ANAESTHESIE IN
GYNÄKOLOGIE UND
GEBURTSHILFE
Fachpflegeweiterbildung Dr.med V.Dammert
Gynäkologie
• unterschiedliche Operationsverfahren
• Eingriffe 5 min bis viele Stunden
• kleinste „oberflächliche“ Eingriffe
• große intraabdominelle Eingriffe
• laparoskopische Operationen
• verschiedene intraoperative Lagerungen
• Patienten aller Altersgruppen
• ASA I-IV
Geburtshilfe
• junge Patientinnen
• meist ASA I+II
• Eingriffe in der Schwangerschaft
• Eingriffe zum Beenden der Schwangerschaft
• geburtshilfliche Schmerztherapie
• Eingriffe nach der Entbindung
Gynäkologie
Typische Eingriffe
• Hysteroskopie, Abrasio, Abruptio
• vag. PE, vag. Rekonstruktionen, Vulvektomie
• HE (vag., abdominell, laparoskopisch)
• MIC (Myom, Ovarialcyste, Endometriose)
• Laparotomie, ausgedehnte Tumoreingriffe
• Mammachirurgie (PE, Tumorextirpation, Ablatio, Axilladissektion, Rekonstruktion von Prothese bis Lappenplastik)
Narkoseführung
• Maskennarkose
Disoprivan + Rapifen als Bolusgaben Eingriffe:
HSK, Abrasio
Abruptio bis 11.SSW, Abortkurrettage Narkoseuntersuchung, Cystoskopie Follikelpunktion zur Eizellgewinnung Laserkonisation
PE (Mamma, vaginal)
• Intubationsnarkose
Disoprivan + Fentanyl/Sufenta + Relaxanz
i.d.R. Aufrechterhaltung Sevofluran/Desfluran repetitive Opiatgaben, n. B. Relaxanz
Eingriffe:
Laparaskopien Laparatomien
Mammachirurgie
adipöse und nicht nüchterne Patienten Ileuseinleitung (kurze OP – kurzwirksame Opiate und Relaxantien!)
• Spinalanaesthesie
Bupivacain + Adrenalin + Glukose (+Morphin) Carbostesin
Eingriffe:
Vulvektomie
vag. HE (Morphinzusatz) vag. Kontinenz-Eingriffe
alle vag. Kurzeingriffe bei Risiko für
Allgemeinanaesthesie, Pat.-wunsch und nicht nüchternem Pat.
• Sonderform: Sattelblock
hyperbares Bupivacain, 0,8-1 ml 20 min sitzen
Eingriffe:
vag. PE
Laservaporisation genitaler Viruswarzen Introitusrekonstruktion
Bartholini – Cysten/Abszesse
• Larynxmaske
Disoprivan + Opiat je nach OP-Dauer Eingriffe:
Kurzeingriffe s.o., wenn Maskenbeatmung erschwert, wenn länger dauert
Mamma-PE LK-Extirpation Narbenrevision
nüchterner Patient!
• Periduralanalgesie
thorakaler PDK zur postoperativen Schmerztherapie
Anlage präoperativ bei Laparotomien mit Längsschnitt
bessere postoperative Mobilisation Schmerzausschaltung „vor Ort“
PCEA, Basisinfusion Naropin 0,2%
Sufenta-Zusatz (Überwachung!) TH 9/10
Kontraindikation beachten!
• Ketamin
Benzodiazepin (Valium) + Ketamin Eingriffe:
alle Kurzeingriffe möglich Abruptio ab 12.SSW
nicht nüchterner Pat. für Kurzeingriff postpartale Kurzeingriffe
Achtung ambulante Eingriffe!
Monitoring
Standardmonitoring bei allen Eingriffen
• EKG
• automat. Blutdruckmessung
• Sauerstoffsättigung
• bei Beatmung Atemgasmessung, expirat.
CO2, Beatmungsdrücke
Erweitertes Monitoring bei allen großen Eingriffen mit Volumenverschiebung, kardialen
Vorerkrankungen
• ZVD
• arterielle Blutdruckmessung
Besonderheiten
Ambulante Eingriffe
• kurze Operationen mit niedriger
postoperativer Komplikationsrate (Blutungen...)
