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Predigt über Psalm 23,1 Eiserne-, Gnaden-, Kronjuwelenkonfirmation am 7. Juli 2019 in Oberkaufungen

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Predigt über Psalm 23,1

Eiserne-, Gnaden-, Kronjuwelenkonfirmation am 7. Juli 2019 in Oberkaufungen

Liebe Gemeinde, liebe Jubilare!

Noch nie ging es uns so gut wie heute – und doch gibt es in unserem Land immer mehr Unzufriedenheit, ja sogar Hass.

Hass, der sich in Worten ausdrückt, aber auch in Taten.

Worte – hetzende, ausgrenzende Worte – werden zu Taten.

Dafür steht der Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Dafür steht die große Zahl von gewaltberei- ten Rechtsradikalen. Sie fühlen sich unterstützt von Äuße- rungen aus den Reihen der Pegida und manchmal auch aus der AfD.

Der Hass hat seine Wurzeln in der Unzufriedenheit. Manche Unzufriedenheit verstehe ich. „Die da oben“ haben sich ent- fernt von „denen da unten“. Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Lobbyisten in vielem den Ton angeben. Es geht um Geschäfte, um Geschäftemacherei. Die Moral bleibt da so manches Mal auf der Strecke. Die Verantwortung für an- dere und für das Ganze ist aus dem Blick geraten. Der „klei- ne Mann“ fühlt sich übersehen, nicht wertgeschätzt. Das al- les schafft Unzufriedenheit.

Daneben gibt es eine innere Unzufriedenheit. Und die hat etwas mit den Menschen selbst zu tun. Noch nie ging es uns so gut wie heute. Das wissen Sie, die Sie heute Ihre Konfir- mationsjubiläen feiern, nur zu gut. Vor allem die unter Ihnen, die 1944 konfirmiert wurden – im Krieg. Da fehlte es an vie- lem. Da wusste man nicht, wie es weitergehen würde.

Ganz anders heute. Auch die unter uns, die wenig haben, haben genug – zum Leben. Und trotzdem gibt es da diese Unzufriedenheit. Dieses Gefühl: Ich komme zu kurz. Mir

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2 steht mehr zu. Ich werde bedroht – von anderen. Die Frem- den in unserem Land nehmen mir weg, was ich habe.

Für mich persönlich hat diese innere Unzufriedenheit es auch mit dem Verlust von Vertrauen zu tun, mit dem Verlust von Gottvertrauen. Wer Gott vertraut, der weiß sich aufge- hoben. Wer Gott vertraut, der weiß sich beschenkt.

Mir ist in der letzten Zeit da wieder der Anfang des 23.

Psalms (V.1) wichtig geworden: „Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ Das ist ein Psalm, den werden Sie – die heutigen Jubilare – alle in der Konfirmandenzeit auswendig gelernt haben.

„Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ Was für eine Aussage! Wenn Gott an meiner Seite ist, dann wird es mir an nichts fehlen. Dann habe ich alles, was ich brauche.

Dabei verschweigt der Dichter dieses Psalms durchaus nicht, dass es im Leben auch schwere und schwierige Zeiten gibt. Aber auch in ihnen weiß er Gott an seiner Seite (V.4):

„Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.“

„Du bist bei mir“ – das sind die entscheidenden Worte des ganzen Psalms. Sie schließen ihn sozusagen auf. Nur von ihnen her kann man die Aussagen dieses Psalms verstehen.

Wenn Gott an unserer Seite ist, dann wissen wir uns auch in den finsteren Tälern des Lebens begleitet und versorgt: etwa dann, wenn unsere Kräfte nachlassen, wenn wir auf die Hilfe anderer angewiesen sind, wenn es einsamer in unserem Le- ben wird – weil viele gestorben sind, die mal mit uns unter- wegs waren, und weil die, die da sind, wenig Zeit haben und viel unterwegs sind.

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3 Wenn wir darauf vertrauen, dass Gott an unserer Seite ist, dann können wir wie der Dichter des Psalms sagen: „Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“

„Mir wird nichts mangeln“ – das verstehe ich so: Das Ent- scheidende, das, worauf es ankommt, das wird da sein.

Ich musste an Toni Kroos denken, den Weltklasse-Fußballer von Real Madrid. Was für Erfolge konnte er schon feiern!

Seine Karriere ist eindrucksvoll. Dazu gehören aber auch ei- nige bittere Niederlagen.

Es gibt jetzt einen Film über ihn, der den Menschen Toni Kroos zeigt. Wegen dieses Films war Toni Kroos vor einigen Tagen in einer Talkshow eingeladen. Es wurde deutlich, wie wichtig ihm seine Familie ist. Als er gefragt wurde, was ihm seine Familie bedeute, antwortete er: „Alles!“ Und dann er- klärte er das. Er sagte sinngemäß: „Wenn ich nach Hause komme, dann ist es ganz egal, ob wir 5:0 gewonnen haben oder 0:5 verloren. Ich bin einfach der Papa und der Ehe- mann. Das zählt.“

Auch bei einer krachenden, bitteren Niederlage gilt: Das Ent- scheidende, das, worauf es ankommt, das ist da. Von daher fehlt es an nichts.

So verstehe ich auch diesen Satz aus Psalm 23: „Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ Wenn Gott mein Hir- te ist, dann ist das Entscheidende klar. „Mir wird nichts man- geln“ – das heißt: Gott tröstet mich, wenn ich traurig bin. Er richtet mich auf, wenn ich hingefallen bin. Er öffnet mir eine Tür, wenn ich nicht weiterweiß. Er sagt mir, wie wichtig ich ihm bin, wenn andere mit mir nichts anzufangen wissen – oder wenn ich selbst kein Ja zu mir habe. Er macht mir deut- lich, wie beschenkt ich bin, wenn in mir Neid aufkommt auf andere. Er nimmt mir die Angst, zu kurz zu kommen.

