen in west- und ostdeutschen Wohlfahrtsverbänden festzustellen?

Insgesamt ist aufzuzeigen, ob Unterschiede oder Gemeinsamkeiten bei der Umsetzung von seelsorgerischen Aufgaben zwischen west- und ostdeutschen Wohlfahrtsverbänden beste- hen. Mittels einer Vergleichsstudie soll das Vorhaben dieser Arbeit erreicht werden.

1.3. Aufbau der Untersuchung und Vorgehensweise

Abgesehen von Einleitung und Schlussteil gliedert sich die vorliegende Arbeit in sechs Hauptkapitel, die wiederum mehrere Teilkapitel beinhalten. Zeitweise werden Teilkapitel wiederum in Unterkapitel eingeteilt.

Im zweiten Hauptkapitel werden zunächst Begriffe, die mit dem Begriff der freien Wohl- fahrtspflege4 in engem Zusammenhang stehen, definiert, um die Begriffe so weit wie mög- lich auseinanderhalten zu können. Anschließend wird auch der zentrale Begriff der Wohl- fahrtsverbände erklärt. Nach dem Umreißen der historischen Entwicklung der Verbände in Deutschland, ausgehend vom Anfang des 19. Jahrhunderts bis zur gegenwärtigen Zeit, wer- den zwei gängige Idealtypen zum System der Interessenvermittlung (Korporatismus und Pluralismus) vorgestellt. Gesellschaftliche Entwicklungen haben eine Änderung der Begrif- fe Korporatimus und Pluralismus im Laufe der Zeit verursacht. Deshalb werden daran an- schließend auch die Begriffe Neo-Korporatismus und Neo-Pluralismus näher beschrieben und gleichzeitig von den ursprünglichen Begriffen abgegrenzt. Danach wird zielbewusst das System der Interessenvermittlung in Deutschland näher betrachtet und ihre wesentli-

4 In dieser Arbeit wird der Begriff freie Wohlfahrtspflege alternativ zu den Begriffen freier Wohlfahrtsver- band und Träger der freien Wohlfahrtspflege verwendet.

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chen Elemente dargelegt. Nachfolgend wird das Spektrum an Verbänden sowie ihre Eintei- lung nach Handlungssektoren in der Bundesrepublik wiedergegeben. Bevor Wohlfahrtsver- bände in das System der Verbände in der Bundesrepublik Deutschland eingebettet werden, werden ihre Rolle und ihre allgemeine Struktur, am Beispiel der Spitzenverbände der freien Wohlfahrt, erläutert. Das zweite Hauptkapitel schließt mit einer Zusammenfassung ab.

Im dritten Hauptkapitel werden verschiedene Einflussfaktoren (gegliedert in fünf große Bereiche) auf die Umsetzung von Funktionen in Verbänden ausführlich betrachtet und zu jedem Einflussfaktor Arbeitshypothesen entwickelt, um letztendlich die zentrale Hypothese dieser Arbeit zu formulieren. Bevor die zentrale Hypothese generiert wird, wird in einer Tabelle ein Überblick über die Einflussfaktoren auf die abhängige Variable wiedergegeben.

Nachdem Kritik am aktuellen Forschungsstand ausgeübt wird, schließt auch dieses Haupt- kapitel mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse aus dem Hauptkapitel ab.

Ziele von Wohlfahrtsverbänden, umfassende Aufgaben sowie Angebote, die in verschie- denen Tätigkeitsfeldern und Gebieten erbracht werden, und diverse Aktivitäten, die Wohl- fahrtsverbände durchführen, sind Gegenstand des vierten Hauptkapitels. Daraus werden die Ziele, vor allem aber die Aufgaben zur Sozialarbeit entnommen, um ein generelles Modell für diese Arbeit zu entwickeln.

Darauf folgt die Auswahl und Begründung der Stichproben in West- und Ostdeutschland.

Um sich dieser Stichprobenauswahl zu nähern, werden die wichtigsten Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege in Deutschland vorgestellt. Im Verlauf des fünften Kapitels erfolgt ein konkreter Vergleich der ausgewählten Samples. Die Wiedergabe des Verfahrens bei der Dokumentenanalyse und die Bekanntgabe der gefundenen Materialen zu und aus den Stich- probenbefunden bilden den Übergang zum sechsten und vorletzten Hauptkapitel dieser Un- tersuchung. Das vierte und fünfte Hauptkapitel schließt jeweils mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse ab.

Das sechste Hauptkapitel beschreibt ausführlich Angebote und geleistete Dienste aus den Stichproben in den verschiedenen Tätigkeitsfeldern zur Sozialarbeit. Gegen Ende dieses Hauptkapitels wird eine Zusammenfassung zu den empirischen Befunden erstellt und all- gemeine Gedanken zu diesem Hauptkapitel werden verfasst. Danach wird das entwickelte Modell aus dem vierten Kapitel auf die empirischen Befunde angewandt.

Im letzten Hauptkapitel werden die empirischen Befunde aus dem vorangehenden Kapitel interpretiert und analysiert, so dass zuerst die Forschungsfragen und dann die zentrale Fra-

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gestellung dieser Magisterarbeit beantwortet werden. Ferner wird die zentrale Hypothese dieser Arbeit auf seine Gültigkeit hin überprüft. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse wird, wie in den vorangehenden Hauptkapiteln, auch in diesem zu finden sein. Zusätzlich werden einige Gedankengänge zum Thema eingebracht.

Der Aufbau der gesamten Untersuchung kann im Überblick wie folgt grafisch skizziert werden:

Abbildung 1: Überblick über den Aufbau der Untersuchung

Quelle: Eigene Darstellung.

2. K apitel Theoretische G rundlagen

der Untersuchung

8. K apitel Zusammenfassung/

Ausblick 7. K apitel Analyse der empirischen B efunde/

B eantwortung der F ragestellung 6. K apitel

R epräsentation der empirischen B efunde

5. K apitel S tichprobenauswahl

4. K apitel

Modellkonstruktion 3. K apitel

E Influssfaktoren auf die Umsetzung von F unktionen in Verbänden 1. K apitel

E inleitung/F ragstellung/Ziel der S tudie

(13)

2 Verbände in der Bundesrepublik Deutschland

2.1. Begriffliche Klärungen

Beschäftigt man sich in der Wissenschaft intensiv mit Wohlfahrtsverbänden, so kommt man nicht umhin, mit einer Vielzahl anderer Begriffe konfrontiert zu werden, die mit dem Be- griff der freien Wohlfahrtspflege in engem Zusammenhang stehen. In den gängigsten Lite- raturen begegnet man Begriffen wie Institutionen, Organisationen, Interessengruppen, Drit- ter Sektor, Verbände und Vereine. Um diese Begriffe auseinanderhalten zu können, werden sie vorab voneinander abgegrenzt. Im Anschluss daran wird der Begriff der freien Wohl- fahrtspflege näher bestimmt. Zudem werden die Merkmale, die für die Begriffsbestimmun- gen verwendet worden sind, in einer Tabelle komprimiert, um das Verhältnis der Wohl- fahrtsverbände zu diesen Begriffen wirksam hervorzuheben.

