9 Ausgewählte Themen
31. Vorlesung: Warum sind Agentensysteme spannend?
Eine persönliche Stellungnahme
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In dieser Vorlesung werden verschiedene Modellierungs- ansätze für intelligente Systeme unter akademischen und technischen Gesichtspunkten diskutiert.
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Es werden Argumente angeführt, warum Agentensysteme
eine herausgehobene Rolle für Erklärungen wie auch für
technische Aufgaben haben könnten.
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Der "General Intelligent Agent"
• konzipiert: in den 70er Jahren
• Idee: funktionale Charakterisierung intelligenter Fähigkeiten auf der Grundlage von Wissen, rekonstruiert mit den Mitteln der Logik
• In der AG WBS z.B. benutzt, um im LILOG-Projekt das Hinter- grundwissen für ein textverstehendes System zu modellieren
Modulare wissensbasierte Systeme
• konzipiert: in den 80er Jahren (u.a. eigene Arbeiten)
• Idee: inhaltliche Gruppierung großer Wissensbestände; selektive Steuerung des Wissenszugangs
• In der AG WBS z.B. benutzt, um im Hypercon-Projekt diversifiziertes Wissen einer Bluthochdruck-Domäne zu modellieren
P1
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P4 P5
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Affect World
Recognize Input
Apply Method
Change Rep.
Select Method Internal Representation
General Knowledge
Method Store Affect
World
Recognize Input
Apply Method
Change Rep.
Select Method Internal Representation
General Knowledge
Method Store
Künstliche neuronale Netze
• konzipiert: bereits in den 40er/50er Jahren; Revival in den 80ern
• Idee: Miteinander gekoppelte Prozessorknoten bestimmen durch die Gewichte "synaptischer" Verbindungen ein Gesamtverhalten
• In der AG WBS z.B. benutzt, um die Suche in einer symbolischen Wissensbasis durch assoziative Techniken zu beschleunigen
Multi-Agenten-Systeme
• konzipiert: in den 80er/90er Jahren
• Idee: Verteilung von Intelligenz-Teilfähigkeiten auf interagierende (kooperierende/wettbewerbende) kleinere Systeme
• In der AG WBS z.B. benutzt, um im VIENA-Projekt ein intelligentes Interface als "Teamleistung" zu modellieren
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Res Seh
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Virtuelle Kamera
Raum Inter- preter
Plan &
Physik Farbe
Buch- führer
Mittler-Agenten
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AGENT AGENT AGENT AGENT
AGENT AGENT
AGENT
etc.
“Für sich genommen ist ein Agent nichts weiter als ein einfacher Prozeß, der andere Agenten an- und abstellt. Von außen betrachtet, als Agentur, kann er gerade das ausführen, was seine Unteragenten, unter gegenseitiger Hilfe, zustande- bringen.”
Untersuchungen des Hirns, z.B.
im Labor von Christoph Koch in Pasadena, betreffen u.a.
(
biophysikalische Mechanismen der Berechnung in
einzelnen Neuronen
(
neuronale Korrelate des Bewußtseins
mit zum Teil erstaunlichen
Einzelbefunden.
! " )
*
Es läßt sich erahnen, wie weit der Informationsverarbeitungsansatz von den neuronalen Mechanismen des Hirns entfernt ist, wie mächtig jedoch die durch Symbole möglichen Abstraktionen und wie
entscheidend sie für intelligente Fähigkeiten des Menschen sind.
*
Auch läßt sich erkennen, wie weit der Weg vom Verständnis elemen- tarer Hirnfunktionen bis zum Verständnis "höherer" Intelligenz ist.
*
Sicher lassen sich intelligente Fähigkeiten letztlich auf neuronale und noch einen Schritt weiter auf physikalische Prozesse zurückführen.
*
Jedoch ist es die Frage, welche Ebene der Betrachtung zur Erklärung einer bestimmten Fähigkeit angemessen ist.
Ist Intelligenz letztlich als physikalisches Phänomen erklärbar?
Auf die Frage, ob sich prinzipiell alles Natürliche auf physikalische
Gesetzmäßigkeiten zurückführen lasse, erwiderte EINSTEIN:
“Ja, das ist denkbar, aber es hätte doch keinen Sinn. Es wäre eine Abbildung mit
inadäquaten Mitteln, so als ob man eine Beethoven-Symphonie als Luftdruckkurve
darstellte.”
