• Keine Ergebnisse gefunden

Morphologische und radiologische Darstellung der Lymphgefäße und Bedeutung der manuellen Lymphdrainage im Bereich der Beugesehnen des Pferdes

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Morphologische und radiologische Darstellung der Lymphgefäße und Bedeutung der manuellen Lymphdrainage im Bereich der Beugesehnen des Pferdes"

Copied!
182
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

und

dem Zentrum Anatomie

der Medizinischen Hochschule Hannover

Morphologische und radiologische Darstellung der Lymphgefäße und Bedeutung der manuellen Lymphdrainage im Bereich der

Beugesehnen des Pferdes

INAUGURAL-DISSERTATION Zur Erlangung des Grades eines DOKTORIN DER VETERINÄRMEDIZIN

(Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Tanja Helling aus Duisburg

Hannover 2008

(2)

Univ.-Prof. Dr. Peter Stadler

Klinik für Pferde

Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

Univ.-Prof. Dr. Dirk Berens v. Rautenfeld

Zentrum Anatomie

Institut für Funktionelle und Angewandte Anatomie Medizinische Hochschule Hannover

1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. Peter Stadler, Klinik für Pferde

2. Gutachter: Univ.-Prof`in Dr. Christiane Pfarrer, Anatomisches Institut

Tag der mündlichen Prüfung: 21.11.2008

(3)

„Das Meer des Wissens kann niemals

voll genug sein“

Alexander Hopp

(4)
(5)

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Zur besseren Vergleichbarkeit werden alle Zahlen in Ziffern geschrieben.

A. Arteria

AK Altersklasse

Aqua dest. Aqua destillata

Art. Articulatio

Artt. Articulationes

BAPN ß-Aminopropionitril

bds. beidseits

chron. chronisch

DSL indirekte Depot-Sehnen-Lymphangiographie

et al. et alii

Fa. Firma

ggr. geringgradig

GA Glutaraldehyd

HE Hämalaun-Eosin

hgr. hochgradig

hi li hinten links

hi re hinten rechts

Gldm. Gliedmaße

i.v. intravenös

KB Kaltblut

KGW Körpergewicht

KPE komplexe physikalische Entstauungstherapie

Ln. Lymphonodus

Lnn. Lymphonodi

M. Musculus

mgr. mittelgradig

ML manuelle Lymphdrainage

OBS oberflächliche Beugesehne

p Irrtumswahrscheinlichkeit

PB Primärbündel

PFA Paraformaldehyd

REM Rasterelektronenmikroskopie

s.c. subcutan

SB Sekundärbündel

SIL simultane indirekte Lymphographie

St. Stute

TBS tiefe Beugesehne

TEM Transelektronenmikroskopie

UB umfangsvermehrte Beine

(6)

vo li vorne links

vo re vorne rechts

W. Wallach

WB Warmblut

(7)

INHALTSVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG ….……… 11

2. LITERATURÜBERSICHT ……… 14

2.1 Anatomie der Sehnen ……… 14

2.1.1 Anatomie der Beugesehnen des Pferdes ……… 14

2.1.2 Histologie der Sehne ……….14

2.1.3 Intratendinöse Vaskularisation ……… 17

2.2 Erkrankungen der Beugesehnen des Pferdes ... 18

2.2.1 Definition der Sehnenerkrankungen ... 18

2.2.2 Ätiologie und Pathogenese ... 18

2.2.3 Reaktionen der Sehne auf Verletzungen ... 19

2.3 Anatomie des Lymphgefäßsystems ……….. 20

2.3.1 Morphologisch-funktionelle Einteilung ..……… 20

2.3.2 Topographisch-funktionelle Einteilung ……….. 23

2.3.3 Definition: lymphgefäßreicher und lymphgefäßarmer Typ ………….. 24

2.3.4 Verlauf der Kollektoren des tiefen Systems im Bereich der Extremitäten des Pferdes …….……… 25

2.3.5 Tributäre Lymphknotengruppen und zentrale Abflusswege der Beugesehnen des Pferdes ……….………. 28

2.3.6 Lymphgefäße innerhalb der Sehne ……… 30

2.4 Indirekte Lymphographie / Lymphangiographie ……… 32

2.5 Manuelle Lymphdrainage (ML) ……….……… 33

3. MATERIAL UND METHODE ………. 35

3.1 Versuchstiere ……….. 35

3.1.1 Vorversuch post mortem ……….……… 35

3.1.2 Versuche intra vitam und post mortem ……….. 35

3.2 Indirekte Depot-Sehnen-Lymphangiographie (DSL) ………. 37

3.2.1 verwendete Materialien ……… 37

3.2.2 Durchführung der Vorversuche ………... 38

3.2.3 Durchführung der Hauptversuche ……….. 38

3.3 Manuelle Lymphdrainage (ML) ……… 40

3.3.1 Zentrale Vorbehandlung (VBH) ……….. 40

(8)

3.4 Durchführung der zusätzlichen Versuche ……… 44

3.5 Untersuchte Parameter und statistische Auswertung ………….. 44

3.6 Indirekte Farb- und Kunststoffinjektion ……….. 46

3.6.1 verwendete Materialien ……… 46

3.6.2 Durchführung der Farb- und Kunststoffinjektion ……….. 46

3.7 Gewebeprobenentnahme ………. 47

3.8 Gewebeprobenaufbereitung ….……… 48

3.8.1 Eponeinbettung und Schneidetechnik zur lichtmikroskopischen und TEM Untersuchung ……… 48

3.8.2 Bearbeitung der GA-fixierten Proben zur REM Untersuchung ………49

3.8.3 Herstellung von Korrosionspräparate zur REM Untersuchung …..… 49

3.8.4 Immunhistochemische Färbungen ...…..… 50

3.9 Histologische Beurteilung ………. 52

4. ERGEBNISSE ……… 53

4.1 Makroanatomische und histologische Befunde ………. 53

4.1.1 Histologische Beurteilung des Gesundheitszustandes der untersuchten Beugesehnen ………. 53

4.1.2 Intratendinöse Verteilung von Farb- und Kunststoffen ……… 54

4.1.3 Lokalisation, Füllungsverhalten und Angioarchitektur der Lymphgefäße der Sehne ……….. 56

4.1.4 Topographie und Quantifizierung der tiefen Kollektoren ………. 73

4.1.5 Ergebnisse der immunhistochemischen Färbungen ... 4.2 Ergebnisse zur Untersuchungstechnik der indirekten Depot-Sehnen-Lymphangiographie (DSL) ... 75

4.2.1 Reaktion der Pferde auf die Injektion des Röntgenkontrastmittels .... 75

4.2.2 Klinische Untersuchungsergebnisse 1 Tag nach der DSL ... 75

4.2.3 Injektionsvolumen des Röntgenkontrastmittels ... 76

4.2.4 Häufigkeit einer paratendinösen Injektion ... 76

4.2.5 Kontrastierung von Kollektoren bei einer subcutanen Injektion ... 77

4.2.6 Füllungsablauf der Kollektoren des tiefen Systems ... 78

4.3 Untersuchungsergebnisse der indirekten Depot-Sehnen-Lymphangiographie (DSL) ... 79

4.3.1 Länge des Röntgenkontrastmitteldepots ...………... 79

4.3.2 Zuordnung und Topographie der Lymphgefäßabschnitte …... 81

4.3.3 Quantifizierung der Kollektoren des tiefen Systems ………... 83

4.3.4 Füllungsbild der Kollektoren bei der DSL am stehenden Pferd …... 91

4.3.5 Entleerungszeit der Kollektoren und Abtransportzeit des Röntgenkontrastmitteldepots ... 101

(9)

4.4 Ergebnisse der manuellen Lymphdrainage ...112

4.4.1 Entleerungszeit der Kollektoren des tiefen Systems... 112

4.4.2 Abtransportzeit des Röntgenkontrastmitteldepots...113

4.5 Ergebnisse der Untersuchungen bei Umfangsvermehrungen der Gliedmaßen ... 116

4.5.1 Anzahl der Kollektoren des tiefen Systems (Höhe 3) ... 116

4.5.2 Füllungsbild der Kollektoren des tiefen Systems ... 118

4.5.3 Entleerungszeit der Kollektoren und Abtransportzeit des Röntgenkontrastmitteldepots ... 119

4.5.4 Ergebnisse der manuellen Lymphdrainage ... 120

5. DISKUSSION ……….……… 121

5.1 Makroanatomische und histologische Untersuchungen ... 121

5.1.1 Diskussion der Morphologie, Topographie und Physiologie der intratendinösen Lymphgefäße ……… 121

5.1.2 Systemeigene Überlaufventilfunktion (SUV) ……..……..……… 124

5.1.3 Füllungs- und Entleerungsmechanismus der intratendinösen Lymphgefäße ……..……… 125

5.2 Nomenklaturvorschlag ………... 127

5.3 Indirekte Depot-Sehnen-Lymphangiographie (DSL) ... 129

5.3.1 Diskussion des Pferdematerials ……… 129

5.3.2 Diskussion der Methode DSL ... 130

5.3.3 Diskussion der Zuordnung der Lymphgefäßabschnitte ……… 133

5.3.4 Diskussion der Quantifizierung, des Füllungsbildes und der Lymphdrainagekapazität der Kollektoren ……….…... 135

5.4 Manuelle Lymphdrainage ………. 145

5.4.1 Diskussion von Material und Methode der ML ………. 145

5.4.2 Diskussion der Ergebnisse der ML ………... 147

5.5 Klinische Aspekte …………..……….. 148

5.6 Ausblick …………..……… 151

6. ZUSAMMENFASSUNG ……… 153

7. SUMMARY ... 156

8. LITERATURVERZEICHNIS …….……… 159

9. ANHANG …... 176

(10)
(11)

1. EINLEITUNG

Equine Tendopathien sind trotz intensiver Forschungsarbeit in den letzten Jahren prognostisch immer noch sehr vorsichtig zu beurteilen. Sie führen auf Grund ihrer langsamen und oft unvollständigen Ausheilung häufig zu einer Beendigung der Sportkarriere des erkrankten Pferdes (KÖNIG, 1983; LAM, 2007). Aus diesem Grund werden neue Therapiemöglichkeiten gesucht und erprobt. Erste Behandlungsversuche akuter Tendopathien mit manueller Lymphdrainage (ML) zeigten eine schnelle Verbesserung der klinischen und sonographischen Befunde (RÖTTING, persönliche Mitteilung, 2006) und veranlassten dieses Dissertationsprojekt.

Das Ziel der vorliegenden Studie bestand zunächst darin, die indirekte Depot- Sehnen-Lymphangiographie (DSL) als neue in vivo Methode zur röntgenologischen Darstellung der Lymphgefäßverhältnisse aus den Bereichen klinisch relevanter Sehnenabschnitte der oberflächlichen und tiefen Beugesehne zu entwickeln. Darüber hinaus sollte mittels der DSL die Wirkung der manuellen Lymphdrainage (ML) überprüft werden. Um die radiologischen Befunde auch morphologisch interpretieren zu können, war es geplant, post mortem die Kollektoren des tiefen Lymphgefäßsystems durch Farbstoffinjektionen darzustellen, sowie histologische Proben der Beugesehnen zu gewinnen.