2.1.1. Institutionen

Matthias Benz verwendet zwei Merkmale, Regeln und Entscheidungen, um den Begriff Institution zu erklären. Er differenziert zwischen vier Institutionstypen, die als wesentliche formale Entscheidungssysteme hervortreten, in denen Regeln bestehen und nach bestimm- ten Verfahren Entscheidungen getroffen werden.5 Als Erstes bezeichnet er Markt als Institution, in der individuelle Entscheidungen dezentral über Preise koordiniert werden.

Des Weiteren nennt er Institutionen im politischen oder staatlichen Bereich. In diesen Be- reichen legen demokratische Verfahren fest, wie die Macht auf die Legislative, Exekutive und die Judikative aufgeteilt ist, welche Entscheidungskompetenzen dem Zentralstaat und welche den föderalen Einheiten zukommen und welche fundamentale politischen Freiheiten und Rechte die Menschen besitzen. Die dritte Variante einer Institution ist nach Benz in der Hierarchie zu finden. Bei einer Hierarchie werden Entscheide in einem gewissen Maße durch autoritäre Verfahren getroffen, wie dies insbesondere in privaten und staatlichen Bü- rokratien der Fall ist. Letztendlich nennt er als vierten Institutionstyp Verhandlungsverfah- ren, bei denen Individuen und organisatorische Gruppen durch gleichberechtigte Aushand- lung ihrer Positionen zu Entscheidungen gelangen. Alle vier Varianten der Institutionen können zu den formellen Institutionen gezählt werden. Darüber hinaus gibt es auch infor-

5 Matthias Benz hat eine große Einteilung vorgenommen. Die vier Institutionstypen sind nicht streng und scharf auseinanderzuhalten.

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melle Institutionen, wie soziale Normen oder Traditionen, welche ebenfalls maßgeblich bestimmen, wie in einer Gesellschaft und in Organisationen Entscheidungen zu Stande kommen (vgl. Matthias Benz, 2004, S. 27).

Es ist sehr schwierig, sich auf eine Variante von Institutionen festzulegen, wenn man von Institutionen in Wohlfahrtsverbänden ausgeht. In Wohlfahrtsverbänden wirken sowohl for- melle als auch informelle Institutionen gleichzeitig zusammen. Die Ergebnisse im dritten Hauptkapitel unterstützen diese These. Der abstrakte Begriff Institution zielt auf bestimmte Regeln und Entscheidungsverfahren, die in unterschiedlichen Verbänden, aber auch in an- deren Organisationen und Gemeinschaften vorkommen können. In den nächsten Teilab- schnitten werden ausgewählte, wesentliche Begriffe aus dem Nexus der Organisationswelt auseinandergehalten.

2.1.2. Organisationen

Nach Thomas Voss sind Organisationen soziale Einheiten, die tendenziell auf Dauer ange- legt sind. Zudem beinhalten sie institutionelle Regelungen, die das Verhalten aller Beteilig- ten steuern. Außerdem stellen Organisationen Ziele auf, die sie realisieren wollen (vgl.

Thomas Voss in: Martin Sebaldt et al., 2004, S. 17).

Demnach sinkt das Abstraktionsniveau des Begriffs Organisation im Gegensatz zum Be- griff Institution. Neben institutionellen Regeln und Entscheidungen, die in Organisationen von Bedeutung sind, kann festgehalten werden, dass sie auf unbestimmte Zeit hin gegründet werden, eigenständige Ziele verfolgen und Mitglieder haben. Doch wie sind die bisher defi- nierten Begriffe von dem Begriff Dritter Sektor abzugrenzen?

2.1.3. Der Dritter Sektor

Als Dritter Sektor werden intermediäre Organisationen bezeichnet, die weder eindeutig dem Markt noch dem Staat zugeordnet werden können. Unterschiedliche Organisationen wie Bürgerinitiativen, Selbsthilfegruppen, Gewerkschaften, Verbände, Nichtregierungsorganisa- tionen etc. gehören dem Dritten Sektor an (vgl. Dominik E. Enste, 2004, S. 50 ff.).

Bei dieser Begriffsbestimmung sinkt das Abstraktionsniveau wiederum um einen Grad, wenn man sie in Verhältnis zu den anderen definierten Begriffen setzt. Organisationen im Dritten Sektor zeichnen sich im Gegensatz zu den anderen Begriff dadurch aus, dass sie

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neben den bisher gefundenen Merkmalen ein weiteres Merkmal beinhalten: Organisationen im Dritten Sektor sind zwischen dem Markt und dem Staat angesiedelt.

2.1.4. Interessengruppen

Kilian Kindler (1992, S. 15) bezeichnet Interessengruppen als „alle freiwilligen Vereini- gungen von Menschen, Gruppen, Organisationen mit einer formalen Grundstruktur [...], die individuelle Bedürfnisse mit materiellem und immateriellem Nutzen gesellschaftlich ver- knüpfen und dies, nach innen und nach außen, durch Mitwirkung und Einwirkung zur Gel- tung bringen wollen“. Neben Verbänden werden auch öffentliche Institutionen wie Indus- trie- und Handelskammer und Bürgerinitiativen zu Interessengruppen gerechnet. (vgl. Wolf- gang Rudzio, 2006, S. 60). Es gibt Interessengruppen, die eindeutig dem Markt (z. B.

Wirtschaftsverbände) oder dem Staat (z. B. kommunale Spitzenverbände) zugeordnet oder eben im Bereich zwischen dem Staat und Markt (= Interessengruppen des Dritten Sektors, z. B. Wohlfahrtsorganisationen) angesiedelt werden (vgl. Kilian Kindler, 1992, S. 15).

Die Merkmale, die in Institutionen und Organisationen hervorgehoben worden sind, tref- fen auf Interessengruppen gleichermaßen zu. Zudem wird der Begriff Interessengruppe durch weitere zusätzliche Merkmale bestimmt. Interessengruppen kommen nämlich freiwil- lig zu Stande und versuchen ihren Nutzen explizit dadurch zu erhöhen, dass sie den Bedürf- nissen ihrer Mitglieder nachgehen. Der Begriff der Interessengruppe wird zeitweise durch den Begriff Interessenorganisation substituiert.

2.1.5. Verbände und Vereine

Eine straffe Begriffsbestimmung für Verbände verwendet Wolfgang Rudzio. Nach Rudzio (2006, S. 57) versteht man unter Verbänden „frei gebildete, primär dem Zweck der Interes- senvertretung nach außen dienende Organisationen“.

Aus dieser Erklärungsbasis ist zu erkennen, dass Verbände oft in einem bestimmten Be- reich anzusiedeln sind, zumal sie nach der obigen Definition primär die Interessen ihrer Mitglieder nach außen hin vertreten. Die Mitglieder verfolgen oftmals einen gemeinsamen Zweck, woraufhin der Verein erst gegründet wird. Somit agieren Verbände – je nach Ver- bandstyp – zu spezifischen Themen.

Der Unterschied zwischen Verbänden und Vereinen ist nicht allzu groß. Verbände, die im Freizeitbereich angesiedelt und voluntaristisch gegründet sind und nicht primär einen politi-

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schen Hintergrund haben, nennt man Vereine (z. B. Gartenverein, Schachverein, Kleintier- züchterverein etc.) (vgl. Martin Selbaldt et al., 2004, S. 23). Sie agieren dementsprechend ausschließlich auf lokaler Ebene (vgl. Seog-Yun Song, 1996, S. 32). Spätestens an dieser Stelle wird deutlich, dass die gefundenen Merkmale aus den Definitionen nicht immer klar voneinander abzugrenzen sind.