• Patienten Risikogruppe I und II
• kurzwirksame Narkosemedikamente
• 4 Stunden postoperat. Überwachung
• Entlassung nach Visite bei voller Funktion aller Organsysteme in Begleitung einer
volljährigen Person
• spezielle Aufklärung, Unterschrift
Steinschnittlagerung
Komplikationen:
• Reduktion des arteriellen und venösen Blutflusses bei starker Flexion im Hüftgelenk
• Ischämiegefahr insbesondere bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit
• Dehnung des N. ischiadicus bei starker Flexion im Hüftgelenk
• Exponierte Lage des N. peronaeus und Druckschädigung in den Beinhaltern
Laparoskopie
• besseres kosmet. Ergebnis
• weniger Analgetikabedarf
• weniger Beeinträchtigung der Lungenfunktion
• kürzere Hospitalisierung
Pneumoperitoneum mittels CO2-insufflation!
• beeinflusst Hämodynamik, Lungenfunktion
• Hyperkapnie!
• intraabdom. Druck ≤ 15 mmHg
Klassische Lagerung für gynäkologische Laparoskopie: Steinschnitt + Kopftieflage
Komplikationen:
• selten Asystolien bei Anlage des PP
• Reflux von Magensaft
• sekundär einseitige Fehlintubation
• Hypothermie
• Pneumothorax, Pneumomediastinum
• Gasembolie, Einschwemmsyndrom
• hohe Rate an PONV!
Spezielle Komplikationen Hautemphysem
intraabdomineller Druck
Komprimierung Halsweichteile!
Hypertonie
Ausreichende Analgesie?
Vorsichtige Blutdrucksenkung mit Ebrantil oder Nitraten
bei Therapieresistenz:
Aufhebung der Kopftieflage
Senkung des intraabdom. Druckes Abbruch der Laparoskopie
Hohe Beatmungsdrücke
Änderung des Atemzeitverhältnisses 1:1,5 druckkontrollierte Beatmung
eher höheren endexpiratorischen PCO2 akzeptieren als patholog. Drücke
Aufheben der Kopftieflage Abbruch der Laparoskopie
Geburtshilfe
Besonderheiten in der Geburtshilfe?
1. schwangere Patientin mit anatomischen Veränderungen
2. mindestens 2 Patienten 3. veränderte Physiologie
4. spezielle schmerztherapeutische Maßnahmen
Physiologische Besonderheiten
1. Respiration
AMV ca. 50 % Ç FRC ca. 20 % È Hyperventilation
Schleimhäute geschwollen und gerötet Zwerchfellhochstand
Fgeringere Hypoxietoleranz
schnelleres An- und Abfluten von Inhalationanaestetika
Die schwangere Patientin
2. Herz/Kreislauf
HZV ca. 30-40 % Ç SVR ca. 20 % È
Blutvolumen ca. 35 % Ç
aortocavales Kompressionssyndrom bei 10 %
Fniedrigerer Blutdruck relative Anämie
verbesserte Gewebeperfusion cave: Rückenlage!
3. Gerinnung
Ç Aktivität der Faktoren È fibrinolytische Aktivität
FHyperkoagulabilität
schützt vor Blutverlusten
erhöht thrombembolische Komplikationen 4. Plasmaproteine
Ç Gesamtprotein F Ödemneigung
5. Magen-Darm-Trakt
verlagerte Magenachse Ç intragastraler Druck È Tonus und Motilität
Ç Produktion von Magensäure mit saurerem pH-Wert
F Regurgitationsgefahr!
6. Niere
Natrium- und Wasserretention 7. Uterusdurchblutung
keine autonome Regulationsmöglichkeit, daher direkt abhängig vom mütterlichen Blutdruck
Eingriffe in der Geburtshilfe
• Cerclage des Muttermundes in früher SS
• geburtshilfliche Periduralanalgesie
• Sectio caesarea
• dringliche OP postpartem
Cerclage
Verschluss des Muttermundes bei Zervixinsuffizienz und drohender Frühgeburt
• häufig um die 20. SSW
• kurzer vaginaler Eingriff
• Pat. nicht nüchtern Spinalanaesthesie
Intubation/Ileuseinleitung Kein Ketamin!
Periduralanalgesie zur Geburt
Indikation für eine Schmerztherapie?
Wehenschmerz = physiologisch
gehört zu einer „ normalen Geburt“ dazu!!??
• eingeschränkte Atemfunktion
• sympathische Kreislaufstimulation
• eingeschränkte MDT-Motilität
• erhöhter Metabolismus
• vermehrte Gerinnungsaktivität
• Immunsuppression
Schmerz ist Stress!!