Eine exakte morphologische Darstellung der Lymphgefäßverhältnisse der Sehne fehlt beim Pferd, wie auch bei anderen Tierspezies und beim Menschen. Um diese Wissenslücke zu füllen, insbesondere auf Grund der klinischen Relevanz des intratendinösen Lymphgefäßsystems für die Pathogenese und Therapie von Sehnenerkrankungen, wurde es angestrebt, die lymphvaskulären Angioarchitektur innerhalb der Beugesehnen des Pferdes nachzuvollziehen.

(12)

Aus klinischer Sicht sind vor allem folgende Fragestellungen interessant:

- In welchen Bereichen der Sehne findet die Lymphbildung statt?

- Welches Verhältnis besteht zwischen der Lokalisation und der Anzahl der Lymphgefäße und der Blutgefäße innerhalb der Beugesehnen des Pferdes?

- Wie stellt sich das lymphangiographische Füllungsbild der Lymphgefäße bei klinisch gesunden Sehnen dar?

- Lassen sich Normwerte für die Anzahl der die Sehne drainierenden tiefen Kollektoren ableiten?

- Ist mit der lymphangiographischen Darstellung des Lymphgefäßsystems der Sehnen eine individuelle Einteilung in lymphgefäßarme und -reiche Typen (ROTHE, 2004) möglich?

- Besteht eine Korrelation zwischen der Anzahl der kontrastierten tiefen Kollektoren und der intratendinösen Lymphgefäße?

- In welchem Zeitraum wird intratendinös injizierte Flüssigkeit lymphvaskulär bewältigt?

- Ist eine Beschleunigung des Lymphabflusses aus den Beugesehnen nach Anwendung der manuellen Lymphdrainage (ML) nachweisbar?

Das für den Lymphabtransport aus den Sehnen zuständige tiefe Kollektorensystem repräsentiert beim Pferd das Hauptdrainagesystem der Gliedmaßen (ROTHE, 2004). Es ist durch die indirekte Applikation eines wasserlöslichen Röntgenkontrastmittels (MEYER, 1988; RÖTTING, 1999) bzw.

Farbstoffs (LAUE, 1987; ROTHE, 2004) oder Radionuklids (GAEDKE, 2007) in die Haut proximal des Kronsaums darstellbar, bzw. in seiner lymphvaskulären Leistung quantitativ zu beurteilen. Beim Menschen wird die Haut dagegen komplett vom oberflächlichen Lymphsystem drainiert. Die radiologische Darstellung der tiefen Kollektoren im Bereich der Extremitäten ist bisher unter klinischen Bedingungen noch nicht möglich. Der Einsatz der innerhalb dieser Dissertation erstmals vorgestellten indirekten Depot-Sehnen-Lymphangiographie (DSL) wäre auch beim Menschen denkbar.

(13)

Beim Pferd wie auch beim Menschen ist über die Lymphgefäßverhältnisse der anderen vom tiefen System drainierten Organe der Extremitäten (Nerven, Muskeln, Gelenke und Periost) ebenfalls nur sehr wenig bekannt, obwohl orthopädische Probleme beim Pferd die häufigste Erkrankungsursache darstellen (SOMMER, 1988). Umfangsvermehrungen führen zu einer Erhöhung der lymphpflichtigen Last, so dass noch weitere klinisch relevante lymphologische Fragestellungen existieren, welche in zukünftigen Studien erarbeitet werden sollten.

(14)

2. LITERATURÜBERSICHT

2.1 ANATOMIE DER SEHNEN

2.1.1 Anatomie der Beugesehnen des Pferdes

Bei der oberflächlichen Beugesehne (OBS) des Pferdes handelt es sich um die Ansatzsehne des M. flexor digitalis superficialis. Die tiefe Beugesehne (TBS) geht aus dem M. flexor digitalis profundus hervor (WISSDORF et al. 2002; NICKEL et al., 2004). Die gewählten Lokalisationen im Bereich des mittleren Drittels der OBS und des distalen Drittels der TBS der Vorder- und Hinterextremitäten entsprechen den Sehnenabschnitten mit klinischer Relevanz (FACKELMANN, 1973; MCILWRAITH, 1989).

2.1.2 Histologie der Sehnen

2.1.2.1 Einteilung in Funktionseinheiten

Die folgenden Ausführungen dienen in erster Linie dazu, eine einheitliche Nomenklatur zu formulieren. In der Literatur werden vor allem in Bezug auf die bindegewebigen Abgrenzungen der Sehnenkompartimente verschiedene Bezeichnungen verwendet. Die hier gewählten Termini entsprechen der aktuellen NOMINA ANATOMICA VETERINARIA (I.C.V.G.A.N., 2005). Die in der human- und verterinärmedizinischen Literatur ebenfalls gebräuchlichen Synonyme stehen kursiv in Klammern dahinter.

Das elastische und geschmeidige Epitendineum (BUCHER, et al., 1993, KUBIK et al., 2005) (Epitenonium (LIEBICH, 2004), Paratendineum (KRSTIĆ, 1988;

MCILWRAITH, 1989; STASHAK, 1989; DROMMER et al., 1990)) stellt an den Sehnenabschnitten, welche nicht von einer Sehnenscheide umgeben sind, die

(15)

äußerste Schutzschicht dar und ermöglicht die Verschieblichkeit der Sehne (MCILWRAITH, 1989; STASHAK, 1989; BUCHER, et al. 1993). Das Peritendineum besteht aus lockerem Bindegewebe und liegt als Peritendineum externum (KRSTIĆ, 1988; DROMMER et al., 1990; BUCHER, et al., 1993) (Paratendineum (KUBIK et al., 2005)) direkt unterhalb des Epitendineums. Als Peritendineum internum (KRSTIĆ, 1988; BUCHER, et al., 1993) (Peritenonium (LIEBICH, 2004) zieht es zwischen die Sehnenbündel und begrenzt somit die aus mehreren Primärbündeln bestehenden, beim Menschen bis zu 600 µm großen Sekundärbündel (HAM, 1961) (Primärbündel (KRSTIĆ, 1988)). Der Durchmesser der Sekundärbündel ist beim Pferd nicht beschrieben. Auf Grund der rundlichen Form der Sekundärbündel zeigt das Peritendineum internum dreieckige Bereiche und schmale Interfaszikularsepten. Die eingelagerten elastischen Fasern verkürzen die nicht gespannte Sehne und bedingen so den welligen Verlauf der Sehnenfasern (BUCHER, et al., 1993). Das Endotendineum (DROMMER et al., 1990; KUBIK et al., 2005) (Endotenonium (LIEBICH, 2004)) umgibt als feine Bindegewebszüge die Primärbündel (DROMMER et al., 1990; LIEBICH, 2004). Die Größe der Primärbündel beträgt beim Menschen nach LANG et al. (1960) 1-12 µm und nach BEAR (1952) und VERZAR (1963) bis zu 300 µm.

(16)

2.1.2.2 Zelluläre Bestandteile

Die in der Sehne als Tendozyten bezeichneten ausgereiften Fibrozyten und die Kollagen synthetisierenden Tendoblasten befinden sich hintereinander aufgereiht zwischen den Primärbündeln. Die Kollagenfibrillen liegen zwischen den bis zu 50 µm langen Zytoplasmaausläufern, welche netzartig miteinander verbunden sind.

(KRSTIC, 1988). Zur histologischen Beurteilung des Gesundheitszustandes einer Sehne ist es wichtig, diese beiden Zelltypen differenzieren zu können: Die Tendozyten besitzen einen sternförmigen Querschnitt (DROMMER et al., 1990). Der chromatindichte Kern ist abgeplattet und das rauhe endoplasmatische Retikulum besteht aus wenigen schmalen Schläuchen. Die in einer gesunden Sehne im Verhältnis zu den Tendozyten selten auftretenden Tendoblasten weisen eine Abrundung des Zellkernes und Verdickung der Zellausläufer auf. Das Zytoplasma zeichnet sich durch eine Vermehrung und Erweiterung des rauhen endoplasmatischen Retikulums, sowie durch die zahlreichen Ribosomen und Mitochondrien aus (DAMSCH et al. 1992; LIEBICH, 2004). In unmittelbarer Nachbarschaft des Golgi Apparates finden sich Sekretionsvesikel, die Vorstufen des Kollagens enthalten (PEACOCK, 1959; PALMITER et al., 1979).

2.1.2.3 Interzellularsubstanz

Die Interzellularsubstanz stellt den Hauptanteil der Sehne dar und wird in die fibrillären Bestandteile (Kollagen und Elastin) und die interfibrilläre Kittsubstanz (Glykoproteine, Proteoglykane) unterteilt (MUNRO et al., 1970; LEONHARDT, 1990).

Die Kollagenfibrillen werden ca. alle 6 Monate erneuert und bilden den wichtigsten Bestandteil der Sehne (SEIFFERT, 1967; MCILWRAITH, 1989). Die Fibrillen liegen in der gesunden Sehne zu 80% als Kollagentyp I und unter 1% als Kollagentyp III vor. Der Kollagentyp I weist einen Durchmesser von über 100 nm auf. Der zur Regeneration einer Sehne synthetisierte Kollagentyp III zeigt einen deutlich kleineren Durchmesser von 30-60 nm (WILLIAMS et al. 1980, 1984; DROMMER et al., 1990;

DAMSCH et al., 1992)). Die Glykoproteine liegen zwischen den Kollagenfibrillen und

(17)

bestehen aus einem Trägerprotein, an das seitlich Glykosaminoglykane und Hyaluronsäuremoleküle gebunden sind (STRYER, 1990).

2.1.3 Intratendinöse Vaskularisation

Die Blutgefäße im Peritendineum externum verlaufen zunächst als Gefäßbündel von 1 Arterie und 2 Venen transversal entlang der Sehnenoberfläche (EDWARDS, 1946; NORBERG, 1967; WEBBON, 1973) und ziehen dann in das Innere der Sehne. Dort ordnen die Arteriolen sich im Peritendineum internum zwischen den Sekundärbündeln netzförmig an (ASHEIM, 1964). Die Anzahl der longitudinalen Gefäße überwiegt im Verhältnis zu den transversalen Querverbindungen (STRÖMBERG, 1973; WEBBON, 1973), so dass das Bild eines Strickleitersystems entsteht (KRAUS-HANSEN et al., 1992), welches sich weiter in ein Kapillarnetz aufzweigt (EDWARD, 1946). Im Sehnenquerschnitt sind zwischen den Sekundärbündeln in den dreieckigen Bereichen des Peritendineum internums jeweils 1 Arterie und 2 Venen zu finden (STRÖMBERG, 1973). In das Endotendineum sprossen nur in der reparativen Phase vereinzelt Kapillaren ein (DROMMER, 1990; DAMSCH et al., 1992).

