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Predigt über Hebräer 13,8-9b (Oberkaufungen Silvester 2019)

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Predigt über Hebräer 13,8-9b

(Oberkaufungen – Silvester 2019)

Liebe Gemeinde!

„Remember who you are and whom you serve.“ “Mach dir bewusst, wer du bist und wem du dienst.” Ein Satz aus ei- nem Artikel des Chefredakteurs von Christianity Today, einer Zeitschrift evangelikaler Christen in den USA.

An diesen Satz fühlte ich mich erinnert, als ich über unseren Predigttext nachdachte. Zunächst kurz etwas zum Zusam- menhang, in dem dieser Satz gefallen ist. Und dann zu der Frage, was dieser Satz mit unserem Predigttext und mit uns zu tun hat.

„Macht dir bewusst, wer du bist und wem du dienst.“ Das richtet sich an die evangelikalen Christen in den USA, von denen der überwiegende Teil zu den Wählern und Unterstüt- zern Donald Trumps gehört.

Der Chefredakteur von Christianity Today spricht sich für die Amtsenthebung des Präsidenten aus. Ein in evangelikalen Kreisen unerhörter Vorgang. Die Kritik ließ infolgedessen nicht lange auf sich warten. Dieser Journalist hat jetzt einiges auszuhalten. Aber er konnte nicht mehr schweigen. Und so wies er hin auf das unmoralische Verhalten Donald Trumps, auf seine Lügen, seine Verleumdungen und Diffamierungen anderer, auf den Missbrauch seiner Macht.

Der Chefredakteur schreibt an die Adresse der Evangelika- len, die Trump trotz alledem unterstützen: „Wenn wir jetzt nicht umkehren, wird dann jemand das, was wir … über Ge- rechtigkeit und Rechtschaffenheit sagen, noch irgendwie ernst nehmen in den nächsten Jahrzehnten?“

„Mach dir bewusst, wer du bist und wem du dienst.“ Dazu

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2 passt der Titel eines in den USA erschienenen Buches – zu deutsch: „Unheilig: warum evangelikale Christen am Altar von Donald Trump anbeten“.

Genau darum geht es – nicht nur in den USA, sondern auch bei uns: Wen beten wir an? Wem vertrauen wir? Wem ver- trauen wir uns an? An wem orientieren wir uns? „Mach dir bewusst, wer du bist und wem du dienst“.

Und damit sind wir beim Predigttext. Der ist da ganz klar. Er stellt uns Jesus Christus vor Augen: „Jesus Christus, gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.“ Ihm vertrauen wir als Christen. Nach ihm richten wir uns aus. Er ist der Maß- stab – für unser Denken, Reden und Handeln.

Weil wir ihm vertrauen, vertrauen wir uns ihm auch an. Uns und die Zukunft. Uns selbst und diese Welt. Vielleicht ist es gut, wenn wir uns das immer einmal bewusstmachen. Gera- de heute Abend, an dem wir an der Schwelle eines neuen Jahres stehen.

Wir leben in bewegten Zeiten. Vieles ändert sich – und wir wissen nicht, was kommen wird. Wir wissen nicht, was im Großen kommen wird. Aber wir ahnen schon jetzt, dass es weitergehen wird mit der Klimaveränderung und ihren Fol- gen, mit der Spaltung von Gesellschaften, mit Lügen und Hetze, mit einem ungezügelten Kapitalismus, mit dem Ein- satz von Gewalt auch gegen Zivilisten, ja sogar gegen Kinder und Kranke, denken wir nur an die erbarmungslosen Bom- bardements der syrischen und der russischen Luftwaffe – gezielt gegen Krankenhäuser und Schulen. Und diese Ver- brechen haben keine Konsequenzen für die Täter. Die inter- nationale Gemeinschaft ist zu schwach, zu uneinig, zu sehr auf eigene Interessen bedacht.

Wir wissen auch nicht, was das neue Jahr im Kleinen brin- gen wird. Also im Bereich unseres ganz persönlichen Le- bens. Das, was da geschehen wird, ist für das Weltganze

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3 nur etwas ganz Kleines, für uns selbst aber ist es von großer Bedeutung. Werden wir gesund bleiben oder wieder ge- sundwerden? Werden unsere Beziehungen sich als tragfähig erweisen? Werden wir bei notwendigen Entscheidungen gu- te Lösungen finden? Und wie wird es weitergehen mit Men- schen, deren Wohlergehen uns am Herzen liegt und um die wir uns Sorgen machen?