Physiologische Konsequenzen
Erhöhte Ausschüttung von Katecholaminen führt zu
- Ï arteriellem Druck - Ï Herzzeitvolumen
- Ï peripherem Gefäßwiderstand - Ð des uterinen Blutflusses
Folge:
• Provozierung einer fetalen Asphyxie!
• erhöhter Sauerstoffverbrauch und respiratorische Alkalose durch
Hyperventilation (Schwindel, Übelkeit, Erbrechen)
• Verlängerung des Geburtsverlaufs
• erhöhtes Aspirationsrisiko
Historisches
• 1847 erste Versuche mit Äther zur Linderung des Geburtsschmerzes
• 1848 bessere Verträglichkeit von Chloroform
• Gegner: Geburtsschmerz als Sühne für den Sündenfall
• 1853 Königin Victoria
schmerzlose Geburt von Prinz Leopold Chloroform niedrig dosiert
bei Bewusstsein
empfand es als beruhigend, angenehm
• 1857 erneute Geburt unter Chloroform
• Entbindung „á la reine“
• bis in heutige Zeit Geburt unter Lachgas/O2
Periduralanalgesie
Hebt die mütterliche Stressreaktion auf.
Sympathikusblockade
• senkt die zirkulierenden Katecholamine
• steigert den intervillösen Blutfluss
• senkt den Gefäßwiderstand
• geringere Azidose des Feten
• weniger Sauerstoffverbrauch
• Beschleunigung des Geburtsverlaufs
Indikationen
• Schmerzlinderung
• Geburtseinleitung unter Oxytocingabe
• Dystokie
• Präeklampsie/HELLP-Syndrom cave: Kontraindikationen!!
• Ablehnung durch die Schwangere
• Gerinnungsstörungen, HELLP mit fallenden Thrombocyten
• Gerinnungshemmende Therapie
• Infektion an der Punktionsstelle
• Relativ: Wirbelsäulendeformitäten, Voroperationen an der Wirbelsäule, neurologische Erkrankungen
• Keine Wehenpause, mangelnde Kooperation Kontraindikationen
• Wirkung „vor Ort“
• Erreichen der schmerzvermittelnden Segmente in der Eröffnungs- und
Austreibungsphase
• keine systemische Wirkung
• bei Kathetertechnik Möglichkeit der Nachinjektion, PCEA, kontinuierlich Vorteil
Medikamente
• Lokalanaesthetika Naropin 0,2%
verhindert Fortleitung der Erregung durch Blockierung der Aktionspotentialausbildung
• Opioide
Sufentanil
verstärkt LA-Wirkung, niedrigere LA- Konzentration notwendig
Reihenfolge der Blockade
1. Präganglionärer Sympatikus
Warmwerden der Haut, Gefäßdilatation, RR-abfall
2. Schmerz, Temperatur 3. Berührung, Druck
4. Motorik, Vibration, Lageempfinden
Segmentale sensible Innervation
Wichtige Anhaltspunkte:
Brustwarze Th4
Xyphoid Th6
Nabel Th10
Leiste L1
Latenzphase: Th 11-12 Eröffnungsphase: Th 10-L1 Austreibungsphase: L2-S4
• schriftliche Aufklärung der Patientin, i.d.R. VOR Geburtsbeginn
• bei leerer Anamnese und keiner Einnahme gerinnungswirksamer Medikamente
kein aktuelles Labor notwendig
• zwingend vorgeschrieben bei Präeklampsie/HELLP, gerinnungswirksamen Medikamenten, Erkrankungen des Gerinnungssystems, klinischen Auffälligkeiten
• Flexüle und Infusionsvorlauf
• Kreislaufstabilität Vorbedingungen
• Entscheidung zur PDA in Absprache mit dem Gynäkologen
• regelmäßige Wehentätigkeit
• Anfangsbefund im Geburtsverlauf
• wehenfördernde Medikamente 20 vorher abstellen
Vorbereitung
Basis-Set (Abdecktuch, Tupfer, Tupferklemme, Gefäss für Desinfektion, Spritzen: 2 ml, 5 ml,)
PDK-Set (PDK, Tuohy-Nadel, low-resistance-Spritze 10 ml, Adapter, Filter)
20 ml-Spritze
Xylonest 1% 2 ml Bupivacain 0,5% 3 ml
NaCl 0,9% 10 ml
Sufenta epid. 3 ml
Naropin 0,2% 17 ml
spezielles PDK-Pflaster sterile Handschuhe
ausserdem: langer Pflasterstreifen zum Katheterbefestigen, PDK-Aukleber
• erfolglose Punktion
• Duraperforation
• blutige Punktion, erneute Punktion möglich
• problematisches Kathetervorschieben
• Parästhesien kurzfristig oder anhaltend Probleme:
• Hypotonie (selten)
• motorische Blockade
