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WERNER SCHWABS ADAPTATION VON

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USTAV GERMANSKYCH STUDII

WERNER SCHWABS ADAPTATION VON

ARTHUR SCHITZLERS uREIGENu

Vypracoval: Stepan Nekut

Vedoucf: Prof. PhDr. Jiff Stromsfk, CSc.

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2. ARTHUR SCHNITZLER UND DER ORIGINAL-REIGEN

2.1. Arthur Schnitzler - eine typische Gestalt der Jahrhundertwende 2. 2. Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte von Schnitzlers Reigen

2. 2. 1. Entstehungsgeschichte von Reigen

2.2.2. Rezeptionsgeschichte von Original-Reigen 2.3. Die Analyse des literarischen Texts von Reigen

2. 3. 1. Der Nebentext 2. 3. 1. 1. Der Titel 2. 3. 1. 2. Die Szenen titel 2. 3. 1. 3. Regieanweisungen 2. 3. 2. Der Haupttext

2. 3. 2. 1. Die Konfigurationsstruktur 2. 3. 2. 2. Die Handlung

2. 3. 3. Zum Sprachgebrauch in Reigen

3. WERNER SCHWAS UND SEINE COVER-VERSION

3. 1. Eine typische Gestalt des Medienzeitalters: Werner Schwab 3. 2. Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte von Reigen-Coverversion

3. 2. 1. Entstehungsgeschichte von Reigen-Coverversion 3. 2. 2. Rezeptionsgeschichte von Reigen-Coverversion

- 8 - - 8 - - 16- - 16 - - 19- - 22- - 22- - 22- - 24- - 25- - 30- - 30- - 31 - - 33-

- 39- - 39- - 47- - 47- - 49- 3.3. Analyse des literarischen Texts von Reigen-Coverversion -51 -

3. 3. 1. Der Nebentext - 51 -

3. 3. 1. 1. Der Titel - 51 -

3. 3. 1. 2. Die Szenen titel - 53 -

3.3. 1.3. Regieanweisungen - 55-

3. 3. 2. Der Haupttext - 65 -

3. 3. 2. 1. Die Konfigurationsstruktur - 65 -

3.3.2.2. Die Handlung - 65 -

3. 3. 3. Zum Sprachgebrauch in DER REIZENDE REIGEN nach dem Reigen des REIZENDEN

HERRN ARTHUR SeHNITZLER - 67 -

4. ZUSAMMENFASSUNG

- 73-

5. RESUME

- 80-

LITERATURVERZEICHNIS

- 85-

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1. Einleitung

Als ich vor Jahren in Österreich lebte und studierte, entwickelte sich bei mir eine Zuneigung zu diesem kleinen, aber an Kultur, Geschichte und

außerordentliche Persönlichkeiten reichen Land, die mich auch während meines Germanistik-Studiums immer wieder zur österreichischen Literatur

zurück führte. Eines Tages hatte mich ein Freund auf den in der Tschechischen Republik damals noch wenig bekannten Dramatiker Werner Schwab

aufmerksam gemacht. Bei der Durchsicht seiner Bibliographie fiel mein Auge auf den Titel DER REIZENDE REIGEN nach dem Reigen des REIZENDEN HERRN

ARTHUR SCHNITZLER und ich erinnerte mich sofort an das Original von Arthur

Schnitzier - das Thema einer Seminararbeit war sofort da. Im Laufe der Zeit mutierte es jedoch zu einer Diplomarbeit.

Arthur Schnitzier war immer einer meiner Lieblingsautoren, für seine sprachliche Leichtigkeit die die Heiterkeit des österreichischen und Wiener Geistes innehat und die mit einer unverwechselbaren Ehrlichkeit der

Gesellschaft oft gerade das zeigt was sie nur ungern sieht. Dagegen war Werner Schwab ein mir völlig unbekanntes Gebiet. Schon nach der Lektüre erster Repliken von Präsidentinnen war mir klar, dass es sich um ein

besonderes literarisches und vor allem sprachliches Phänomen handelt. Die tschechische Aufführung von ANTIKLIMAX in Divadlo Komedie im Sommer 2004 hat mir diesen ersten Eindruck bestätigt. Als ich dann später auf DER

REIZENDEN REIGEN stieß, begann ich nach Materialien zu suchen. Als Ziel der

Arbeit sah ich vor allem einen Versuch, die beiden Werke zu vergleichen, wobei die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Adaptation von Schwab auf der Grundfläche der Originalanalyse projiziert werden. Ausgangspunkte für diesen Vergleich bilden die Lebensläufe beider Autoren und die

Entstehungs- und Rezeptionsgeschichten beider Werke. Zu diesem Zwecke

teilt sich diese Arbeit in zwei Hauptabschnitte. Der erste widmet sich Arthur

Schnitzler und seinem Reigen der zweite beschäftigt sich mit Werner Schwab

und seinem Cover-Stück, das in Berücksichtigung der Analyse der Vorlage

untersucht wird.

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Ich war natürlich nicht um die Materialien zu Arthur Schnitzier besorgt. Es gibt zahlreiche Publikationen. Zur Erforschung des Autors selbst wurden vor allem die Bücher von Michaela L. Perl mann Arthur Schnitz/er, Giuseppe Farese

Arthur Schnitz/er. Ein Leben in Wien

1862 - 1931 sowie die Autobiographie

Jugend in Wien

und die Tagebücher von Schnitzier herangezogen.

1

Was die Erforschung der Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte von Reigen angeht stützt sich die Arbeit vor allem auf den Doppelband von Alfred Pfoser und Kristina Pfoser-Schewig, sowie auf zahlreichen Artikeln, Essays und Studien.

Bei Werner Schwab war die Lage völlig anders, da sich noch heute, etwa dreizehn Jahre nach seinem Tod, nicht viel an Literatur vorfinden lässt.

Schließlich bin ich auf den Sammelband von Gerhard Fuchs und Paul

Pech mann aus dem Jahre 2000 gekommen, der unter anderem auch eine umfangreiche Bibliographie zu seinen Werken enthält.

2

Zur Beschreibung seines Lebens enthält dieser Sammelband noch gewissermaßen genug Informationen. Die Entstehungs- bzw. Rezeptionsgeschichte von Werner Schwabs Adaptation musste jedoch zumeist aus einzelnen Artikeln und Studien rekonstruiert werden.

Bereits hier ergab sich, dass diese beiden Werke, die vom Umfang her eher als Kleinwerke bezeichnet werden könnten, mehr als den Stoff und die Form gemeinsam haben. Die Geschichte von Arthur Schnitzlers Reigen wurde wie keines seiner Werke durch unzählige Skandale begleitet und wurde

letztendlich Gegenstand eines Gerichtsprozesses. Skandale oder zu viel Aufmerksamkeit waren im Zusammenhang mit den Werken von Werner Schwab und mit seinem Auftreten an der Tagesordnung. Der Reizende

Reigen gelangte schließlich auch in den Gerichtssaal, obwohl der Anlass ein

1 Wagner, Renate: Arthur Schnitz/er. Eine Biographie, Verlag Fritz Molden, Wien/München/Zürich/New York 1981.

Farese, Giuseppe: Arthur Schnitz/er. Ein Leben in Wien 7862 - 7937, Verlag C. H. Beck, München 1999.

Schnitzler, Arthur: Jugend in Wien. Eine Autobiographie, Aufbau-Verlag, Berlin/Weimar 1985.

Arthur Schnitzler: Tagebuch. 1879 - 1892. Unter Mitwirkung von Peter Michael Braunwarth, Susanne Petrlik und Reinhard Urbach, hrsg. von der Kommission für literarische

Gebrauchsformen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Obmann: Werner Welzig, Wien 1987.

2 Fuchs, Gerhard und Pechmann, Paul: Werner Schwab, Literaturverlag Droschl, Graz/Wien 2000.

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anderer war, nämlich der der Schnitzler-Erben, die unter Plagiatverdacht das Werk für Veröffentlichungen - sowohl dramatisch umgesetzte als auch

gedruckte - sperren wollten.

Mit der Untersuchung der dramatischen Struktur der bei den Werke, die jeweils den Kapiteln über die Entstehung und Rezeption folgt werden auch

die hauptsächlichen Unterschiede und Besonderheiten erläutert und die Frage angeschnitten, inwieweit es sich bei Schwabs Adaptation um ein eigenständiges Werk handelt inwieweit sich der Plagiatverdacht der Familie Schnitzier bestätigt. Die Analyse der spezifischen dramatischen Konstruktion der zwei Dialogreihen wird an hand des Handbuchs von Manfred Pfister Das

Drama. Theorie und Analyse vorgenommen.3

In den jeweils letzten Kapiteln der beiden Hauptabschnitte konzentriert sich die Arbeit auf die Besonderheiten des Sprachgebrauchs beider Autoren im Kontext von Reigen bzw. Der reizende Reigen. Dabei wird unter anderem auch die Tatsache berücksichtigt dass die Sprache für die beiden Autoren einen unterschiedlichen Charakter besitzt und dem nach auf der

Gesamtwirkung des Stücks im unterschiedlichen Maße beteiligt ist.

Im letzten Kapitel werden die Erkenntnisse dieser Arbeit

zusammengefasst die Unterschiede und Gemeinsamkeiten des Reigen- Originals und der Adaptation erläutert.