2.1.6. Freie Wohlfahrtsverbände

Aus dem Bundessozialgericht geht eine Definition für Wohlfahrtspflege hervor:

„Planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs ausgeübte unmittelbare vorbeugende oder abhelfende Hilfeleistung für gesundheitlich, sittlich oder wirtschaftlich gefährdete oder notleidende Mitmenschen, die auch über die Ziele einer bloßen Selbsthilfe- organisation herausgeht.“ (Wolfgang Klug, 1997, S. 19).

Planmäßige Hilfeleistung wird von allen gemeinnützigen Einrichtungsträgern erbracht, die in drei große Gruppen eingeteilt werden können (Kirchen und Religionsgemeinschaften, Selbsthilfeorganisationen und Verbände der freien Wohlfahrtspflege) (vgl. Adrian Ottnad in: Dominik H. Enste, 2004, S. 61).

Frei ist ein Wohlfahrtsverband dann, wenn er nicht zur Erfüllung von staatlichen Leis- tungsgesetzen verpflichtet ist, sondern selbstbestimmt tätig sein kann.6 Er grenzt sich von öffentlicher Wohlfahrtspflege dadurch aus, dass sie in der Verfolgung selbstgesetzter Ziele für sich volle Handlungsfreiheit hat, während der öffentliche Träger in Ausübung hoheitli- cher Aufgaben die Ausführung gesetzlicher Bestimmungen zum Handlungsziel hat (vgl.

Wolfgang Klug, 1997, S. 19 f.).

Um einen Überblick über die verschiedenen Definitionen zu bekommen und die Abgren- zungen der Begriffe zu verdeutlichen, wird im Folgenden eine Tabelle erstellt, in der die spezifischen Merkmale aus den Definitionen zu jedem Begriff hervorgehoben werden.

6 Das schließt eine Zusammenarbeit von staatlichen Institutionen und der freien Wohlfahrtspflege nicht aus.

Siehe hierzu Teilkapitel 3.1.3.

(17)

Tabelle 1: Begriffsbestimmungen

Quelle: Eigene Darstellung.

Begriff Merkmale

Institutionen • Entscheidungen

• Regeln

Organisationen

• Institutionelle Verfahren

• Auf Dauer angelegt

• Mitglieder vorhanden

• Ziele definiert

Der Dritter Sektor • Organisationen zwischen Markt und Staat

Interessengruppen

• Freiwillige Vereinigungen

• Bestehen aus Organisationen, Grup- pen oder Menschen

• Nutzenmaximierung durch Verfol- gung eines gemeinsamen Zwecks

Verbände

• Frei gebildete Organisationen

• Primat: Interessenvertretung nach außen

• Agieren in spezifischen Feldern Vereine • Verbände, die im Freizeitbereich und

auf lokaler Ebene tätig sind

Freie Wohlfahrtsverbände

Verbände, die

• primär dem Wohle zur Allgemeinheit dienen (ohne Gewinnabsicht) und

• sich selbstbestimmt betätigen

Viele der Merkmale, die für andere Begriffe zutreffen, gelten auch für Wohlfahrtsverbände.

Lediglich zwei Merkmale heben sie gegenüber den Merkmalen der anderen Begriffe hervor.

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Nach obiger Darstellung wird eine Verwandtschaft des Begriffs Wohlfahrtsverbände mit dem der Verbände und Vereine deutlich (zweckmäßige Gründung mit speziellen Interes- sen). Institutionen, Organisationen, der Dritte Sektor und Interessengruppen sind – soweit man die Begriffe auseinanderhalten kann – Begriffe, die in engem Zusammenhang zu Wohlfahrtsverbänden stehen.

2.2. Historischer Rückblick

Die Wurzeln der freien Wohlfahrtsverbände reichen bis in die Anfänge des Christentums zurück. Um den Überblick zu bewahren und den Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen, werden in diesem Teilkapitel Grundzüge aus der Geschichte von den Verbänden allgemein und der freien Wohlfahrtspflege vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart dargestellt.

2.2.1. Ancien Régime und frühes 19. Jahrhundert

Mit den mittelalterlichen Zünften und Gilden7 in Frankreich war die Standeszugehörigkeit des Individuums und sein Beruf festgelegt. Durch die starren Grenzen und den gildentypi- schen Berufszwang konnten sie folglich keine Mittlerfunktion zwischen Gesellschaft und Staat einnehmen, so wie die Verbände es heute tun. Manche Staatsphilosophen betonten zu dieser Zeit die Bedeutsamkeit des uneingeschränkten Souveräns, wie bspw. das Volk (so Jean-Jacques Rousseau, 1712-1778) oder der Staat (so Willhelm Friedrich Hegel, 1770- 1831), in denen es keine intermediäre und damit gesellschaftliche Strömungen und Forde- rungen repräsentierende Organisationen geben sollte (vgl. Ulrich von Alemann in: Martin Sebaldt et al., 2004, S. 73 f.). Durch Großfamilien, Zünfte, geistliche Gemeinschaften und Genossenschaften wurden Risiken des Lebens für den Einzelnen weitgehend abgefangen.

Wer durch diese genossenschaftlichen oder ständischen Institutionen nicht abgesichert war, wurde dem „Stand der Bettler“ zugerechnet (vgl. Hans Flierl, 1992, S. 144). Erst nach der Restauration der Monarchie kam es in Frankreich relativ zügig zur Ausbildung verschie- denster Interessengruppen (vgl. Jürgen Weber, 1981, S. 60).

7 Eine Zunft, auch Gilde genannt - von althochdeutsch „zumft“ (zu ziemen) - ist eine ständische Körperschaft von Handwerkern, Gewerbebetreibenden und anderen Berufsgruppen (Notare), die im Mittelalter entstand und bis ins 19. Jahrhundert existierte. Die Zunft galt allgemein für die handwerklichen Berufe, wobei die Gilde vor allem den Zusammenschluss von Händlern und Gewerbetreibenden zur wechselseitigen Hilfe bezeichnete.

http://www.babylon.com/definition/Zunft/German?uil=English&uris=!!DZ6P2U34SE - 15.06.2006.

(19)

In Deutschland vollzog sich dieser Wandel verspätet, weitaus langsamer als in Frankreich und darüber hinaus vielmehr als reformerische Maßnahme. Die langsam aufkeimende Ge- werbefreiheit, bedingt durch die napoleonischen Verwaltungsmaßnahmen, großen Reform- werken in Preußen und die Gründung des Deutschen Zollvereins 18348, führte dazu, dass sich mehr und mehr eine Tendenz zur Verselbstständigung durchsetzte. Erst weit nach 1800 kam es so auch in den deutschen Staaten zu einer immensen Vereinigungsflut, in deren Ver- lauf sich in nahezu allen Lebensbereichen Organisationen herausbildeten (vgl. Hans-Peter Ullmann in: Martin Sebaldt et al., 2004, S. 74).