Die Quantifizierung der intratendinösen Blutgefäße erfolgte beim Pferd durch mikroangiographische Untersuchungen. Im mittleren Drittel der OBS und im distalen Drittel der TBS liegt eine physiologische Ischämie vor (STRÖMBERG, 1971, 1973;

FACKELMANN, 1973; STRÖMBERG et al., 1974). AUF DEM HÖVEL konnte die Ischämie nur im mittleren Drittel der OBS bestätigen. Bei anterior-posteriorem Strahlengang stellte er nicht im distalen, sondern im mittleren Drittel der TBS eine Ischämie fest (AUF DEM HÖVEL, 1993).

(18)

2.2 ERKRANKUNGEN DER BEUGESEHNEN DES PFERDES

2.2.1 Definition der Sehnenerkrankungen

Der Begriff Tendopathie umfasst sowohl die Entzündung der Sehnen (Tendinitis) mit anschließenden reaktiven Prozessen (MCILWRAITH, 1989, SILBERSIEPE et al., 1986) wie auch die degenerativen Sehnenveränderungen (Tendinose) (SCHNEIDER, 1999; STANEK, 2004).

2.2.2 Ätiologie und Pathogenese

Nach STRÖMBERG entstehen die meisten Sehnenerkrankungen nicht auf Grund einer einmaligen mechanischen Überbelastung, sondern in Folge einer chronischen Ermüdungserscheinung (STRÖMBERG, 1980). Eine Akkumulation von prädisponierenden Faktoren führt zu einer Vorschädigung des Gewebes und bewirkt eine verminderte Belastbarkeit der Sehne (GOODSHIP, et al., 1994; SCHNEIDER, 1999). Der klinisch erkennbaren Symptomatik geht eine subklinische Phase voraus, in der einzelne Sehnenfasern schon Veränderungen aufweisen (STANEK, 2004).

Das histologische Bild erkrankter Sehnen zeigt somit neben den Anzeichen einer akuten Entzündung zusätzlich Charakteristika chronischer, degenerativer Veränderungen (DROMMER et al., 1990; DAMSCH et al., 1992). Die häufigsten Beugesehnenverletzungen entstehen beim Pferd in den minderdurchbluteten Sehnenabschnitten (mittleres Drittel der OBS, distales Drittel der TBS) (FACKELMANN, 1973; MCILWRAITH, 1989). Auch das gehäufte Auftreten von Verletzungen der Sehnenstruktur im Zentrum der Sehne (core lesions) korreliert mit der schlechteren Vaskularisation im Zentrum der Sehne im Vergleich zur Sehnenperipherie (STRÖMBERG, 1973). Als weiterer prädisponierender Faktor ist eine Thermoschädigung des Sehnengewebes zu berücksichtigen: Forcierte Bewegung (Galopp) führt zu einer Wärmeentwicklung, die zu einer Temperaturdifferenz von bis zu 10°C zwischen Kern- und Randbereich der Sehne führt (GOODSHIP et al., 1994; STANEK, 2004). Bei einer Übermüdung der

(19)

Muskulatur kann diese ihre stoßabsorbierende Aufgabe nicht mehr erfüllen, so dass die Sehne stärker gedehnt wird und sich zunehmend Friktionswärme im Zentrum bildet (STRÖMBERG, 1980). Zusätzlich spielen mechanische Einflüsse eine Rolle:

Die OBS weist im mittleren Drittel den geringsten Querdurchmesser auf, die Krafteinwirkung pro Sehneneinheit ist somit dort am größten (MCILWRAITH, 1989).

Der zentrale Bereich einer Sehne ist höheren Belastungen ausgesetzt als die Peripherie (GOODSHIP et al., 1994).

2.2.3 Reaktionen der Sehne auf Verletzungen

Die verletzte Sehne durchläuft die Phasen der Wundheilung auf Grund der geringen Durchblutung und der wenigen aktiven Zellen langsamer als andere Organe (STASHAK, 1989).

Die entzündliche Phase kann bis zum 10. Tag dauern. Die Schädigung des Sehnengewebes führt zu einer Exsudation von Fibrin und Entzündungszellen (MCILWRAITH, 1989). Auf Grund der Blutung und Ödembildung werden auch gesunde eng aneinander liegende Fibrillen auseinander gedrängt (Kompartmentsyndrom). Klinisch ist eine schmerzhafte Umfangsvermehrung erkennbar (DAMSCH, et al., 1992; SCHNEIDER, 1999). Auf Grund der unterbrochenen Blutzufuhr durch Ruptur und/oder Kompression der intratendinösen Blutgefäße zeigen die Sehnenfasern im erkrankten Bereich nekrotische Veränderungen (STRÖMBERG, 1980; SCHNEIDER, 1999). Die Reduktion der Schwellung durch Abtransport der interstitiellen Flüssigkeit sowie die Beseitigung von Eiweißen und Zelltrümmern obliegt vor allem dem Lymphgefäßsystem. Bei einer nicht ausreichenden Bewältigung der Proteinlast führt eine Aktivierung der Makrophagen zu einer übermäßigen Bindegewebsproliferation und Ausbildung einer Fibrosklerose (FÖLDI, et al., 2005; BERENS v. RAUTENFELD et al., 2005/b).

In der proliferativen Phase (ab dem 4. Tag) beginnt die Reparation der Sehne.

(20)

Fibroblasten vom Peritendineum aus. Zum Teil können sich die Tendinozyten in Tendoblasten umwandeln und die Heilung von innen unterstützen (innere Heilung) (MCILWRAITH, 1989; OBERBECK, 1992). Die neu gebildeten Kollagenfasern gehören überwiegend zum Kollagentyp III, der eine deutlich höhere Elastizität bei geringerer Spannkraft als der Typ I aufweist und nicht streng longitudinal ausgerichtet ist (SCHNEIDER, 1999). Kollagen vom Typ III ist nach WILLIAMS et al.

bis zu 14 Monaten in der sich regenerierenden Sehne nachweisbar (WILLIAMS et al., 1984). DAMSCH et al. (1992) sprechen von einer Persistenz des Kollagentyps III.

In der Reifungsphase (ab dem 28. Tag) beginnen die Tendoblasten und neu gebildeten Kollagenfasern mit der Längsausrichtung. Nach ca. 45 Tagen befinden sich Kollagenabbau und -aufbau im Gleichgewicht, nach 90 Tagen ist der erste Zusammenschluß der Kollagenfasern zu Bündeln erkennbar (STASHAK, 1989). Die Gefäßinfiltration erreicht ihr Maximum 3 bis 4 Monate nach dem Zeitpunkt der Schädigung (STRÖMBERG, 1980). Die Heilungsvorgänge werden durch die Bildung von kollagenem Narbengewebe abgeschlossen. Dieses Narbengewebe erreicht nicht die mechanische Belastbarkeit des gesunden Sehnengewebes. Je nach Schweregrad der vorangegangenen Verletzung kann eine derbe Umfangsvermehrung bestehen bleiben und die Sehne auf Grund der Verwachsung mit dem umliegenden Gewebe nicht mehr frei verschieblich sein (CREVIER-DENOIX et al., 1998; SCHNEIDER, 1999).

2.3 ANATOMIE DES LYMPHGEFÄßSYSTEMS

Für die einzelnen Lymphgefäßabschnitte sind in der humanmedizinischen TERMINOLOGIA ANATOMICA (FCAT, 1998) und in der veterinärmedizinischen NOMINA ANATOMICA VETERINARIA (I.C.V,G.A.N., 2005) bzw. der NOMINA ANATOMICA HISTOLOGICA (SACK et al., 1994) keine oder unpräzise Termini festgelegt. Die im folgenden zitierten Bezeichnungen werden sowohl in der NOMINA ANATOMICA AVIUM (BAUMEL et al., 1993), in aktuellen lymphologischen und

(21)

anatomischen Lehrbüchern (BERENS v. RAUTENFELD et al., 2005/b; FÖLDI et al., 2005; SCHÜNKE et al., 2005) und teilweise in der TERMINOLOGIA HISTOLOGICA (FICAT, 2008) des Menschen verwendet.

2.3.1 Morphologisch-funktionelle Einteilung:

Die Lymphgefäße werden entsprechend ihrer morphologischen und funktionellen Charakteristika in folgende Abschnitte unterteilt:

1. Initiales Lymphgefäß: Vas lymphaticum initiale a) Lymphkapillare: Vas lymphocapillare

b) Präkollektor: Vas lymphaticum precollectorium (precolligens) 2. Kollektor: Vas lymphaticum collectorium (colligens)

3. Lymphstamm: Truncus lymphaticus

2.3.1.1 Prälymphatische Gewebekanäle:

Die Prälymphatischen Gewebekanäle (tissue channels) werden nicht zum eigentlichen Lymphgefäßsystem gezählt, da sie über keine Wandstruktur verfügen.

Die tissue channels spielen für die Lymphbildung eine wichtige Rolle und leiten den initialen Lymphgefäßen die lymphpflichtigen Substanzen zu. Der Durchmesser der tissue channels beträgt je nach Füllungszustand 1-50 µm (CASLEY-SMITH, 1980;

HAUK, 1984; BERENS v. RAUTENFELD et al., 2005/a).

2.3.1.2 Initiale Lymphgefäße:

Die initialen Lymphgefäße (lat.: initialis = anfänglich) stellen funktionell betrachtet Resorptionsgefäße dar (KUBIK et al., 2005; ZÖLTZER, 2003).

Das Lymphkapillarnetz bildet mit den blind endenden, fingerförmigen

(22)

2005). Die Lymphkapillaren in der Haut weisen beim Pferd einen dilatierten Querdurchmesser von 20-60 µm (MEYER, 1988) auf. Die Zellgrenzen der eichenblattförmigen Endothelzellen können sich aneinander legen, überlappen oder miteinander verzahnt sein (Interdigitation) (CASLEY-SMITH, 1980/c; LAUE, 1987).

Der Aufhängeapparat der initialen Lymphgefäße besteht aus subendothelialen Anker- und Basalfilamenten und setzt bei den Überlappungen an der außen liegenden Zellgrenze an. Bei einer Erhöhung des Gewebedrucks bewirkt der Aufhängeapparat eine Erweiterung des Zellularspalts und ermöglicht die Aufnahme der interstitiellen Flüssigkeit (Lymphbildung) (LEAK, 1976; CASTENHOLZ et al., 1989; ZÖLTZER, 2003). Die Größe dieser interendothelialen Öffnungen (open junctions) beträgt bis zu 5 µm, so dass sie im Gegensatz zu den Blutgefäßen auch große Moleküle (z.B. Hyaluronsäure) und Zellen (z.B. Erythrozyten) aufnehmen können (BERENS v. RAUTENFELD et al., 2005/a). In einer aktuellen Veröffentlichung stellt ZÖLTZER allerdings das Vorhandensein von open junctions zur Diskussion, da sich bei einer Kontrastierung von initialen Lymphgefäßen in der Uterusschleimhaut bei der Ratte und beim Schwein mit LYVE-1 keine interendothelialen Öffnungen nachweisen ließen. Er vermutet, dass sie artifiziell durch retrograde Füllung entstehen (ZÖLTZER, 2007).