3 Pfister, Manfred: Das Drama. Theorie und Analyse, 11. Auflage, Wilhelm Fink Verlag, München 2001.

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2. Arthur Schnitzler und der Original- Reigen

2.1. Arthur Schnitzler - eine typische Gestalt der Jahrhundertwende

Arthur Schnitzler wurde am 15. Mai 1862 als Sohn von Johann und Luise Schnitzler geboren. Seine Familie stellte in Wien, wo Arthur Schnitzler aufwuchs und bis auf vereinzelte Ausnahmen sein ganzes Leben verbrachte, eine typische Familie des jüdischen Großbürgertums dar. Sein Vater Johann Schnitzler (1835 - 1893) hatte sich, einer Tischlerfamilie aus Ungarn entstammend, "hochgearbeitet", als er zuerst seinen Lebensunterhalt während seines Medizinstudiums in Wien als Privatlehrer verdiente, um später einer der besten Experten in seinem Fach zu werden. Als er 1861 die aus einer wohlhabenden, alteingesessenen jüdischen Familie kommende Luise

Markbreiter (1838 - 1911) heiratet sind die ersten Schritte für den gesellschaftlichen Aufstieg getan. Ihr Vater war ebenfalls Mediziner und ebnete dem Schwiegersohn den Weg für eine steile Karriere. Johann Schnitzler spezialisierte sich auf Laryngologie und wurde einer der bekanntesten Kehlkopfspezialisten seiner Zeit. In seiner gut besuchten Praxis empfing er nicht nur wohlhabende Mitglieder des Adels, sondern auch viele Spitzen der Wiener Bühnen, die ihn wegen ihrer spezifischen,

berufsbedingten Beschwerden aufsuchten.4

Neben der Praxis machte sich Johann Schnitzler in der medizinischen Fachwelt durch Veröffentlichung zahlreicher Artikel einen Namen.5 1872 ist er einer von den zwölf jungen Dozenten, die die Wiener Poliklinik gründen, welche er dann von 1884 bis zu seinem Tod 1893 als Direktor leitet. In dieser Position ist er zahlreichen

antisemitischen Attacken ausgesetzt ein Problem, das Arthur Schnitzier in seinem Drama Professor Bernhardi später aufgreift, das zugleich als ein Portrait seines Vaters,

4 Diese Beziehungen des Vaters ermöglichen dem jungen Arthur Schnitzler später nicht nur Burgtheater-Vorstellungen aus der Loge zu verfolgen, sondern einen selbstverständlichen Umgang mit Schauspielern zu pflegen. Zu regelmäßigen Patienten und guten Freunden des Hauses gehört z. B. auch Adolf von SonnenthaL der berühmte Schauspieler. Renate Wagner leitet in ihrem Buch von dieser Tatsache ab, dass es Arthur Schnitzler gerade deswegen zum Drama zieht. Vgl. Wagner, Renate: Arthur Schnitz/er. Eine Biographie, Verlag Fritz Molden, Wien/München/Zürich/New York 198 L S. 22f.

5 Er hatte die Redaktion der" Wiener Medizinischen Presse" von seinem Schwiegervater übernommen und gab später eine eigene medizinische Fachzeitschrift heraus, die

"Internationale Klinische Rundschau". Die Redaktion dieser von ihm begründeten Zeitschrift gab er 1887 an seinen Sohn Arthur weiter.

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eines an vielen Gebieten überaus fleißigen und erfolgreichen Mannes, als eine Ehrenerweisung gedacht worden ist,6

Aber nicht nur der allgegenwärtige Antisemitismus wird von Arthur Schnitzler in diesem Mediziner-Drama thematisiert, sondern auch das Problem, mit dem er selbst lange Jahre kämpfte: Der Beruf des Arztes bezieht sich nicht nur auf einen

Lebensbereich, sondern auf die gesamte Lebensauffassung, Arzt sein heißt nicht nur Mediziner sein, sondern umfasst auch noch teilweise aus unserer heutigen Sicht ein Lebensmodell, das mit moralischen und ethischen Werten verbunden ist, Arthur Schnitzlers Vater Johann war mit Leib und Seele Arzt, Für ihn war die Entscheidung, Arzt zu werden, keine Berufswahl, sondern eine Berufung, Eine der

Haupteigenschaften eines Arztes war in seiner Sicht die Liebe zum Menschen, ein Arzt muss heilen und helfen können ohne Rücksicht auf Reichtum, Nationalität oder Konfession,

Diese hohen, vom Vater formulierten, mit dem Beruf des Arztes verbundenen Ansprüche stellten für Arthur Schnitzler ein Lebensproblem dar, Erstens sieht er sich nicht unbedingt für diesen Beruf bestimmt zweitens entwickelt sich bei ihm die immer stärker werdende Tendenz zu einem Künstlerdasein, Beides wurde später von seinem Vater nicht nur ungern, sondern auch mit gewisser Gekränktheit, mit einem öfters in Auseinandersetzungen am Familientisch mündenden Widerstand hingenommen,

Als Arthur Schnitzler am 15, Mai 1862 geboren wurde, waren seine Eltern bereits in der Wiener Gesellschaft etabliert, Seinem Vater war der soziale Aufstieg in die höhere Bürgerschicht gelungen, Seine Karriere kann als typisch für den Ehrgeiz und Assimilierungswillen der jüdischen Zuwanderer betrachtet werden.? Ebenfalls typisch für den sozialen Status der Familie Schnitzler ist der häufige Umgang mit Künstlern, Im Hause Schnitzler herrschte eine künstlerfreundliche Atmosphäre, wie sie nicht ungewöhnlich ist für eine großbürgerliche Familie am Ende des neunzehnten Jahrhunderts, Klassische Ideale der liberalen Weltanschauung sind Bildung und materielle Sicherung des Lebensunterhalts, Diesen Werten getreu werden die

Geschwister Schnitzler, Arthur, Julius (1865 - 1939) und Gisela (1867 - 1953) erst durch Privatlehrer unterrichtet, Die bei den Knaben wechseln später ans Akademische Gymnasium, Durch den Beruf des Vaters und den des Großvaters mütterlicherseits

6 Schnitzler, Arthur: Professor Bernhardi, in: ders,: Das dramatische Werk, ungekürzte Ausgabe Bd, 11, Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1993, S, 337 - 463,

7 Vgl. Stromslk, Jiff: Schnitzlerovy vfdenske diagn6zy, in: Od Gimmelshausena k Dürrenmattovi, Verlag H&H, Jinocany 1994, S, 90,

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scheint den bei den männlichen Nachkommen die Medizinerlaufbahn vorherbestimmt,

Nach der Matura, die Arthur Schnitzler 1879 mit Auszeichnung bestanden hat begann er im Herbst desselben Jahres folglich auch mit dem Studium von Medizin, In seiner Autobiographie, die er in seinen Fünfzigern niederschreibt kommentiert er seine Studienwahl, sofern man von einer Wahl überhaupt sprechen kann,

folgendermaßen:

In ernsterem Sinne freilich wirkten das Vorbild meines Vaters, mehr noch die ganze Atmosphäre unseres Hauses von frühester Jugend auf mich ein, und da ein anderes während meiner Gymnasialzeit überhaupt nicht in Frage gekommen war, ergab es sich als ganz selbstverständlich, dass ich mich im Herbst 1879 an der medizinischen Fakultät der Wiener Universität immatrikulieren ließ, Eine wirkliche Begabung oder auch nur ein auffallendes Interesse nach der naturwissenschaftlichen Seite hin war bis zu diesem Moment keineswegs bei mir zu konstatieren gewesen,8

Wie schon oben angedeutet befriedigte das Medizinstudium trotz des väterlichen Vorbilds den werdenden Dichter Arthur Schnitzler nur wenig, Dank der Tatsache, dass Schnitzler bereits zu dieser Zeit fleißig und ausführlich Tagebuch schrieb, lässt sich nachvollziehen, welch eine geringe Rolle das Studium in seinem Leben darstellte, Seine Immatrikulation erwähnt er überhaupt nicht, Erst einen Monat nach Beginn des Studiums beschreibt er seinen üblichen Tagesablauf:

Im allgemeinen verbummi' ich und verthu ich ohne rechten innern und äußern Fortschritt die Zeit, bin auch matt gestimmt und empfinde eine gewisse Leere, Abgesehen davon, dass ich die Gegenstände, denen ich alsspec. Studium einige Zeit schenken sollte, höchst flau behandle, komm' ich auch in anderm nicht recht vorwärts, 9

Auch in weiteren Aufzeichnungen kann man den eigentlichen Mangel an Interesse entnehmen, der jedoch nicht nur das Studium, sondern vielmehr das gesamte Leben von Arthur Schnitzler bis in seine späten zwanziger Jahre nicht verlässt, Die Orientierungslosigkeit die Lustlosigkeit und Mattigkeit die in dem Fin de

8 Vgl. Stromslk, Jil'f: Schnitzlerovy vfdenske diagn6zy, in: Od Gimmelshausena k Dürrenmattovi, Verlag H&H, Jinocany 1994, S. 95.

9Tagebucheintrag vom 08, 11. 1879, in: Schnitzler, Arthur: Tagebuch. 7879 - 7892, unter

Mitwirkung von Peter Michael Braunwarth, Susanne Petrlik und Reinhard Urbach, hrsg. von der Kommission für literarische Gebrauchsformen der Österreichischen Akademie der

Wissenschaften, Obmann: Werner Welzig, Wien 1987. S. 13.