• punktionsbedingte Komplikationen
• katheterbedingte Komplikationen Nachteile
• Volumentherapie
• niedrige Lokalanaesthetikakonzentrationen
• Zusatz von Opioiden
• frühzeitige Anlage des Katheters bei kooperativer Patientin
• strenge Beachtung von Kontraindikationen
• PCEA zur Senkung des
Medikamentenverbrauchs möglich Therapeutische Strategie
• regelmäßige Kreislaufkontrolle bei liegendem PDK
• kontinuierliche Infusionstherapie
• Kontrolle von Motorik und Sensibilität der unteren Extremitäten
• Beenden einer kontinuierlichen Therapie bei vollständigem Muttermund
• Information an den Anaesthesisten und den Gynäkologen bei auftretenden
Komplikationen Nach PDK-Anlage
Sachgerecht durchgeführte PDA führt zu
• verbesserter uteroplazentarer Durchblutung
• verminderter Azidose des Feten
• keiner Geburtsverlaufsverlängerung
• keiner Zunahme an instrumentellen Entbindungen
Schlussfolgerung
Die Sectio caesarea
Historisches
erster Kaiserschnitt 1500 von einem
Schweineschneider (Kastrierer) an seiner Frau Jakob Nufer, Thurgau Siegershausen
überlebt!
hatte danach mehrere Normalgeburten,
unter anderem auch eine Zwillingsentbindung wurde 77 Jahre alt
Narkose?
Anrufung von Gottes Beistand
Absolut: Schädel-Becken-Missverhältnis
Einstellungs- und Haltungsanomalien Plazenta praevia totalis
HELLP-Syndrom, Eklampsie Nabelschnurvorfall
drohende oder erfolgte Uterusruptur intrauterine Asphyxie
anhaltende fetale Bradykardie vorzeitige Plazentalösung
Indikationen
Relativ: Erstgebärende über 35 J. und BEL BEL mit zus. Risikofaktoren
Z.n. Sectio und BEL Wehenschwäche
Einteilung nach Dringlichkeit
Entscheidungs-Entbindungs-Zeit
Geplante primäre
Sectio
Sekundäre Sectio
Dringliche Sectio
Notsectio
Zeit 60 min 30 min < 20 min
Prinzipiell möglich:
Allgemeinanaesthesie Spinalanaesthesie
Periduralanaesthesie
Auswahl des geeigneten Verfahrens in Abhängigkeit von der Dringlichkeitsstufe und eventuell vorliegenden Kontraindikationen für regionale Verfahren!
Indikationen sind:
• Nabelschnurvorfall
• Blutungen nach außen und Verdacht auf innere Blutungen
• Vorfall von kindlichen Anteilen
• Nichteinverständnis der Mutter mit regionalen Verfahren
• Gerinnungsstörungen, gerinnungshemmende Medikamente
• relativ: WS-deformitäten, neurol.
Erkrankungen
Allgemeinanaesthesie
• Labor (relativ)
• großlumige Flexüle und Infusion
• Blutgruppe und evtl. eingekreuzte Blutkonserven
• ca. 30 min präoperativ Gabe von 30 ml Natriumcitricum, evtl. Ranitidin
• Blasenkatheter
Vorbereitende Maßnahmen
Vorgehen
• Anamnese zu vorherigen Narkosen und Allergien
• Aufklärung zum geplanten Vorgehen
• großlumige Flexüle und Infusion
• Lagerung in Linksseitenlage und Anti-
Trendelenburg-Lage zur Vermeidung des
aortokavalen Kompressionssyndroms und der Regurgitation von Magensaft
• 5-7 min Präoxygenierung über dichtsitzende Maske, derweil Desinfektion des OP-
Gebietes und sterile Abdeckung
• Präkurarisierung zur Vermeidung von
Muskelzuckungen nach Succinylcholin-Gabe
• Gabe eines Hypnotikums (Trapanal®)
• Sellickscher Handgriff
• Relaxierung mit Succinylcholin
• Intubation
• Hautschnitt
• manuelle Beatmung unter leichter
Hyperventilation bis zur Abnabelung des Kindes
• wenn nötig, (Lachgas)/Sevofluran
• zur Fruchtblaseneröffnung 100% Sauerstoff
• nach Abnabelung Vertiefung der Narkose mit Analgesie durch Opiate und Hypnose meist mittels Inhalationsanaesthetika
• dann auch Gabe von Uterotonika und Antibiotika mgl. laut Operateur
• Aufrechterhaltung der Narkose
Bereithalten von
Equipment im Falle einer
erschwerten oder unmöglichen Intubation!!