Präkollektoren zeichnen sich sowohl durch die Fähigkeit zur Resorption, wie auch zur Weiterleitung der Lymphflüssigkeit zu den Kollektoren aus. Aus diesem Grund weisen sie einen Wandaufbau auf, der denen der Lymphkapillaren entspricht, besitzen aber auch Klappen (KUBIK et al., 2005). Ihr Durchmesser beträgt in der Pferdehaut zwischen 50 und 150 µm (MEYER, 1988).

Die Dichte der initialen Lymphgefäße ist beim Pferd nicht beschrieben. Beim Menschen ist die Lymphgefäßdichte der Haut im Bereich verschiedener Körperregionen untersucht. Der dichteste Besatz ist in der Kopfhaut zu finden (KUBIK, 1988; PLASSWICH et al., 1992; LUBACH et al., 1996): Die Maschenweite des oberflächlichen intradermalen Lymphkapillarnetzes der Kopfhaut beträgt 50 µm bis 100 µm und des Präkollektorennetzes 900 µm bis 1200 µm. Die Haut im Bereich

(23)

des Oberschenkels zeigt die größte Maschenweite: Lymphkapillarnetz: 300 µm bis 1100 µm und Präkollektorennetz: 2300 µm bis 3300 µm (KUBIK, 1988).

2.3.1.3 Kollektoren:

Die Kollektoren stellen Lymphsammelgefäße dar, welche die Lymphe aus den initialen Lymphgefäßen weiterleiten (KUBIK et al., 2005). Die weitgestellten oberflächlichen Kollektoren der Extremitäten des Pferdes besitzen einen Querdurchmesser von ca. 400 µm und die tiefen Kollektoren von 500 µm (HARLAND et al., 2004). Eine Klappe mit dem darauf folgenden Wandabschnitt stellt das zur Eigenmotorik befähigte sog. Lymphangion dar (ARMENIO et al., 1981; GASHEV et al., 2001). Der kontraktile Wandanteil wird von glatten Muskelzellen in allen 3 Wandschichten (Intima, Media, Adventitia) oder bei dermalen Kollektoren von Myofibroblasten in der Intima repräsentiert (HARLAND, 2003). Die rhythmischen Kontraktionen der Lymphangione von 10 bis 12 mal pro Minute, sowie die passive Funktion der Klappen bewirken einen zentralwärts gerichteten Lymphtransport (KUBIK et al., 2005). Der elastischen Wandanteil beträgt beim Pferd ca. 40% und stellt funktionell einen elastischen Retraktionsapparat dar (HARLAND et al., 2004;

BERENS v. RAUTENFELD et al., 2005/b).

2.3.2 Topographisch-funktionelle Einteilung

Entsprechend ihrer Topographie und Funktion können an den Gliedmaßen 2 Kollektorensysteme unterschieden werden:

1. oberflächlicher (subcutaner, hypodermaler, epifaszialer) Kollektor:

Vas lymphaticum collectorium superficiale 2. tiefer (subfaszialer) Kollektor:

Vas lymphaticum collectorium profundum

(24)

Neben den hypodermalen Kollektoren beschreibt ROTHE beim Pferd erstmals ein dermales Kollektorennetz, welches ebenfalls zum oberflächlichen System gehört und bisher als Anteil des initialen Lymphgefäßnetzes angesehen wurde (ROTHE, 2004). Das Vorhandensein von dermalen Kollektoren ist beim Menschen und anderen Tierspezies noch nicht untersucht.

Die oberflächlichen und tiefen Kollektorensysteme sind durch wenige Perforansgefäße miteinander verbunden (KUBIK et al. 2005). Die Perforansgefäße ermöglichen bei der experimentellen Kontrastierung der oberflächlichen Kollektoren keine Füllung des tiefen Systems. Die oberflächlich verlaufenden Kollektoren drainieren in der Regel die Haut und Unterhaut, das tiefe System der Extremität das Periost, die Gelenke, Muskeln, Sehnen und Nerven (KUBIK et al., 2005). Beim Pferd wird die Haut zwischen Fesselgelenk und Huf über kurze epifasziale Kollektoren direkt in das tiefe System entsorgt (ROTHE, 2004).

2.3.3 Definition: lymphgefäßreicher und lymphgefäßarmer Typ

In der Literatur findet sich keine einheitliche Definition des lymphgefäßreichen und lymphgefäßarmen Typs. Nach KUBIK zeigt der lymphgefäßreiche Kollektorentyp beim Menschen anlagebedingt sowohl eine höhere Anzahl von epifaszialen Hauptkollektoren, wie auch eine dichtere Lymphgefäßvernetzung untereinander als Personen des lymphgefäßarmen Typs (KUBIK et al., 2005). Eine Anzahl der untersuchten Personen und ein Quellennachweis wird von KUBIK nicht angegeben.

SCHACHT konnte beim Menschen an Hand der Vermessung von 8 Individuen z.T.

erhebliche Unterschiede in der Anzahl der Kollektoren feststellen, eine eindeutige Zuordnung zu den von KUBIK beschriebenen Typen war allerdings nicht möglich, da die Varianten des Lymphgefäßsystems sich als zu vielfältig erwiesen (SCHACHT, 2002). ROTHE charakterisiert in ihrer Untersuchung an 15 Hinterextremitäten des Pferdes den gefäßreichen und gefäßarmen Typ: Die tiefen Kollektoren des gefäßreichen Typs zeigen vor allem im Fußbereich gehäuft Afferenzen aus der Haut, Kollateralen, Anastomosen und mäanderförmig geschlängelte Abschnitte. Die Anzahl

(25)

der Hauptkollektoren stellt sich bei beiden Typen als nahezu identisch dar (ROTHE, 2004).

2.3.4 Verlauf der Kollektoren des tiefen Systems im Bereich der Extremitäten des Pferdes

Die oberflächliche und tiefe Beugesehne des Pferdes werden von Kollektoren des tiefen Systems drainiert. Die Kollektoren des tiefen Systems entspringen im Huf und vereinen sich im Bereich des distalen Endes des Röhrbeins lateral und medial zu jeweils 3-6 Kollektoren (BAUM, 1928; LAUE, 1987; MEYER, 1988; ROTHE, 2004). Proximal des Griffelbeinköpfchens unterscheidet sich der Verlauf der medialen Kollektoren vom Verlauf der lateralen Kollektoren (LAUE, 1987; ROTHE, 2004), so dass diese Gruppen nacheinander beschrieben werden:

Auf der Medialseite der Vorderextremität begleiten die Kollektoren im Bereich des Röhrbeines die intrafaszial in der Rinne zwischen dem M. interosseus und der tiefen Beugesehne verlaufende A. digitalis palmaris communis II oder die gleichnamige Vene (LAUE, 1987). Im Bereich des Unterarms existieren mehrere Möglichkeiten: Die Kollektoren, welche parallel zur Arterie laufen, begleiten weiterhin das arterielle System und folgen der A. mediana, um dann in die Lnn. cubitales zu münden. Die entlang der Vene verlaufenden Kollektoren können ebenfalls parallel zur A. mediana ziehen oder bleiben weiterhin in der topographischen Nähe des venösen Systems. Diese Kollektoren gelangen entweder entlang der V. mediana cubiti (BAUM, 1928), welche die oberflächliche V. cephalica mit der tief verlaufendende V. brachialis verbindet (NICKEL, 2005), subfaszial oder epifaszial zu den Lnn. cubitales, oder wechseln im Bereich des Carpus auf die Dorsalfläche der Gliedmaße und gelangen parallel der subcutanen V. cephalica zu den Lnn.

cervicales superficiales. Die letzte Möglichkeit besteht darin, dass die Kollektoren im Bereich des Unterarms die lymphpflichtige Last subfaszial unabhängig vom Verlauf der Blutgefäße entlang des M. brachiocephalicus oder M. pectoralis superficialis

(26)

Auf der Lateralseite der Vorderextremität gelangen die meisten Kollektoren unabhängig vom Verlauf der Blutgefäße zu den Lnn. cubitales. Zum Teil gesellen sich die Kollektoren der Lateralseite zu den Kollektoren auf der Medialseite, indem sie im Bereich des distalen Endes des Metacarpus zwischen Röhrbein und M.

interosseus medius, oder zwischen M. interosseus medius und tiefer Beugesehne hindurch ziehen oder kurz unterhalb oder oberhalb des Carpus auf die mediale Seite wechseln (BAUM, 1928). Meistens begleiten die lateralen Kollektoren nach dem Seitenwechsel die medialen Kollektoren. In seltenen Fällen münden die lateralen Kollektoren in Kollektoren der medialen Gruppe (LAUE, 1987).

Auf der Medialseite der Hinterextremität kann der Ursprung der Kollektoren im Kronsaumbereich dorsal der V. digitalis plantaris medialis, zwischen der V. digitalis plantaris medialis und der A. digitalis plantaris medialis oder plantar der A. digitalis plantaris medialis lokalisiert sein.

-Die Kollektoren, welche am Kronsaum dorsal der V. digitalis plantaris medialis entspringen, vereinen sich distal der Fessel zu 2 Hauptkollektoren. 1 Kollektor bleibt dorsal der Vene und begleitet die V. digitalis dorsalis communis II zur Beugefläche des Tarsus. Auf mittlerer Höhe des Metatarsalknochens teilt er sich beim lymphgefäßreichen Typ in 2 parallele, dorsal der Vene verlaufende Kollektoren. Der 2. Kollektor, welcher dorsal der V. digitalis plantaris medialis entspringt, bildet beim lymphgefäßreichen Typ zusätzlich Kollateralen aus, welche im Röhrbeinbereich dem Verlauf der V. digitalis dorsalis communis II und der V. digitalis plantaris communis II folgen. Außerdem kann dieser 2. Kollektor proximal des Fesselgelenkes zwischen Röhrbein und M. interosseus medius oder zwischen M. interosseus medius und tiefer Beugesehne nach lateral wechseln. Beim lymphgefäßarmen Typ ist er dort nicht weiter zu verfolgen. Beim lymphgefäßreichen Typ bildet er Anastomosen mit den Kollektoren der Lateralseite aus.

