• Keine Ergebnisse gefunden

Sozialverträgliche Arbeitnehmerüberlassung unter besonderer Berücksichtigung der Wiedereingliederung von Frauen

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Sozialverträgliche Arbeitnehmerüberlassung unter besonderer Berücksichtigung der Wiedereingliederung von Frauen"

Copied!
5
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Sozialverträgliche Arbeitnehmerüberlassung unter besonderer Berücksichtigung der Wiedereingliederung von Frauen

aus Sicht der wissenschaftlichen Begleitforschung

Beitrag zur Arbeitsmarktpolitischen Konferenz

"Zeitarbeit als alternativer Brückenschlag für die Eingliederung in den Arbeitsmarkt"

am 16. November 1999 in Erfurt

Meine Damen und Herren,

ich beschäftige mich inzwischen seit mehr als neun Jahren mit sozialverträglicher Arbeitnehmerüberlassung und seit fast fünf Jahren mit den Dienstleistungspools und -agenturen, die ja eben in der Diskussion auch bereits angesprochen worden sind.

Normale Forschungsthemen werden in einem solchen Zeitraum häufig langweilig, aber ich kann Ihnen versichern, daß mir dies mit den beiden genannten Themen keineswegs so geht. Und das liegt daran, daß ich nach wie vor oder trotz aller Schwierigkeiten sogar immer stärker davon überzeugt bin, daß diese Ansätze sinnvoll sind und große Potenziale bieten, die noch keineswegs ausgeschöpft sind.

Dies will ich im folgenden vor allem für die sozialverträgliche Arbeitnehmerüberlassung unter besonderer Berücksichtigung der Wiedereingliederung von Frauen ausführen, die im Mittelpunkt der heutigen Konferenz steht.

In meiner Doktorarbeit habe ich vor einigen Jahren geschrieben:

"Wenn man davon ausgeht, daß die Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt häufig nicht die Folge individueller Qualifikations- defizite, sondern genereller Vorbehalte der Betriebe ist und die spezifi- sche Funktion von sozialverträglicher Arbeitnehmerüberlassung nicht vorrangig in der Vermittlung formaler Qualifikationen, sondern in der Überwindung betrieblicher Vorbehalte besteht, müßte diese Frauen be- sonders gute Wiedereingliederungschancen eröffnen."

(2)

Die Richtigkeit dieser These wird durch die Erfahrungen mit dem Frauenprojekt bei der GeAT eindrucksvoll unterstrichen. Wir haben heute bereits gehört, daß Frauen deutlich häufiger als Männer von Entleihbetrieben in feste Beschäftigung übernommen werden. Der Frauenanteil an den Übernahmen liegt mit 45 % deutlich über dem Anteil von Frauen an den Leiharbeitkräften insgesamt (30 %). Ähnliche Erfahrungen hat auch START Zeitarbeit in Nordrhein-Westfalen gemacht, wenn auch auf einem insgesamt deutlich niedrigeren Niveau.

Es bleibt also festzuhalten: Wenn es erst einmal gelungen ist, Frauen als Leihar- beitskräfte in Betrieben unterzubringen, dann haben sie sehr gute Chancen, in feste Beschäftigung übernommen zu werden.

ABER: Es ist im Rahmen der sozialverträglichen Arbeitnehmerüberlassung offenbar keineswegs einfach, überhaupt Arbeitsplätze für Frauen zu akquirieren.

Schaut man sich die bisher erreichten Frauenanteile unter den Leiharbeitskräften an, dann liegen diese sowohl bei der GeAT als auch bei START Zeitarbeit NRW deutlich unter dem Anteil der Frauen an den Arbeitslosen insgesamt.

Woran liegt das? Aus meiner Sicht sind die Ursachen sehr vielschichtig und auf verschiedenen Ebenen zu verorten:

1. die Branchenschwerpunkte der Zeitarbeit: Im gewerblichen Sektor, wo Frauen sehr viel seltener beschäftigt sind als Männer, wird häufiger auf Zeit- arbeitskräfte zurückgegriffen als im Dienstleistungssektor, in dem die meisten Frauen beschäftigt sind.

2. Betriebsgrößen und betriebswirtschaftliche Effizienz: Frauen arbeiten häufig eher in kleineren Betrieben. Somit ist eine gezielte Ansprache von kleinen und mittleren Betrieben notwendig, um Arbeitsplätze für Frauen zu akquirieren. Diese Akquisition ist arbeitsaufwendig, weil viele Klinken geputzt werden müssen. Und am Ende kommen oft nur wenige zusätzliche Einsätze heraus, weil KMU selten mehr als einen Arbeitsplatz zu besetzen haben. Die Akquisition in Großbetrieben bringt dagegen oftmals Einsätze für mehrere Leiharbeitskräfte. Aufwand und Ertrag stehen hier in einem günstigeren Ver- hältnis. Das ist besonders relevant für die betriebswirtschaftliche Effizienz der Arbeitnehmerüberlassung.