Durch die intensive Restaurationsphase nach 1848 wurden jedoch die ersten Ansätze der Organisierung von Interessen neuerlich zerschlagen. Der Modernisierungsdruck auf Unter- nehmen, die durch Streiks verursacht wurden, und die zunehmenden wirtschaftlichen Ver- flechtungen zwischen verschiedenen internationalen Wirtschaftsfeldern, begannen die öko- nomischen Interessen zu stärken. Auf ihrer Prosperität beruhte nämlich die staatliche Stabi- lität. Nachdem 1869 die Koalitionsfreiheit durch die Gewerbeordnung des Norddeutschen Reichstages garantiert wurde, begünstigten die ersten grundlegenden Krisen des Frühkapita- lismus immer mehr die Gründung von Interessenorganisationen (vgl. Martin Sebaldt et al., 2004, S. 75). Maßgeblich für die berufliche Entscheidung und die Schichtzugehörigkeit des Individuums waren nun nicht mehr Geburt und Abstammung, sondern mehr und mehr Be- sitz und Leistung (vgl. Hans-Peter Ullmann in: Martin Sebaldt et al., 2004, S. 75).

2.2.2. Kaiserreich und Erster Weltkrieg

Zwei versuchte Attentate auf Kaiser Wilhelm I., die Bismarck den Sozialdemokraten anlas- tete, nutzte er zu dem Versuch, die Gewerkschaften daran zu hindern, zu einer Massenbe- wegung zu werden. So wurde das „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ erlassen, die u. a. Vereine und Gewerkschaften verboten. Aufgrund staatlicher Repressionen und Eingriffe der öffentlichen Hand in die Wirtschaft konnten fortwährende Neugründungen von Interessengruppen jedoch nicht aufgehalten werden.

Folglich kam es zum Zusammenschluss heterogener Gewerkschaften, so dass die Sozialge- setze nicht mehr verlängert wurden. Das Wachstum und die Organisationsstärke waren ab diesem Zeitpunkt nicht mehr aufzuhalten. Immer stärker wurden sie zu Massenorganisati-

8 1834 unter Führung Preußens geschaffener wirtschaftspolitischer Zusammenschluss deutscher Staaten zum Abbau der Binnenzölle und zur gemeinsamen Erhebung der Außenzölle (vgl. Richard H. Tilly, 1990, S. 7).

(20)

onen (vgl. Michael Schneider in: Martin Sebaldt et al., 2004, S. 76). Fortan wurde ihr Ein- fluss sogar so groß, dass sie die Politik der Sozialdemokratie maßgeblich mitzubestimmen begannen, indem sie deren reformistischen Flügel gegenüber ihren orthodoxen Widersa- chern verstärkten (vgl. Klaus Schönhoven in: Martin Sebaldt et al., 2004, S. 76). Durch ihre konkrete Einflussarbeit folgten sie bereits damals der Logik der parlamentarischen Demo- kratie, auch wenn sie selbst noch undemokratische, sowohl politische als auch gesellschaft- liche Standpunkte vertraten. Sie stellten sogar eigene Abgeordnetenkandidaten auf, um ih- ren Einflussbereich auszudehnen (vgl. Wolfram Fischer in: Martin Sebaldt et al., 2004, S.

76).

Darüber hinaus entstanden zahlreiche Vereine, die sich ab 1896 mit dem Erlass, 1900 mit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches auf einen festen rechtlichen Rahmen be- rufen konnten (vgl. Ullrich von Alemann in: Martin Sebaldt et al., 2004, S. 77). Immer stär- ker wurde zudem gefordert, reichhaltige Regelungen auch für die Armenfürsorge und Wohltätigkeit zu erhalten. Daher wurde außerhalb der staatlichen Verwaltung eine Platt- form für Erfahrungsaustausch und Meinungsbildung geschaffen. Die private Wohlfahrts- pflege konnte so in den Deutschen Verein mit einbezogen werden. Ein Gesetz über Freizü- gigkeit bildete die rechtliche und organisatorische Voraussetzung für eine solche Einrich- tung der Kooperation (vgl. Hans Flierl, 1992, S. 149).

Der Staat versuchte, durch Anstöße zu Verbandsgründungen und durch weitreichende Eingriffe in Wirtschaft und Gesellschaft seinen Einfluss auf die Entwicklung des Ver- bandswesens beizubehalten. Daher wurden die frei gegründeten und organisierten Verbände später durch den Staat kontrolliert und diskriminiert, wenn sie sich aus ihrem privaten Mi- lieu lösten und öffentliche, gewerbliche oder politische Ziele zu verfolgen versuchten (vgl.

Ullrich von Alemann in: Martin Sebaldt et al., 2004, S. 77). Trotz dieser politischen Maß- nahme erlangten Verbände durch die gleichzeitige Betonung der gesellschaftlichen Auto- nomie gegenüber dem Staat, durch die Beanspruchung von Bürgerrechten und die Forde- rung, der Staat dürfe nicht in alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereiche hinein regulierend tätig werden, zunehmende Autonomie (vgl. Hans-Peter Ullmann in: Martin Se- baldt et al., 2004, S. 76).

(21)

2.2.3. Weimarer Republik

Auf Grund des politischen Umbruchs und des gesellschaftlichen Strukturwandels während und nach dem Ersten Weltkrieg machten die Verbände tiefgreifende Wandlungsprozesse durch (vgl. Seog-Yun Song, 1996, S. 90).

Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Verbände in der Weimarer Republik zu einem verfassungsrechtlich verankerten Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens (Art. 124 und 159 der Weimarer Reichsverfassung) (vgl. Carl Böhret in: Martin Sebaldt et al., 2004, S.

79). Die Angelegenheiten des Wohlfahrtswesens waren in den Art. 7 und 10 der Weimarer Reichsverfassung geregelt. Schon vor der Gründung der Weimarer Republik wurde im Deutschen Verein ein Reichsarmengesetz erarbeitet, das dem Bedürfnis sozial schwacher und den Hilfebedürftigen gerecht werden sollte. Die freie Wohlfahrtspflege war in diesem Zeitpunkt außerordentlich zersplittert. Deshalb stellte man sich schon damals die Frage, ob und wie weit die gewachsene Vielfalt beseitigt werden sollte, damit die freie Wohlfahrts- pflege rationaler und wirksamer arbeiten konnte (vgl. Hans Flierl, 1992, S. 152 ff.). In den nachfolgenden Jahren setzte sich bei vielen Verbänden zeitgleich eine Konzentrationsten- denz fort, bedingt durch Wirtschaftskrisen und Massenarbeitslosigkeit.9 Einzelne Branchen der Schwerindustrie und Banken forderten zunehmend die Einbeziehung der Nationalsozia- listischen Arbeiterpartei (NSDAP) in die Regierungspolitik, um die Unternehmerinteressen zu wahren (vgl. Hans-Peter Ullmann in: Martin Sebaldt et al., 2004, S. 80). Kennzeichnend für die Interessengruppen in der Weimarer Republik waren auch ihre Bestrebungen, sich an eine politische Partei anzunähern (vgl. Wolfgang Rudzio in: Martin Sebaldt et al., 2004, S.

81). Die wachsende Bedeutung der Verbände im politischen System ging mit der Zunahme der Mitgliederzahlen sowie dem wachsenden Organisationsgrad einher. Zudem war die or- ganisatorische Entwicklung in der Weimarer Republik durch eine stärkere Zentralisierung gekennzeichnet. Alle Interessen versuchten sich in einheitlichen Spitzenverbänden, also in

„Verbänden der Verbände“ zusammenzuschließen (vgl. Seog-Yun Song, 1996, S. 101).