-Zwischen der V. digitalis plantaris medialis und der A. digitalis plantaris medialis entspringt im Kronsaumbereich 1 Kollektor, welcher, die Arterie begleiten und im Röhrbeinbereich dorsal oder plantar der A. digitalis plantaris communis II verlaufen

(27)

kann. Als zweite Möglichkeit kann er proximal des Fesselgelenkes auf die Lateralseite wechseln.

-Die Kollektoren, die plantar der A. digitalis plantaris medialis entspringen begleiten beim lymphgefäßarmen Typ als 1 Kollektor und beim lymphgefäßreichen Typ als 2 gleich starke Kollateralen im Metatarsalbereich die A. digitalis plantaris communis II dorsal oder plantar (ROTHE, 2004). Im Röhrbeinbereich begleiten die Kollektoren die V. digitalis dorsalis communis II und die V. digitalis plantaris communis II (ROTHE, 2004). Beide Venen stammen aus der V. saphena medialis (WISSDORF, 1998). Im Bereich des Unterschenkels folgen die Kollektoren weiter der V. saphena medialis oder der A./V. recurrens tibialis zu den Lnn. inguinales profundi. (BAUM, 1928). Im Gegensatz zum Menschen verläuft das Saphenasystem des Pferdes immer intra- oder subfaszial (ROTHE, 2004). Ein Teil der die A./V. recurrens tibialis begleitenden Kollektoren mündet in die Lnn. poplitei ein.

Auf der Lateralseite der Hinterextremität liegen die Anfangsabschnitte der Kollektoren im Kronsaumbereich nicht in einer topographischen Beziehung zu den Blutgefäßen. Im Röhrbeinbereich laufen die Kollektoren parallel mit der A. dorsalis pedis und der V. digitalis plantaris communis III (ROTHE, 2004). Ein Teil der Kollektoren der Lateralseite können ebenfalls einen Seitenwechsel durchführen und treten im distalen Viertel des Metatarsus zwischen dem Fesselträger und der tiefen Beugesehne hindurch, oder über die oberflächliche Beugesehne hinweg, um sich mit den Kollektoren der Medialseite zu vereinigen. Spätestens auf Höhe des Tarsus tritt ein Teil der Kollektoren zwischen OBS und TBS hindurch oder über die OBS hinweg zu den medialen Kollektoren, die sich dann zur V. saphena medialis gesellen und in die Lnn. inguinales profundi und poplitei einmünden (BAUM, 1928). Beim lymphgefäßreichen Typ können Kollektoren, welche parallel zur A. dorsalis pedis verlaufen, im Bereich der Sprunggelenksbeuge an die Oberfläche und zu den Lnn.

inguinales superficiales ziehen (ROTHE, 2004). Die auf der Lateralseite gebliebenen Kollektoren können zwei verschiedene Verläufe zeigen. Einerseits können sie die V.

recurrens tarsea begleiten, um dann in die Lnn. poplitei zu münden. Andererseits

(28)

können sie sich zur A. tibialis anterior und dann zur A. poplitea gesellen, um dann in den Schenkelkanal und zu den Lnn. inguinales profundi zu gelangen (BAUM 1928).

2.3.5 Tributäre Lymphknotengruppen und zentrale Abflusswege der Beugesehnen des Pferdes

An der Vorderextremität münden die Lymphgefäße der oberflächlichen und tiefen Beugesehne in die Lnn. cubitales und können in Ausnahmefällen zusätzlich zu den unter dem M. brachiocephalicus gelegenen Lnn. cervicales superficialis (Buglymphknoten) ziehen. Die Vasa efferentia der Lnn. cubitales gelangen zu den Lnn. axillares (Abbildung 2), welche auf der linken Körperseite ebenso wie die Efferenzen der Lnn. cervicales superficialis in die Lnn. cervicales profundi caudales und dann in den linken Venenwinkel einmünden. Die Lymphgefäße der rechten Vorderextremität münden in den rechten Venenwinkel.

An der Hinterextremität wird die lymphpflichtige Last der oberflächlichen und tiefen Beugesehne direkt zu den Lnn. inguinales profundi transportiert oder gelangt zuerst in die Lnn. poplitei profundi und dann ebenfalls in die Lnn. inguinales profundi.

Die Efferenzen der Lnn. inguinales profundi münden in die Lnn. iliaci mediales (Abbildung 2) der entsprechenden Körperseite. Von den Lnn. iliaci mediales beider Hinterextremitäten wird die Lymphe zur Cisterna chyli und über den Ductus thoracicus in den linken Venenwinkel transportiert (BAUM, 1928; WISSDORF et al., 2002; BERENS v. RAUTENFELD, 2005/b).

(29)

Abbildung 2: Lymphgefäßverläufe des tiefen Systems nach BAUM (1928) Medialansicht der Vorder- und Hinterextremität des Pferdes 1: Lnn cubitales, 2: Lnn. axillares proprii,

3: Lnn. poplitei proprii, 4: Lnn. Inguinales profundi, 5: Lnn. Iliaci mediales 2

1

5

4

3

(30)

2.3.6 Lymphgefäße innerhalb der Sehne

Bisher sind nur wenige Studien über die Lymphgefäße der Sehnen beim Menschen und bei verschiedenen Tierspezies beschrieben. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen bauen teilweise aufeinander auf und zum Teil widersprechen sie sich. Aus diesem Grund sind die einzelnen Studien in chronologischer Reihenfolge kurz zusammengefasst:

LUDWIG et al. (1872) injizierten Farbstofflösungen in das Interstitium der Ansatzsehne des M. quadriceps femoris des Hundes und der Achillessehne des Kalbes: Die Injektionslösung verteilt sich zunächst interstitiell und kontrastiert dann die Lymphgefäße im Zentrum der Sehne und an der Oberfläche. Die Anzahl der Lymphgefäße und die Anastomosen untereinander nehmen von zentral nach peripher zu. An der Oberfläche der Sehne bilden die Lymphgefäße ein dichtes leiterförmiges Netz. Die parallel zur Sehne verlaufenden Anteile dieses Netzes zeigen einen größeren Durchmesser, als ihre Querverbindungen. Aus den oberflächlichen Lymphgefäßnetzen gehen Lymphgefäße hervor, welche zu zweit eine Vene flankieren und in die Kollektoren des tiefen Systems münden. Alle Lymphgefäße der Sehne besitzen nach LUDWIG et al. keine Klappen (LUDWIG et al., 1872).

EDWARDS (1946) untersuchte die Beziehung zwischen Blut- und Lymphgefäßen an Beuge- und Strecksehnen von Rindern, Kälbern, Schweinen, Hunden und erwachsenen Menschen. Er beschreibt eine direkte Injektion des Farbstoffes in das Lymphgefäßnetz der Sehnenoberfläche: Die Lymphgefäße sind nur unter Schwierigkeiten aufzufinden und die Injektion des Farbstoffs muß nach einem möglichst parallel zur Sehne ausgerichtetem Einstich behutsam und langsam durchgeführt werden. Eine Füllung der Lymphgefäße gelingt nur in Abflußrichtung der Lymphgefäße. Dies spricht für das Vorhandensein von Klappen und steht damit im Widerspruch zu den Erkenntnissen von LUDWIG et al. (1872). Die neuen Erkenntnisse der Studien von EDWARDS (1946) beziehen sich auf die

(31)

topographische Lage der Lymphgefäße v.a. im Verhältnis zu den Blutgefäßen: Im Zentrum der Sehne verlaufen die Lymphgefäße im Peritendineum internum zu zweit oder zu dritt in enger Nachbarschaft mit den Arterien und Venen. Die Darstellung der Lymphkapillaren gelang EDWARDS (1946) nur mäßig, so dass er lediglich vermutet, dass ihre blinden Anfänge ebenfalls zwischen den Sekundärbündeln liegen. An der Oberfläche der Sehne bilden die Lymphgefäße ein enges Netzwerk um die Arterien und Venen. Der weitere Abfluss von der Sehnenoberfläche über das Mesotendineum innerhalb der Sehnenscheide zeigt jeweils 1 Arterie, die von 2 Venen und 4 Lymphgefäßen begleitet wird. Entsprechend der Ergebnisse von LUDWIG et al.

(1872) beschreibt auch EDWARDS (1946) eine Vereinigung dieser 4 Lymphgefäße zu 1 bis 2 Lymphgefäßen und eine Mündung in die tiefen Kollektoren.

SETTI et al. (1972) und VERDAN (1981) untersuchten die Lymphgefäßverhältnisse von menschlichen und tierischen (ohne Speziesangaben) Beuge- und Strecksehnen von ungeborenen bis zu sehr alten Individuen. Sie bestätigen den außergewöhnlichen Lymphgefäßreichtum an der Sehnenoberfläche sowie den parallelen Verlauf von 1 Arterie, 2 Venen und 4 Lymphgefäßen. Die Existenz von Lymphkapillaren im Sehnengewebe wird zwar erwähnt, aber eine Zuordnung einzelner Lymphgefäßabschnitte zu den entsprechenden Kompartimenten der Sehne fehlt auch in dieser Untersuchung. Die Darstellung des Lymphdrainagesystems pathologisch veränderter Sehnen zeigt Lymphgefäße, die in ihrer Struktur unregelmäßiger erscheinen und ihre geometrische Vernetzung verloren haben.

KUBIK et al. (2005) beschreiben, dass die Blutkapillaren im Peritendineum internum zwischen den Sekundärbündeln der Sehne liegen, die Lymphkapillaren dagegen bis in das Endotendineum zwischen den Primärbündeln reichen. Die Präkollektoren und Kollektoren befinden sich im Peritendineum internum, externum und Epitendineum und folgen dort den Blutgefäßen. Zu diesen Aussagen existieren allerdings keine Spezies- und Quellenangabe und die schematische Zeichnung

(32)

Primärbündel reichen und die Lymphkapillaren nur zwischen den Sekundärbündeln zu finden sind.

NICKEL et al. beschreiben längsgerichtete Lymphgefäßnetze zwischen den Sehnenfasern, welche unter dem Peritendineum externum ein Kapillarnetz bilden (NICKEL et al., 2005). Eine Differenzierung zwischen Peritendineum internum und Endotendineum, sowie eine Beschreibung von Präkollektoren und/oder Kollektoren liegt nicht vor.

Das Fazit aus der obigen Literaturübersicht lautet:

Die Sehne zeigt an ihrer Oberfläche ein sehr dichtes Lymphgefäßnetz, das in einer engen topographischen Beziehung zu den Blutgefäßen verläuft. Im Sehneninneren existieren die Lymphgefäße in einer geringeren Anzahl als an der Oberfläche. Unklar ist, ob die Lymphkapillaren auch im Endotendineum zwischen den Primärbündeln zu finden sind, oder ob sie, wie die Blutgefäßen, nur zwischen den Sekundärbündeln im Peritendineum internum vorliegen. Die Angioarchitektur des Lymphgefäßnetzes an der Oberfläche sowie die Zuordnung der einzelnen Abschnitte (Lymphkapillaren, Präkollektoren, Kollektoren) sind nicht klar beschrieben.