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siecle nicht nur das bestimmende Lebensgefühl war, sondern auch der sehr sensiblen und grübelnden Persönlichkeit von Arthur Schnitzler entspricht müssen als Indizien ausgelegt werden, dass er mit dem eingeschlagenen Weg unzufrieden ist. Seine schriftstellerische Produktion umfasst dagegen schon zu diesem Zeitpunkt ein beachtliches Korpus von 23 fertig geschriebenen und 13 begonnenen Dramen.lO

Arthur Schnitzler war jedoch zu dieser Zeit durch sein naturwissenschaftlich orientiertes Studium noch stark an die bürgerliche Lebensauffassung seines Vaters gebunden. Der Zwiespalt zwischen seiner schriftstellerischen Tätigkeit und der im Studium vertretenen naturwissenschaftlichen Lehre löste sich für Arthur Schnitzler nur in wenigen Momenten auf: Er interessierte sich sehr für Psychologie, für die neu entdeckte Lehre vom Unbewussten, und unternahm eigene Hypnose-Versuche, um diesem Unbewussten näher zu kommen. Sigmund Freud und Arthur Schnitzler haben in einem Abstand von sechs Jahren zum Teil bei den gleichen Professoren in Wien Medizin studiert. Aus der gleichen medizinischen Schule kommend, gelangen sie beide auf verschiedenen Wegen zu einer ähnlichen Auffassung vom Menschen.

Dass der Mensch seinen Trieben unterworfen ist ist eine Auffassung, die Freud und Schnitzler teilten, und die auch in dem Reigen eine wichtige Rolle spielt.11

Arthur Schnitzler war also ein Schriftsteller und ein Mediziner, der den zeitgenössischen Forschungsergebnissen verbunden war. Seine Auffassung vom Menschen begründet sich aus dieser Verbindung. Auch später verfolgte er mit Interesse Sigmund Freuds Forschungsergebnisse und verarbeitete sie in seinen Werken, wobei wiederum Freund Schnitzlers Werke nicht nur mit Gefallen, sondern auch mit professionellem Auge las.12 Dennoch kann auch das Interesse für die Psychologie seine Zweifel am begonnenen Medizinstudium nicht dauerhaft unterdrücken. Die nach wie vor als unüberbrückbar empfundene Diskrepanz zwischen der Medizin und dem Schreiben bringen Schnitzler noch über Jahre in ein ambivalentes Spannungsfeld zwischen diesen bei den Polen. Er selbst ist sich dessen bereits 1880 bewusst:

10 Schnitzler, Arthur: Jugend in Wien. Eine Autobiographie, Aufbau-Verlag, BerlinjWeimar 1985, S.104.

11 Vgl. Couch, Lotte S.: Der Reigen: Schnitz/er und Sigmund Freud, in: Österreich in Geschichte und Literatur, hrsg. vom Institut für Österreich kunde in Wien, 16. Jg. (1972), H 4, S. 217 - 227.

121n seinem Glückwunschschreiben zu Schnitzlers 60. Geburtstag schreibt Freud: U ' " ich habe immer wieder, wenn ich mich in Ihre schönen Schöpfungen vertiefe, hinter deren poetischen Schein die nämlichen Voraussetzungen, Interessen und Ergebnisse zu finden geglaubt die mir als die eigenen bekannt waren." Zit. nach: Metz/er Autoren Lexikon, Verlag J. B. Metzler, StuttgartjWeimar 1997, S. 732.

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Ich mag wie viel immer über den innigen Zusammenhang zwischen Medizin und Poesie meditieren - es bleibt doch wahr, dass man nicht zu gleicher Zeit ein ganzer Poet und ein ganzer Mediziner sein kann. Hin und Hergeworfen zwischen Wissenschaft und Kunst bringe ich zu keinem von beiden mein ganzes Ich mit und werde in der Arbeit durchs Dichten, im Dichten durch die Arbeit gestört. Dazu interessiert mich die ganze Sache mehr, als ich jemals erwartet. Andererseits spür ich, sobald ich die Poesie eine zeitlang vernachlässige - eine M Heimweh, innere Verwirrung, Traurigkeit, womit übrigens noch nicht gesagt ist, dass sich zu gleicher Zeit Begeisterung, Inspiration einstellt. 13

Wie aus diesen Zeilen ersichtlich ist, ist er sich jedoch nicht sicher, wie es sich eigentlich mit seinem künstlerischen Talent hat. Obwohl er unermüdlich schafft, ist er sich der dilettantischen Qualität seiner frühen Werke bewusst. (Auch der vorsichtig lobende Brief des Familienfreundes SonnenthaI, der ein dreiaktiges Lustspiel Aus der Mode des jungen Autors zur Lektüre vorgelegt bekommt, vermag an dieser Tatsache wenig zu ändern. So schreibt Schnitzler noch 1887 in einem Brief an Olga Waissnix über seine Furcht eine KünstlernatuL aber kein Künstler zu sein, sich wie "Raphael ohne Hände" fühlend.)14

Nachdem er das Medizinstudium ohne nennenswerte Vorkommnisse mit der Promotion im Juni 1885 beendet hat hört dieser innere Kampf nicht auf. In den folgenden Jahren häufen sich die Bemerkungen über eine Art Zerrissenheit zwischen seinem medizinischen Beruf und seiner literarischen Berufung. Besonders in dem intensiven Briefwechsel mit Olga Waissnix, der, wenn auch unerfüllten, Liebe seines Lebens, die er 1886 in Meran kennen lernte, verleiht Schnitzler seiner Unzufriedenheit Ausdruck:

Ich werde alt - Mir fangen die Bücher und meine Schreibereien an lieber zu werden als die Welt. - Ein rechter Mediziner bin ich doch nicht. Aber sagen Sies nicht weiter. Die Leute sind mir ekelhaft - alles um mich herum! 15

13 Tagebucheintrag vom 08. 11. 1879, in: Schnitzler, Arthur: Tagebuch. 7879 - 7892, unter Mitwirkung von Peter Michael Braunwarth, Susanne Petrlik und Reinhard Urbach, hrsg. von der Kommission für literarische Gebrauchsformen der Österreich ischen Akademie der

Wissenschaften, Obmann: Werner Welzig, Wien 1987, S. 91.

14 Brief von Arthur Schnitzler an Olga Waissnix, 28.01. 1887, in: Arthur Schnitzler und Olga Waissnix. Liebe, die starb vor der Zeit. Ein Briefwechsel, hrsg. von Therese Nicki und Heinrich Schnitzler, Wien/München/Zürich 1970, S 145.

15 Brief von Arthur Schnitzler an Olga Waissnix, Ende September 1888, in: Arthur Schnitzler und Olga Waissnix. Liebe, die starb vor der Zeit. Ein Briefwechsel, hrsg. von Therese Nicki und Heinrich Schnitzler, Wien/München/Zürich 1970, S. 120.

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Die achtziger Jahre sind für den jungen Dichter in Hinblick auf sein später zur Veröffentlichung gelangendes Werk maßgeblich. Denn in diesen Jugendjahren verkehrt er in Salons, Cafes, auf Bällen, wo er allmählich, aber um so tiefer die Grundsätze, Charakteristika und - was für sein folgendes Werk von besonderer Wichtigkeit ist - die Hintergründe des gesellschaftlichen Verkehrs kennen lernt und einsaugt welche sich durch sein gesamtes Werk als ein fast ununterbrochener roter Faden zieht. Zu dieser Zeit ist Arthur Schnitzler bereits Assistent seines Vaters an der Poliklinik in Wien und eröffnet am Burgring eine eigene kleine Praxis. Seine literarische Arbeit wird, nicht zuletzt auch durch Ermutigungen von Olga Waissnix und anderer Freunde, gleichzeitig disziplinierter.

1889 ist für Schnitzler ein entscheidendes Jahr seiner schriftstellerischen

Laufbahn. Einige seiner Erzählungen, der dem Anato/-Zyklus anzurechnende Einakter Episode und einige Gedichte erscheinen in der Zeitschrift An der schönen blauen Donau. Gerade in dieser Zeit des ersten Erfolges als Autor wird es für Schnitzler

zunehmend schwerer, die beiden Gegenpole in seinem Leben weiter miteinander zu vereinbaren. Trotz eines starken Widerwillens gegen den medizinischen Beruf ("ich habe das entschiedene Gefühl, daß ich .. , ethisch einen Blödsinn begangen habe, indem ich Medizin studierte ") und des damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Selbstzweifels ("ich weiß es noch nicht". ob in mir ein wahres Talent für die Kunst steckt"), löst Arthur Schnitzler auch nach dem Tod seines Vaters 1893 diese Zerrissenheit in seinem Leben nicht auf. Er kann sich nie wirklich von dem Beruf des Arztes trennen und diese Einstellung legt er auch in seinem Drama Professor Bernhardi in den Mund des Karrieristen Prof. Dr. Flint in den Mund: "Nämlich, alles kann man aufhören zu sein, Arzt - nie. "16

Für die Jahrhundertwende auch nicht ungewöhnlich ist die Tatsache, dass Schnitzler vorerst einen bürgerlichen Beruf erlernt und ausübt bevor er sich auf die künstlerische Laufbahn begibt wobei er keineswegs der einzige ist. 1890, als die Ansätze zu einem literarischen Verein sichtbar werden, lernt er auch seine künftigen nächsten Freunde Hugo von HofmannsthaI, einen Romanisten, der seine

wissenschaftliche Karriere zu Gunsten der Schriftstellerei aufgibt sowie den Juristen Richard Beer-Hofmann kennen. Schnitzler selbst schließt sich einer Tradition der

16 Schnitzler, Arthur: Professor Bernhardi, in: ders. Das dramatische Werk, ungekürzte Ausgabe Bd. 11, Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1993, S. 450.

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schriftstellernden Ärzte wie Theophrast von Hohenheim, Friedrich Schiller oder Georg Büchner an, über die er sich im Reigen selbst lustig macht.