2.2.4. Nationalsozialismus

Die Nationalsozialisten brachen mit den liberalen Grundsätzen von Markt, Konkurrenz und weitgehender staatlicher Nicht-Einmischung. „Nationale“ und machtpolitische Ziele wur- den der Wirtschaft übergeordnet. Der Organisation der Verbände wurden aus diesem Grund

9 Vgl. dazu auch Peter Hammerschmidt, 1999, S. 101.

(22)

drei Grundsätze vorgeschrieben: Ausschließlichkeit, Zwangsmitgliedschaft und Führerprin- zip10. Im Nationalsozialismus wurde ein „neuer Geist“ in der Wohlfahrtspflege vollzogen, die im Vergleich mit der Wohlfahrtspflege in der Weimarer Republik in entgegengesetzte Richtung ging. Die NSDAP hatte sich in der Nationalsozialistischen Volkswirtschaft e. V.

(NSV)11 eine eigene Wohlfahrtsorganisation geschaffen. Verursacht durch ihren entwickel- ten Grundgedanken erfolgte von innen her eine allmähliche Umgestaltung des gesamten deutschen Wohlfahrtswesens. Dies zeigte sich in einer neuen Zielsetzung, in der Art und Weise der Hilfe, in der Aufbringung der Mittel und in einer strafferen Organisation des ge- samten Wohlfahrtswesens. Wichtige Träger der Arbeiterwohlfahrt wurden aufgelöst, ihre Einrichtungen weitgehend von der NSV übernommen. Für die öffentliche Fürsorge für Ju- den galten Sondervorschriften. Mit Hilfe verschiedener Organisationen und Institutionen, die in unterschiedlichem Grad von der NSDAP abhängig waren, sollte die nationalsozialis- tische Ideologie in der Wohlfahrtspflege der übrig gebliebenen Verbände durchgesetzt wer- den. Unabhängig voneinander entstanden an verschiedenen Orten Deutschlands Hilfsorga- nisationen der NSDAP, die die Durchführung des „Kampfes“ durch gegenseitige Hilfsleis- tung der Parteigenossen untereinander zu sichern hatten. 1933 wurde eine Arbeitsgemein- schaft der freien Wohlfahrtspflege gegründet, mit der zwei Zwecke erfüllt werden sollten.

Zum einen sollte das nationalsozialistische Gedankengut auf dem Gebiet der freien Wohl- fahrtspflege durchgesetzt werden und zum anderen die einheitliche und planmäßige Gestal- tung der freien Wohlfahrtspflege unter Ausschaltung jeglichen Konkurrenzkampfes vor sich gehen (vgl. Hans Flierl, 1992, S. 152 ff.).

2.2.5. Die Entwicklung der Verbände nach 1945

Nach der Katastrophe des Nationalsozialismus waren die organisierten Interessen daran interessiert, an ihre Tradition aus der Weimarer Republik anzuknüpfen (vgl. Michael Schneider in: Martin Sebaldt et al., 2004, S. 83). In den Trümmern des Zusammenbruchs von 1945 wandten sich manche Einrichtungen den Problemen der Flüchtlinge, Vertriebe- nen, Evakuierten und Heimkehrern zu. Die aufgelösten Verbände der freien Wohlfahrts-

10 Mit Ausschließlichkeit ist gemeint, das es neben sanktionierten Verbänden keine Formen freier gesellschaft- licher Interessenvertretung geben sollte. Zudem gehörten die Mitglieder der jeweiligen NS-Organisationen ihnen nicht freiwillig an, daher der Begriff Zwangsmitgliedschaft. Der Begriff Führerprinzip weist auf streng hierarchisch aufgebaute NS-Organisationen (vgl. Martin Sebaldt et al., 2004, S. 81 f.).

11 Die NSV wurde von den NSDAP-Mitgliedern E. Humbert und H. Kluge gegründet (vgl. Peter Hammer- schmidt, 1999, S. 135).

(23)

pflege wurden wieder gegründet. Manche Wohlfahrtsverbände befreiten sich von den Ein- flüssen, die ihnen aufgezwungen worden waren (vgl. Hans Flierl, 1992, S. 165 f.).

Insgesamt kann man die Reorganisation der Verbändelandschaft zu der Zeit in zwei Pha- sen einteilen: Von 1945 bis 1949 vollzog sie sich unter der Federführung der Besatzungs- mächte nach deren eigenen Vorstellungen. Dezentralisierung und Demokratisierung verur- sachten, dass Verbände sich erst lokal, dann zonal und später im überregionalen Rahmen gründeten. An Stelle der Zwangsmitgliedschaft entstand wieder freiwillige Mitgliedschaft.

Zudem wurden die Führerpositionen wieder durch Wahl und nicht durch Ernennung be- setzt. Die Etablierung des Verbandswesens in der Bundesrepublik wurde in einer zweiten Phase nach Staatsgründung 1949 abgeschlossen (vgl. Hans-Peter Ullmann in: Martin Se- baldt et al., 2004, S. 84).

Das Bestreben insgesamt, sich einer politischen Partei anzunähern, wurde aufgegeben und statt dessen eine Neutralitätsposition angestrebt, obwohl zugegen vereinzelt enge Bindun- gen zwischen Verbänden und Parteien bestehen (vgl. Michael Schneider in: Martin Sebaldt et al., 2004, S. 84). Die organisierten Interessen begannen sich analog zur Weimarer Repu- blik vielfältig zu organisieren (vgl. Hans-Peter Ullmann in: Martin Sebaldt et al., 2004, S.

84). Es wurde auch eine völlige Neufassung des Fürsorgerechts im Bundessozialhilfegesetz gebildet. Ebenso wurden die Ansätze für die kommunale Selbstverwaltung aus der Weima- rer Republik wieder aufgenommen und in die Gemeinden und Gemeindeverbände zu leis- tungsfähigen und selbstverantwortlichen Trägern ausgebaut (vgl. Hans Flierl, 1992, S. 166 f.).

Erst mit den zunehmenden Wirtschaftskrisen ab Mitte der Sechzigerjahre und den ent- standenen Frauen- und Studentenbewegungen wandelte sich das Bild. Das Verbandsspekt- rum fing an, sich zunehmend auszudifferenzieren und dementsprechend zu expandieren. Ab den Sechzigerjahren änderte sich auch die Methode der Einflussnahme von Verbandsspit- zen auf die Politik. Durch internes Lobbying12 wurden politische und persönliche Präferen- zen im Verbund mit den Parteispitzen geklärt. Von der bisher meist angewandten Methode, der publizistischen Drohung an Parteien durch Stimmenentzug, wurde abgesehen (vgl. Ul- rich von Alemann et al. in: Martin Sebaldt et al., 2004, S. 85). Die Verbändelandschaft hat

12 Lobbyismus ist eine Form der Interessenvertretung in der Politik, bei der Beamte und gewählte Volksvertre- ter durch Interessengruppen – den Lobbys – im direkten Kontakt gezielt angesprochen werden und indirekt die öffentliche Meinung über die Medien beeinflusst wird. http://de.wikipedia.org/wiki/Lobbyismus – 16.06.2006.

(24)

sich durch die Wiedervereinigung nicht entscheidend verändert (vgl. Martin Sebaldt et al., 2004, S. 85).13

Um ein Gesamtbild von der Geschichte der Verbände und der freien Wohlfahrtspflege zu erhalten, werden in der zweiten Tabelle Schlagwörter aus den verschiedenen Phasen wie- dergegeben.