2.4 INDIREKTE LYMPHOGRAPHIE / LYMPHANGIOGRAPHIE

Bei der indirekten Lymphographie handelt es sich um eine Darstellung von Lymphgefäßen durch die Applikation eines Röntgenkontrastmittels in den interstitiellen Bindegewebsraum eines Organs. Diese Methode wurde bisher v.a. zur Untersuchung des Lymphgefäßsystems der Haut genutzt. Als Kontrastmittel werden iodhaltige, wasserlösliche Präparate (zunächst Iotasul, dann Iotrolan u.a.) verwendet, welche auf Grund ihrer chemisch-physikalischen Eigenschaften nur von den initialen Lymphgefäßen, nicht aber von den Blutgefäßen aufgenommen werden können. Die Lymphangiographie wurde am Hund entwickelt und ermöglicht eine Kontrastierung der Lymphabflusswege von den Pfoten der Hintergliedmaßen bis zum Venenwinkel

(33)

(WENZEL-HORA et al., 1981), während sich beim Menschen in der Regel nur ein Abfluss bis zur ersten Lymphknotenstation darstellen lässt (Lymphangiographie) (WEISSLEDER, 1989). Beim Pferd sind die peripheren Kollektoren an der Hintergliedmaße vom Kronsaum aus bis knapp oberhalb des Tarsalgelenks kontrastierbar (MEYER, 1988). Die simultane indirekte Lymphographie (SIL) führt auf Grund der Applikation des Kontrastmittels über mehrere Injektionsstellen, zu einer verbesserten Darstellungsqualität (WENZEL-HORA et al., 1984; MÜLLER et al., 1985) und wird seit den 80iger Jahren für die Diagnostik ödematöser Erkrankungen der Haut beim Menschen eingesetzt. Der zur Weitstellung der initialen Lymphgefäße notwendige interstitielle Druck wird über eine kontinuierliche Zufuhr des Kontrastmittels mit einem Infusorsystem erreicht (PARTSCH et al., 1984).

2.5 MANUELLE LYMPHDRAINAGE (ML)

Die manuelle Lymphdrainage (ML) stellt eine Behandlungsmethode zur Aktivierung des Lymphgefäßsystems dar. In der Humanmedizin ist die ML als der wichtigste Bestandteil der Komplexen Physikalischen Entstauungstherapie (KPE) schon seit vielen Jahren etabliert. RÖTTING und BERENS v. RAUTENFELD et al.

haben das humane Behandlungskonzept auf das Pferd übertragen und die Wirksamkeit der ML bei der Therapie der Elephantiasis nachgewiesen (RÖTTING, 1999; BERENS v. RAUTENFELD et al., 2000).

Der Behandlungsaufbau orientiert sich an den anatomischen Lymphgefäßverläufen und beginnt zentral, d.h. nahe des Venenwinkels. Die einzelnen Behandlungsschritte folgen in distaler Richtung den lymphologischen Abflusswegen bis zum Ödemgebiet. Die ML- Grundgriffe Stehender Kreis, Drehgriff, Pumpgriff und Schöpfgriff (VODDER, 1936) können entsprechend der zu behandelnden Körperregion modifiziert werden. Alle Griffe werden großflächig und mit sehr geringem Druck angewendet. Ein zu hoher Druck sollte vermieden werden,

(34)

eine Erhöhung der lymphpflichtigen Last bewirkt. Außerdem werden die Lymphgefäße auf Grund ihrer geringen Wandstärke komprimiert, so dass die lymphvaskuläre Leistungsfähigkeit sinkt (STRÖSSENREUTHER, 2005/a). In der Schubphase der ML-Griffe darf die Hand des Therapeuten nicht über das Fell des Pferdes rutschen (RÖTTING, 1999; BERENS v. RAUTENFELD et al., 2005/b). Die Lymphe wird in der Schubphase passiv in Abflussrichtung des Lymphsystems bewegt und der auf die Haut applizierte Dehnreiz bewirkt eine Entleerung der Kollektoren durch die Aktivierung der Motorik der Lymphangione. (Die Schubphase heißt deswegen auch Entleerungsphase). Die Schubphase geht in eine Entspannungsphase über, bei der die Hand sich wieder aus dem Gewebe hinaus tragen lässt. In der Entspannungsphase kann die Lymphflüssigkeit auf Grund der Klappen zwischen den Lymphangionen nicht (retrograd) zurückfließen, so dass sich die Lymphgefäße auf Grund der Sogwirkung von distal füllen (Füllungsphase). Die Druckunterschiede zwischen der Schubphase und der Entspannungsphase fördern die Lymphbildung. Die Dauer der Griffbewegungen basiert auf der Frequenz der Lymphangiomotorik der Kollektoren beim Menschen, welche in Ruhe bei 6 Kontraktionen pro Minute liegt (OLSZEWSKI et al., 1999). Die ML-Griffe dauern mindestens 1 Sekunde bei 5 bis 7 Wiederholungen pro Lokalisation. Die erhöhte Aktivität des Lymphsystems hält über mehrere Stunden an (STRÖSSENREUTHER, 2005/a).

(35)

3. MATERIAL UND METHODE

3.1 VERSUCHSTIERE

3.1.1 Vorversuch post mortem

Die indirekte Depot-Sehnen-Lymphangiographie (DSL) wurde post mortem an 7 Pferden verschiedener Rassen und Altersstufen erprobt, welche auf Grund unterschiedlicher Erkrankungen in der Klinik für Pferde der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover euthanasiert werden mussten.

3.1.2 Versuche intra vitam und post mortem

Intra vitam erfolgte die indirekte Depot-Sehnen-Lymphangiographie (DSL) an 12 Pferden, welche 1 Tag nach der DSL zu Lehrzwecken im anatomischen Institut der Stiftung Tierärztlichen Hochschule Hannover euthanasiert wurden.

3.1.2.2 Vorversuch intra vitam

Pferd 1 diente zur Erprobung der Kontrastmittelmenge (1,5 - 2,5 ml). Die Ergebnisse der DSL werden nicht in die statistische Auswertung aufgenommen.

3.1.2.2 Hauptversuch

Die 9 Pferde des Hauptversuchs zeigten klinisch unauffällige Gliedmaßen. Es handelte sich um 6 Stuten und 3 Wallache, welche verschiedenen Rassen angehörten und zwischen 3 und 40 Jahre alt waren. Das durchschnittliche Alter betrug 17,3 +/- 11,5 Jahre. Die Pferde wurden in 4 Altersklassen (AK) eingeteilt (AK 1: n = 1, AK 2: n = 4, AK 3: n = 2, AK 4: n = 2) (Tabelle 1). Die Stuten waren im

(36)

Tabelle 1: Anzahl der Pferde pro Altersklasse

Altersklasse 1

3-5 Jahre

Altersklasse 2 6-15 Jahre

Altersklasse 3 16-25 Jahre

Altersklasse 4 26-40 Jahre Anzahl der

Pferde

1 4 2 2

Die Verteilung der Rassezugehörigkeit und das durchschnittliche Alter der einzelnen Rassen ist in der Tabelle 2 aufgeführt. Die 3 Warmblutpferde waren im Durchschnitt 14,3 +/- 5,1 Jahre alt, die 3 Ponies zeigten einen Altersdurchschnitt von 29 +/- 11,5 Jahren und das durchschnittliche Alter der beiden Traber und des Arabers der Gruppe „sonstige“ lag bei 8,7 +/- 6,0 Jahren.

Tabelle 2: Verteilung der Rassezugehörigkeit

Warmblut Pony sonstige

Anzahl der Pferde 3 3 3

Altersdurchschnitt 14,3 +/- 5,1 Jahre 29 +/- 11,5 Jahre 8,7 +/- 6,0 Jahre

3.1.2.3 Zusätzliche Versuche

2 Pferde wiesen Umfangsvermehrungen im Bereich der Gliedmaßen auf. Der 14-jährige Kaltblut Wallach zeigte hinten links eine chronische Phlegmone mit einer Umfangsvermehrung bis zum Tarsalgelenk und einer Verdickung der Haut und Faltenbildung im Bereich der Fesselbeuge. Die andere Hintergliedmaße und beide Vordergliedmaßen wiesen im Bereich des Fesselgelenks eine geringgradige ödematöse Umfangsvermehrung auf (sog. „angelaufene Beine“). Der 4-jährige Warmblut Wallach zeigte hinten beidseits ebenfalls im Bereich des Fesselgelenks ödematöse Umfangsvermehrungen („angelaufene Beine“).

(37)

3.2 INDIREKTE DEPOT-SEHNEN-LYMPHANGIOGRAPHIE

3.2.1 verwendete Materialien:

Für die Vorversuche wurde das Röntgenkontrastmittel Isovist 300® (Schering AG, Berlin, Wirkstoff: Iotrolan, 300 mg Iod/ml) verwendet. Für den Hauptversuch kam das Röntgenkontrastmittel Solutrast 250 M® (Nycomed Deutschland GmbH, Konstanz, Wirkstoff: Iopamidol, 250 mg Iod/ml) zur Anwendung. Beide Präparate gehören zu den wasserlöslichen, nicht-ionischen, niederosmolaren Kontrastmitteln.

Iotrolan besitzt die Molekülstruktur eines Dimers, Iopamidol die eines Monomers. Sie weisen eine gute Gefäß- und Gewebeverträglichkeit, sowie eine sehr gute Kontrastqualität auf. Dimere diffundieren langsamer als Monomere durch die Gefäßwand. Beide Präparate eignen sich gleichermaßen für die Lymphangiographie (ELKE, 1992; TIEDJEN, 1999).

Kanülen: - BD Microlance 3, Becton Dickinson GmbH, Heidelberg

0,7 x 30 mm

Spritzen : - Injekt 2 ml, Braun AG, Kronberg

Röntgentechnik : - Gerät : Philips Optimus

- Kassetten : Fuji Film IP Cassette type C

Größe: 24 x 30 cm und 35,4 x 43 cm Fuji Photo Film Co, LTD Japan

- Filme : Film Fuji A 43413409C ST-VI (24x30 cm) Film Fuji A 41032435C ST-VI (35,4x43 cm)

Für die Anfertigung der Röntgenbilder war bei einem ca. 500 kg schweren Pferd eine Spannung von 57 kV, 8,27 mAs, sowie eine Belichtungszeit von 0,06 Sekunden nötig. Der Abstand zwischen Röntgenkassette und Röntgengerät betrug

(38)

3.2.2 Durchführung der Vorversuche

Bei der 15 Minuten bis 2 Stunden post mortem durchgeführten indirekten Depot-Sehnen-Lymphangiographie (DSL) wurden die oberflächlichen Beugesehnen der Vorder- und Hinterextremität auf einer Körperseite und die tiefen Beugesehnen der anderen Seite injiziert. Die Pferde befanden sich in Seitenlage und die Gliedmaßen wurden möglichst waagerecht ausgerichtet. Bei langem Fell wurde der Injektionsbereich geschoren. Die Injektion in das distale Drittel der tiefen Beugesehne erfolgte von lateral bzw. bei den unten liegenden Extremitäten von medial. Die Injektion in das mittlere Drittel der oberflächlichen Beugesehne wurde von palmar bzw. plantar durchgeführt. Der Injektionswinkel betrug ca. 45°, um einen besseren intratendinösen Sitz der Kanüle zu gewährleisten. Injiziert wurde möglichst in das Zentrum der Sehne. Bei korrekter Position der Kanüle, war durchgehend ein sehr hoher Druck nötig, um das Kontrastmittel zu applizieren. Lag die Kanüle nur im Randbereich der Sehne, wurde sie während der Injektion durch den hohen Gegendruck aus dem Sehnengewebe hinausgedrückt, so dass die Position nachträglich korrigiert werden musste. Die Röntgenaufnahmen erfolgten im latero- lateralen Strahlengang vor der Injektion, sowie direkt nach der Applikation des Kontrastmittels (Zeitpunkt 0) und dann im Abstand von 5, 10, 20 und 30 Minuten post injektionem.