Spezielle Laryngoskopspatel, Larynxnaske, Intubations-Larynxmaske, Combitube,
Bronchoskop...
• Fehlintubation
• Zahn- und Weichteilverletzungen
• Aspiration von Magensaft, Mendelson-Sy
• intraoperative Wachzustände
• mütterliche Hypokapnie mit fetaler Azidose
• postoperative Übelkeit und Erbrechen Komplikationen
Anaesthesie ist die dritthäufigste Ursache mütterlicher Sterblichkeit in
der Geburtshilfe
in Allgemeinanaesthesie 10fach häufiger als in Regionalanaesthesie!
Vorteile gegenüber Regionalverfahren:
• Kontrolle der Luftwege
• weniger Hypotensionen
Historisches
Chirurg August Bier 1898 erste Spinalanaesthesie ein Jahr später
„nach der Injektion von 0,01g Kokain in den Sack der Rückenmarkhäute in
der Höhe zwischen 4. und 5. Lendenwirbel nach 5–10 min eine vollkommene
Analgesie der unteren Körperhälfte bis zum Rippenbogen eintritt, während das Tastgefühl teilweise und die Herrschaft über die Muskelbewegung anscheinend völlig erhalten bleiben“
Oskar Kreis
Spinalanaesthesie
Vorteile:
• Schmerzausschaltung „vor Ort“
• keine Intubation und Beatmung notwendig
• keine Blutdruckspitzen bei Einleitung (Präeklampsie!)
• Frühkontakt zum Kind möglich!
• postoperativ fortbestehende Schmerzfreiheit
• frühzeitige Nahrungsaufnahme
• keine Sedierung beim Feten, besserer erster APGAR-Wert
• Kontraindikationen beachten!
• vorbereitende Maßnahmen wie AA
• Bupivacain (hyperbar) oder low dose SPA mit Opiatzusatz
• Dosisreduktion in SS!
• Linksseitenlage nach Anlage der SPA ca 20°
• Komplikationen wie bei Nichtschwangeren
• Infusion zügig laufen lassen
• Basis-Set
• Spinalnadel 25/27 G, Sprottenadel empfohlen
• Xylonest 1% 2 ml
• Bupivacain 0,5% hyperbar (o. Adrenalinzusatz) 5 ml
• Durchführung der SPA im Sitzen bevorzugt
• anschließend ev. kurze Rechtsseitenlage, dann leichte Linksseitenlagerung (beibehalten, bis Kind entwickelt)
• Desinfektion und Abdecken des OP-Gebietes
• Hautschnitt, wenn nachweisbare Ausbreitung der SPA
• empfohlende Ausbreitung bis Th 4-6
Vorgehen
Hypotension
Sympathikusblockade!