Ob es um das Große geht oder um das scheinbar Kleine und dann für uns doch auch Große – wir wissen nicht, was kom- men wird. Das macht nachdenklich – gerade am Silvester- abend.

„Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.“ Ich sage einmal etwas sehr Gewagtes: Im Letzten – und ich meine damit wirklich „im Letzten“ -, im Letzten ist es nicht entscheidend, was kommen wird, sondern entschei- dend ist, auf welchem Fundament wir stehen. Worauf stehen wir, was gibt uns Halt – was auch immer kommen wird?

Ich wünsche uns allen schöne und beglückende Erfahrungen im neuen Jahr. Ich wünsche das mir auch selbst. Und ich bin mir sicher: es wird sie geben. Je älter ich werde, desto dank- barer bin ich für solche Erfahrungen, denn mir ist wohl be- wusst, dass das alles nicht selbstverständlich ist. Denn es trifft ja auch das Andere zu: Es gibt kein Leben ohne Schwie- riges und Schweres – und wir haben es häufig nicht in der Hand, nach welcher Seite sich die Waage neigt.

Wenn wir die Dinge aber letztlich nicht in der Hand haben, dann ist das tatsächlich nicht die eigentliche Frage: Was wird kommen? Was erwartet uns? Die eigentliche Frage ist viel- mehr: Von welchem Fundament aus, auf welchem Funda- ment stehend begegnen wir dem, was das neue Jahr brin- gen wird?

Unser Predigttext stellt uns Jesus Christus vor Augen. Er lädt

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4 uns ein, er wirbt um uns, dass wir uns dem anvertrauen, der gestern war und heute ist und derselbe auch in Ewigkeit sein wird.

Dabei ist dem Verfasser des Hebräerbriefes wohl bewusst, dass es auch andere Stimmen gibt: „Lasst euch nicht durch mancherlei und fremde Lehren umtreiben …“ Das war da- mals nicht anders als heute. Es gibt immer noch andere Stimmen, die unser Gehör und unsere Gefolgschaft haben wollen, die uns umgarnen, die Stimmung machen für sich und nicht selten gegen andere. Donald Trump in den USA ist dafür nur ein prominentes Beispiel und dann doch eher weit weg von uns. Wir sollten bei uns hinschauen – in unserem Land, in unserer Gesellschaft, in unserem Umfeld -, welche Stimmen es sind, die uns wegführen wollen von Jesus Chris- tus, von seinen Maßstäben, von seinem Geist. Vielleicht sind es Stimmen wie diese: „Haste was, dann biste was!“ „Wer ehrlich ist, der ist der Dumme!“ „Traue nur dir selbst!“ „Du musst für alle Eventualitäten vorsorgen!“ „Wirklich ist nur das, was du sehen und anfassen kannst!“ Oder so eine Stimme wie: „Deutschland den Deutschen!“

Es geht darum, solchen Stimmen unser Gehör zu verwei- gern. Und manchmal geht es auch darum, ihnen zu wider- sprechen. Dass man dafür nicht nur Beifall bekommt, son- dern unter Umständen hart kritisiert werden kann, das muss der Chefredakteur von Christianity Today gerade erfahren.

Aber es ist wichtig, dass es Menschen gibt, die deutlich ma- chen, was es heißt, Jesus Christus vor Augen zu haben und sich nach ihm zu richten.

„Lasst euch nicht durch mancherlei und fremde Lehren um- treiben, denn es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde, welches geschieht durch Gnade.“

Wie kann unser Herz fest werden? Wie kann unser Vertrau- en auf Jesus Christus wachsen? Eines ist klar: Wir können

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5 das von uns aus nicht machen. Wir können es uns nicht er- arbeiten – etwa durch eigene Anstrengung. Wir können nur darum bitten und es uns schenken lassen. Die Jahreslosung für das neue Jahr zeigt uns, wie bewegend, ja sogar drama- tisch das aussehen kann. Da bittet ein Vater Jesus um die Heilung seines Sohnes – und als Jesus den Vater auf des- sen Glauben hin anspricht, bricht es aus dem Vater heraus (Mk 9,4): „Ich glaube, hilf meinem Unglauben!“

Was heißt das anderes als: „Ich will dir glauben, ich will dir vertrauen, aber ich schaffe es nicht – hilf du mir!“? Und das genügt. Jesus heilt den Sohn.