3. konkurrierende Alternativen: In Bereichen, in denen viele Frauen beschäftigt sind, wie z.B. im Einzelhandel stehen den Betrieben andere Möglichkeiten zur Verfügung, schwankenden Personalbedarf abzudecken - z.B. geringfügige Be-

(3)

schäftigung, Aushilfen, Arbeit auf Abruf und ähnliches. Diese Alternativen sind für die Betriebe noch flexibler und vor allem kostengünstiger als Zeitarbeit. Und solange sie keine Probleme haben, auf diesen Wegen zusätzliches Personal zu rekrutieren, solange also genug Frauen da sind, die bereit sind, auf dieser Basis zu arbeiten, werden diese Betriebe kaum auf die Idee kommen, Zeit- arbeit zu nutzen.

4. die Flexibilität und Mobilität der Arbeitskräfte: Zumindest von den Frauen- disponentinnen bei START Zeitarbeit NRW wurde uns berichtet, daß ein Teil der Bewerberinnen nur an Teilzeitarbeit interessiert war - und zwar (wegen der Öffnungszeiten von Kindergärten und Schulen verständlicherweise) überwie- gend vormittags. Die Betriebe suchen aber oftmals Vollzeitarbeitskräfte oder flexible Teilzeitbeschäftigte auch für nachmittags. Da sich beide Seiten nicht flexibel zeigen wollten oder konnten, sind hieran Einstellungen gescheitert. Ein weiteres Problem ist mit etwas weiter entfernt liegenden Arbeitsstätten aufge- treten. Da die Frauen oftmals kein Auto haben, sind sie auf die öffentlichen Verkehrsverbindungen angewiesen. Wenn aber keine Busse oder Bahnen fahren oder der Anfahrtsweg dadurch sehr lang dauert, können Einsätze auch hieran scheitern. Und nicht zuletzt berichten die START-DisponentInnen von generellen Vorbehalten vieler Frauen gegenüber Zeitarbeit.

Ich denke, daß diese Faktoren, die eine Erhöhung des Frauenanteils bei Zeitarbeit insgesamt hemmen, nicht so ohne weiteres ausgeräumt werden können. Denn es handelt sich ganz überwiegend um strukturelle Probleme, die auch die Chancen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt insgesamt beeinträchtigen. Die Lösung oder Verringe- rung dieser Probleme entzieht sich somit weitgehend dem Einfluß der Personaldispo- nentinnen und -disponenten.

Am leichtesten zu lösen ist wohl das Problem der persönlichen Vorbehalte gegenüber einer Tätigkeit als Zeitarbeitskraft. Diese können nach den bisherigen Erfahrungen durch eine ausführliche Beratung und die Betonung des Wiedereingliederungszieles meist schnell beseitigt werden.

Ich komme nun zu meinen Empfehlungen: Erfolgreich kann Arbeitnehmerüberlassung offenbar vor allem in Bereichen sein, in denen keine große Reserve von billigeren Aushilfskräften zur Verfügung steht, weil z.B. besondere Qualifikationen erforderlich sind. So ist denn auch meine erste Empfehlung, Schwerpunkte in solchen Bereichen zu setzen und zu versuchen, hier besondere Kompetenz zu entwickeln:

(4)

• durch eine gezielte Ansprache von Betrieben z.B. im Pflegebereich oder in der IT- Branche und

• durch eine Kooperation mit Arbeitsämtern und Bildungseinrichtungen, um auch entsprechend qualifiziertes Personal bereitstellen zu können.

Für innovativ halte ich im übrigen in diesem Kontext auch die bei der GeAT offenbar - in Ansätzen bereits erprobte Kombination von Arbeitnehmerüberlassung an Betriebe mit der Erbringung von Dienstleistungen in Privathaushalten.