definiert als Abfall des mütterlichen systolischen Drucks um 20% oder unter 100 mmHg
Gefahr der fetalen Azidose
Die uteroplazentare Perfusion besitzt keine Autoregulation – lokale Ausschüttung von Prostazyklinen und Stickstoffmonoxid,
Abhängigkeit vom mütterlichen Blutdruck
Prophylaxe:
Lagerung
Linksseitenlage
Kompressionsbehandlung der Beine Volumengabe
schnelle Gabe von Kristalloiden während der Punktion effektiver als Prähydratation, Kolloide effektiver als Kristalloide
„low dose“ – SPA
Kombination Lokalanaesthetikum/Opioid
Therapie:
Volumengabe
Kolloide effektiver als Kristalloide Vasopressorengabe
Akrinor® in Deutschland zugelassen
Steigerung von HMV und art. Druck ohne Steigerung des peripheren
Widerstandes
Ephedrin, Phenylephrin
Aortokavales Kompressionssyndrom 10 % der Schwangeren ab 20. SSW
Rückenlage Kompression der Vena cava inferior
verringerter venöser Rückstrom
Abnahme des Herzzeitvolumens (HZV) und des arteriellen Blutdruckes
Druckanstieg in der Vena uterina mit Abnahme des uterinen Blutflusses
schockähnliches Krankheitsbild Übelkeit, Schwäche, Blässe
Schwitzen, Dyspnoe, Benommenheit
Blutdruckabfall, Bradykardie oder Tachykardie Kollaps, Schock
Weitere Komplikationen der Spinalanaesthesie:
• Totale SPA
• toxische LA-Reaktionen
• Bradykardie
• Blutungskomplikationen
• allergische Reaktion
• postspinale Kopfschmerzen
• Harnverhalt
• neurologische Komplikationen
• Rückenschmerzen
• Nadelbruch
als Katheterverfahren KI wie SPA
Vorteile: weniger Hypotensionen
postoperative Schmerztherapie Nachteile: Zeitfaktor
schlechtere muskuläre Relaxierung Medikament: Naropin 0,75%, Opiatzugabe
Nutzung bereits liegender Katheter zur Spontangeburt bei sekundärer Sectio
Periduralanaesthesie
Postpartale Eingriffe
• manuelle Plazentalösung
• postpartale Abrasio bei unvollständiger Plazenta
• Naht bei hohen Dammrissen
• HE bei therapierefraktärer Uterusatonie Achtung: bis 72 h nach Geburt gelten die
Gebote wie bei der schwangeren Patientin!!
Vorgehen wie bei der Schwangeren -Ileuseinleitung-!!
bei kleinen Eingriffen wie Plazentalösung, Abrasio, Naht auch Ketamin möglich
-Schutzreflexe erhalten-
bei liegendem PDK Beschickung möglich -Vorraussetzung: genügend Zeit
stabiler Kreislauf (cave Blutungen!)
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Anhang 1
Präeklampsie/Eklampsie/
HELLP-Syndrom
• Definitionen
• Pathophysiologie
• Pathol.-anatom. Veränderungen
• Symptomatik
• Prävention und Therapie
• Präeklampsie und Anästhesie Gliederung
• Schwangerschaftsinduzierte Hypertonie SIH
frühestens 20.SSW
diast. BD-Wert > 90 mmHg
• Präeklampsie
Hypertonie plus Proteinurie von mind. 300 mg/24h Ausmaß der Hypertonie kein Hinweis auf Schwere der Erkrankung !!
Definitionen I
nach der International Society for the Study of Hypertension in Pregnancy ( ISSHP )
• Eklampsie
generalisierte tonisch-klonische Krampfanfälle ohne bekannte chronische cerebrale Anfallsleiden
in 20% der Fälle ohne Hypertonie
• HELLP-Syndrom
H - hemolysis
EL – elevated liver enzymes LP – low platelets
Definitionen II
Im Vordergrund steht die Hämolyse
Mikroangiopathie Leberbeteiligung Diagnose: Hämolysezeichen
(Haptoglobinabfall, Fragmentocyten im Blutausstrich, LDH Ç, Bilirubin Ç )
SGOT und SGPT Ç
Thrombocyten < 100 000/mm3
Definitionen III
Pathophysiologie
• Physiologische Veränderungen während der Schwangerschaft
Die Pathogenese der Präeklampsie ist komplex und die genaue Ätiologie
unbekannt!