Bei 2 Gliedmaßen wurden 2 ml Röntgenkontrastmittel entsprechend der Lokalisation der intratendinösen Injektion subcutan im Röhrbeinbereich appliziert.

3.2.3 Durchführung der Hauptversuche

Die Pferde wurden in 2 Gruppen unterteilt. Bei Gruppe 1 wurde die oberflächliche und bei Gruppe 2 die tiefe Beugesehne injiziert. Die indirekte Depot- Sehnen-Lymphangiographie (DSL) wurde im Stehen durchgeführt. Die Sedation der Pferde erfolgte mit Detomidin (Domosedan®, Pfizer, Karlsruhe, Dosierung: 0,01-0,02 mg/kg KGW i.v.). Bei unkooperativen Pferden wurde während der Injektion zusätzlich

(39)

eine Oberlippenbremse angelegt und/oder die Sedation mit Levomethadon (L- Polamivet®, Intervet, Unterschleißheim, Dosierung: 0,05-0,1 mg/kg KGW i.v.) vertieft. Das Verhalten des Pferdes während der Injektion wurde dokumentiert. Der Bereich der Beugesehnen zwischen Fesselgelenk und Karpal- bzw. Tarsalgelenk wurde geschoren, die Injektionsstelle wurde rasiert, mit Jodseife gewaschen und mit Isopropyl-Alkohol desinfiziert. Ein Helfer befand sich am Kopf des Pferdes, ein weiterer Helfer hielt das zu injizierende Bein auf. Mit einer Hand wurde die Haut gestrafft und die Sehne fixiert, mit der anderen Hand die Kanüle in die oberflächliche oder tiefe Beugesehne eingestochen und das Röntgenkontrastmittel injiziert. Die Applikation konnte auf Grund des sehr hohen Gegendruckes nur sehr langsam erfolgen. Wenn das Pferd während der Injektion Abwehrbewegungen zeigte, bestand das Risiko, dass sich die Kanüle ruckartig von der Spritze löste, so dass ein Teil des Kontrastmittels verloren ging. Aus diesem Grund wurden 2,5 ml aufgezogen, aber nur 2 ml injiziert. Wurde ein Teil des Röntgenkontrastmittels paratendinös injiziert, wurde die Menge an der Skala der Spritze abgelesen und dokumentiert. Die Abbildung 3 zeigt die Injektion in die tiefe Beugesehne des linken Vorderbeins.

(40)

Am ersten Tag wurde mit der indirekten Depot-Sehnen-Lymphangiographie (DSL) einer Vordergliedmaße begonnen, die Röntgenaufnahmen erfolgten nach 0, 5, 10, 20, 30 und 60 Minuten, 2, 5 und 10 Stunden. Die Pferde 1 bis 3 wurden zusätzlich nach 12 und nach 15 Stunden geröntgt. Bei Bedarf erfolgten zusätzliche Aufnahmen in den Zwischenzeiten. Die Kontrastmittelapplikation in die Sehne der gleichseitigen Hintergliedmaße fand direkt im Anschluss der 60-Minuten- Röntgenaufnahme des Vorderbeines statt. Die zeitlichen Abstände entsprachen dem Protokoll der Vorderbeine.

3.3 MANUELLE LYMPHDRAINAGE (ML)

Am zweiten Tag wurde auf der kontralateralen Körperseite die indirekte Depot-Sehnen-Lymphangiographie in Kombination mit der manuellen Lymphdrainage (ML) durchgeführt, während die Röntgenbilder der Seite vom ersten Tag zur Kontrolle dienten. Das Behandlungsschema der ML ist in der Tabelle 5 zusammengefasst.

3.3.1 Zentrale Vorbehandlung (VBH)

Die zentrale Vorbehandlung nach (RÖTTING, 1999; BERENS v.

RAUTENFELD et al., 2005/b) wurde modifiziert und in der Box 10-15 Minuten lang durchgeführt, bevor das Pferd in den Röntgenraum geführt wurde. Entsprechend der Abflussverhältnisse über das tiefe Lymphgefäßsystem kam folgende Behandlungsstrategie zum Einsatz (Abbildung 4):

Zur angulären Vorbehandlung wurden die Buglymphknoten (Lnn. cervicales superficiales) am kranialen Rand der Scapula mit 6 stehenden Kreisen aktiviert (Abbildung 4, Nr.1a). Die Schubphase erfolgte unter das Schulterblatt in Richtung des Lymphabflusses über die Lnn. cervicales profundi caudales zum Venenwinkel.

Die Aktivierung der Afferenzen der Lnn. cervicales superficiales erfolgte mit 4

(41)

Bahnen Quergriffe auf die Buglymphknoten zu (Abbildung 4, Nr.1b). Zur Stimulation des Truncus jugularis wurden im Bereich der Drosselrinne auf beiden Seiten gleichzeitig mit der Handkante stehende Kreise angewandt, da bei einseitiger Durchführung das Gewebe ausweichen würde (Abbildung 4, Nr. 2).

Bei der Lymphangiographie der Beugesehnen auf der linken Seite, wurde die anguläre Vorbehandlung nur auf der linken Seite durchgeführt. Wurde das Kontrastmittel in die Sehnen der rechten Gliedmaßen injiziert, mussten auf Grund des zentralen Abflusses der Lymphe des rechten Hinterbeins in den linken Venenwinkel und des rechten Vorderbeins in den rechten Venenwinkel beide Seiten stimuliert werden (siehe Behandlungsschema Tabelle 5).

Die Afferenzen zu den Lnn. axillares proprii wurden an der Innenseite der Gliedmaße beidhändig mit stehenden Kreisen mit Druckrichtung in die Tiefe behandelt.

Die trunkuläre Vorbehandlung erfolgte mit 6 stehenden Kreisen im Bereich der Kniefalte zur Anregung der Lnn. subiliaci (Abbildung 4, Nr.5a). und 4 Bahnen Quergriffe in sternförmiger Richtung auf die Kniefaltenlymphknoten zu (Abbildung 4, Nr.5b).

Im Schenkelspalt erfolgte die Stimulation der Afferenzen der Lnn inguinales profundi und im Bereich der Kniekehle der Lnn. poplitei profundi mit mehreren Bahnen stehender Kreise und Schöpfgriffe.

(42)

3.3.2 Manuelle Lymphdrainage im Bereich des Behandlungsgebietes

Nach der zentralen Vorbehandlung wurde das Pferd in den Röntgenraum geführt, sediert, die Beugesehne der Vordergliedmaße injiziert und die manuelle Lymphdrainage an der entsprechenden Extremität durchgeführt. Die Griffreihenfolge begann proximal mit stehenden Kreisen und Schöpfgriffen, folgte den Lymphgefäßverläufen nach distal, aus hygienischen Gründen bis kurz vor die Injektionsstelle, und dann wieder nach proximal. Am Hinterbein wurde zusätzlich die Aktivierung der Afferenzen der Lnn. inguinales profundi und der Lnn. poplitei profundi wiederholt. Die Dauer der ML-Behandlung lag bei 1 Stunde und wurde nur für die Anfertigen der Röntgenbilder unterbrochen (Tabelle 3). Das Protokoll zur Dokumentation des Versuchsablaufes befindet sich im Anhang (A Tabelle 1).

Abbildung 4: Zentrale Vorbehandlung

nach BERENS v. RAUTENFELD (2005/b) 1 - 2: Anguläre Vorbehandlung, 5 - 7: Trunkuläre Vorbehandlung

(43)

Tabelle 3: Behandlungsschema manuelle Lymphdrainage

DSL der Vorder- und Hinterextremität der linken oder rechten Körperseite

Zentrale Vorbehandlung DSL links:

1. anguläre Vorbehandlung der Buglymphknoten incl. der Afferenzen links und des Truncus jugularis 2. Anregung der Afferenzen zu den Achsellymphknoten links

3. trunkuläre Vorbehandlung der Kniefaltenlymphknoten links

4. Anregung der Leistenlymphknoten und Kniekehlymphknoten links

Zentrale Vorbehandlung DSL rechts:

1a. anguläre Vorbehandlung der Buglymphknoten links incl. der

Afferenzen und des Truncus jugularis 1b. anguläre Vorbehandlung der Buglymphknoten rechts incl. der Afferenzen

2. Anregung der Afferenzen zu den Achsellymphknoten rechts

3. trunkuläre Vorbehandlung der Kniefaltenlymphknoten rechts

4. Anregung der Leistenlymphknoten und Kniekehlymphknoten rechts

- Sedation des Pferdes

- intratendinöse Injektion des Röntgenkontrastmittels vorne - 1. Röntgenbild vorne

5. Behandlung der Gliedmaße vorne (1 Stunde) - Röntgenbilder nach 5, 10, 20, 30, 60 Minuten

6. kurze Wiederholung der Anregung der Leisten- und Kniekehlymphknoten - intratendinöse Injektion des Röntgenkontrastmittels hinten

- 1. Röntgenbild hinten

7. Behandlung der Gliedmaße hinten (1 Stunde)

(44)

3.4 DURCHFÜHRUNG DER ZUSÄTZLICHEN VERSUCHE

Bei Pferd 1 wurden auf einer Körperseite im Abstand von 1 Woche sowohl die oberflächlichen, wie auch die tiefen Beugesehnen lymphangiographiert. Die Durchführung der indirekten Depot-Sehnen-Lymphangiographie (DSL) entsprach dem Hauptversuch. Bei Pferd 12 erfolgte zusätzlich eine DSL in Narkose unmittelbar vor der Euthanasie. Das Pferd befand sich in Seitenlage, die Applikationstechnik des Röntgenkontrastmittels entsprach der des Vorversuchs. Zur Injektion wurde das Perfusionsbesteck verwendet (s.o.), um den Injektionsdruck während der Röntgenaufnahme aufrecht erhalten zu können, ohne sich mit den Händen im Strahlengang des Röntgengerätes zu befinden.