Tabelle 2: Historische Entwicklung der Verbände in der Bundesrepublik

Frühes 19. Jahrhundert

- Französische Einflüsse bei der Bildung von ersten Verbänden - Vereinigungsflut nach 1800

- Restaurationsphase nach 1848

- Koalitionsfreiheit in Deutschland ab 1869

Kaiserreich und Erster Weltkrieg - Gründung zahlreicher Verbände

- Erste wesentliche Einflüsse in staatliche Angelegenheiten

- Zunehmende rechtliche und organisatorische Autonomie für Verbände

Weimarer Republik

- Konzentration der Verbände - Inkorporierung der Verbände

NS-Diktatur

- Entdifferenzierung der Verbände - Gleichschaltung der Verbände

Bundesrepublik Deutschland

- Rekonstruktion des Verbändesystems von der Weimarer Republik - Regionale Ausdehnung von Verbänden

- Ausdifferenzierung des Verbandsspektrums Quelle: Eigene Darstellung.

13 Dem Autor ist durchaus bewusst, dass über die Entwicklung der Verbände in der ehemaligen DDR ge- schrieben werden müsste. Um den zeitlichen Rahmen dieser Forschungsarbeit nicht zu sprengen, wird zumin- dest auf Literaturen zu diesem Thema hingewiesen: Hans Flierl, 1992, S. 167 f.; Karl Becher, 1985; Fried- rich-Ebert-Stiftung, 1980.

(25)

2.3. Systeme der Interessenvermittlung

Wie ist das System der Interessenvermittlung in der Bundesrepublik Deutschland konkret gestaltet? In welches System der Interessenvermittlung kann Deutschland eingeordnet wer- den? Um Antworten auf diese Fragen zu erhalten, werden zunächst die in den Fachliteratu- ren am häufigsten zitierten Idealtypen des Systems der Interessenvermittlung (Korporatis- mus und Pluralismus) vorgestellt und ihre wesentlichen Merkmale herausgearbeitet. Danach wird innerhalb einer Tabelle das System der Interessenvermittlung in der Bundesrepublik Deutschland und in anderen Industriestaaten in ein Gesamtsystem eingebettet. Dabei wird deutlich werden, dass das System der Interessenvermittlung in vielen Ländern von beiden Idealtypen abweicht. Zuletzt werden die zentralen Elemente erläutert, die das System der Interessenvermittlung in Deutschland kennzeichnen.14

2.3.1. Korporatismus versus Pluralismus

In vielen Studien wird zur Bestimmung des Begriffs Korporatismus von der Definition Phi- lippe Schmitters (in: Ulrich von Alemann et al., 1981, S. 94 f.). ausgegangen. Nach ihm versteht man unter Korporatismus:

„Ein System der Interessenvermittlung, dessen wesentliche Bestandteile organisiert sind in einer begrenzten Anzahl singulärer Zwangsverbände, die nicht miteinander in Wettbewerb stehen, über eine hierarchische Struktur verfügen und nach funktionalen Aspekten vonein- ander abgegrenzt sind. Sie verfügen über staatliche Anerkennung oder Lizenz, wenn sie nicht sogar auf Betreiben des Staates hin gebildet worden sind. Innerhalb der von ihnen vertretenen Bereiche wird von ihnen ausdrücklich ein Repräsentationsmonopol zugestan- den, wofür sie als Gegenleistung bestimmte Auflagen bei der Auswahl des Führungsperso- nals und bei der Artikulation von Ansprüchen und Unterstützung zu beachten haben.“

Philippe Schmitter (in: Ulrich von Alemann et al., 1981, S. 94) geht von den gleichen Merkmalen wie beim Begriff Korporatismus aus, um den Begriff Pluralismus zu erklären:

„Ein System der Interessenvermittlung, dessen wesentliche Bestandteile in eine nicht näher bestimmte Anzahl verschiedener, freiwilliger, in Wettbewerb stehender, nicht hierarchi- scher und autonomer (was die Art und Umfang des Interesses betrifft) Gruppen organisiert sind. Diese Gruppen besitzen weder eine besondere staatliche Lizenz, Anerkennung oder Unterstützung, noch sind sie auf staatliche Initiative hin gebildet worden oder unterliegen staatlicher Kontrolle hinsichtlich der Rekrutierung von Führungspersonal oder der Interes-

14 Das System der Interessenvermittlung wird auch Gegenstand der Untersuchung im nächsten großen Kapitel sein, allerdings wird der Bezugspunkt der Betrachtung in diesem Teilkapitel ein anderer sein: In Punkt 3.1.3.

wird primär der Einfluss des Systems der Interessenvermittlung in Hinblick auf die Umsetzung von Funktio- nen in Verbänden vor Augen gehalten.

(26)

senartikulation. Außerdem können sie kein Repräsentationsmonopol innerhalb der von ih- nen vertretenen Bereiche in Anspruch nehmen.“15

Demnach unterscheiden sich die beiden Idealtypen durch die Ausprägung folgender Merk- male:

• Existenz der Anzahl von organisierten Interessen

• Wettbewerb unter den organisierten Interessen

• Hierarchische und autonome Strukturierung bezüglich der Art und des Umfangs ihrer Interessen

• Funktionale Abgrenzung

• Verfügbarkeit von staatlicher Anerkennung und Unterstützung

• Kontrolle durch den Staat

• Verpflichtung gegenüber dem Staat

• Vorhandensein eines Repräsentationsmonopols

2.3.2. Neo-Korporatismus versus Neo-Pluralismus

Der Begriff Neo-Korporatismus knüpft an den älteren Begriff des Korporatismus an. Die begriffliche Anbindung an den älteren Korporatismus-Begriff wird damit begründet, dass den organisierten Interessen in demokratischen Wohlfahrtsstaaten verstärkt eine „interme- diäre“ Stellung zwischen Individuum und Staat zukommt (vgl. Helmut Voelzkow, 2003, S.

425).

Als intermediäre Organisationen (= Dritter Sektor) repräsentieren sie einerseits die Inte- ressen ihrer Mitglieder gegenüber dem Staat, andererseits aber verteidigen sie auch die poli- tischen Vereinbarungen und Zugeständnisse gegenüber ihren Mitgliedern, nach denen sie verhandelt haben. So kann der Unterschied zum „älteren“ Korporatismus-Begriff deutlich herausgearbeitet werden. Während der „ältere“ Korporatismus-Begriff für die Bezeichnung einer „tripartistischen“ Kooperation zwischen Staat, Unternehmerorganisationen und Ge- werkschaften verwendet wurde, werden heute verschiedene Formen der politischen Koope- ration von organisierten Interessen untereinander oder mit staatlichen Instanzen unter dem Begriff Neo-Korporatismus subsumiert (vgl. Helmut Voelzkow, 2003, S. 425 f.). Aus die- sem Blickwinkel betrachtet müssen Interessenverbände im Neo-Korporatismus einerseits

15 Vgl. dazu auch Wichard Woyke, 2003, S. 480 f.

(27)

mit den lebensweltlichen Orientierungen ihrer Mitglieder (= „innere“ Umwelt) und anderer- seits mit ihrer institutionellen Umwelt (= „äußere“ Umwelt)16 zurechtkommen (vgl. Philipp Schmitter in: Ulrich Alemann, 1981, S. 101 f.).