Aktuelle Vorstellung:
abnormale Implantation des Trophoblasten mit insuffizienter Ausbildung von Spiralarterien Vasokonstriktion der Spiralarterien möglich
(behalten ihre kontraktionsfähige muskuläre Wand)
Folge: inadäquate Perfusion der Plazenta
ÎSchlüsselfaktor in der Genese der Multiorganschäden der
Präeklampsie/Eklampsie
Ursache ist der erhöhte Gefäßwiderstand, der lokal unterschiedlich ausgeprägt sein kann
Gestörte Regulation des Gefäßtonus durch endotheliale Dysfunktion
Endothelzellaktivierung
Ç Fibronectinfreisetzung È endotheliale Bildung von
Prostacyclin Ç Bildung von Thromboxan
( vasokonstriktorisch )
Funktionsstörungen verschiedener Organe
durch Durchblutungsstörungen ( Niere, Leber, Gehirn, Uterus )
Grundlage sind charakteristische Einblutungen und Nekrosen,
besonders betroffen:
Leber Æ ischämische Bezirke periportale Blutungen
subendotheliale Fibrinablagerungen und Nekrosen
Gehirn Æ selten Blutung durch Gefäßruptur ( ICB ), petechiale Hämorrhagien ( 60-85% ) bedingt durch
Durchblutungsstörungen, SAB durch kortikale Petechialblutungen
Pathologisch - anatomische Veränderungen
Niere Æ vergrößerte Glomeruli
endotheliale Schädigung mit Obstruktion des Kapillarraumes
= glomeruläre Endotheliose
bei keiner anderen Hypertonieform vorhanden
• Plazenta
fetale Wachstumsretardierung
pathologischer CTG-Befund und Dopplerflow intrauterine Todesfälle
erhöhte Rate vorzeitiger Plazentalösungen
• Niere
Proteinurie Æ Hypalbuminämie " verstärkte Medikamentenwirkung
È glomeruläre Filtrationsrate und Oligurie Gefahr des akuten Nierenversagens
Erläuterungen
• Lungenödem und Dyspnoe mit thorakalen Beschwerden in ca. 2% der Fälle
• Leber
Anstieg der Transaminasen
Oberbauchbeschwerden in 80% bei HELLP ( Leitsymptom )
selten: Leberhämatom mit Rupturgefahr Ädringliche sonographische Abklärung
erforderlich bei abdominellen Beschwerden!
• Häufig Übelkeit und Erbrechen, epigastrische Schmerzen
• ZNS
Kopfschmerzen ( 80% )
Sehstörungen ( 25-40% ), aber spezifisch!
Hyperreflexie = Prodromi für Eklampsie vor und nach epileptischen Anfällen sind Bewußtseinstörungen aller Grade
beschrieben
Anfälle auch ohne Warnzeichen möglich
• Gerinnung
ausgeprägte Verminderung der ATIII- aktivität
Thrombocytopenie ( Verbrauch ) Hyperfibrinogenämie
hohe Konzentration von D-Dimeren
! Beim HELLP-Syndrom immer an DIC- Gefahr denken!
• Hypertonus diast. > 90 mmHg syst. > 140 mmHg
• Proteinurie > 300 mg/24h
• Ödemneigung ohne prognostische Bedeutung
• Auftreten frühestens 20. SSW
• Neurologische Symptome
• Oberbauchbeschwerden
Diagnosestellung
Prävention und Therapie
Präventionsversuche: Fischöle
Magnesium Kalzium
Diuretika
Kochsalzrestriktion ASS niedrigdosiert Vitamine ( C und E ) Glukokortikoide
Therapie: Blutdrucksenkung!
Grenzwerte: 170/110 mmHg!
Medikamente: α-Methyldopa, Dihydralazin, β-Blocker, Verapamil
keine Diuretika und ACE- Hemmer!
für den hypertensiven Notfall:
Dihydralazin Urapidil
Nifedipin
Eklampsie-Therapie: Minimierung des
Aspirationsrisikos durch Lagerungsmaßnahmen Magnesiumgabe als Mittel der Wahl
cave: Nierenfunktion ( Mg wird ausschließlich renal eliminiert )
Atemfrequenz ( beeiträchtigt Atemmechanik ) Patellarsehnenreflex ( verschwindet bei
Überdos. )
Überlegenheit gegenüber Phenytoin und BDZ CTG-Registrierung
je nach SSW und fetaler Reife Entbindung anstreben
prinzipiell ist bei reifer Zervix die vaginale Entbindung anzustreben
milder Verlauf ohne Progredienz Æ Einleitung der Geburt nach der 37.SSW
Komplikationen ( È Nierenfunktion, cerebrale
Symptomatik, HELLP-Syndrom, schwere fetale Wachstumsretardierung )
Æ Entbindung bei abgeschlossener 34.SSW Förderung der fetalen Lungenreife mit
Kortikosteroiden
Kontroverses Vorgehen bei HELLP!! Keine gesicherten Aussagen zum geeignetsten Vorgehen!
Einzige kausale Therapie ist die Entbindung!