Bei meiner zweiten Empfehlung muß ich differenzieren. Offenbar sind mit Arbeitneh- merüberlassung unter den Frauen eher diejenigen zu erreichen, die relativ flexibel und mobil sind. Daraus könnte man zwar den Schluß ziehen, sich vor allem auf diese Gruppe zu konzentrieren. Aber das hieße gleichzeitig, sich denjenigen zuzuwenden, die wahrscheinlich auf dem Arbeitsmarkt eher bessere Chancen haben. Und das kann aus meiner Sicht nicht Sinn sozialverträglicher Arbeitnehmerüberlassung sein. Daher lautet meine zweite Empfehlung diesbezüglich, obwohl ich weiß, daß dies schwierig ist:

• Es sollte weiter versucht werden, in besonderem Maße auch schwervermittelbare Frauen zu erreichen, sie einerseits zu unterstützen, flexibler und mobiler zu werden, und andererseits auch in den Betrieben dafür zu werben, mehr Rücksicht auf besondere Flexibilitätswünsche zu nehmen. Sie können ja im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung zunächst risikolos erproben, ob z.B. neue Arbeitszeitmodelle tatsächlich funktionieren. In diesem Sinne müßte die sozialver- trägliche Arbeitnehmerüberlassung weiterhin bzw. sogar verstärkt als "Mittlerin"

wirken und die Erprobung innovativer Lösungen fördern.

Ich will dies kurz mit einem Beispiel verdeutlichen: M.W. stellen z.B. viele Call Center keine Frauen ein, die nur vormittags arbeiten wollen, obwohl es grundsätzlich durch- aus möglich wäre, dies zu realisieren, denn es werden ja auch am Vormittag Arbeits- kräfte benötigt. Um trotzdem die notwendige Besetzungsstärke über den Tag oder sogar rund um die Uhr zu realisieren, sollten Beschäftigte aus verschiedenen Gruppen mit unterschiedlichen Arbeitszeitpräferenzen eingestellt werden. So haben z.B.

Studentinnen und Studenten oftmals eher Interesse an Arbeitseinsätzen am Abend.

Aus diesen beiden Empfehlungen wird nochmals deutlich, daß die Erhöhung des Frauenanteils bei sozialverträglicher Arbeitnehmerüberlassung ein schwieriges Geschäft ist. Aber steter Tropfen höhlt bekanntlich den Stein. Und so denke ich, daß es wichtig und richtig ist, daß das Bundesfrauenministerium Ansätze wie die Frauen-

(5)

projekte bei START und der GeAT unterstützt - insbesondere auch, um den höheren Aufwand bei der Akquisition von Arbeitsplätzen in KMU ein Stück weit auszugleichen.

Durch die Arbeit der Frauenprojekte -

• die Beratung und Motivierung von Frauen,

• durch die Überzeugungsarbeit in den Betrieben und die guten Erfahrungen, die viele Betriebe bereits mit Frauen machen konnten, die sie als Zeitarbeitskräfte eingesetzt haben, und

• durch die Öffentlichkeitsarbeit, die Gewinnung von Multiplikatorinnen sowie die Bildung von Netzwerken -

sind aus meiner Sicht gute Voraussetzungen geschaffen worden, damit zukünftig noch mehr Frauen - sowohl absolut als auch prozentual - vom Instrument sozialver- träglicher Arbeitnehmerüberlassung profitieren können - bei der GeAT in Thüringen, bei START in Nordrhein-Westfalen und auch bei weiteren Initiativen in anderen Regionen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

ten spätestens alle 90 Minuten eine halbe Stunde Pause ohne Masken ­ aus hygienischen Gründen und zur Entlastung der Haut.. Keime haben leichtes Spiel Wird die

Sie sind Schmerzmittel oder Hustenstiller, aber auch gegen Durchfall wirksam.. Opioide können

Die seit Frühjahr 2016 amtierende neue Führungsrie- ge unter KP-Chef General Nguyen Phu Trong will alles andere als den Export einer kommunistischen Leh- re, die ohnehin seit

Aber wenn jetzt das vierte, fünfte Kind auf der Welt ist und die Frauen keine Angst mehr haben müssen, dass die, die sie bereits haben, sterben werden, dann wollen sie keine

Die Verhandlungen haben sich oft über Monate hingezogen, was nicht zuletzt auch ein Grund dafür ist, daß ein nicht unerheblicher Teil der Initiativen erst Ende 1995 seine

Wenngleich START in der Form einer landesweit agierenden Gesellschaft nach wie vor ein- zigartig in Deutschland ist, so haben die Erfahrungen doch dazu beigetragen, dass das

Mit dieser „Bewährungsprobe unter Echtheitsbedingungen“ kann, und dies soll über- haupt nicht beschönigt werden, eine hohe Belastung für Arbeitslose verbunden sein, die

Unter dem Patienten befindet sich eine Kunststoffplatte, die mit Haltenuten an der Box fixiert ist und einen sicheren Stand im Bett, auf einem weichem OP-Tisch oder