Studienseminar Koblenz
Körpersprache richtig deuten und einsetzen
29.11.2021
Berufspraktisches Seminar Wahlmodul 42
Was verrät die Körpersprache?
Screenshot aus Aufnahmen des ersten Treffens von Angela Merkel und Donald Trump am 17.03.2017, via: https://www.youtube.com/watch?v=uLfukuEutIU, letzter Zugriff am 25.11.2021, 18:09 Uhr.
Notieren Sie:
…was das gezeigte körpersprachliche Ausdrucksverhalten in Ihnen auslöst.
…wie Sie das körpersprachliche Ausdrucksvermögen spontan interpretieren.
Aufnahme des ersten Treffens von Angela Merkel und Donald Trump am 17.03.2017, via: https://www.youtube.com/watch?v=uLfukuEutIU, letzter Zugriff am 25.11.2021, 18:09 Uhr.
…und was hat das mit uns Lehrer:innen zu tun?
Berichten Sie von Wahr- nehmungen hinsichtlich körpersprachlichen
Verhaltens in der Schule!
Bild: https://de.freepik.com/fotos-kostenlos/verwirrter-dunkelhaeutiger-maennlicher-student-der-mit-den-schultern-zuckt-nachdem-er-voellig-verloren-und-verwirrt-ausgesehen-hat-weiss- keine-antwort-auf-die-frage-des-professors-waehrend-des-unterrichts-am-college-koerpersprache_9437453.htm#page=1&position=24&from_view=detail#&position=24&from_view=detail
Paul Watzlawick: 1. Axiom:
„Man kann nicht nicht kommunizieren, denn jede Kommunikation (nicht nur mit
Worten) ist Verhalten und genauso wie man sich nicht nicht verhalten kann, kann
man nicht nicht kommunizieren.“
Quelle: Watzlawick, Paul: Man kann nicht nicht kommunizieren. Das Lesebuch. Zusammengestellt von Trude Trunk und mit einem Nachwort von Friedemann Schulz von Thun. Bern 2016.
Nonverbale Signale:
1. Träger unmittelbaren Ausdrucks: sie drücken
Gefühle aus und sind unmittelbare Reaktionen auf Geschehnisse
2. Raumverhaltens- oder Selbstdarstellungsmerkmale.
➡ Ziele des Wahlmoduls:
• Sensibilisierung für die eigene Körpersprache und für die Körpersprache anderer
• eigene Körpersprache reflektieren, eigene Verhaltensweisen beobachten
• erste Ideen zur Verbesserung der Auftritts- und
Handlungskompetenzen (=Außenwirkungsebene), aber auch der Selbstregulationskompetenzen
(=Innenwirkungsebene)
können…
a) angeboren
b) erlernt / eingespielt c) manipulativ sein
Ausdrucksformen
Zu a)
Unabhängig der kulturellen Zugehörigkeit zeigen alle Menschen das selbe körpersprachliche
Ausdrucksverhalten bei Ekel, Wut, Angst, Schmerz, Glück, Müdigkeit. Es zeigen sich lediglich
Variationen in der Stärke des Ausdrucks
Langweiliger Vortrag Aufstehen/
gehen
Sitzenbleiben/
zuhören Unruhig werden
kratzen am Kopf
Zu b)
Durch Nachahmung vor allem bei Kleinkindern Bsp.: Kind stößt sich oder fällt hin → verdutztes
Anschauen der Erwachsenen → Reaktion abwarten → entscheiden, ob geweint wird Zu c)
Studien zeigen, dass Kinder spätestens mit 12 Jahren neutrale Gefühle vortäuschen können, obwohl
negative vorliegen.
Nur Freude konnte nicht gebremst werden
Quelle: Constanze Kaiser „Körpersprache der Schüler, Luchterhand 1998 Seite 33
Kanäle körpersprachlichen Ausdrucksverhaltens
Augensprache:
- Kaum kontrollierbar
- Die Länge des Blickkontaktes gibt Auskunft über Sympathie / Antipathie und Täuschungsabsicht
- Lob und Zustimmung erhöhen die Länge des Blickkontaktes - Langer Blickkontakt kann aber auch Dominanz und
Selbstbewusstsein ausstrahlen und drohend wirken
Mimik: Gesichtsausdruck (eher) Indiz aktueller Emotionen
Gestik:
a) Mechanische Gesten (Verlegenheitsgesten) erfolgen ohne die Absicht Informationen zu übermitteln, bieten aber Aufschluss über die körperliche Verfassung bzw.
Stimmung (Bsp.: Kratzen am Hinterkopf, über Kinn / den Nasenrücken streicheln, Haare spielen)
b) Sprachbezogene Gesten dienen dazu, Worte zu illustrieren und die Aufmerksamkeit der Zuhörer zu erhöhen (Gefahr der Übertreibung)
c) Spezialgesten für Eingeweihte (Bsp.: Hand heben als Signale für Ruhe)
d) Manipulationsgesten
Körperhaltung:
Körperhaltung (Kopf, Wirbelsäule, Schultern): Indiz
manifestierter emotionaler Zustände und Einstellungen
Signale der Offenheit Signale der Verschränkung
- nach vorne lehnen - zurücklehnen, Oberkörper abwenden
- Orientierung des Körpers zum Anderen
- Schultern oder Gegenstände dazwischen schieben
Körperhaltung:
Bsp.: Hände in die Hüften gestemmt
a) Stärke, Kampfgeist, Überlegenheit
b) entlastet den Rücken bei längerem Stehen Bsp.: Hände in den Hosentaschen
a) unhöflich, nachlässig, kumpelhaft b) lässig
➡Diese Beispiele zeigen, dass man einzelne Aspekte körpersprachlichen Verhaltens nicht allgemeingültig deuten kann!