Präeklampsie und Anaesthesie
Vorraussetzung für optimale anaesthesiologische
Versorgung von Patientinnen mit einer Präeklampsie sind Kenntnisse der pathophysiologischen
Veränderungen und die konsequente Behandlung der Symptomatik
VOR der Anaesthesieeinleitung zufriedenstellende Kontrolle der Symptome angestrebt
Narkoseeinleitung bei nicht beherrschbarer Symptomatik sollte Notfallsituationen vorbehalten sein!
Im Vordergrund stehen die antihypertensive Therapie und die Volumentherapie, ( Krampfanfallsprophylaxe )
• Mit 5-8% relativ häufiges Krankheitsbild
• Unterschiedlichste Ausprägung möglich,
Kenntnis der Pathophysiologie der normalen Schwangerschaft und der Präeklampsie
unumgänglich
• Kenntnisse über aktuelle
Behandlungsstrategien der geburtshilflichen Kollegen
• Enge Zusammenarbeit Anaesthesist – Geburtshelfer schon vor der Entbindung wünschenswert!
Zusammenfassung
Anhang 2
Wirkung ausgewählter Substanzen auf den Uterus und Feten
H2-Antagonisten und Antazida
Cimetidin/Ranitidin schnelle Plazentapassage mit hohen Serumspiegeln, keine Erniedrigung der APGAR-Werte Natriumcitrat 0,3-molar geeignet und unbedenklich
Gastrokinetika und Antiemetika
Metroclopramid und Ondansetron als Prophylaktika in SSW geeignet, Ondansetron besser wirksam
Cave bei Sectio: Met-Hb-Bildung unter MCP – fetale Hypoxie
Inhalationsanaesthetika
Volatile Anaesthetika – schnelle Plazentapassage
in klinischen Konzentrationen fetale Depression mgl Sevofluran/Desfluran niedrigere BG-Verteilungskoeff.
Dosisreduktion in SSW 30-50% - keine wesentliche fetale Depression (1 MAC)
cave: Uterusrelaxierung – atonische Blutung!
Lachgas – schnelle Plazentapassage
in klin. Dos. keinen Einfluß auf die Gebärmutteraktivität fetale Depression bei Zufuhr länger als 15 min.
Dämpfung der Hirnfunktion des Neugeborenen Diffusionshypoxie nach Kindsabnabelung möglich Vor Abnabelung kein Lachgas verwenden!
Intravenöse Anaesthetika
Barbiturate – nach 45-60 s im fetalen Blut nachweisbar
Neugeborenendepression abh. von Dosis, wiederholten Gaben und Zeitspanne zwischen Injektion und operativer
Kindsentwicklung
max. 4-5 mg/kgKG, weitere Dosisreduktion bei Präeklampsie, Eklampsie, Hypertonus und Blutungen
Benzodiazepine – Kumulation im fetalen Gewebe!
Midazolam geringere Plazentapassage als Diazepam beim Neugeborenen: „floppy infant Syndrom“
niedrig dosiert zur Anxiolyse mgl
bei Sectio: BDZ erst nach Abnabelung
Propofol – dosisabhängig postpartale Depression Etomidate – rasche Plazentapassage
kein Nachweis fetaler Depression, Beeinträchtigung des APGAR-Scores oder Verminderung der uterofetalen
Perfusion
Ketamin – gut plazentagängig
0,5-1 mg/kgKG: Kreislauf-, Atem- und Reflexstabilität reduziert Regurgitations- und Aspirationsgefahr
keine fetale Depression
1,5-2 mg/kgKG: hohe fetale Plasmaspiegel mit fetaler Depression, niedrigere APGAR-Werte, mütterlicher Blutdrucksteigerung, tetanischen Uteruskontraktionen
Opioide
rasche Plazentapassage
dosisabhängig fetale Atemdepression
HWZ 5-7 mal länger beim Feten als bei Erwachsenen vor Kindsabnabelung keine Opiate empfohlen
Muskelrelaxantien
erschwerte Plazentapassage durch Hydrophilie Succinylcholin zur Ileuseinleitung – in klinischen
Dosierungen bis 2 mg/kgKG nicht im fetalen Blut nachweisbar nichtdepolarisierende Substanzen zur Präkurarisierung
in erniedrigter Dosis, weitere Gaben erst nach Abnabelung Atropin
Steigert sowohl mütterliche als auch fetale Herzfrequenz Aufhebung der fetalen Herzfrequenzvariabilität