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4 Jesus greift später das Bild vom Hirten auf. Er bezieht es auf sich. Er versteht sich als der gute Hirte, der für seine Schafe da ist. In diesem Zusammenhang sagt er im Johannes- Evangelium (Kap.10, V.10a): „Ich bin gekommen, damit sie das Leben und volle Genüge haben sollen.“

„Volle Genüge.“ Genug! „Mir wird nichts mangeln.“

Ich glaube, dass wir als Kirche unserer Gesellschaft hier et- was vermitteln und vorleben müssen, was lebensnotwendig, ja vielleicht sogar überlebensnotwendig ist. Denn unserer Gesellschaft fehlt es an Gottvertrauen. Der Glaube an Gott, der uns beschenkt, für uns sorgt, für uns da ist – der ist weit- gehend verlorengegangen.

Ein anderer Glauben ist an seine Stelle getreten: der Glaube an das Mehr. Doch das ist ein gefährlicher Glaube. Was ist gemeint mit dem Glauben an das Mehr? Ich lese einige Sät- ze von Florian Harms vor, einem Journalisten:

„Mehr Produktion, mehr Umsatz, mehr Gewinn, mehr Wohl- stand: So lautet der quasireligiöse Glaubenssatz … Laut Sta- tistischem Bundesamt besitzt jeder Deutsche durchschnitt- lich 10.000 Dinge. Vor gut hundert Jahren waren es noch 180. Wir kaufen mehr, wir werfen mehr weg und dann kau- fen wir noch mehr … Mehr, mehr, mehr: Das ist der Takt der globalisierten Wirtschaft, und die meisten von uns marschie- ren im Stechschritt mit … Glücklicher werden wir dadurch of- fenbar nicht.“

Und dann weist Florian Harms darauf hin, dass dieses Wachstumsdenken, diese Religion des Mehr uns Menschen in Wirklichkeit nicht weiterbringt, sondern Ungerechtigkeiten in der Verteilung der Güter zur Folge hat - und steigende Umweltschäden.

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5 Er geht auf die gerade neu beschlossene größte Freihan- delszone der Welt zwischen Europa und lateinamerikani- schen Staaten ein, von der gesagt werde, dass sie enorme Wachstumschancen mit sich bringe, doch deren negative Folgen er an folgendem Beispiel deutlich macht: „Bayer- Monsanto darf zahlreiche gefährliche Pestizide, deren Ein- satz in Europa längst verboten ist, nun endlich nach Brasilien verkaufen, damit dort noch mehr Urwald gerodet, noch mehr Zuckerrohr, Mais und Soja angebaut und noch mehr Rinder gezüchtet werden können. Den Zucker, das Öl und das Fleisch nehmen dann wir Europäer ab. Wir werden noch den Tag erleben, an dem ein Kilo argentinisches Rinderfleisch weniger kostet als eines aus Schleswig-Holstein.“

Die Religion des Mehr. Florian Harms beschließt seinen Arti- kel mit den Worten: „Diese Religion, so fürchte ich, wird uns nicht zum Heil führen.“

Was hat das alles mit uns zu tun? Und – was hat das mit Ihnen zu tun, die Sie heute Ihre ganz besonderen Konfirma- tionsjubiläen begehen?

Was hat das alles mit uns zu tun? Ganz viel. Wir merken: Al- les hängt mit allem zusammen. Wer innerlich unzufrieden ist, wer die Dankbarkeit nicht kennt, wer sich nicht als beschenkt erfährt, wer nichts vom Gottvertrauen weiß, der sieht andere als Konkurrenten, die ihm etwas wegnehmen könnten und gegen die er sich zur Wehr setzen muss – und er ist in Ge- fahr, den Gott des Wachstums und des immer Mehr anzube- ten. Genau dagegen schützen uns biblische Texte wie der Psalm 23: „Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts man- geln.“ Oder der aus dem Johannes-Evangelium, so Jesus sagt: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben und volle Ge- nüge haben sollen.“

Und – was hat das mit Ihnen zu tun, die Sie heute Ihre ganz besonderen Konfirmationsjubiläen begehen? Vielleicht den-

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6 ken Sie: Was kann ich noch bewirken? Was habe ich noch zu geben? Meine Kräfte werden geringer, ich bin doch selbst auf Hilfe angewiesen. Meine Stimme zählt nicht mehr so wie früher.

Da ist ja sicher auch etwas dran. Aber ich will es ganz deut- lich sagen: Sie haben uns Jüngeren und unserer Gesell- schaft etwas zu geben. Sie kennen noch die alten Zeiten, in denen sicher auch nicht alles golden war, in denen aber er- kennbar war, dass man auch mit weniger auskommen kann, dass das Heil und das Glück nicht im immer Mehr zu finden sind. Erzählen Sie davon – uns Jüngeren. Erzählen Sie uns davon, damit wir anfangen, darüber nachzudenken, ob unser Lebensstil richtig ist.

Und – erzählen Sie auch davon, dass Sie vielleicht gerade jetzt im Alter erkennen, wie sehr Sie begleitet und beschenkt waren in den Jahren Ihres Lebens. Auch in den Zeiten, in denen es schwer und schwierig war. Erzählen Sie uns Jün- geren davon, damit wir anfangen, neu nach Gott zu fragen – und danach, was es heißt, ihm zu vertrauen. Dann kann es passieren, dass auch andere dahin kommen zu sagen: „Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“

Amen.

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