Proxemik = räumliches Nähe-Distanz-Verhältnis
a) Sprechdistanz
Öffentliche Distanz > 4m Ansprache
Gesellschaftl. und soziale Distanz
1,50-4m Gespräch
Persönliche Distanz 60-150cm pers. Gespräch Intime Distanz < 60cm-direkter
körperlicher Kontakt
Intimgespräch
Direkte Lehrer-Schüler-Interaktion sollte in der sozialen bis persönlichen Zone erfolgen,
Elterngespräche in der sozialen Zone
➡ Berücksichtigung bei der Sitzordnung
b) Bewegung im Raum
• Vis-à-vis = völlige
Aufmerksamkeit, aber auch Konfrontation
• Über-Eck-Gespräche signalisieren Miteinander
• Gespräch auf Augenhöhe
Taktiler Kanal
Körperkontakt durch Berührung ist nur durch
Eintreten in die Zone der intimen Distanz möglich
• Berührungen schaffen Bindung (Oxytocin)
• Aber: Berührungen müssen einer Hierarchie folgen, damit sie nicht übergriffig wirken
Bsp.: fremde Person → zunicken → grüßen → Hand geben
→ evtl. umarmen
• Berührungen signalisieren die aktuelle Qualität der Beziehung
• Aber: Berührung als Statusindikator: ein Ranghöherer berührt eher einen Rangniedrigeren
Übung: Fremde Haltungen übernehmen / Haltungen spiegeln
Reflektieren und analysieren Sie bestimmtes körpersprachliches Verhalten in Standardsituationen des Lehrberufs!
Übungsbeschreibung:
- Finden Sie sich in 3er- oder 4er-Gruppen zusammen.
- Eine:r von Ihnen nimmt eine Körperhaltung ein, die sie/er typischerweise im Unterricht oder einer anderen Standardsituation zeigt. Achten Sie auf
möglichst viele Details.
- Die anderen Gruppenmitglieder betrachten die Körperhaltung genau und notieren, welche Wirkung diese Haltung auf sie hat.
- Anschließend übernehmen die anderen Gruppenmitglieder möglichst exakt die vorgeführte Position und spiegeln diese.
- Der Beobachtende notiert die Wirkung, die Präsentierenden notieren, wie sie sich mit dieser Körperhaltung fühlen. Anschließend erfolgt ein Austausch und ein Wechsel der präsentierenden Person.
(Zeitansatz: 30 Minuten)
Beispiel für eine „typische“ Haltung
- Rückmeldung und Deutung im Plenum
Foto einfügen
…und unsere Schüler:innen?
▶ Sammeln Sie nonverbales / körpersprachliches Verhalten von Schüler:innen und
erläutern Sie, wie Sie diese deuten.
▶ Bedenken Sie dabei
unterschiedliche Situationen im Kontext Schule / Unterricht.
Körpersprachliches Ausdrucksverhalten
Körpersprachliches Ausdrucksverhalten während des Engagements
Aufmerksamkeit = Erfüllung der Sozialfunktion in der Schule
• Je deutlicher die körpersprachlichen Signale, desto weniger fällt ein Nebenengagement auf
• Körpersprachlicher Feedback-loop: positives
Ausdrucksverhalten Anderer wirkt stimulierend auf sein Gegenüber
• Achtung: positive körpersprachliche Äußerungen haben einen starken Einfluss auf die Einschätzung intellektueller und sozialer Kompetenzen von Lernenden
Körpersprachliches Ausdrucksverhalten während des Nebenengagements
• Ablenkung von außen
• Ich-Befangenheit
• Interaktions-Befangenheit (gut getarnter Rückzug aus der Interaktion)
• Fremd-Befangenheit
• Geheucheltes Engagement
Die Tarnung erfolgt bei SuS zunächst sehr kontrolliert. Fühlt sich der Lernende unentdeckt wird er nachlässig, sodass das Nebenengagement dann meist auffällt
- Heidemann, Rudolf: Körpersprache im Unterricht. Ein Ratgeber für Lehrende. Wiebelsheim 92009.
- Kaiser, Constanze: Körpersprache der Schüler – Lautlose
Mitteilungen erkennen, bewerten, reagieren. Neuwied / Berlin 1998.
- Košinár, Dr. Julia: Handout: „Körperkompetenzen:
Selbststärkung und natürliche Autorität.“, über:
https://silo.tips/queue/krperkompetenzen-konzept-und-
inhalte?&queue_id=-1&v=1638083997&u=NS41Ny4xOTUuMTI=, letzter Zugriff: 26.11.21, 15:20 Uhr.
- Matschnig, Monika: Körpersprache: Gestik, Mimik & Haltung:
Sicher auftreten, Menschen gewinnen. München 2016.
- Molcho, Samy: Alles über Körpersprache: sich selbst und andere besser verstehen. München 2002.