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„Die Schöpfung ist in Gefahr“

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Academic year: 2022

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Welche Ergebnisse erwarten Sie von der Konferenz in Bonn?

Ich erwarte, dass die Staaten wei- ter an der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens arbeiten. Mit Fidschi hat erstmals ein Staat die Präsidentschaft inne, der vom Klimawandel stark bedroht ist.

So wird hoffentlich noch ernst- hafter an Lösungen

gearbeitet. Auch das Ziel, den Tempera- turanstieg möglichst auf 1,5 Grad zu be- grenzen, könnte durch den Inselstaat stärker in den Fokus rücken.

Das Paris-Abkom- men ist als Mei- lenstein im Kampf gegen den Klima- wandel gefeiert worden. Was hat sich seitdem getan?

Das Übereinkommen von Paris wurde von 195 Staaten unter- zeichnet und inzwischen von 169 in Kraft gesetzt. Es ist ein bedeu- tender Schritt in die richtige Rich- tung. Bislang haben 163 Länder ihre national festgelegten Beiträ- ge zum Klimaschutz bei den Ver- einten Nationen eingereicht. Die bisherigen Selbstverpflichtungen reichen aber nicht aus. Sie müssen deutlich nachge- bessert werden.

Welche Entwick- lungen machen Ih- nen Hoffnung und müssten gestärkt werden?

In den USA geben viele Städte Anlass zur Hoffnung, die sich weiter für das Pariser Klimaab- kommen starkma-

chen – obwohl die USA aus dem Abkommen ausgestiegen sind.

Hoffnungsvoll sind auch tech- nische Entwicklungen, etwa bei Stromspeichern oder bei der wei- teren Verbesserung der Erneuer- baren Energien. Dadurch könnte der Treibhausgasausstoß spürbar gesenkt werden. Aus christlicher Sicht stimmen Papst Franziskus und seine Enzyklika Laudato si’

zuversichtlich. Die Anliegen die- ses bahnbrechenden Dokuments müssen auf allen politischen und kirchlichen Ebenen ernst genom- men und umgesetzt werden.

Wie werten Sie die Klimaschutz- Bemühungen in Deutschland?

Deutschland ist der zehntgröß- te Emittent von Treibhausgasen.

Schon deshalb muss die neue Bundesregierung deutlich mehr tun, um den Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent und bis 2030 um mindestens 55 Prozent zu sen-

ken. Dazu braucht es den Aus- stieg aus der Kohleverstromung, den weiteren Ausbau Erneuer- barer Energien und einer klima- neutralen E-Mobilität, die Stei- gerung der Energieeffizienz, den ökologischen Umbau der Land- wirtschaft sowie die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen.

Zudem muss Deutschland der Waldvernichtung in den Tropen und Subtropen entgegenwirken, die es durch den Import von Rind- fleisch, Soja, Palmöl und Tropen- holz mitverursacht.

Was müssen wir Christen jetzt von der Politik fordern?

Zusätzlich zu den genannten Maßnahmen müssen die gesetz- lichen Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass klima- schädliches Verhalten erschwert sowie klimafreundliches Han- deln erleichtert wird. Darüber hinaus muss Deutschland die global angerichteten Schäden be- heben oder wenigstens finanziell ausgleichen und die geschädig- ten Staaten und Menschen tech- nisch und finanziell dabei unter- stützen, sich an den Klimawan-

del anzupassen und die eigenen Emissionen zu senken.

Wie sähe eine radikal christliche Klimaschutzpolitik aus?

Eine radikal christliche Klima- schutzpolitik würde bei jedem Vorhaben danach fragen, ob es klimaverträglich ist oder nicht.

Wenn es dies nicht ist, dann sollte das Vorhaben unterbleiben oder zumindest so abgewandelt wer- den, dass die Schädigung auf das geringstmögliche Maß begrenzt wird. Eine solche Politik muss vor allem die Armen, die künftigen Generationen und die Natur be- rücksichtigen. Sie muss also glo- bal, langfristig und ganzheitlich ausgerichtet sein.

Wie müssen wir selbst unseren Lebensstil ändern, um konse- quent christlich zu handeln?

Wir müssen unseren ökologischen Fußabdruck Stück für Stück ver- kleinern. Dazu kann vieles bei- tragen: Flugreisen unterlassen, öffentliche Verkehrsmittel und das Rad benutzen, den Konsum verringern, auf Fleisch verzich-

ten, Müll vermeiden, regionale, saisonale und nachhaltig erzeug- te Lebensmittel kaufen, reparie- ren statt wegwerfen, zu einem klimafreundlichen Stromanbie- ter wechseln, bei Elektrogeräten und Leuchtmitteln auf eine hohe Effizienzklasse achten.

Warum geht uns Christen der Klimawandel besonders an?

Die globale Erwärmung bedroht unsere Lebensgrundlagen, uns Menschen selbst und unsere Mit- geschöpfe. Die Gläubigen tragen eine besondere Verantwortung für die uns allen anvertraute Erde und das Leben auf ihr. Sie sollen sich darum für die Bewahrung der Schöpfung einsetzen, die durch den menschengemachten Klimawandel in Gefahr geraten ist. Dieses Engagement für so- ziale Gerechtigkeit, für den Um- welt- und Klimaschutz ist, wie Papst Franziskus mehrfach unter- strichen hat, für Gläubige eine zentrale Verpflichtung, die sich unmittelbar aus dem christlichen Glauben ergibt.

Interview: Andreas Lesch

Nummer 44 | 5. November 2017

Kirche und Welt 3

ZO 3

leserbriefe

Am 6. November beginnt die Weltklimakonferenz in Bonn. Was muss dort pas- sieren? Wie sähe eine radikal christliche Klimapolitik aus? Und wie müssen wir unseren Lebensstil ändern? Umweltethiker Andreas Lienkamp gibt Antworten.

„Die Schöpfung ist in Gefahr“

Zur sache Klimakonferenz

Vom 6. bis 17. Novem- ber konferieren rund 25 000 Teilnehmer bei der UN-Klimakonferenz in Bonn. Die Präsidentschaft der Konferenz haben die Fidschi-Inseln. Auf der Inselgruppe im Pazifik hätten sich die Delegierten nicht versammeln können;

deshalb findet das Treffen in Bonn statt, am Sitz des UN-Klimasekretariats.

Die Teilnehmer werden verhandeln, wie das Pariser Abkommen von 2015 konkret angewandt werden soll. Herauskommen soll ein Regelbuch, das beim Klimagipfel 2018 in Polen verabschiedet werden soll.

ä Verwüstet: ein Dorf auf den Fidschi-Inseln nach dem Zyklon „Winston“ im Jahr 2016 | Foto: imago

Foto: privat

Andreas Lienkamp, Theologe und Umweltethi- ker an der Uni Osnabrück

Referenzen

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