Im Gegensatz zum „älteren“ Begriff des Pluralismus, werden Verbände nicht mehr als „Ge- fahr“ für den Staat, seine souveräne Einheit und vermeintliche Homogenität betrachtet, son- dern vielmehr als legitime Teilhaber bei der Gestaltung des politischen Willensbildungspro- zesses (vgl. Ulrich von Alemann in: Martin Sebaldt et al., 2004, S. 30). Der Staat wird als arbeitsteilige Organisation begriffen, die aus der Gesellschaft erwächst und seine Grundlage ist (vgl. Winfried Steffanie in: Martin Sebaldt et al., 2004, S. 30).

Daraus folgernd ist für Ernst Fraenkel die Grundlage des Neo-Pluralismus die ausbalan- cierte Stellung von Individuum, Gesellschaft und Staat in den westlichen, demokratischen Ländern. Diese stellen keine von der Gesellschaft isolierten Individuen dar. Gleichzeitig erheben diese Institutionen nicht den Anspruch, die Leitung des Staates rechtlich privile- gierten Eliten und die Leitung der Wirtschaft rechtlich unkontrollierten Klassen zu überlas- sen. Um einer Vermassung vorzubeugen, gewähren westliche Demokratien ihren Bürgern eine uneingeschränkte Möglichkeit, sich in einer Vielzahl von Verbänden pluralistisch zu organisieren, zu agieren und kollektiv in das Staatsganze einzugliedern (vgl. Ernst Fraenkel in: Martin Sebaldt et al., 2004, S. 31).

Um das Verhältnis zwischen Verbänden und dem Staat zu verdeutlichen, haben Martin Se- baldt et al. eine anschauliche Grafik entwickelt. Das pluralistische System der Interessen- vermittlung bezeichnen sie als ein staatszentriertes Modell, während das korporatistische System der Interessenvermittlung als Verhandlungsmodell genannt wird.

16 Siehe in der vorliegenden Arbeit dazu auch Teilkapitel 4.1.1.

(28)

Abbildung 2: Pluralistische und neokorporatistische Muster der Staat-Verbände- Beziehungen im idealtypischen Vergleich

Pluralistisches Muster (Staatszentriertes Modell)

Neo-Korporatismus (Verhandlungsmodell)

Staat (Schiedsrichter)

Verband Verband Verband

Verband Staat Verband (Verhandlungspartner)

Partner der Selbstregulierung („Interessenregierungen“)

Quelle: Martin Sebaldt et al., 2004, S. 213, leicht modifiziert.

Die aufgeführten Idealtypen treten selten als solche in westlichen, demokratischen Ländern auf. Schmitter (in: Ulrich Alemann, 1981, S. 99) weist darauf hin, dass das Interessensys- tem in einem Land ganz verschieden strukturiert sein kann, abhängig von der Betrachtung der Lokal-, Provinzial-, Regional- oder gesamtgesellschaftlichen Ebene. Je nachdem, wel- che Ebene man betrachtet, können innerhalb derselben Ebene verschiedene Interessensekto- ren unterschiedlich organisiert sein und zudem andersartige Beziehungen zum Staat unter- halten. So gesehen kann ein Typ in einem Land vorherrschend sein, doch können verschie- dene Sektoren und Untersektoren, Klassen sowie Teile von Klassen, Regionen und deren Untergliederungen gleichzeitig nach anderen Prinzipien und Prozeduren verfahren.

2.3.3. System der Interessenvermittlung in der Bundesrepublik Deutschland

William Donald Coleman und Wyn Grant gehen – unter Berücksichtigung der Definitionen Philipp Schmitters – von zwei Kriterien aus, um ausgewählte Industriestaaten in ein Ge- samtsystem von Interessengruppen einzubetten: Differenzierung der Interessen organisierter Gruppen und Konkurrenz zwischen den organisierten Interessen. Wie in anderen Untersu- chungen17 ist nach Coleman und Grant in der Bundesrepublik das System der Interessen- vermittlung durch eine starke Differenzierung organisierter Interessen und geringe Konkur- renz unter ihnen gekennzeichnet. In der nächsten Tabelle wird dies ersichtlich.

17 Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Franz Traxler in einer seiner Studien (1998, S. 116).

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Tabelle 3: Interessen organisierter Gruppen im internationalen Vergleich

Differenzierung

Konkurrenz stark mittel gering

hoch Kanada, USA - Großbritannien

mittel - Schweiz Italien

niedrig Deutschland Schweden Österreich

Quelle: William Donald Coleman und Wyn Grant in: Karsten Ronit und Volker Schneider, 1997, S. 29 ff.

Der Tabelle gemäß kommen lediglich drei Länder den Idealtypen des Systems der Interes- senvermittlung nahe. Kanada und die USA können zu den pluralistischen Staaten zugeord- net werden, während Österreich ein typisches Beispiel für einen korporatistischen Staat darstellt. Coleman und Grant zählen die Bundesrepublik zu den Ländern mit einem neokor- poratistischen System der Interessenvermittlung. Interessant wird es sein, die korporatisti- schen Elemente im deutschen System der Interessenvermittlung näher zu untersuchen, da- mit die obige Zuordnung Deutschlands plausibler nachvollzogen werden kann.

In Deutschland nehmen Interessengruppen nicht nur als gesellschaftliche Organisationen von außen Einfluss auf den Staat, sondern sind bereits an der förmlichen Setzung (z. B.

Verwaltungsräte, Beiräte), Ausführungen (z. B. Wohlfahrtsverbände in der Sozialhilfe) und verbindlichen Auslegung (z. B. Benennung der Beisitzer in Arbeits- und Sozialgerichten durch Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften) von staatlichem Recht beteiligt. Es sieht so aus, als ob sie in den öffentlichen Bereich inkorporiert sind, um öffentlichen Entschei- dungen zusätzlich Legitimität zu verschaffen. Bei der Durchführung des Bundessozialhilfe- und Jugendwohlfahrtsgesetzen ist sogar die Mitwirkung der freien Wohlfahrtsverbände ge- setzlich vorgesehen (vgl. Wolfgang Rudzio, 2006, S. 82).

Darüber hinaus zeichnet sich mit dem EU-Binnenmarkt eine Konkurrenz seitens gewerb- licher Sozialunternehmen ab und die Interessenverbände üben indirekt öffentliche Entschei- dungsfunktionen aus, indem sie in zahlreichen öffentlichen Institutionen mit Selbstverwal- tung als erfolgreich kandidierende Gruppen auftreten (vgl. Wolfgang Rudzio, 2006, S. 83).

Die Elemente in Deutschland tragen – wie die obige Tabelle auch bestätigt – zwiespälti- gen Charakter. Auf der einen Seite beinhalten sie Mitbestimmung von Bertoffenen, Demo- kratisierung und entlasten durch ihre Tätigkeiten politische Parteien und Regierungen. Auf der anderen Seite aber bergen sie Gefahren der Mediatisierung und einer Einschränkung individueller Freiheit durch ihre Verselbstständigungstendenzen mit dem Ziel, privilegierter

(30)

und übermächtiger Interessenorganisation zu werden (vgl. Wolfgang Rudzio, 2006, S. 82 ff.).

