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Predigt am Bachkantate - Gott, der Herr, ist Sonn und Schild

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Academic year: 2022

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1 Predigt am 24.10.21

Bachkantate - „Gott, der Herr, ist Sonn‘ und Schild“

Psalm 84

Wie lieb sind mir deine Wohnungen, Herr Zebaoth!

Meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen des Herrn;

mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott.

Der Vogel hat ein Haus gefunden

und die Schwalbe ein Nest für ihre Jungen - deine Altäre, Herr Zebaoth,

mein König und mein Gott.

Wohl denen, die in deinem Hause wohnen;

die loben dich immerdar.

Wohl den Menschen,

die dich für ihre Stärke halten und von Herzen dir nachwandeln!

Wenn sie durchs dürre Tal ziehen, wird es ihnen zum Quellgrund, und Frühregen hüllt es in Segen.

Sie gehen von einer Kraft zur andern und schauen den wahren Gott in Zion.

Herr, Gott Zebaoth, höre mein Gebet;

vernimm es, Gott Jakobs!

Gott, unser Schild, schaue doch;

sieh doch an das Antlitz deines Gesalbten!

Denn ein Tag in deinen Vorhöfen ist besser als sonst tausend.

Ich will lieber die Tür hüten in meines Gottes Hause als wohnen in der Gottlosen Hütten.

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Denn Gott der Herr ist Sonne und Schild;

der Herr gibt Gnade und Ehre.

Er wird kein Gutes mangeln lassen den Frommen.

Herr Zebaoth, wohl dem Menschen, der sich auf dich verlässt!

Liebe Gemeinde!

Wonach sehnen Sie sich? Nach Liebe? Geborgenheit? Si- cherheit? Oder sind das alles vielleicht viel zu große Begriffe und es geht bei Ihnen mehr um die kleinen alltäglichen Sehnsüchte? Z.B. endlich wieder einmal unbeschwert ins Konzert oder Theater gehen ohne Corona-Maßnahmen.

Endlich wieder Nähe zulassen können, Freunde treffen, Ge- meinschaft erleben, ohne Sorge vor Ansteckung. Endlich wieder einkaufen gehen ohne Maske und beschlagene Brille.

Sehnsüchte gibt es viele. Auch der Beter von Psalm 84, den wir gemeinsam gesprochen haben und den Bach so wunder- schön mit seiner Kantate vertont hat, kennt die Sehnsucht.

Es ist die Sehnsucht nach dem Gottesdienst in den Vorhöfen Gottes, also im Tempel. In ihm findet er Heimat und Vertraut- heit. Hier ist, wenn man so will, das Paradies. Der Gottes- dienst ist für den Psalmbeter Ziel und Erfüllung aller

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Sehnsüchte. Hier kann er in Gottes lebendige Gegenwart eintauchen.

Ehrlich gesagt, unser Gottesdienst ist nicht das Paradies und das erwarte ich ja auch gar nicht. Ich gehe in den Gottes- dienst, vielleicht aus Gewohnheit, weil das den Sonntag zum Sonntag macht. Oder ich muss gehen, so jedenfalls denken die Konfis bestimmt. Manchmal bin ich aber auch einfach neugierig und will wissen, was der Pastor oder die Pastorin zu sagen hat. Oder ich hoffe auf einen guten Plausch beim Kirchenkaffe im Anschluss an den Gottesdienst. Naja, und manchmal schlafe ich am Sonntagmorgen gern aus und frühstücke dann lieber gemütlich mit der Familie und gehe eben nicht zum Gottesdienst.

Und selbst, wenn ich gern in den Gottesdienst gehe, gelingt es mir nicht immer, wenn ich in der Kirchenbank sitze, in die lebendige Gegenwart Gottes einzutauchen. Das liegt gar nicht unbedingt an der Qualität der Predigt oder der Musik, sondern vielmehr an mir. Meine Gedanken wandern umher, bleiben einfach irgendwo hängen, verlaufen sich. Und schon denke ich an die Probleme des Alltags oder das, was in der nächsten Woche ansteht.

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Für den Psalmbeter von einst hat der Gottesdienst im Tem- pel in Jerusalem eine ganz andere Strahlkraft. Denn dieser Tempel war bis zu seiner Zerstörung der verlässliche Ort von Gottes Gegenwart. Hier wurde Gottes Nähe spürbar. Und nach dieser Nähe verzehrt sich der Psalmbeter. Doch offen- bar kann er nicht nach Jerusalem gelangen, sondern sitzt ir- gendwo und sehnt sich nach Gott. So gern würde er sich nach Jerusalem auf den Weg machen, geleitet von Gottes erhellendem und wärmenden Licht, der Sonne, geschützt und verteidigt gegen alle Gefahren durch sein Schild.