Das Entscheidende war nicht der Glaube, den der Vater auf- brachte. Den hatte er ja gar nicht. Das Entscheidende war, dass er sich mit seinem Unglauben und mit seinem Wunsch zu glauben an Jesus wandte. Das brachte die Wende.

Es muss nicht so dramatisch zugehen, aber ich glaube, dass da ganz viel dran ist: Wenn wir uns an Jesus Christus wen- den, wenn wir ihn vor Augen haben – alleine und gemeinsam mit anderen -, dann kann Vertrauen entstehen. Und vielleicht erfahren wir, dass diese anfangs noch ganz zarte Pflanze wächst.

Dazu kommt vielleicht noch etwas Zweites. Unserem Pre- digttext gehen Ermahnungen voraus. Ich rede da lieber von Hinweisen. Worum geht es da? Die Christen, an die sich der Hebräerbrief wendet, sollen Liebe üben und Gastfreund- schaft, sie sollen sich um Gefangene und Misshandelte kümmern. Sie sollen treu sein in ihren Ehen und nicht geld- gierig sein, sondern sich genügen lassen an dem, was sie haben. Und sie sollen sich erinnern an die, die ihnen die Botschaft von Jesus Christus nahegebracht haben, von de- nen manche für ihren Glauben in den Tod gegangen waren.

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6 Gut, das Letzte verstehe ich. Auch wenn ich kein Dietrich Bonhoeffer bin, der angesichts seiner drohenden Hinrichtung den Text von den guten Mächten verfasst hat, bei denen wir wunderbar geborgen sind … Auch wenn ich kein Dietrich Bonhoeffer bin, so macht mir sein Beispiel doch Mut, an Je- sus Christus zu glauben und dazu auch vor anderen zu ste- hen.

Aber wie ist es mit den anderen Hinweisen, bei denen es ja um unser ganz konkretes Verhalten geht – Menschen ge- genüber, dem Geld gegenüber? Wie sollte unser Glaube dadurch fester werden?

Es ist eine ganz eigene Erfahrung, aber es ist wirklich etwas dran: Wenn wir es wagen, im Geist Jesu Christi zu handeln – im alltäglichen Leben -, dann macht das etwas mit uns. Dann entsteht – ohne unser Zutun – Vertrauen. Dann wird unser Herz fester.

Normalerweise denken wir: Wir müssen erst ein festes Herz, einen festen Glauben haben, dann können wir im Geist Jesu Christi handeln. Ich glaube, es gilt auch das Gegenteil:

Wenn wir so leben, machen wir Erfahrungen, die unser Herz fester werden lassen.

Die Beispiele unseres Predigttextes erscheinen mir fast zu- fällig zu sein. Vielleicht stehen wir vor anderen Herausforde- rungen, aber letzten Endes geht es um die eine Sache: Wir begegnen dem, was uns herausfordert, im Geist Jesu. Wir sehen nicht nur uns selbst, sondern wir fragen danach, was andere brauchen, was wir für sie tun können. Andere können auf uns zählen. Wir suchen nicht unseren eigenen Vorteil.

Wenn wir es wagen, so zu leben, werden wir die Erfahrung machen: Sich an Jesus Christus ausrichten, sich an ihm ori- entieren, das tut gut – und es bringt Gutes in diese Welt hin- ein. Es verändert etwas. In uns – und in anderen.

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7 Ja, es scheint so zu sein: Wenn wir es wagen, im Geist Jesu Christi unser Leben zu gestalten, erfahren wir, was unser Predigttext so wiedergibt: „Es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde, welches geschieht durch Gnade.“

Dann ist uns bewusst, wer wir sind und wem wir dienen. Da- rauf kommt es an – im neuen Jahr. Ganz gleich, was es bringen wird. Amen.

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