DAS SÜSSE MÄDEL: Ich hab glaubt, Robert du bist ein Doktor.

DER DICHTER: Wieso? Ich hab dir doch gesagt, daß ich Schriftsteller bin.

DAS SÜSSE MÄDEL: Die Schriftsteller sind doch alle Dokters.17

Auch das erste berühmte Werk, Anato/, ein Zyklus von Einaktern, gehört in diese Zeit. Der Held Anatol, der die Liebe als ein nie zu Ende gehendes Spiel versteht wird immer wieder mit dem eigentlichen Leben des Autors verbunden. Wo ein

Liebesabenteuer zu Ende geht fängt gleich wieder ein neues an. Dieses Merkmal finden wir für die Schnitzlerschen Männerfiguren sehr häufig vor. Die weiblichen Gestalten sind jedoch nicht um vieles besser, denn obwohl sie sich zunächst naiv, ja gar einfältig verhalten, ist dies ein gewollter Schleier, der ihnen nur noch mehr Sinnlichkeit verleiht sie aber moralisch keineswegs in ein besseres Licht stellt. Allen zusammen ist dann eine Hohlheit und Langeweile der Seele gemeinsam, die sich unter der Oberfläche ihrer Handlungsweisen verbirgt denn sie sehen

"Gegenwärtiges, schon im Augenblick des Erlebens, als vergangen" .18 Seien es die unendlichen Liebschaften Anatols, der Koitus als das einzige Ziel der Figuren im Reigen oder die gelangweilten Aristokraten, die sich ihr eigenes Ende vorspielen lassen in Der grüne Kakadu. Die Grundlage für die Maskenhaftigkeit dieser Figuren, in der sich das Ineinanderfließen von Ernst und Spiel, von Leben und Lüge vollzieht wurde bereits in Schnitzlers Kindheit gelegt. Etwa als er während einer Vorstellung Margarethe von Dr. Schmidt welcher den Mephisto sang, von hinter den Kulissen aus begrüßt worden war, oder als während einer anderen Vorstellung einer Operette von Strauß der Tenor Szika der Familie Schnitzler einen Besuch in der Loge

abgestattet hatte.19

Von den zeitgenössischen Autoren hebt sich Schnitzler dadurch ab, dass er seine Gestalten, welche im Sinne der Freudschen Tieferforschung der Seele und des Unbewussten verfasst wurden, nicht direkt moralisch verurteilt dass er aufgrund dieser Gestalten keine Weltbesserungstheorien entwirft. Indem Schnitzler seine

17 Schnitzler, Arthur: Reigen, in: ders.: Das dramatische Werk, ungekürzte Ausgabe Bd. 11, Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1993, S. 365.

18 Scheible, Hartmut: Arthur Schnitzler in Selbstzeugnissen und Bifddokumenten, Rowohlt Taschenbuchverlag, Reinbeck bei Hamburg, 1976, S. 33.

19 Schnitzler Arthur: Jugend in Wien. Eine Autobiographie, Aufbau-Verlag, BerlinjWeimar 1985, S. 24 f.

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Protagonisten auf die Bühne stellt sie schlicht und einfach ohne jeglichen

Kommentar wirken lässt tritt ihre Verdorbenheit und Oberflächlichkeit umso klarer hervor.

Solche Charakteristika trägt auch Schnitzlers prosaisches Werk, das von

zahlreichen Erzählungen (z. B. Sterben 1892, Der Tod des Junggesellen 1907) bis zum Roman (Der Weg ins Freie, 1908) reicht und in den zwei psychologischen Novellen Leutnant Gustl (1900) und Fräulein Else (1924) kulminiert. Beide bedienen sich des inneren Monologs - von Schnitzler im Leutnant Gustl in die deutschsprachige Literatur eingeführt - der den Leser in kürzester Zeit in die Psyche des Helden eintauchen lässt und ihn darin unbeirrbar orientiert. Wiederum zeigt sich das Talent des Autors, die Charakterzüge der Figuren schlicht hinzuschreiben und die Verdorbenheit der Figuren bzw. der sie umgebenden Welt ohne weiteres nur durch das Vorhandensein dieser Charakterzüge zu enthüllen. Dadurch, dass er oft nicht nur normale

Situationen beschreibt sondern sich in extreme Lebenslagen begibt (Sterben, Duell, Tod bzw. Sex), werden gerade die wahren, die natürlichsten Beweggründe des menschlichen Verhaltens hervorgezogen, welche in gewöhnlichen Situationen durch Intellekt und gesellschaftliche Konventionen, also durch ein Spiel, gedeckt und

kontrolliert werden.20 Sein von Freud bewundertes psychologisches Talent besteht darin, dass Konfliktsituationen scheinbar unbedeutenden Impulsen entspringen, unter der Oberfläche heranreifen zu lassen, um sie in den richtigen Momenten umso

entwaffnender ans Tageslicht zu bringen. In dem in Reigen stattfindenden, durch alle soziale Schichten gehenden Spiel mit dem eindeutigen Ziel, das noch in der ersten Szene ein Herumreden um den heißen Brei zu sein scheint zeigt sich durch seine Wiederholung, dass Antrieb und Zweck dieses Verhaltens und der ganzen damit verbundenen Rederei nur die Befriedigung der Libido ist welche dadurch nun mehr auf belanglose, hohle Phrasen und Pose entwertet wird.

Schnitzlers Werk ist vor allem durch feine psychologische Ausarbeitung der Figuren und dadurch auch der Umstände charakteristisch. Er war ein gnadeloser Realist und Kritiker der Welt der er selbst entstammte. Die Generation, welcher Schnitzler angehört und die als sog. Moderne der Jahrhundertwende bezeichnet wird, hat mehrere Strömungen zusammengeführt - z. B. Symbolismus,

Impressionismus, Dekadenz u. ä. In dieser Mischung einen Platz für Schnitzler zu finden ist nicht einfach, denn bei ihm können, wegen seiner allgemeinen positivistischen

20 Vgl. Stromsfk, Jiff: Schnitzlerovy vfdenske diagn6zy, in: Od Gimmelshausena k Dürrenmottovi.

Verlag H&H, Jinocany 1994, S. 97.

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Wissenschaftler- und Beobachternatur, auch Bindungen zum Naturalismus festgestellt werden, In diesem Kontext kommt die treffendste Charakterisierung Schnitzlers Werks von ihm selbst wenn er erklärt er "schreibe Diagnosen" ,21

2.2. Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte von Schnitzlers Reigen

2. 2. 1. Entstehungsgeschichte von Reigen

Wenn Schnitzler als der Meister der Kleinform bezeichnet wird, betrifft dies vor allem zwei seiner Werke - nicht zuletzt weil diese beiden Werke ihm selbst schwierige Zeiten brachten, Eines dieser Werke ist Leutnant Gustl, in dem er den inneren Monolog in die deutschsprachige Literatur einführt das zweite ist Reigen, 1896 ist Arthur Schnitzler am Anfang seiner schriftstellerischen Laufbahn, hat jedoch als Dramatiker bereits seine ersten Erfolge hinter sich, Nach den Uraufführungen von Das Abenteuer seines Lebens am 1 , Dezember 1893 und der Liebelei, des Stücks, das für seine Karriere ausschlaggebend war, wurde Schnitzler nicht nur in den literarisch-dramatischen Kreisen als Talent bekannt sondern auch in der Öffentlichkeit als ein Autor berühmt dessen Stücke Skandalpotential innehaben,

Dieses sich in der Wiener Gesellschaft etablierenden Rufs des Autors ist sich auch der damalige Burgtheater-Direktor Max Burckhard bewusst der den jungen Dramatiker mag und ihn in einem Gespräch, das Schnitzler in seinem Tagebuch notiert zur weniger skandalösen Produktion auffordert:

Schreiben S' doch einmal was ganz Anständiges, damit die Leut nicht sagen können, Sie können nichts anderes, Das die L(iebelei) ein schönes Stück (ist) können auch Ihre Feinde nicht abstreiten - aber sie sagen: Wir werden sehen, ob er auch was andres kann, Und Sie könnens sicher - schreiben S' doch so was - und schlagen S' ihnen so den Säbel aus der Hand,22

21 Zit, nach: Metzler Autoren Lexikon, Verlag J, B, Metzler, StuttgartjWeimar 1997, S, 733,

22 Tagebucheintrag vom 19,05,1896, in: Arthur Schnitzler: Tagebuch, 7879 - 7892, unter

Mitwirkung von Peter Michael Braunwarth, Susanne Petrlik und Reinhard Urbach, hrsg, von der Kommission für literarische Gebrauchsformen der Österreichischen Akademie der

Wissenschaften, Obmann: Werner Welzig, Wien 1987, S, 191,

(17)

Diese Bemerkung Burckhards überrascht und verstimmt Schnitzler, der sich wahrscheinlich den kontroversen Charakter seiner Texte nicht wirklich zugestanden hatte, nicht nur ihrer Offenheit wegen, sondern auch, weil der Dichter selbst der Meinung ist dass diese Bemerkung ihre Richtigkeit haben mag. Mit einem Schlag fragt er sich jedoch gleich, ob und warum die Leute nicht damit zufrieden seien, was ein Künstler am besten kann.23

In diesem Jahr, wo Karl Kraus sich der Griensteidl-Gruppe gegenüberstellt und einen Zeitungskrieg erklärt schreibt Schnitzler in der ersten Hälfte sein neu

begonnenes Stück Freiwild fertig und beginnt am 23. November "einen Hemicyclus von zehn Dialogen", von dem er am 27. November bereits "mit Laune" die vierte Szene verfasst.24 Mit den unschuldigen Dialogen mit durchaus stichigem Unterton kommt Schnitzler schnell voran, die Gefahr ihrer Wirkung wird ihm jedoch bereits in der Entstehungsphase klar. Seine Bedenken äußert er in einem Brief vom 7. Jänner 1897 an den Direktor des Deutschen Theaters Berlin, Otto Brahm:

Ich arbeite jetzt übrigens auch zu Zeiten - zehn Dialoge. eine Bunte Reihe; aber etwas Unaufführbareres hat es noch nie gegeben.25

Obwohl Schnitzler eine bewegte Periode seines Lebens erlebt in der seine Geliebte vor dem Dilemma steht zwischen ihrer Karriere samt Umzug nach Deutschland und dem Zusammenleben mit Schnitzler in Wien wählen zu müssen, wobei sich Schnitzler dem Zusammenleben gar nicht so positiv gegenüberstellt kommt die Arbeit am Uebesreigen, wie er die Dialogenreihe nennt schnell voran. So kann er am 24. Feber feststellen, dass der Uebesreigen abgeschlossen ist und liest ihn im März zum ersten Mal seinen Freunden vor. Diese Lesung wird ein großer Erfolg.