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*
als Modellierungsmittel nicht auf ein Gebiet beschränkt
*
nicht auf eine Ebene beschränkt
*
Wechselwirkungen zwischen Agenten gleicher und unterschiedlicher Ebenen transparent modellierbar
*
stufige funktionale Abstraktion (im Gegensatz zum „General Intelligent Agent“
*
bottom-up und top-down-Modellierung, operational
*
in vielen Disziplinen bereits als Modellierungsmittel verwendet
*
maßvolle Metaphorik – „Brückenbegriffe“
*
für die Modellerweiterung/-verfeinerung offene Modellierung
*
kontrollierte opake/transparente Modellierung (opake Agenten können durch – wiederum als MAS realisierte – Agenturen ersetzt werden)
*
operationale Bedeutungskonstruktion für qualitative/vage Benutzereingaben; „verhandelte Semantik“
*
Benutzeradaption ohne Benutzermodelle
*
ereignis- und zeitzyklusgetriebene Verarbeitung; Anytime-Fähigkeit
*
Integration unterschiedlicher sensorischer Information (Sprach-/
Gesteneingabe)
*
Situiertheit – Kopplung in die Anwendungsumgebung
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Ein Mythos "KI" ist vermutlich u.a. aus folgenden Gründen entstanden:
•
maschinelle Leistungen wurden mit intellektuellen Leistungen des Menschen verglichen ("General Problem Solver") und führten zu vorzeitigen und übersteigerten Erwartungen über die Erreichbarkeit von maschinellen Leistungen•
der Raum für Wunschprojektionen war im Bereich der KI besonders groß, da die Kluft zwischen der 'Ideologie' und Technik der KI beträchtlich ist•
im Begriff "KI" liegen Suggestionspotentiale, die sowohl von der Wissen- schaft im Interesse größerer Forschungsressourcen instrumentalisiert als auch von industriellen Anwendern marktstrategisch genutzt wurden (Ähnliches geschah später im Bereich der Neuronalen Netze!)
Mit Techniken, die der KI entstammen, wurden Leistungen erbracht, die zu Produkten geführt haben (z.B. objektorientierte Programmiermethoden, die u.a. die Basis der heutigen Benutzeroberflächen bilden), aber:
• auf der technischen Ebene fällt es schwer, Innovationen aus dem Bereich Künstliche Intelligenz von entwickelter Informationstechnik abzugrenzen
• aufgrund der Tatsache, daß ein Produkt nach seiner Funktionalität und seinem Gebrauchswert und kaum nach der ermöglichenden Technik beurteilt wird, ist es fraglich, ob man darin verwendete KI-Techniken überhaupt als solche wahrnimmt
• KI-Technologie findet (auch nur) nur auf dem Umweg über die oft
mühsame und langwierige Produktentwicklung Eingang in Anwendungen und unterliegt Prinzipien der Markterschließung und Akzeptanz
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KI als akademisches Gebiet verfolgt mit naturwissenschaft- lichem Anspruch (Formulierung präziser Gesetze) das Ziel, Aspekte der menschlichen Intelligenz zu erklären. Unter allen Gebieten naturwissenschaftlicher Erkenntnis nimmt sie eine vordere Position ein, solange menschliche Intelligenz eine
"Mythos-Stellung" in der von uns vorgefundenen Welt genießt.
Es ist gegenwärtig anzunehmen, daß KI als Forschungs- und Technikgebiet auch weiter am Bild der menschlichen Intelligenz orientiert ist und daß zugleich die Resultate auf dem Gebiet der KI unser Bild von der menschlichen Intelligenz beeinflussen.
Der Intelligenzbegriff der KI ist "computational"
(Verarbeitung von Information durch Symbole).
KI-Theorien sind "generativ" in dem Sinne, daß
sie Synthese vor Analyse stellen.
Paradigmen ändern sich:
•
eingebettete Systeme (die mit Sensoren und Effektoren in ihre Umgebung gekoppelt sind):Situierte KI
•
anstelle "globaler" Rekonstruktion intelligenten Verhaltens Betrachtung simpler interagierender Systeme:Agenten-Systeme, Verteilte KI
Kein einzelner Ansatz kann alle Merkmale von Intelligenz reproduzieren / erklären.
Minsky (in einer 93er Ausgabe von Scientific American):