2.4. Verbändelandschaft in der Bundesrepublik Deutschland

Um eine präzisere Aussage über die „Verbändedichte“ in der Bundesrepublik Deutschland machen zu können, wurde in den Siebzigerjahren eine Faustregel formuliert. Danach kom- men auf 1.000 Einwohner mindestens drei bis vier Interessengruppen. Dazu zählten nicht nur politisch aktive Verbände, sondern auch Gruppierungen, die in erster Linie der gruppen- internen Bedürfnisbefriedigung, wie bspw. Vereine und Selbsthilfegruppen, dienen (vgl.

Thomas Ellwein in: Martin Sebaldt et al., 2004, S. 93). Die Quantifizierung der Gesamtzahl bundespolitischer Verbände insgesamt ist zwar schwer, dennoch wurde sie Ende der Sieb- zigerjahre auf ca. 5.000 geschätzt. Unter Hinzunahme der jeweiligen Landesverbände er- höht sich die Zahl auf 20.000 (vgl. Jürgen Weber in: Martin Sebaldt et al., 2004, S. 93).

Aktuell bemisst sich die Zahl der bundesweit tätigen Verbände auf 4.00018 (vgl. Werner Reutter in: Martin Sebaldt et al., 2004, S. 93). Die Zahl der Bundesverbände hat sich durch die Wiedervereinigung kaum verändert. Es ist keine Neuordnung der Verbändelandschaft entstanden, vielmehr bedeutete die Wiedervereinigung einen Institutionentransfer von West nach Ost (vgl. Martin Sebaldt et al., 2004, S. 93).

Wenn man die Zahl der registrierten Interessengruppen in der Bundesrepublik vor Augen hält, ist seit den Siebzigerjahren ein eindeutiger Trend in Richtung Verbändeinflation zu erkennen (Tabelle 4).

Die Tabelle vier zeigt einen kontinuierlichen Anstieg der registrierten Verbände und deren Vertreter seit 1974. Parallel dazu ist im selben Zeitraum der Entwicklungsindex organisier- ter Interessengruppen zum Vorjahr permanent angestiegen (eine Ausnahme bilden dabei die Jahre 1992 und 1995). Damit wird ersichtlich, dass vermehrt Verbände in der Bundesrepu- blik Deutschland agieren. Doch aus der Tabelle enthält man keine Informationen darüber, in welchen Sektoren die Verbände versuchen, ihre Interessen an den entsprechenden Stellen durchzusetzen. Dazu kann uns die Tabelle 5 wichtige Informationen liefern.

18 Vgl. dazu auch Wolfgang Rudzio, 2006, S. 58.

(31)

Tabelle 4: Anzahl der registrierten Interessengruppen in der Bundesrepublik Deutschland

Jahr Zahl

Ent- wicklungs-

index

Jahr Zahl

Ent- wicklungs-

index

1974 626 100,0 1989 1442 227,1

1975 712 112,1 1990 1501 236,4

1976 769 121,1 1991 1578 248,5

1977 831 130,9 1992 1481 233,2

1978 889 140,0 1993 1530 240,9

1979 942 148,3 1994 1572 247,6

1980 996 156,9 1995 1538 242,2

1981 1036 163,1 1996 1614 254,2

1982 1104 173,9 1997 1631 256,9

1983 1161 182,8 1998 1673 263,5

1984 1192 187,7 1999 1675 263,8

1985 1230 193,7 2000 1691 266,3

1986 1287 202,7 2001 1732 272,8

1987 1330 209,4 2002 1760 277,2

1988 1376 216,7 2003 1788 281,6

Quelle: Martin Sebaldt, 2002, S. 284.

Die ersten Zahlen in den einzelnen Zellen (Tabelle 5) geben Informationen über die Anzahl der Verbände im jeweiligen Handlungssektor zwischen den Jahren 1974 und 1994. Wie aus der Tabelle zu entnehmen ist, gibt die zweite Zahl in den Zellen den prozentualen Anteil des entsprechenden Jahres zu den Verbänden spezifischer Sektoren wieder. Im Jahre 1994 versuchten v. a. Verbände aus dem ökonomischen Bereich, Einfluss auf die Politik auszu- üben, gefolgt von registrierten Lobbyisten, die im sozialen Bereich tätig sind. Einen größe- ren Abstand zu ihnen bilden Verbände, die im kulturellen Bereich angesiedelt werden. Ver- hältnismäßig geringer dazu ist die Anzahl der agierenden Verbände im politischen Hand- lungsfeld. Verbände im Bereich Umwelt und Freizeit sind weiter unten zu platzieren.

Nichtsdestotrotz ist die Anazahl der Verbände in allen Bereichen zwischen 1974 und 1994 unaufhaltsam gestiegen. Wohlfahrtsverbände, die in dieser Arbeit im Vordergrund stehen, wurden in der Tabelle unter dem Bereich Soziales mitgezählt. Dabei muss darauf hingewie- sen werden, dass eine endgültige Zuordnung nach Handlungsfeldern nicht immer vorge- nommen werden kann, zumal die Verbändelandschaft komplex gestaltet ist und daher man- che Verbände nicht immer exakt in eine Kategorie zugeordnet werden können19, dies ist u.

19 Als Beispiel hierfür können Gewerkschaften genannt werden.

(32)

a. abhängig von der Größe des Verbandes, von ihren Mitgliedertypen, Organisationsgrad, verfügbaren Ressourcen usw.

Tabelle 5: Repräsentierte Systemsektoren der zwischen 1974 und 1994 in den Lobbylisten verzeichneten Organisationen

Systemsektor Jahr (Absolutwerte und Prozentanteile)

1974 1978 1982 1986 1990 1994

Ökonomie

499 78,6

679 76,4

794 71,9

876 68,1

990 66,0

1014 64,5 Soziales

75 11,8

108 12,1

153 13,9

200 15,5

246 16,4

254 16,2 Kultur

31 4,9

54 6,1

90 8,2

119 9,2

151 10,1

179 11,4 Politik

17 2,7

23 2,6

30 2,7

42 3,3

45 3,0

46 2,9 Umwelt

9 1,4

16 1,8

22 2,0

29 2,3

43 2,9

48 3,1 Freizeit

4 0,6

9 1,0

15 1,4

21 1,6

26 1,7

31 2,0 Summe

635 100,0

889 100,0

1104 100,1

1287 100,0

1501 100,1

1572 100,1

Quelle: Martin Sebaldt, 1997, S. 79.

Darüber hinaus werden in manchen Literaturen andere Kriterien für die Einteilung der Ver- bände verwendet, bspw. politische Verbände (z. B. Arbeitgeberverbände) versus unpoliti- sche Verbände (z. B. Kleintierzüchterverein); öffentliche Verbände (z. B. Verband für Kaufleute und Dienstleister) versus private, autonome Verbände (z. B. TÜV) versus staats- abhängige Verbände (z. B. Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege auf Bundesebene);

bürokratisch-hierarchische Verbände (z. B. Greenpeace) versus dezentral, schwach institu- tionalisierte Verbände (z. B. Gartenverein) (vgl. Gabrial Almond et al., 1996, S. 71 ff.).

Wie Verbände in den einzelnen Handlungsfeldern sind Verbände aus dem Handlungsfeld Soziales Leben durch eine Vielzahl miteinander konkurrierender Verbände geprägt, die in drei Untergruppen eingeteilt werden können. Erstens sind dies Verbände, die von den ge- setzlichen Regelungen Betroffenen Sozialleistungsansprüche gegenüber dem Staat geltend machen. Zweitens gibt es die Großorganisationen, die selbst Sozialleistungen für andere

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