Daher entscheidet sich der Autor, es mit der Veröffentlichung doch zu versuchen und verschickt sein Manuskript an seinen Verleger Samuel Fischer. Ihm gefällt zwar das Werk sehr gut nach der Beratung mit seinem Rechtsanwalt Dr.

Albert Osterrieth, empfiehlt er Schnitzler jedoch aus Angst vor den deutschen Behörden, den Dialogenzyklus als privat gedrucktes Manuskript in Österreich zu

23 Ebd.

24 Ebd. S. 226 und 227.

25 Zit. nach: Farese, Giuseppe: Arthur Schnitz/er. Ein Leben in Wien 7862 - 7937, Verlag C. H.

Beck, München 1999, S. 75.

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veröffentlichen,26 Vorher nimmt Schnitzler noch eine kleine, aber wichtige Änderung vor, Auf Anraten des deutschen Theaterkritikers Alfred Kerr, dem er das Werk 1899 ebenfalls zur Beurteilung schickt verkürzt er den Titel von Uebesreigen auf Reigen, damit im Zusammenhang mit dem bereits so kontroversen Stück keine weiteren unnötigen Missverständnisse entstehen können, So erscheinen im Feber 1900 auf Schnitzlers Kosten zweihundert Exemplare von Reigen, die nicht für den Verkauf bestimmt sind und die der Autor mit einem polemischen Vorwort versieht,

Ein Erscheinen der nachfolgenden Scenen ist vorläufig ausgeschlossen, Ich habe sie nun als Manuskript in Druck gegeben; denn ich glaube, ihr Wert liegt anderswo als darin, daß ihr Inhalt den geltenden Begriffen nach die Veröffentlichung zu verbieten scheint, Da jedoch die Dummheit und böser Wille immer in der Nähe sind, füge ich den ausdrücklichen Wunsch beL dass meine Freunde, denen ich dieses Manuskript gelegentlich übergeben werde, es durchaus in diesem Sinne behandeln und als ein bescheidenes, ihnen persönlich zugedachtes

Geschenck des Verfassers aufnehmen mögen,27

Doch die zwei Hundert die während der nächsten drei Jahre unter den Freunden des Autors zirkulieren, verbreiten den Namen des Buches schon bald in ganz Europa, wobei ein richtiger Skandal vorerst ausbleibt, Der erlesene Kreis beurteilt Reigen als außerordentlich geglückt und Arthur Schnitzler überlegt sich wiederum eine Veröffentlichung dieses Stücks,

Anfang 1903 fragt er deshalb erneut bei Samuel Fischer nach den Plänen bezüglich Reigen, welcher ihm im Feber antwortet:

Lieber Herr Doktor! Ich habe den Reigen noch einmal gelesen, aber ich bin auch jetzt zu der Überzeugung gekommen, daß an eine Veröffentlichung in Deutschland nicht zu denken ist, Ich glaube auch nicht, ob dieses Werk unbeanstandet in Österreich erscheinen könnte, Aber das müssen die Wiener Verleger besser wissen ,28

Schnitzler ist mit diesem Rat nicht zufrieden und nach der Beratung mit seinen Freunden Hugo von Hofmannsthai und Richard Beer-Hofmann, die ihn in einem köstlichen Brief, überschrieben "lieber Pornograph ", zu einer Veröffentlichung

26 Vgl. Briefe von Dr, Albert Osterrieth und Samuel Fischer, in: Pfoser, Alfred/Pfoser-Schewig, Kristina/Renner, Gerhard: Schnitzlers Reigen, Bd, I, Der Skandal, Analysen und Dokumente, Fischer Taschenbuchverlag, Frankfurt am Main 1993, S, 209 f,

27 Zit, nach: Scheible, Hartmut: Arthur Schnitzler in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, RowohltTaschenbuchverlag, Reinbeck bei Hamburg, 1976, S, 67,

28Zit, nach: Farese, Giuseppe: Arthur Schnitzler, Ein Leben in Wien 7862 - 7937, Verlag C, H, Beck, München 1999, S, 77,

(19)

geradezu anstiften, wendet er sich im März an den Wiener Verlag von Fritz Freund, wo Reigen am 2, April 1903 in der ersten Auflage auch erscheint,29 Alle Exemplare werden in kurzer Zeit ausverkauft, doch der Wiener Verlag geht 1911 in Konkurs und die Reigen-Rechte gehen an den Verlag J, Singer & Co, über, wo das Werk 1913, obwohl unter dem Namen des Wiener Verlages, wiederum erscheint, 1914 werden die zehn Dialoge noch im Benjamin Harz Verlag in Wien und Berlin veröffentlicht, wobei sie eine Auflage von fünfundsiebzigtausend erreichen, Der anfangs eine distanzierte Stellung einnehmende Samuel Fischer Verlag erwirbt erst 1931 die Rechte an dieses Werk,3D

2.2.2. Rezeptionsgeschichte von Original-Reigen

Im März 1904 wurde Reigen zum ersten Mal beschlagnahmt, Zu der Zeit hat das Werk sein erstes Jahr als öffentliches Kulturgut hinter sich, das vom Entsetzen mancher Kollegen des Autors und allgemeiner Entrüstung gekennzeichnet ist, Diese

Entwicklung nimmt Schnitzler bereits im März vorweg, als er sich zu Karl Kraus' Reaktion auf die Verleihung des Bauernfeldpreises in sein Tagebuch notiert:

Beim Reigen wird es nett werden!31

Die Rezensenten waren natürlich unterschiedlicher Meinung, was die Wirkung des Buches betrifft, Das Gegnerlager sprach von Frivolität die Befürworter konterten mit aufklärerischen und desillusionierenden Effekten, Auf bei den Seiten fielen starke Wörter, und so hieß es in einem Artikel, die Gedankenstriche seien bei "diesen Sauspielen " die Hauptsache; im anderen wiederum, dass der Leser, welcher das

29 Vgl. Brief von Hugo von Hofmannsthai und Richard Beer-Hofmann an Arthur Schnitzler, 15, Feber 1903, in: Pfoser, Alfred/Pfoser-Schewig, Kristina/Renner, Gerhard: Schnitzlers Reigen, Bd, I, Der Skandal, Analysen und Dokumente, Fischer Taschenbuchverlag, Frankfurt am Main 1993, S, 213 f,

30 Eine tschechische Übersetzung kam ein Jahr nach der Buchausgabe des Originals, Schnitzler, Arthur: Kolo: deset dialogu, übersetzt von R, V. Boubela, Brno 1904.

Weiters wurde der Reigen noch 1986 auf Tschechisch herausgegeben. Schnitzler Arthur: Rej, übersetzt von Josef Balvfn, Dilia Verlag, Praha 1986.

31 Tagebucheintrag vom 26. 03.1903, in: Arthur Schnitzler: Tagebuch. 7903 - 7908, unter Mitwirkung von Peter Michael Braunwarth, Susanne Petrlik und Reinhard Urbach, hrsg. von der Kommission für literarische Gebrauchsformen der Österreich ischen Akademie der

Wissenschaften, Obmann: Werner Welzig. Wien 1987, S. 22.