Bei den Pferde mit umfangsvermehrten Gliedmaßen wurde auf Grund der geringen Anzahl der Pferde nur die indirekte Depot-Sehnen-Lymphangiographie (DSL) der tiefen Beugesehne durchgeführt. Die Methode entsprach der Vorgehensweise des Hauptversuchs.

3.5 UNTERSUCHTE PARAMETER UND STATISTISCHE AUSWERTUNG

Folgende Parameter der indirekten Depot-Sehnen-Lymphangiographie (DSL) wurden statistisch ausgewertet:

- das Verteilungsmuster des Röntgenkontrastmittels (streng intratendinöse oder paratendinöse Injektion)

- die Länge des Röntgenkontrastmitteldepots

Die Länge des Röntgenkontrastmitteldepots wurde berechnet, indem der Buchstabe des Seitenzeichens auf der Röntgenplatte als bekannte Größe von 0,9 cm als Umrechnungsfaktor diente.

(45)

- die Anzahl der Kollektoren des tiefen Systems

Die Quantifizierung der Kollektoren erfolgte auf den Röntgenaufnahmen zum Zeitpunkt 0. Stellten sich auf folgenden Röntgenaufnahmen zusätzliche Kollektoren dar, wurden diese hinzugezählt. Die Quantifizierung erfolgte auf 6 verschiedenen Höhen (siehe Kapitel 4.3.3).

- der Füllungsgrad der Kollektoren

Als Kriterium für den Füllungsgrad wurde der Verlauf der Kollektoren (gestreckt, langstreckig gewunden, kurzstreckig gewunden) beurteilt.

- die Zeit zur Entleerung der kontrastierten Lymphgefäße und zum Abtransport des Röntgenkontrastmitteldepots

Der Zeitpunkt, ab dem die Kollektoren bzw. das Röntgenkontrastmitteldepot nicht mehr sichtbar waren, wurde notiert.

- Der Vergleich zwischen der Zeit zur Entleerung der kontrastierten Lymphgefäße und zum Abtransport des Röntgenkontrastmitteldepots bei Gliedmaßen mit und ohne die Anwendung der manuellen Lymphdrainage

Für die statistische Auswertung der Ergebnisse wurde das Programm SPSS, Version 15.0 (SPSS Inc., Chicago, IL, USA) genutzt. Die Überprüfung der Signifikanz der Abhängigkeit zwischen 2 Merkmalen erfolgte mit dem Chi - Quadrat- Test nach Pearson. Für die Ermittlung der Mittelwerte und Standardabweichungen sowie die Überprüfung der Signifikanz der numerischen Daten diente der Mann - Whitney Test bei einer Untersuchung von 2 Gruppen und der Kruskal - Wallis Test bei einer Untersuchung von mehr als 2 Gruppen. Eine Irrtumswahrscheinlichkeit von p < 0,003 wird als hochsignifikant gewertet, ein p-Wert von < 0,05 gilt als signifikant und ein p-Wert von < 0,25 entspricht einem Trend. Bei einer Überprüfung von mehreren Parametern werden alle p-Werte der Gesamtauswertung aufgeführt. In der Einzelauswertung werden zur besseren Übersicht nur p-Werte < 0,25 erwähnt.

(46)

3.6 INDIREKTE FARB- UND KUNSTSTOFFINJEKTION

3.6.1 verwendete Materialien:

Farbstoff: - Berliner Blau (Eisenblau)

mineralisches Pigment mit der molaren Masse von 859,23 g/mol

Fixationslösungen: - Glutaraldehyd (GA) 2% (u.a. zur Epon-Einbettung) Lichtmikroskopische Untersuchungen

Transmissions-(TEM) und Rasterelektronenmikroskopie (REM) -Paraformaldehyd (PFA 4%)

(zur Paraffineinbettung für die Immunhistochemie)

Kunststoff: - Mercox®, Otto Nordwald GmbH Rasterelektronenmikroskopie (REM)

Perfusionsbesteck: - BD Valu-Set, Becton Dickinson GmbH, Heidelberg mit Flügeln 0,5 x 13 mm, Luer-Lok 30 cm (Berliner Blau)

Spritzen : - Injekt 2 ml, Fa. Braun AG (Röntgenkontrastmittel)

3.6.2 Durchführung der Farbstoff- und Kunststoffinjektion:

Zunächst wurden schwerpunktmäßig PFA-fixierte Proben gewonnen, mit dem Ziel, die Lymphgefäße mit spezifischen immunhistochemischen Markern (Prox-1 und Lyve-1) zur Quantifizierung zu kennzeichnen Nachdem dieses nur unbefriedigend gelang und auch die Nutzung von Kryo-Proben kein auswertbares Ergebnis brachte, wurde bei den letzten 4 Pferden ausschließlich GA-fixiertes Material zur Eponeinbettung entnommen.

(47)

Direkt post mortem wurde die Haut zwischen Fesselgelenk und Carpus bzw.

Tarsus entfernt und 2 ml Berliner Blau in einer Verdünnung mit PFA 4% oder GA 2%

von 1:4 entsprechend der indirekten Depot-Sehnen-Lymphangiographie in das Zentrum des mittleren Drittels der OBS und des distalen Drittels der TBS injiziert.

Zusätzlich wurde eine oberflächennahe Injektion des Farbstoff-Fixations-Gemisches mit sehr flachem Einstichwinkel gewählt, um die oberflächlichen Lymphgefäßnetze zu füllen und photographisch zu dokumentieren. Bei der histologischen Beurteilung der Präparate dienen die intraluminalen Farbstoffmoleküle zur Identifikation der Lymphgefäße und Unterscheidung von den Blutgefäßen. Zur Quantifizierung und Rekonstruktion des topographischen Verlaufs der Kollektoren des tiefen Systems erfolgte bei 10 Gliedmaßen die Injektion von Berliner Blau Lösung nur in das Zentrum der Sehne.

Die Sehnen des Pferdes, die zur Gewinnung von Kryo-Proben dienten, wurden nicht injiziert. Zur Beurteilung von Gewebeproben mit dem Rasterelektronenmikroskop wurden die Lymphgefäße durch die indirekte Injektion von Glutaraldehyd ohne Berliner Blau weit gestellt. Bei 3 Pferden erfolgte an einer Sehne statt der Farbstoffinjektion eine Applikation des Kunststoffes Mercox®, dem unmittelbar vor der Injektion ein 2% Härter zugesetzt wird.

3.7 GEWEBEPROBENENTNAHME

Die Entnahme der 2 - 4 cm großen Proben erfolgte im Bereich der Injektionsstelle, sowie 3 - 5 cm distal und proximal der oberflächlichen und tiefen Beugesehne. Pro Pferd wurden insgesamt 24 Proben entnommen. Um post mortale Gewebeveränderungen möglichst gering zu halten, wurde die Probenentnahme auf die ersten 1,5 Stunden post mortem begrenzt.

(48)

3.8 GEWEBEPROBENAUFBEREITUNG

Die PFA- und GA -fixierten Proben wurden im Labor unter der Stereolupe zugeschnitten und mindestens 3 Tage nachfixiert. Das Mercox® benötigte ca. 6 Stunden zum Aushärten, dann konnte mit der Mazeration begonnen werden.

3.8.1 Eponeinbettung und Schneidetechnik

zur Lichtmikroskopischen und TEM-Untersuchung

Die GA-fixierten Proben wurden auf eine Größe von ca. 0,2x0,2x0,4 cm zugeschnittenen. Die Einbettung erfolgte nach folgendem Protokoll:

- Spülen mit 0,1 mol Cacodylatpuffer über Nacht, Spüllösung am nächsten Morgen 1x wechseln

- Proben in 2% Osmiumtetroxid 90 min im Dunkeln färben - Entwässern der Proben in aufsteigender Alkoholreihe:

- 25% Alkohol 2 x 10 min, 50% Alkohol 2 x 5 min, 75% Alkohol 2 x 5 min, 90% Alkohol 2 x 5 min, 100% Alkohol 6 x 5 min,

- Verbringen in 100% Propylenoxid für 2 x 10 min

- Austausch des Propylenoxids gegen ein Propylenoxid-Epon-Gemisch (1:2) für 30 min bei 40°C

- Und dann gegen reines Epon für 2 x 45 min bei 40°C

- Ausrichten der Proben in mit Epon gefüllten Kunststoffformen - Verbringen der Proben für 20 h in einen 40°C Wärmeschrank

- die Polymerisation fand für 40 h in einem 60°C Wärmeschrank statt.

Nach der Aushärtung der Eponblöcke wurden sie so weit zugetrimmt, wie die eingebettete Probe es zuließ. Mit dem Microtom „Ultracut R“ (Leica, Bensheim) wurden sie auf 700 nm (semidünn) zur lichtmikroskopischen, bzw. 70 nm (ultradünn) zur transmissionselektronenmikroskopischen Beurteilung geschnitten. Zur Rekonstruktion der Maschenweite der Lymphgefäße wurden Serien von bis zu 300 Semidünnschnitten einer Probe mit einer Dicke von 1000 nm angefertigt: Jeder 10.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

tenentfernung oder Lymphknoten- zerstörung durch Bestrahlung wie zum Beispiel nach Krebserkran- kung des inneren oder äußeren Ge- nitale, der Blase, des Dickdarms oder

Insbesondere für die klassische Massage und weniger für Lymphdrainage gibt es Hinweise, dass sie in der Prophylaxe der Migräne wirksam sein können (Krahl 2005, Lawler und

Diese leitlinie für eine validierte manuelle Reinigung und manuelle chemische Des- infektion (im Folgenden «manuelle Reini- gung und Desinfektion») von Medizinpro- dukten, die

Diese Vorgehensweise war nicht ohne Tücken, aber auch nicht ganz reizlos für die Herstellen- den, denn sie verlangte allen eine Menge Vorstellungs- kraft und rechnerische

Tab.14: Befunde der histologischen Untersuchung der Fesselgelenke des Probanden Y.2: 5209/99; 310 MBq Yttrium-90; 3 ml Kortikosteroid voli; 4 Wochen Beobachtungszeit; hinten rechts

Die zeitliche Glie- derung, wie sie von BERTONE (1989) für die Wundheilung beim Pferd be- schrieben wird, bietet sich jedoch an, da es sich um einen kontinuierlichen Prozess

Von besonderer Bedeutung ist, dass die hypodermalen Kollektoren ab Höhe des distalen Drittels als „lange hypodermale (oberflächlich verlaufende) Kollektoren“ bis zu

Neben der MLD sind die Kompressionstherapie (Bandagen, massgefertigte Kompressionsstrümpfe für betroffene Körperbereiche), entstauende Gym- nastik und Lagerungen,