Es ist als hätte er Heimweh. Nur im Tempel fühlt er sich auf- gehoben und geborgen wie ein Vogel im Nest. Hier ist er si- cher vor den Anfeindungen von draußen und den alltägli- chen Herausforderungen. Hier kann er in eine andere Wirk- lichkeit eintauchen, die ihn erfüllt mit Wärme und Zuversicht.

Hier kann und darf er sein, wie er ist ohne Druck, ohne Müs- sen, einfach wohlig warm geborgen und frohgemut von Got- tes Sphäre umgeben und erfüllt.

Der Psalm 84 ist also ein Sehnsuchtspsalm oder besser ge- sagt ein Sehnsuchtslied, denn ursprünglich wurden die Psalmworte ja gesungen und musikalisch mit allerlei ver- schiedenen Instrumenten begleitet.

Die Psalmworte mögen uns seltsam fremd erscheinen und

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fern der eigenen Realität zu sein. Aber auch wir brauchen solche Sehnsuchtslieder, nicht nur im Gottesdienst. Denn auch wir haben ja die Sehnsucht nach Heimat, nach Ankom- men, nach gelingendem Leben und dem Gefühl des Getra- genseins in einer Welt, die uns so viele Fragen stellt und so wenig verlässliche Antworten gibt. Und tief in uns steckt ja auch diese Hoffnung, dass es ein Leben gibt, das nicht nur bestimmt ist durch die alltäglichen Sorgen und Zwänge.

Auch wir ahnen, dass es einen Ort geben könnte, an dem man ganz man selbst sein darf.

Und Sie ahnen es auch bereits, worauf ich hinaus will. Auch wenn der Gottesdienst für uns längst nicht so eine Ausstrah- lung hat, wie für den Psalmbeter einst, so will er doch auch heute ein Zufluchtsort im Alltäglichen sein, will unserer Sehn- sucht und Hoffnung Raum geben.

Er ist deshalb so wichtig, weil er Mut in unsere Herzen bringt, uns festmacht und hilft, zuversichtlich unsere Wege zu gehen.

Wir brauchen den Gottesdienst nicht, weil er uns

praktische Lösungsstrategien für die Probleme der Welt lie- fert. So einfach ist es nicht, leider. Auch nicht, weil er uns das schnelle Glück verspricht.

Sondern weil er uns Hoffnung schenkt und weil er uns das

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Feiern lehrt. Feiern ist wichtig, gerade für angefochtene und verunsicherte Menschen, die in einer Welt leben, in der nichts mehr sicher scheint. Feiern ist wichtig, auch und ge- rade dann, wenn einem nicht danach zumute ist. Feiern ist wichtig, weil es Gemeinschaft schafft.

Feiern macht deutlich, was uns wichtig ist und wert ist gefei- ert zu werden. Es kann uns von der Resignation und dem Zweifel befreien. Es unterbricht den Alltag und erinnert da- ran, dass es mehr gibt als das. Wer auch mal feiert, hat mehr vom Leben.

Und wenn wir Gottesdienst feiern, haben wir allen Grund dazu. Denn was wir da feiern, ist ja der Grund unseres Le- bens: Der lebendige Gott, der uns das Leben geschenkt hat und der es mit uns lebt im Auf und Ab des Seins.

Natürlich, wenn wir in den Alltag zurückkehren sind wir wei- ter unterwegs im Lauf der Gezeiten und der Mühsal des täg- lichen Klein bei Klein. Die Wege, die wir gehen, sind die glei- chen und nicht paradiesisch leicht geworden. Es gehört oft Kraft dazu, sie zu gehen. Aber wir fühlen Gott vielleicht ein wenig stärker an unserer Seite. Er geht ja mit uns. Gerade die letzten Verse von Psalm 84 zeigen das an: Gott, der Herr, ist Sonne und Schild. Er gibt Gnade und Ehre. Er wird

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kein Gutes mangeln lassen den Frommen. Herr Zebaoth, wohl dem Menschen, der sich auf dich verlässt!

Dieser Gott will uns wärmend erfüllen, durchdringen mit sei- nem Licht und uns wappnen und schützen für den Alltag, dass Friede einkehren kann in unsere aufgeregten Seelen.

Wir feiern Gottesdienst als Menschen, die Sehnsucht haben und noch nicht am Ziel sind. Wir feiern Gottesdienst gewis- sermaßen als Wanderer durch die Zeiten, die zusammen- kommen, um sich Geschichten von zu Hause zu erzählen.

Geschichten, nicht aus der Vergangenheit, sondern aus der Zukunft. Wir feiern Gottesdienst als Vorgeschmack aufs Pa- radies. Amen.

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