(20)

Buch nur erotisch versteht "ein Trottel, ein versumpfter, indifferenter Lackei" sei.32 Wie auch immer, das Büchlein wurde über Jahre hinweg Gegenstand von Zensur,

Verboten und befand sich ständig unter der Lupe der Behörden sowie selbsternannter Moralisten,

Obwohl Schnitzler eine Aufführung immer kategorisch ablehnte, kam es bereits während der ersten Entrüstungswelle, die sich in der deutschsprachigen Presse und Öffentlichkeit nach der Reigen-Veröffentlichung erhob, zur Inszenierung der Dialoge 4,5,6, Die Veranstaltung war ein großer Erfolg, Doch der inszenierende Akademisch-dramatische Verein der Münchner Universität wurde, nicht zuletzt unter dem Druck negativer Rezensionen der ausnahmsweise im gleichen Ton

schreibenden Befürworter und Gegner, vom Senat der Universität aufgelöst,

Schnitzlers Freund Hermann Bahr plante auf den 8, November 1903 eine öffentliche Lesung der Dialoge, Da er diese Absicht nicht verheimlichte, wurde die Lesung vom Wiener Verlag zur Werbekampagne bei Buchhändlern ausgenützt und Bahr von Karl Kraus als Möchtegern-Märtyrer und Schmarotzer kritisiert, Schließlich weckte dieser Plan auch die Aufmerksamkeit der Behörden, welche die Lesung durch das am 1, November heraus gegebene Verbot unterlassen hatten, Von allen diesen

Veranstaltungen distanzierte sich Arthur Schnitzler, blieb bei seinem ursprünglichen Entschluss und lehnte alle Angebote einer Reigen-Aufführung zwischen den Jahren 1903 - 1918 ab,

1919 erhielt Schnitzler ein Angebot vom Direktor des Deutschen Theaters Berlin, Max Reinhardt das er nach Beratung mit Samuel Fischer annahm, Zur gleichen Zeit verhandelte er auch über eine Aufführung im Wiener Volkstheater, Max Reinhardt lässt jedoch einige Aufführungstermine platzen, und Schnitzler verliert das Vertrauen:

Von Reinhardt das übliche Telegramm mit Ausreden etc, Premiere angeblich Mitte März, Reigen mein ich, 33

Im Sommer resignierte Max Reinhardt auf seine Funktion und der Reigen- Vertrag ging an Felix Holländer über, Doch dieser war am Reigen weniger interessiert und bat Schnitzler um Zustimmung, das Stück dem Kleinen Schauspielhaus Berlin

32 Pfoser, Alfred/Pfoser-Schewig, Kristina/Renner, Gerhard: Schnitzlers Reigen, Bd, I, Der Skandal, Analysen und Dokumente, Fischer Taschenbuchverlag, Frankfurt am Main 1993, S, 51 und 255,

33 Zit, nach: Pfoser, Alfred/Pfoser-Schewig, Kristina/Renner, Gerhard: Schnitzlers Reigen, Bd, 11, Oie Prozesse, Analysen und Dokumente, Fischer Taschenbuchverlag, Frankfurt am Main 1993, S,27,

(21)

unter der Leitung von Gertrud Eysoldt zu überlassen, Schnitzler war einverstanden, obwohl sein allgemeines Interesse abgeflaut war, Am 23, Dezember 1920, etwa zwei Stunden vor der Premiere, traf im Kleinen Schauspielhaus Berlin eine die Aufführung von Reigen verbietende einstweilige Verfügung ein, Die Leitung der Bühne entschied sich jedoch, teilweise auch aus ökonomischen Gründen, das Stück dennoch zu spielen, Die danach folgenden Kritiken konzentrierten sich mehr auf die Verbote und Skandale als auf die Qualität der Aufführung, Auch Alfred Kerr nahm dazu Stellung:

Darf man Stücke verbieten? - Nicht mal, wenn sie schlecht geschrieben sind und schlecht gespielt werden; (was ein Standpunkt sein könnte). Hier aber ist ein reizendes Werk, - und es wird annehmbar gespielt. Der Erfolg war gut die Hörerschaft wurde nicht schlechter davon. Und die Welt ist, zum Donnerwetter, kein Kindergarten. 34

Wenig später, am 1, Feber 1921, fand auch in den Wiener Kammerspielen die österreich ische Premiere statt die von einem Stoßtrupp gestürmt wurde, während dessen es zu einer Stinkbombenschlacht kam,35 Der Skandal füllte erneut die Presse, der Antisemitismus und die feindseligen Gemüter wurden wieder wach, Anfang 1921 kam es in Berlin zum legendären Reigen-Prozess, der mit dem Freispruch der

angeklagten Berliner Direktion endete, Da sich jedoch der Skandal um den Reigen nicht beruhigen wollte und das Werk sogar im Kampf politischer Parteien zum Spielball wurde, entschloss sich Schnitzler etwa Mitte 1922, sein kleines Dekameron nicht mehr auf die Bühne bringen zu lassen,36 Zu der ersten Aufführung nach

Schnitzlers Tod kam es am 1, Jänner 1982 in Schweizer Basel, wo der Urheberschutz 50 Jahre nach dem Tod des Autors galt im Gegensatz zu Österreich (70 Jahre),

Reigen wurde jedoch Gegenstand zahlreicher Verfilmungen und

Überarbeitungen quer durch die Welt, Die berühmteste und wohl beste Filmversion brachte der Franzose Max Ophüls 1950 auf die Leinwand, Er wählt dabei die direkte Karussellmetapher mit einem "meneur de jeu", der einzelne Szenen verkoppelt ihre Akteure beliebig einsetzt, Die Zeitlosigkeit von Reigen zeigt sich im weiteren Verlauf der Zeit wenn das Stück nach und nach in verschiedene Epochen und

gesellschaftliche sowie politische Kontexte eingebettet wird, Je nach Zeit und Ort

34 Kerr, Alfred: Artur Schnitz/er: ,Reigen', Kleines Schauspielhaus, in: Berliner Tagblatt, 24.

Dezember 1920,

35 Arthur Schnitzler soll sich während dieses Überfalls in der Damengarderobe aufgehalten haben, Vgl. Koberg, Roland: Schrauben und Muttern, in: Oie Zeit, 12, April 1996, S, 45.

36 Pfoser, Alfred/Pfoser-Schewig, Kristina/Renner, Gerhard: Schnitzlers Reigen, Bd. L Der Skandal. Analysen und Dokumente, Fischer Taschenbuchverlag, Frankfurt am Main 1993, S.

189.

(22)

ändern sich Personenentwürfe bzw, die Entwürfe der gesellschaftlichen Typen und Umstände, doch die Basis, die Dialoge sind fast identisch, So begegnen wir in der Inszenierung David Hares von 1998 zwar statt dem Süßen Mädel einem Model, doch beide zeigen die gleichen moralischen Grundsätze, Und obwohl zwischen ihnen hundert Jahre liegen, klingen beide fast tödlich realitätsbezogen und wahr, zumal sowohl das Süße Mädel als auch das Model sich dessen bewusst sind, diesen Grundsätzen nicht nachkommen zu können.37 Die 1997 entstandene Adaptation einer Dramaturgie-Studentin an der Slowakischen Hochschule für musische Künste holt noch weiter aus, wenn sie die ganze Geschichte eines Jahrhunderts in den Kolotoc (Reigen) verpackt, Die Szene der Gatte vs, das Süße Mädel, die bei Schnitzler im chambre separee und bei Hare im Hotel Metropol stattfindet, ist in diesem Fragment in "die rote Ecke" versetzt wo sich die sozialistischen Bürger der Tschechoslowakei 1976 politisch bilden sollen, Dem Vorwurf der Dekadenz und Verdorbenheit von Kapitalismus wird hier durch den die Pionierin heuchlerisch ausfragenden Genossen mit purem Hohn entgegengetreten, wobei der Inhalt der Repliken kaum geändert wurde,38 Reigen wurde schließlich auch ins dritte Millenium mitgenommen - zurzeit läuft im Prager ABC-Theater die Inszenierung von Arturovo Bolero, Bereits in der Zusammenfassung des Theaterprogramms stellt man sich die Frage: Was bedeutet Sex für den Menschen im 21, Jahrhundert? Ist es immer noch die Krönung einer Leidenschaftsflamme und unentbehrlicher Teil einer

Liebesbeziehung oder lediglich ein Instrument zur Manipulierung mit Anderen?

2. 3. Die Analyse des literarischen Texts von Reigen

2. 3. 1. Der Nebentext

2. 3. 1. 1. Der Titel

Arthur Schnitzlers "Hemicyklus" ist schlicht Reigen überschrieben, Es gibt keinen

Untertitel, der die Szenen näher spezifiziert, Wie bereits oben erwähnt, lautete der Titel

37 Schnitzler, Arthur: Reigen, in: ders,: Das dramatische Werk, ungekürzte Ausgabe Bd, I, Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1993 und Hore, David: The Blue Room, Freely adapted trom Arthur Schnitzler's La Ronde, Faber and Faber, London 1998,

38 Vgl. Gruskov6, Anna: Dramatika viedenskej moderny, Divadelnf ustav Praha, 1999, S, 86 ff,

(23)

ursprünglich Uebesreigen, der auf Empfehlung des Theaterkritikers Alfred Kerr gekürzt worden ist,39 Der in Reigen abgeänderte Titel enthält weder einen bestimmten noch einen unbestimmten Artikel.

Der Begriff" Reigen" entstammt etymologisch dem altfranzösischen Wort

"raie", das als "Tanz" übersetzt wird und einen Zusammenhang mit dem mittelhochdeutschen Ausdruck "reie" aufweist der als "Reihen" bzw, "Reihe"

verstanden werden kann, Der Begriff beschreibt eine Art Rundtanz, bei dem eine größere Zahl von Tänzern paarweise einem Vortänzer und Vorsänger schreitend oder hüpfend folgt,40 Dies unterstützen auch die immer wieder auftauchenden Bezüge des Werks auf das Motiv des mittelalterlichen Totentanzes, der in Kreis-, Reihen- oder Kettenform getanzt wurde,

Dieser Hintergrund gibt uns einigermaßen Aufschluss über den Inhalt, Die Form von zehn aneinander gereihten Szenen von Reigen entspricht einem Kreis bzw, einer Kette und der mit dem Wort "Reigen" bezeichneten Tanzform, in der jeweils ein Partner Platz für einen neuen macht, Die Verbindung dieses Totentanzes und des Partnerwechsels im "Liebesreigen" lässt die Parallele der Verruchtheit und des

Untergangs ahnen, Um diese Verruchtheit ostentativ, aber realitätsnah zum Ausdruck zu bringen, steht am Anfang und Ende des Kreises die "Dirne"; als Bindeglied, das Seil, an dem alle im Kreis hängen, fungiert der unausgesprochene Geschlechtsakt,

Das Tanzmotiv wird in den Szenen zweimal wieder aufgegriffen: in der zweiten Szene - Soldat vs, Stubenmädchen - und in der vierten Szene - der Junge Herr vs, die Junge Frau, Das erste Paar trifft sich beim Tanzen im Prater, Nach dem sexuellen Intermezzo mit dem Stubenmädchen fordert der Soldat ein anderes Mädchen zum Tanz auf und unterstreicht die Oberflächlichkeit seines Handeins, In der vierten Szene wird der Tanz als unverfängliche Möglichkeit einer intimeren Kommunikation

zwischen den beiden Sündigern in der Öffentlichkeit geschildert bei welcher die herrschenden Konventionen nicht verletzt werden,

Auf den Totentanz wird im Zusammenhang mit dem Reigen auch immer wieder hingewiesen, Der Tod stellt den Reigenführer dar, der alle

Standesunterschiede missachtend, sowohl den Kaiser als auch den Bettler zum tanzen bringt, Im Reigen macht der Graf eine direkte Anspielung auf diese Tradition:

39 Vgl. Seite 10 f,

40 Vgl. DUDEN Universalwörterbuch, DUDEN Verlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich, 1996, S, 1235, Ins Tschechische wird das Wort "Reigen" mit "tanecnf kolo", "kolo", oder "kolovy tanec"

übersetzt, Vgl. Nemecko-cesky slovnik, Redaktionsführung Hugo Siebenschein, St6tnf pedagogicke nakladatelstvL Praha 1970, S, 986,

(24)

Meiner Seel ... also der Lulu möcht wieder sagen, ich philosophier, aber es ist wahr, der Schlaf macht auch schon gleich, kommt mir vor; - wie der Herr Bruder, also der Tod ... 41

2. 3. 1. 2. Die Szenentitel

Die zehn Dialoge sind durch römische Zahlen markiert und mit einzelnen Titeln überschrieben. Weitere im Drama gebräuchliche Segmentierungseinheiten wie Akt oder Auftritt gibt es nicht,42

Die Szenentitel teilen uns mit, dass zehn Figuren im Reigen mitspielen, wobei man in jedem der Dialoge zwei der Figuren antrifft, Dabei taucht jede einzelne Figur in zwei aufeinander folgenden Titeln auf, bevor sie einer anderen Figur des gleichen Geschlechts Platz macht, die wiederum den Reigen weiterspielt und in der nächsten Szene mit einem neuen Geschlechtspartner zusammenkommt, Die Szenentitel sind: 1, Die Dirne und der Soldat, 2, Der Soldat und das Stubenmädchen, 3, Das

Stubenmädchen und der Junge Herr, 4, Der Junge Herr und die Junge Frau, 5, Die Junge Frau und der Ehemann, 6, Der Gatte und das Süße Mädel, 7, Das Süße Mädel und der Dichter, 8, Der Dichter und die Schauspielerin, 9, Die Schauspielerin und der Graf, 10, Der Graf und die Dirne, In dem die letzte Szene an die erste anknüpft,

entsteht auch durch die Szenentitel ein Kreis, das Symbol der ewigen Wiederkehr und des Unendlichen, ohne wirklichen Anfang und ohne tatsächliches Ende,

Funktionsmäßig sind die Szenentitel ein Mittel, die zehn Figuren vorzustellen, ohne sie jedoch innerhalb der Szenentitel näher zu beschreiben, Es gibt in den Szenenüberschriften keinen Namen, die Figuren können nicht individualisiert werden und werden so zu namenlosen Typen, Diese Typisierung ordnet sie in ihre

gesellschaftliche Schicht ein,

Arthur Schnitzler entwirft mit dem Personal von Reigen quasi ein soziales Muster der Wiener Gesellschaft um die Jahrhundertwende, Exponenten der Unterschicht sind die "Dirne", der "Soldat" und das "Stubenmädchen", Vertreter des Bürgertums sind der "Junge Herr", die "Junge Frau" und der "Ehemann", Die Künstlerboheme wird durch die Figuren des" Dichters" und der "Schauspielerin" repräsentiert, und der

41 Schnitzler, Arthur: Reigen, in: ders.: Das dramatische Werk, ungekürzte Ausgabe Bd. I, Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1993

42 Pfister, Manfred: Das Drama, Theorie und Analyse, 11, Auflage, Wilhelm Fink Verlag, München 2001, S. 314 - 318,

(25)

"Graf" tritt als Vertreter der Aristokratie auf, Zuordnungsschwierigkeiten gibt es allein bei dem "Süßen Mädel", Dieser Typus, den Schnitzler zwar nicht erfunden, aber wie Karl Kraus es einmal formulierte, "burgtheaterfähig" gemacht hat taucht in nahezu allen seinen Werken auf,43 Das "Süße Mädel" lässt sich dabei nicht über einen Beruf oder Status definieren, Es ist aber immer an demselben sozialen Ort angesiedelt - in der Wiener Vorstadt, Am nächsten steht es wahrscheinlich dem Kleinbürgertum,44

2. 3. 1. 3. Regieanweisungen

Die Regieanweisungen spielen in dem Reigen-Original eine sehr wichtige Rolle, und zwar in dem Sinne, dass Arthur Schnitzler dieses Werk in erster Reihe als Lektüre geplant hatte,

Sie können in zwei Gruppen getrennt werden: 0) dem Haupttext vorangestellt b) innerhalb des Haupttexts enthalten, Zwecks der Übersichtlichkeit der

Regieanweisungenanalyse bedienen wir uns dieser Gliederung, Darüber hinaus werden die Regieanweisungen noch thematisch gegliedert,

a) Dem Haupttext vorangestellte Regieanweisungen

Ort und Zeit

Ausgenommen die erste Szene, werden in allen vorangestellten Regieanweisungen ausführliche Beschreibungen des Ortes und der Tageszeit gegeben, auch wenn die Zeit nicht in allen Szenen explizit genannt wird, So z, B, in der sechsten Szene:

Ein Cabinet particulier im Riedhof (" ,) Auf dem Tisch sind die Reste einer Mahlzeit Oberschaumbaisers, Obst Käse, In den Weingläsern ein ungarischer weißer Wein,45

Der Ort wird hier sehr genau benannt doch über die Zeit erfahren wir nichts

43 Zit, nach Glogauer, Walter: Oie Signifikanz von Arthur Schnitz/ers Vers- und Prosasprache, in:

Literatur und Kritik, 1984, H, 181/182, S, 273,

44 Vgl. Janz, Rolf Peter und Laermann, Klaus: Arthur Schnitzler, Zur Diagnose des Wien er Bürgertums im Fin de siec/e, Metzler Verlag, Stuttgart 1977, S, 43,

45 Schnitzler, Arthur: Reigen, in: ders,: Das dramatische Werk, ungekürzte Ausgabe Bd, I, Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1993, S, 354,

(26)

Spezifisches. Aber aus den anderen angegebenen Tatsachen - z. B. Wein auf dem Tisch - kann man vermuten, dass es sich um ein "Souper" unter vier Augen handelt.

Dies bestätigt uns später während der Szene auch das Süße Mädel, wenn es immer wieder davon redet dass es nach Hause muss, da es schon spät sei.46

Sowohl die Ortsbestimmung, das "chambre separee" als auch die

mutmaßliche Tageszeit des Geschehens, der Abend, lassen auf eine ungestörte, ja romantische Atmosphäre schließen, die eine positive Stimmung für den

Geschlechtsakt erzeugen soll.

Stimmung/Interieur

Eine dergleichen positive Stimmung wird in den Regieanweisungen durch zusätzliche Stimmung erzeugende Elemente herbeigeführt. In der achten Szene hängt zum Beispiel der Mond "über den Wiesen und Hügeln.47

Außer den ersten zwei Dialogen spielt sich die gesamte Handlung in

geschlossenen Räumen ab. Der Stimmungseffekt wird hier dadurch verstärkt dass Schnitzler in den Regieanweisungen die Atmosphäre, die der Raum besitzt so wie in der siebten Szene direkt schildert. Das Zimmer wird dort als "mit behaglichem

Geschmack eingerichtet" beschrieben.48 Ergänzt wird die Atmosphäre durch detaillierte Beschreibungen des Interieurs, wie in der zehnten Szene:

Ein ärmliches Zimmer, einfenstrig, die gelblichschmutzigen Rouletten sind heruntergelassen.

Verschlissene grünliche Vorhänge. Eine Kommode, auf der ein paar Photographien stehen und ein auffallend geschmackloser, billiger Damenhut liegt. Hinter dem Spiegel billige japanische Fächer. Auf dem Tisch, der mit einem rötlichen Schutztuch überzogen ist steht eine

Petroleumlampe, die schwach brenzlig brennt papierener, gelber Lampenschirm, daneben ein Krug, in dem ein Rest von Bier ist und ein geleertes Glas. Auf dem Boden neben dem Bett liegen unordentlich Frauenkleider, als wenn sie eben rasch abgeworfen worden wären.49

Diese detaillierten Beschreibungen der Einrichtung sind ein wesentlicher Bestandteil des zum Lesen bestimmten Werkes, da der Autor in ihnen möglichst viel an Stimmung und Atmosphäre mitschwingen lassen musste. Dazu kommt noch, dass

46 Ebd. S. 357.

47 Ebd. S. 371.

48 Ebd. S. 364.

49 Ebd. S. 385.

(27)

Schnitzler in die Regieanweisungen auch Sachverhalte mit einschließt die sich dramatisch nicht umsetzen lassen, In der dritten Szene heißt es daher:

Die Eltern sind schon auf dem Lande, - Die Köchin hat Ausgang, - Das Stubenmädchen schreibt in der Küche einen Brief an den Soldaten, der ihr Geliebter ist,50

Ein aufmerksamer Leser merkt dass hier von dem Soldat aus der

vorhergehenden Szene gesprochen wird aber weder das, noch die Tatsache, dass alle anderen Hausbewohner nicht daheim sind, kann einem Theaterzuschauer ohne eine direkte Erwähnung auf der Bühne vermittelt werden, Ähnlich verhält es sich mit den kleinen Details wie z, B, mit dem "französischen Roman", den der Junge Herr liest oder mit dem "ungarischen Weißwein", der in der sechsten Szene beim Abendessen getrunken wird. 51

b) Die innerhalb des Haupttextes enthaltenen Regieanweisungen

Beschreibung der Figuren

Hinsichtlich des Äußeren der Figuren finden wir sehr wenige Angaben, Nur in der dritten Szene richtet sich das Stubenmädchen die "Schneckerln" vor dem Spiegel. 52

Ebenso sparsam geht Schnitzler mit den Informationen über die Kleidung vor, Wird ein Kleidungsstück in den Regieanweisungen erwähnt steht es immer im direkten Zusammenhang mit dem thematischen Inhalt der Szene oder mit einer Bewegung, In der vierten Szene trägt also die Junge Frau einen dichten Schleier, der sie vor dem Erkanntwerden auf der Straße schützt da sie gerade zu einem Ehebruch unterwegs ist, Später nimmt sie diesen Schleier ab,53

Am Anfang der siebten Szene trägt das Süße Mädel einen Hut mit Mantille, den sie später zusammen mit ihrem Mieder ablegt,54 Auch hier ist dies direkt mit dem Inhalt der Szene zu verbinden, Das Süße Mädel, am Anfang in Mantel und Hut völlig angezogen, beteuert gleich wieder fortgehen zu müssen,55 Die ständige

50 Ebd, S, 333, 51 Ebd, 52 Ebd, S, 334,

53 Ebd, S, 337 und 338, 54 Ebd, S, 367,

55 Ebd, S, 364,

(28)

Wiederholung dieser Absicht zeigt sich jedoch bald als eine zu ihrem Verführungsspiel gehörende, heuchlerische Phrase,

Nicht zuletzt betont die spärliche Beschreibung des Äußeren der Figuren die Entindividualisierung der Figuren, bzw, die Orientierung des Autors auf den Typus, der nicht näher charakterisiert sein soll.

Die Art und Weise, wie die Figuren ihre Repliken vorbringen

Oft beziehen sich die Regieanweisungen, die innerhalb der Dialoge vorgefunden werden können, auf die Art und Weise, wie die Figuren ihre Repliken vortragen und dadurch auch Auskunft über die innere Befindlichkeit der Figuren geben, In der fünften Szene zum Beispiel ist der Gatte beim Sprechen einmal "peinlich berührt", ein anderes Mal stellt er wiederum "leicht beunruhigt" seiner Frau eine Frage,56

Klassenzugehörigkeif der Figuren

Sowie die Figurenbezeichnungen dienen manche Regieanweisungen innerhalb der Szenen ebenfalls dazu, die Klassenzugehörigkeit der Figuren zu unterstreichen, Dabei ergibt sich, dass die Vertreter verschiedener sozialer Schichten sowohl einen

unterschiedlichen Umgang mit sich, sowie mit ihrer Körperlichkeit und ihrem Sexualtrieb aufweisen: Während der Soldat die Dirne in der ersten Szene ziemlich grob "gepackt" hat und in der zweiten das Stubenmädchen gleich zu Beginn um die Taille fasst zeigt sich der Junge Herr wesentlich zögernder, wenn er sich dem

Stubenmädchen körperlich nähern sol1.57 Aus den Regieanweisungen dieser Szene geht klar hervor, dass der Junge Herr mehrere Anläufe braucht bevor er endlich

"entschlossen" seiner Handlung eine eindeutige Richtung gibt da in der Umgebung, an die er gewohnt ist solche Direktheit nicht üblich ist, 58 Umgekehrt muss das

Stubenmädchen, das seine tölpelhaften Versuche durchschaut über deren

Umständlichkeit lächeln, denn in ihrer sozialen Schicht geht man wesentlich direkter vor,59

Diese Angst dass die eigentliche, die Handlung der Figuren antreibende Absicht enthüllt werden könnte, variiert von Figur zu Figur, Je nach der

56 Ebd, S, 350 und 351, 57 Ebd, S, 328, 329 und 354, 58 Ebd, S, 333 ff,

59 Ebd, S, 334,

(29)

Klassenzugehörigkeit der in jeweiligen Szenen vorkommenden Figuren wird mehr bzw. weniger um den heißen Brei geredet. Je nach der Klassenzugehörigkeit der Figuren kreiert Schnitzler mit seinen Regieanweisungen eine entsprechende Atmosphäre, die der Verführung dienlich sein soll.

Während in der ersten Szene, die sich zwischen dem Soldaten und der Dirne abspielt keinerlei Stimmung erzeugende Elemente notwendig sind, bevor man zur Sache kommt muss sich der Junge Herr in der vierten Szene wesentlich mehr anstrengen und seinen Plänen mit künstlich erzeugter Atmosphäre helfen.

Auch in den anderen Szenen unterstützen die Regieanweisungen sowohl die Schichtzugehörigkeit als auch die soziale Beziehung der gerade sich in Interaktion befindenden Figuren. Der Junge Herr küsst in der vierten Szene der Jungen Frau wiederholt die Hand, eine für die gehobenen Schichten generell übliche Geste, um die Ehre einer (begehrten) Frau zu erweisen, wogegen der Graf lachen muss, wenn er sich dabei ertappt wie er der Dirne automatisch die Hand küsst.60 Es ist

offensichtlich, dass eine solche Geste gegenüber einer Dirne nicht gängig ist dass sie aber der Graf ganz unwillkürlich gemäß den Gepflogenheiten seiner Sozialschicht anwendet.

Aktionen und Bewegungen

Außer der oben angeführten Regieanweisungen finden wir im Reigen auch Regieanweisungen, die dazu dienen, die Aktionen und Bewegungen der handelnden Figuren zu beschreiben. Die durch diese Regieanweisungen geforderten Bewegungen sind nicht raumgreifend, sondern eher minimalistisch aufgefasst wie in der sechsten Szene die Aktionen des Gatten folglich beschrieben werden: ,,( ... ) steht aut stellt sich hinter den Sessel und umarmt das Süße Mädel, indem er ihren Kopf zu sich wendet", oder an anderer Stelle in der gleichen Szene:

"küsst sie und wird zärtlicher" .61

Genussmittel

In den Regieanweisungen sind oft Hinweise auf verschiedenste Genussmittel zu finden. So raucht der Soldat in der zweiten Szene eine Virginiazigarre, wie der Junge

60 Ebd. 338 f. und 387.

61 Ebd. S. 354 und 359.

(30)

Herr zu Beginn der dritten Szene, an deren Ende das Stubenmädchen eine Zigarre vom Rauchtisch stiehlt, die höchstwahrscheinlich wiederum für den geliebten Soldaten bestimmt ist, Durch diese eine Zigarre wird hier also ein der Reigenform treuer Bezug zwischen der zweiten und dritten Szene hergestellt,62 Weiterhin erfahren wir in der vierten Szene, dass der Junge Herr, so wie in der dritten, eine Zigarre raucht und abermals eine Verbindung zwischen zwei aufeinander folgenden Szenen

herstellt,63

In dem gleichen Dialog isst die Junge Frau eine "kandierte Birne", die der Junge Herr zusammen mit einer Flasche Likör vorbereitet hat, Auch der Gatte in der sechsten Szene raucht eine Havanna und trinkt zusammen mit dem Süßen Mädel einen Wein,64 Schließlich wird in der letzten Szene ein Krug mit dem Rest von Bier darin erwähnt,65

Wie wir daraus ersehen können, werden die einzelnen Teile von Reigen durch die Wiederaufnahme des gleichen Genussmittels aufeinander bezogen, wodurch der Reigen-Effekt gefördert wird, Darüber hinaus helfen die Genussmittel nicht nur der "Versüßung" der Stunde, sondern dienen weiterhin als ein

Unterscheidungszeichen einzelner sozialer Schichten, Die Junge Frau bekommt von dem Jungen Herrn kandierte Birnen und Likör angeboten, das Süße Mädel das Oberschaumbaiser und ungarischen Weißwein, Der Soldat raucht eine

Virginerzigarre, der Gatte eine Havanna, Der Dichter und die Schauspielerin rauchen Zigaretten, wodurch der Lebensstil der Boheme angedeutet wird, Auch weil das Rauchen bei Frauen zu Schnitzlers Zeiten generell als ungehörig empfunden wurde, Schließlich stellt das in dem Zimmer der Dirne stehende Bier das billigste alkoholische Getränk dar, Alles entspricht den Möglichkeiten, den sozialen Stellungen der

Protagonisten,

2. 3. 2. Der Haupttext

2. 3. 2. 1. Die Konfigurationsstruktur

Unter Konfiguration versteht man den Teil des Gesamtpersonals eines dramatischen Werkes, der jeweils an einem bestimmten Punkt des Textverlaufs (im Falle von Reigen

62 Ebd, S, 330, 333 und 336,

63 Ebd, S, 333 und 337, 64 Ebd, S, 354,

65 Ebd, S, 385,

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